Am 9. Oktober 2024 fand in Leipzig ein bedeutender Festakt statt, um den 35. Jahrestag der Friedlichen Revolution zu gedenken. Der 9. Oktober 1989 war ein entscheidender Tag in der Geschichte der DDR und der deutschen Wiedervereinigung. An diesem Tag gingen Zehntausende von Menschen auf die Straßen, um gegen das kommunistische Regime zu protestieren. Ihr mutiger Widerstand trug entscheidend dazu bei, das Ende der DDR und die Öffnung der Mauer einzuleiten. Bei den Feierlichkeiten an diesem historischen Jahrestag nahmen zahlreiche Zeitzeugen, Politiker und Bürger teil, um den bedeutenden Schritt für Freiheit und Demokratie zu würdigen.
Der Höhepunkt des Festaktes war die Rede des Bundeskanzlers Olaf Scholz, der die historische Bedeutung des 9. Oktobers 1989 für die deutsche und europäische Geschichte unterstrich. Scholz hob hervor, dass dieser Tag für den Widerstand gegen die Unterdrückung und für die Hoffnung auf eine freie Zukunft stand. Er betonte, dass die Ereignisse von 1989 nicht nur ein Kapitel der deutschen Geschichte sind, sondern auch als Symbol für den Mut und die Entschlossenheit vieler Menschen in ganz Europa zu verstehen sind, die sich gegen Diktaturen erhoben.
In seiner Rede würdigte Scholz die Leipziger Bürger, die an diesem Tag den Mut aufbrachten, trotz der drohenden Gewalt und der Präsenz von bewaffneten Truppen auf die Straße zu gehen. Der Ruf „Wir sind das Volk“, der an diesem 9. Oktober über die Straßen von Leipzig hallte, wurde zum Symbol für den Widerstand gegen das DDR-Regime. Dieser Slogan, der die Forderung nach Freiheit und Demokratie verkörperte, war ein klarer Ausdruck der Sehnsucht der Menschen nach einem besseren Leben. Scholz zeigte sich bewegt von der Entschlossenheit und dem Mut der Menschen, die sich gegen das diktatorische Regime stellten, obwohl sie nicht wussten, welche Konsequenzen ihr Handeln haben würde.
Der Bundeskanzler erinnerte auch daran, dass die Ereignisse des 9. Oktobers 1989 nicht isoliert betrachtet werden können. Sie waren Teil eines größeren historischen Prozesses, der sich in vielen anderen Ländern des sozialistischen Blocks vollzog. Die Politik von Michael Gorbatschow in der Sowjetunion, die unter dem Stichwort Glasnost und Perestroika für eine Öffnung und Reform des Systems stand, hatte den Weg für die Veränderungen in der DDR bereitet. Der 9. Oktober 1989 war demnach nicht nur ein Tag der deutschen Revolution, sondern auch ein Tag der europäischen Umwälzung. Scholz hob hervor, dass das Geschehen in der DDR nicht nur das Ende einer Diktatur in einem einzelnen Land markierte, sondern einen Impuls für den gesamten Ostblock gab, der letztlich zum Fall des Eisernen Vorhangs und zur Öffnung der Grenzen führte.
Besonders wichtig war für Scholz die Rolle der Menschen in Leipzig und anderen Städten, die den Mut aufbrachten, sich dem Regime entgegenzustellen. Sie taten dies nicht aus einer Position der Stärke, sondern aus einer tiefen Sehnsucht nach Freiheit und einem besseren Leben. Der 9. Oktober 1989 war ein Tag des Aufbruchs, ein Tag, an dem das Volk in den Straßen die Freiheit und die Demokratie einforderte. Der Bundeskanzler betonte, dass die Menschen, die an diesem Tag auf die Straße gingen, nicht nur für sich selbst kämpften, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger der DDR, die unter der Diktatur des SED-Regimes litten.
