Pirna-Sonnenstein: Von der Heilstätte zur Tötungsanstalt

In der Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein ermordeten die Nationalsozialisten in den Jahren 1940 und 1941 rund 13.720 vorwiegend psychisch kranke und geistig behinderte Menschen. Sie wurden im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmorde, der sogenannten „Aktion T4“, in einer Gaskammer im Keller der Anstalt umgebracht.

Die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein erinnert an eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Ursprünglich als Heil- und Pflegeanstalt gegründet, wurde sie im Nationalsozialismus zu einer Stätte systematischen Massenmords.

Im 19. Jahrhundert entstand auf dem Sonnenstein oberhalb von Pirna die erste staatliche psychiatrische Einrichtung Deutschlands. Hier sollten Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht nur untergebracht, sondern auch behandelt werden. Doch mit der Machterübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 begann die systematische Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Das sogenannte „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ führte zu massenhaften Zwangssterilisationen, auch in Pirna.

Ab 1939 wurden psychiatrische Patienten in ganz Deutschland erfasst, was die Grundlage für ihre spätere Ermordung bildete. Die Landesanstalt Pirna-Sonnenstein wurde nach Kriegsbeginn teilweise als Lazarett genutzt, doch bald darauf in eine Tötungsanstalt umgewandelt. Im Rahmen der geheimen „Aktion T4“ wurden dort zwischen Juni 1940 und August 1941 mindestens 14.751 Menschen ermordet. Unter ihnen waren Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten sowie später auch Häftlinge aus Konzentrationslagern.

Die Tötung erfolgte in einer als Duschraum getarnten Gaskammer mittels Kohlenmonoxid. Anschließend wurden die Leichen in zwei Krematoriumsöfen verbrannt. Die Asche der Opfer wurde teilweise auf dem Gelände verstreut. Die dort gewonnenen Erkenntnisse zur systematischen Ermordung von Menschen wurden später in den Vernichtungslagern der „Endlösung“ eingesetzt.

Trotz vereinzelter Proteste, darunter die mutige Predigt des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen, wurde die Mordaktion erst im August 1941 offiziell gestoppt. Die baulichen Spuren der Tötungsanstalt wurden weitgehend beseitigt, um die Verbrechen zu verschleiern. Doch Dokumente und Zeugenaussagen bewahrten die Erinnerung an die Geschehnisse.

Die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein widmet sich heute der Erinnerung an die Opfer und der Aufarbeitung dieser Verbrechen. Die Einzelschicksale, die dort dokumentiert sind, geben den Ermordeten ihre Namen und ihre Geschichte zurück. Ein Beispiel ist Christa Gabriel, ein Mädchen mit geistiger Behinderung, das 1940 mit nur sechs Jahren in der Gaskammer ermordet wurde.

Auch an die Rolle der Täter wird erinnert. Zeugnisse belegen die systematische Planung und Umsetzung des Massenmords. Leichenverbrenner, Ärzte und Pflegepersonal waren direkt beteiligt. Die dabei gemachten Erfahrungen wurden in den späteren Vernichtungslagern genutzt.

Heute ist die Gedenkstätte nicht nur ein Ort des Gedenkens, sondern auch ein Mahnmal gegen Ausgrenzung und unmenschliche Ideologien. Die Geschichte von Pirna-Sonnenstein mahnt uns, die Erinnerung wachzuhalten und für eine Gesellschaft einzutreten, die Menschenrechte und Menschenwürde verteidigt.

Tips, Hinweise oder Anregungen an Arne Petrich

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