Bernburg an der Saale – ein Portrait der früheren Residenzstadt im Wandel

Bernburg an der Saale, eingebettet zwischen den sanften Hügeln des Harzvorlandes und den weiten Auen der Saale, präsentiert sich heute als ein lebendiger Mix aus historischer Pracht und modernem Leben. Nur einen knappen Kilometer von der nächsten Autobahnabfahrt entfernt, empfängt die „Krone Anhalts“ Reisende aus Niedersachsen, dem Berliner Raum und dem Leipziger Dreieck gleichermaßen: Schloss Bernburg, majestätisch auf einem Sandsteinplateau thronend, ist nicht nur ein Wahrzeichen, sondern auch Ursprung eines facettenreichen Stadtbildes, dessen Wurzeln bis ins Jahr 961 zurückreichen.

Schon im 12. Jahrhundert erneuerte Albrecht der Bär das Schloss nach einer verheerenden Brandschatzung und legte damit den Grundstein für die spätere Residenz der Fürsten von Anhalt-Bernburg. In den Renaissance-Umbauten des 16. Jahrhunderts manifestierte sich die aufstrebende Macht der Askanier – gut sichtbar an der monumentalen Schaufassade mit allegorischen Darstellungen von Hoffnung, Tapferkeit und Vertrauen. Unter Fürst Wolfgang von Anhalt-Köthen entstand ab 1538 der 57 Meter lange Westflügel, der das Schloss zu einem der bedeutendsten Renaissanceschlösser Mitteldeutschlands erheben sollte.

Mit seinen vier Türmen zeugt das Ensemble heute von verschiedenen Baustilen: vom romanischen Bergfried, dem sogenannten Eulenspiegelturm, über barocke Erweiterungen bis hin zum Neorenaissance‑Christiansbau. Ein besonderes Erlebnis verspricht der Aufstieg zu den 147 Stufen des Eulenspiegelturms. Oben angekommen, begegnet der Besucher einer fast lebensgroßen Darstellung des fahrenden Gaukler Till Eulenspiegel, der im 14. Jahrhundert hier als Turmbläser beim Anhalt-Bernburger Hof angestellt gewesen sein soll.

Seit 1893 beherbergt das alte und das „krumme Haus“ samt blauem Turm das Museum Schloss Bernburg. In wechselnden Ausstellungen wird die Entwicklung der Region von der Ur- und Frühgeschichte bis zur frühen Industrie im Saaletal nachgezeichnet. Besonders eindrücklich sind die Räume mit Fürstenmöbeln und Porzellan ebenso wie der gotische Keller, in dem die dunklen Kapitel der Hexenprozesse vor dem Hintergrund zeitgenössischer Rechtsauffassungen thematisiert werden.

Doch Bernburg lebt nicht nur von seiner Vergangenheit. Im direkten Anschluss an die Schlossterrasse lädt die Musikschule Bernburg Musikliebhaber aller Altersklassen zu Konzerten und Workshops. Direkt nebenan bereichert seit 2013 die Kunsthalle das Stadtbild mit Ausstellungen zeitgenössischer Künstler. Und wer hinter die Fassaden des alten Marstalls blickt, findet ein reich verziertes Beispiel des Art déco inmitten eines weitgehend unversehrten Schlossensembles.

Vom Schloss geht es nur wenige Gassen weiter zum Rathaus, dessen prächtige Neorenaissance-Fassade aus dem Jahr 1895 mit gleich zwei außergewöhnlichen Uhren aufwartet: einer Blumenuhr, die seit 1938 zur halben und vollen Stunde das Volkslied „An der Saale hellem Strande“ erklingen lässt, und einer astronomisch-geografischen Kunstuhr von Ignaz Fuchs – eines von nur zwei Exemplaren weltweit.

Kulturelles Leben pulsiert auch im einstigen Residenztheater von Herzog Alexius (1827): Moderne Bühnentechnik trifft hier auf klassizistische Architektur. Während einst Größen wie Wagner und Paganini den Zuschauerraum füllten, stehen heute Inszenierungen lokaler und nationaler Ensembles auf dem Programm.

Ein Spaziergang durch die Talstadt führt vorbei an der Marienkirche (1228 erstmals erwähnt), einem gotischen Hallenbau, in dem einst das erste evangelische Abendmahl gefeiert wurde, und weiter zur Nikolaikirche und der historischen Flutbrücke. Auch das Kloster der Marienknechte, heute als Ort studentischer Begegnung und Kulturveranstaltungen genutzt, sowie die romanische Kirche St. Stephani mit ihrem quadratischen Chor und dem wuchtigen Westturm gehören zur „Straße der Romanik“.

Für Besucher, die Erholung suchen, hält Bernburg gleich mehrere Anlaufpunkte bereit: den weitläufigen Kurpark mit Jugendstil- und Historismus-Architektur, einen 12 Meter hohen Springbrunnen und die parkartige Anlage samt Parkeisenbahn; den Tiergarten mit 1.000 Tieren aus fünf Kontinenten; die Bären- und Wolfsanlage – eine der modernsten Deutschlands – und nicht zuletzt das Erlebnisbad Saaleperle mit Riesenrutschen, Strömungskanal und beheizter Wasserhalle.

Höhepunkte im Jahreslauf sind das historische Erntefest Ende August, das Stadt- und Rosenfest, das Tiergartenfest sowie der Hele Christmarkt, Sachsens ältester Weihnachtsmarkt. Im August erinnert der Weinmarkt an die Tradition des Mönchsanbaus im Saaletal seit 973: Winzer aus allen deutschen Anbaugebieten präsentieren dann regionale Spitzenweine – darunter die Rarität „Blauer Bernburger“.

Ob Kulturreisender, Familienausflug oder Wochenendtrip: Bernburg an der Saale vereint Geschichte und Gegenwart auf kompakte Weise. Mit seinem reichen Angebot aus Museen, Kirchen, Theatern, Festen und Naturschönheiten schafft die Stadt eine ungewöhnliche Mischung aus Residenzpracht und ländlicher Gelassenheit. Viele Geheimnisse warten hinter Mauern und Fassaden – und doch ist Bernburg so nah und unkompliziert erreichbar, dass es jederzeit eine Reise wert bleibt.

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