Stasi-Lehrfilm: DDR Grenzkontrollen – Ein Blick in die Zollverwaltungsausbildung

Der Stasi-Lehrfilm „DDR Grenzkontrollen“ bietet weit mehr als nur einen Einblick in die Ausbildung der Zöllner an der Fachschule der Zollverwaltung in Plessau – er ist ein Lehrstück moderner Propagandakunst und ein Spiegelbild der ideologischen Selbstwahrnehmung der DDR. Der ca. 3:31 Minuten lange Film zeigt, dass neben fachlicher Qualifikation und praktischer Erfahrung auch politische Loyalität und eine bestimmte Vorstellung von sozialistischer Männlichkeit unabdingbar waren. Dabei wird der Slogan „mit weiten Beinen fest auf dem Boden der Gesellschaft“ nicht nur als Anforderungsprofil, sondern als identitätsstiftendes Element inszeniert.

Besonders prägnant wird die akribische Kontrolle an den Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland dargestellt: „Akribisch wurde an den Grenzen zur BRD kontrolliert.“ Diese minutiöse Überwachung diente nicht nur dem Schutz der Staatsgrenze, sondern auch der ideologischen Abgrenzung zum Westen. Im Lehrfilm werden diese Errungenschaften propagandagerecht dargestellt – ein klassisches Beispiel dafür, wie propagandistische Darstellungen zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Bürger und zur Legitimation der politischen Führung genutzt wurden. Die Darstellung suggeriert, dass die DDR-Behörden in puncto Organisation, Disziplin und Sicherheit überlegen seien, was den Kontrast zur vermeintlichen Schwäche des Westens betonen sollte.

Die Analyse des Films offenbart, wie umfassend das Ausbildungsprogramm konzipiert war: Neben einem modernen Fremdsprachenunterricht in eigens ausgestatteten Sprachkabinetten gehörten auch körperliche Ertüchtigung, Judo-Training und militärische Ausbildung zum Standardrepertoire. Diese Maßnahmen sollten nicht nur die intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten der angehenden Zöllner schulen, sondern auch deren Bereitschaft unter Beweis stellen, die Ideale des Staates zu verkörpern. Der gemeinsame Alltag im Wohnheim förderte zusätzlich den Zusammenhalt und den ausgeprägten Kameradsinn – Werte, die im sozialistischen System als Fundament galten.

Die propagandistische Dimension wird durch die Betonung der sozialen Fürsorge weiter verstärkt: Ärztliche Betreuung und Freizeitangebote, wie etwa der Urlaub in einem Ferienheim in Binz, vermitteln das Bild einer fürsorglichen Staatsorganisation, die ihren Genossen nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch im Alltag Unterstützung bietet. Diese inszenierte Wohlfahrt diente der inneren Festigung des Vertrauens in den Staat und sollte gleichzeitig verdeutlichen, dass der Dienst an der Grenze auch ein Dienst am Volk und an der Gesellschaft war.

In der Analyse zeigt sich, dass der Lehrfilm weit über eine reine Darstellung von Grenzkontrollen hinausgeht. Er fungiert als ideologisches Instrument, das die Errungenschaften der DDR propagandistisch inszeniert und damit einen doppelten Zweck erfüllt: Einerseits dient er der Ausbildung und Disziplinierung der zukünftigen Zöllner, andererseits wird das Bild eines überlegenen, sozialistischen Systems gezeichnet. Dieses Bild sollte nicht nur den eigenen Mitarbeitern als moralische und berufliche Rechtfertigung dienen, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat stärken. Die propagandistische Aufbereitung der Grenzkontrollen steht somit exemplarisch für die systematische Verknüpfung von militärischer Disziplin, politischer Loyalität und staatlicher Wohlfahrt in der DDR – eine Verbindung, die bis heute kritisch hinterfragt werden muss.