- Viele Unternehmen finden keine Nachfolgelösung
- Hohes Alter häufigster Grund für Rückzug der Inhabenden
- 39 % der Unternehmerschaft ist älter als 60 Jahre
Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland erwägen, ihre Betriebe wegen fehlender Nachfolgelösungen zu schließen. Bis Ende des Jahres 2025 hegen rund 231.000 Inhabende von mittelständischen Unternehmen, die bereits konkret ihren persönlichen Rückzug planen, Stilllegungspläne. Das sind 67.500 mehr als ein Jahr zuvor.
Das sind Ergebnisse einer aktuellen Sonderauswertung im Rahmen des KfW-Mittelstandspanels, das zwischen Mitte Februar und Mitte Juni 2024 erhoben wurde. Niemals zuvor seit Start des Nachfolge-Monitorings von KfW Research haben so viele mittelständische Unternehmen die Aufgabe ihres Betriebs in Erwägung gezogen. Mittelfristig, binnen drei bis fünf Jahren, ziehen noch einmal rund 310.000 Unternehmerinnen und Unternehmer, die bereits wissen, dass sie aus ihrer Firma ausscheiden, die Schließung in Betracht.
Demgegenüber streben 532.000 der insgesamt 3,84 Mio. mittelständischen Unternehmen in Deutschland bis Ende 2028 die Übergabe an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin an. Damit halten sich die angestrebten Nachfolgen und die geplanten oder für möglich gehaltenen Stilllegungen bis Ende 2028 in etwa die Waage.
Hauptgrund für die Pläne zur Stilllegung ist sehr oft das Alter. Das Durchschnittsalter der mittelständischen Unternehmerschaft liegt bei 54 Jahren. 39 % der Unternehmerschaft ist sogar 60 Jahre oder älter – in der deutschen Gesamtbevölkerung sind das nur rund 30 %. „Die demografische Entwicklung bei den Inhaberinnen und Inhabern im Mittelstand schreitet noch schneller voran als in der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Es zeichnen sich massive Lücken in den Führungsetagen mittelständischer Unternehmen ab“, sagt Dr. Michael Schwartz, Mittelstandsexperte bei KfW Research.
Diejenigen 215.000 Unternehmerinnen und Unternehmer, die kurzfristige Nachfolgepläne bis Ende 2025 haben, sind im Durchschnitt bereits 65,4 Jahre alt. Viele von ihnen haben allerdings noch nicht mit einer Nachfolgesuche begonnen oder sind erst in einem sehr frühen Stadium. Für einige dürfte die Zeit daher zu knapp werden. Es ist davon auszugehen, dass etwa 43.000 Unternehmen ihren Wunsch nach einer kurzfristigen Nachfolgeregelung aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr umsetzen können.
Der Engpass bei der Unternehmensnachfolge ist die zu gering besetzte nachrückende Gründergeneration. In dieser wiederum haben nur wenige Personen Interesse daran, auf bereits bestehende Unternehmensstrukturen zurückzugreifen. Gegenwärtig gibt es jährlich weniger als halb so viele Übernahmegründungen wie Unternehmen mit Nachfolgebestrebungen im Mittelstand.
„Die Problematik der fehlenden Unternehmensnachfolgen im Mittelstand wird sich absehbar verschärfen. Wir benötigen in Deutschland nachhaltig mehr Gründungsbereitschaft. Eine unternehmerische Tätigkeit oder der Karrierepfad in der Leitung eines mittelständischen Unternehmens muss eine selbstverständliche Alternative zum Angestelltenverhältnis sein“, sagt Dr. Michael Schwartz. „Selbstständigkeit muss sichtbarer werden. Dazu gehören beispielsweise Ansätze, bereits in Schulen ein unternehmerisches Mindset zu vermitteln. Auch sollte bei Berufsberatungen der Blick geweitet werden.“