Vor einem Jahr wurde das Flüssigerdgas-Terminal im Hafen Mukran genehmigt. Heute zeigt sich: Der Beitrag zur Energiesicherheit ist gering, der Schaden für Umwelt und Küstenregion erheblich. Die Deutsche Umwelthilfe fordert ein Ende des Projekts.
Als im Frühjahr 2024 der Startschuss für das LNG-Terminal im Hafen von Mukran auf Rügen fiel, ging es um nichts Geringeres als nationale Energiesouveränität. Ein rascher Aufbau alternativer Gasinfrastruktur galt in Berlin als Antwort auf die geopolitische Krise und den Wegfall russischer Importe. Die Genehmigung in Rekordzeit wurde politisch gefeiert – die Kritik an Umweltrisiken und mangelnder Bedarfslage dagegen als Nebengeräusche abgetan.
Ein Jahr später zieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Bilanz – und die fällt verheerend aus.
Ein Terminal ohne Last
Gerade einmal 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas wurden 2024 über Mukran eingespeist – das entspricht rund 1,5 Prozent des deutschen Verbrauchs. Im ersten Quartal 2025 ist die Auslastung laut DUH weiter gesunken: auf fünf Prozent, bezogen auf die technische Kapazität. Der Betreiber Deutsche Regas hat bereits eines der beiden Terminalschiffe zurückgegeben. Statt Gas nach Deutschland zu bringen, wird zunehmend exportiert – LNG, umgeschlagen für den internationalen Markt.
„Das Terminal hat nie einen relevanten Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Es ist eine Fehlinvestition mit Ansage.“
Versprechen gebrochen, Natur beschädigt
Die Kritik der Umweltschützer ist vielschichtig: Der Bau habe sensible Meeresgebiete zerstört – mit Auswirkungen auf bedrohte Arten wie Schweinswale, Kegelrobben und Heringe. Lärmbelastung, Luft- und Wasserverschmutzung beeinträchtigten das Leben auf der Insel. Der versprochene Landstromanschluss, der Emissionen hätte reduzieren können, wurde laut DUH inzwischen abgesagt. Auch das politische Bekenntnis, kein Fracking-Gas zu importieren, sei gebrochen worden: In Mukran komme fast ausschließlich Gas aus US-amerikanischer Förderung an.
Nicht nur ökologische, auch soziale und wirtschaftliche Versprechen seien uneingelöst geblieben. Ein nachhaltiger Ausbau des Hafens oder neue Arbeitsplätze? Fehlanzeige. Vielmehr leidet der Tourismus – eine der wichtigsten Einnahmequellen der Region – unter der Präsenz des Terminals.
Ein Projekt seiner Zeit – oder aus der Zeit gefallen?
Die Deutsche Regas weist die Vorwürfe zurück und verweist auf die energiepolitische Notwendigkeit bei Projektstart. Doch die Realität auf dem Energiemarkt hat sich gewandelt: Gaspreise sind stabilisiert, Speicher gut gefüllt, neue Lieferwege etabliert. Die Frage steht im Raum, ob Mukran nicht längst überflüssig geworden ist – ein Relikt aus einer Phase hektischer Beschaffungspolitik.
Constantin Zerger, Energieexperte der DUH, sieht im Terminal vielmehr ein „Symbol fossiler Fehlentscheidungen“. Mukran solle nun gar zu einem internationalen Umschlagplatz für Fracking-Gas werden – ein Schritt, der laut Zerger „die Klimakrise weiter befeuert und den ursprünglichen Zweck des Projekts endgültig konterkariert“.
Der Ruf nach einem Schlussstrich
Die DUH fordert die Bundesregierung und das Land Mecklenburg-Vorpommern nun auf, Konsequenzen zu ziehen: Das Projekt solle gestoppt und vollständig rückabgewickelt werden. Für viele auf Rügen, aber auch in der klimapolitischen Debatte, steht das Terminal inzwischen sinnbildlich für ein Dilemma: den Versuch, mit alten Mitteln neue Krisen zu lösen – und dabei neue Probleme zu schaffen.
Ob Mukran zum Mahnmal oder zum Modellfall einer Rückbesinnung auf langfristige, nachhaltige Energiepolitik wird, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die Diskussion um die Zukunft fossiler Infrastruktur ist längst noch nicht beendet.