Scholz verwies in seiner Ansprache auf die tragische Situation, die viele der mutigen Demonstranten erlebten. Sie gingen auf die Straßen mit dem Wissen, dass die DDR-Führung Tausende von Soldaten und Polizisten mobilisiert hatte, um die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. Der Bundeskanzler erinnerte an die Gerüchte, die an diesem Tag in der Stadt kursierten – von Lastwagen, die mit bewaffneten Soldaten unterwegs waren, und von medizinischen Notfallvorbereitungen in den Krankenhäusern der Stadt. Viele wussten nicht, ob sie diesen Tag lebend überstehen würden, und dennoch gingen sie, Seite an Seite, in den Straßen von Leipzig auf die Straße.
Doch trotz der drohenden Gewalt zeigte der 9. Oktober 1989, dass die Entschlossenheit der Bürger nicht zu brechen war. Scholz erinnerte daran, dass der 9. Oktober 1989 ein Moment der Zäsur war, der die Geschichte der DDR unwiderruflich veränderte. Die Menschen von Leipzig, aber auch in vielen anderen Städten der DDR, zeigten den Mut, der notwendig war, um das autoritäre Regime herauszufordern und letztlich zu stürzen.
Der Bundeskanzler nutzte die Gelegenheit, auch auf die aktuellen geopolitischen Herausforderungen einzugehen, die die Werte der Friedlichen Revolution betreffen. Scholz stellte klar, dass der 9. Oktober 1989 nicht nur ein Symbol für die deutsche Einheit sei, sondern auch für die europäische Einheit und den Kampf für Demokratie und Freiheit. Angesichts der aktuellen Krise in der Ukraine und der Bedrohung durch autoritäre Regime weltweit sei es wichtiger denn je, sich für die Werte der Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einzusetzen.
In seiner Rede ging Scholz auf die tragische Situation in der Ukraine ein, die gegenwärtig mit einem russischen Übergriff zu kämpfen hat. Der Bundeskanzler verglich die ukrainischen Proteste von 2014, die als „Revolution der Würde“ bekannt wurden, mit den Ereignissen in der DDR 1989. In beiden Fällen sei es um das Recht gegangen, das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, um die Freiheit und die Unabhängigkeit von diktatorischen Regimen zu erlangen. Scholz drückte seine Solidarität mit den Menschen in der Ukraine aus und betonte, dass Deutschland und Europa die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit und Demokratie unterstützen müssten.
Der 9. Oktober 1989 sei auch deshalb so bedeutend, weil er ein europäischer Aufstand gegen Unterdrückung und Unfreiheit war, so Scholz. Er erinnerte daran, dass der Fall des Eisernen Vorhangs und die Öffnung der Grenzen für Millionen von Menschen in Ost- und Mittelosteuropa den Beginn einer neuen Ära in Europa markierten. Diese historische Bewegung müsse weiter fortgeführt werden, auch im Angesicht der Herausforderungen der Gegenwart.
Zum Abschluss seiner Rede mahnte Scholz, dass es wichtig sei, die Lehren aus der Friedlichen Revolution weiterzugeben. Das Erbe der Revolution sei es, die Demokratie und den Frieden zu verteidigen, gegen alle Feinde der Freiheit und für die Einheit Europas einzutreten. Der Bundeskanzler rief dazu auf, das Vermächtnis der mutigen Bürger von Leipzig und der anderen Städte in der DDR weiterzutragen. Der 9. Oktober 1989 sei nicht nur der Tag des Mauerfalls, sondern der Tag, an dem die Menschen in der DDR die Hoffnung auf ein besseres Leben und eine freie Zukunft manifestierten.
Der Festakt endete mit der Eröffnung des Lichtfests in Leipzig, das traditionell die Erinnerung an diesen historischen Tag lebendig hält und den Bürgern und Bürgerinnen der Stadt die Gelegenheit gibt, den Mut und die Entschlossenheit derer, die an diesem Tag auf die Straßen gingen, zu würdigen. Es war ein Tag der Freude und des Gedenkens, aber auch ein Appell, die Demokratie zu bewahren und für die Werte zu kämpfen, die die Friedliche Revolution möglich gemacht haben.