Die DDR ist Geschichte – und doch ist sie für viele Menschen noch immer präsent. Besonders jene, die dort gelebt haben, wissen aus eigener Erfahrung, wie sich staatliche Kontrolle, wirtschaftliche Mängel und ideologische Einseitigkeit auf eine Gesellschaft auswirken. Umso wichtiger ist es, diese Erfahrungen an die junge Generation weiterzugeben. Denn Geschichte ist nicht nur dazu da, erinnert zu werden – sie soll uns helfen, die Gegenwart besser zu verstehen.
Gerade heute, in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Polarisierung, lässt sich ein Phänomen beobachten, das an alte Muster erinnert: Der Staat gilt vielen als Garant für Gerechtigkeit, während die Wirtschaft oft als notwendiges Übel betrachtet wird. Unternehmen werden als profitorientierte Ausbeuter gesehen, während der Staat als wohlwollender Versorger erscheint. Doch ein solch einseitiges Weltbild führt in die Irre. Wer glaubt, dass der Staat per se gut und der Kapitalismus per se böse sei, macht es sich zu einfach.
Die Realität ist komplexer. Eine funktionierende Gesellschaft braucht beides: einen Staat, der für Ordnung sorgt und soziale Gerechtigkeit gewährleistet, aber auch eine Wirtschaft, die Innovationen ermöglicht und den Wohlstand sichert. Wer eines von beidem verteufelt, läuft Gefahr, in Extreme zu verfallen – sei es in die blinde Marktgläubigkeit oder in eine naive Staatsgläubigkeit, die die Fehler der Vergangenheit wiederholt.
Die DDR ist ein Beispiel dafür, was passiert, wenn der Staat zu viel Macht über Wirtschaft und Gesellschaft übernimmt. Anfangs gab es durchaus Hoffnungen, eine sozialistische Alternative zum Kapitalismus zu schaffen. Doch mit der Zeit erstarrte das System, Repressionen nahmen zu, und die Mangelwirtschaft wurde zum Sinnbild des Scheiterns. Was einst als „bessere Gesellschaft“ gedacht war, entwickelte sich zu einem autoritären Staat, in dem Kontrolle und Zensur den Alltag bestimmten.
Dennoch ist es wichtig, die DDR nicht nur als Diktatur abzustempeln, sondern ihre Entwicklung genau zu betrachten. Warum funktionierte das System eine Zeit lang? Warum geriet es in eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Sackgasse? Und wann kam der Punkt, an dem die meisten Menschen die DDR nur noch als Unrechtsstaat empfanden? All das sind Fragen, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen – gerade, weil die Antworten auf sie uns helfen, aktuelle Entwicklungen besser einzuordnen.
Es reicht nicht, die DDR nur auf ihre Schattenseiten zu reduzieren oder sie gar nostalgisch zu verklären. Vielmehr muss man ihre Geschichte verstehen, um daraus zu lernen. Und diese Lektionen sind aktueller denn je: Eine gerechte und funktionierende Gesellschaft braucht einen klugen Ausgleich zwischen Staat und Markt. Wer glaubt, es könne nur das eine oder nur das andere geben, der tappt in eine gefährliche Falle.
Denn eines zeigt die Geschichte immer wieder: Wenn der Staat zu viel Macht bekommt, wird er übergriffig. Und wenn die Wirtschaft völlig entfesselt wird, werden soziale Ungerechtigkeiten größer. Eine Balance zwischen beiden Kräften zu finden, ist die wahre Herausforderung – damals wie heute.