Forst Zinna: Die Geisterstadt im Brandenburger Wald

Mitten im brandenburgischen Wald, zwischen Jüterbog und Luckenwalde, liegt eine vergessene Stadt. Hohe Mauern und Zäune umgeben das Areal, das Jahrzehnte lang als militärisches Sperrgebiet diente. Wo einst tausende Soldaten stationiert waren, herrscht heute gespenstische Stille. Es ist die Ruine von Forst Zinna, einem ehemaligen Wehrmachtslager, das später von der Sowjetarmee als Garnison genutzt wurde.

Ein Ort mit bewegter Vergangenheit
Die Geschichte von Forst Zinna reicht zurück bis ins Jahr 1934, als die Wehrmacht das Areal als Truppenlager ausbaute. Es war eine der größten Kasernenanlagen ihrer Zeit, unter dem Namen „Adolf-Hitler-Lager“ bekannt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übernahm die Rote Armee das Gelände. Die Sowjets erweiterten den Kasernenkomplex und nutzten ihn bis zu ihrem Abzug 1991 als eine ihrer wichtigsten Militärstützpunkte in der DDR.

Nach dem Ende der militärischen Nutzung verfiel Forst Zinna zusehends. Seit 2007 wurden große Teile der Anlage abgerissen. Dennoch sind bis heute zahlreiche Ruinen erhalten geblieben, die tief im Wald verborgen liegen – verfallen, unzugänglich und vom Dickicht überwuchert.

Eine verlassene Stadt im Wald
Schon die Zufahrt zu Forst Zinna wirkt unwirklich. Eine schnurgerade Pflasterstraße führt in den schattigen Wald. Kein Verkehr, keine Fußgänger, nur das Rauschen der Bäume. Plötzlich tauchen hinter einer langen Mauer die ersten Gebäude auf. Ihre mattgelben Fassaden sind von Wind und Wetter gezeichnet, Fenster fehlen, Wände sind von Graffiti übersät.

Innerhalb des Areals offenbart sich eine regelrechte Geisterstadt. Zwei- bis dreistöckige Plattenbauten wechseln sich mit massiven Kasernengebäuden aus den 1930er-Jahren ab. Ein großer Speisesaal mit einer zerstörten Großküche, Mannschaftsunterkünfte mit eingestürzten Decken und ein Theater mit einer halb eingestürzten Bühne lassen erahnen, wie belebt es hier einst war.

Tausende Soldaten und Zivilisten lebten hier, darunter auch die Familien von Offizieren. Eine Schule, ein Krankenhaus, Sportanlagen und ein Freibad sorgten für ein halbwegs normales Leben hinter den Kasernenmauern. In einem ehemaligen Klassenraum zeugen kindliche Zeichnungen von den Kindern, die hier unterrichtet wurden. Ein verblichener Schriftzug in kyrillischer Schrift wünscht ein „Frohes Neues Jahr“ – ein stummer Gruß aus einer vergangenen Zeit.

Die Rolle Forst Zinnas im Kalten Krieg
Forst Zinna war nicht nur ein Truppenstandort, sondern ein wichtiges Zentrum der sowjetischen Militärpräsenz in der DDR. Hier wurden Soldaten ausgebildet, Einheiten stationiert und Einsätze geplant. Deutschland bildete die zentrale Frontlinie des Kalten Krieges, und die sowjetische Armee befand sich in ständiger Gefechtsbereitschaft. Das strenge militärische Regime spiegelt sich auch in der Architektur wider: Funktionale Kasernen, einfache Unterkünfte, ein imposantes Offizierskasino – alles ausgelegt auf militärische Effizienz.

Der Zerfall begann mit dem Abzug der sowjetischen Truppen 1991. Zurück blieb eine verlassene Militärstadt, deren Rückbau sich bis heute hinzieht. Die Natur hat begonnen, das Areal zurückerobern. In den Ruinen wachsen Gräser, Moos und kleine Bäume, Vögel nisten in den einstigen Büros der Offiziere. In einigen Gebäuden haben sich Fledermäuse und andere Tiere angesiedelt.

Ein Ort der Erinnerung
Heute ist Forst Zinna nicht öffentlich zugänglich. Das Gelände ist durch Zäune und Sicherheitsmaßnahmen gesichert, da viele Gebäude einsturzgefährdet sind. Doch das Interesse an diesem vergessenen Ort bleibt bestehen. Historiker, Fotografen und Urbexer dokumentieren die letzten Relikte dieses militärischen Erbes.

Forst Zinna steht beispielhaft für den Wandel ehemaliger Militärstandorte in Ostdeutschland. Wo einst Soldaten für den Ernstfall trainierten, herrscht heute Stille. Die Ruinen sind Zeugnisse einer vergangenen Epoche – und zugleich Mahnmale einer Zeit, in der sich zwei politische Systeme unversöhnlich gegenüberstanden.

Autor/Redakteur: Arne Petrich
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