Die Verkaufskultur in Kaufhallen der DDR

Hygiene und Sauberkeit in Ost-Berliner Kaufhallen, 1988 | DDR

Die Verkaufskultur in den Kaufhallen der DDR war ein vielschichtiges Thema, das von organisatorischen und technischen Aspekten bis hin zur persönlichen Einstellung der Mitarbeiter reichte. Sie beeinflusste maßgeblich das Einkaufserlebnis der Kunden. Zwei Beispiele aus Berlin-Friedrichshain verdeutlichen diesen Unterschied deutlich.

Die Kaufhalle mit gravierenden Mängeln
Die erste Kaufhalle kämpfte mit mehreren schwerwiegenden Mängeln in puncto Hygiene und Kundenservice. Der Zustand der Waren und die Sauberkeit in den Regalen ließen stark zu wünschen übrig. Konserven waren verschmutzt, und eine beschädigte Verpackung zeugte von mangelhafter Sorgfalt im Umgang mit den Produkten. Besonders beunruhigend war, dass verdorbene Milchprodukte in einer unzureichend gereinigten Ecke lagerten, was zu einer massiven Gesundheitsgefährdung führen konnte. Brot, das in dieser Halle zum Verkauf angeboten wurde, musste vom Kunden selbst in Scheiben geschnitten werden, was in puncto Hygiene fragwürdig war. In dieser Halle war die Atmosphäre von Desinteresse und Nachlässigkeit geprägt. Die Mitarbeiter kümmerten sich wenig um das ordnungsgemäße Aussortieren abgelaufener Produkte oder das Nachfüllen der Regale.

Kunden, die ihre Beschwerden äußerten, stießen auf wenig Verständnis. Zwar wurde ihre Kritik zur Kenntnis genommen, doch es dauerte eine lange Zeit, bis erste Maßnahmen ergriffen wurden. Erst als die Hygieneinspektion drohte, mit Sanktionen gegen die Kaufhalle vorzugehen, kam es zu ersten Verbesserungen. Doch der Vorgang zeigte deutlich, dass der Austausch von Ideen und die Bereitschaft zur Veränderung in dieser Einrichtung stark ausbaufähig waren. Die Kaufhalle konnte nicht mit einer serviceorientierten Haltung punkten, und der Einkauf war ein eher unangenehmes Erlebnis, das vor allem durch das mangelnde Engagement der Mitarbeiter geprägt war.

Die Kaufhalle mit kundenfreundlichem Ansatz
Im direkten Gegensatz dazu steht die zweite Kaufhalle, die sich durch hohe Hygienestandards und ein deutlich höheres Maß an Kundenorientierung auszeichnete. Die Leiterin dieser Kaufhalle war ein Beispiel für persönliches Engagement. Sie war regelmäßig selbst in den Regalen tätig, putzte, ordnete und stellte sicher, dass die Ware immer ansprechend und hygienisch korrekt präsentiert wurde. Dieses persönliche Engagement wirkte sich nicht nur positiv auf die Sauberkeit aus, sondern auch auf das Verhalten der Mitarbeiter. Sie wurden durch die Leiterin zu einer verantwortungsbewussten und freundlichen Kundenbetreuung angehalten und motiviert, das Einkaufserlebnis stetig zu verbessern.

Der Service war hier auf einem viel höheren Niveau. Die Mitarbeiter gingen auf die Wünsche der Kunden ein, boten Unterstützung beim Auffinden von Produkten und sorgten dafür, dass die Atmosphäre freundlich und einladend war. Auch die Lagerung der Produkte entsprach einem hohen Standard. Regelmäßig wurde auf die Qualität der Lebensmittel geachtet, und auch die Verpackungen wurden auf Beschädigungen überprüft. Der gesamte Eindruck der Kaufhalle war sauber, ordentlich und professionell.

Die Bedeutung der Verkaufskultur
Der Vergleich dieser beiden Kaufhallen verdeutlicht, wie wichtig eine funktionierende Verkaufskultur ist. Verkaufskultur umfasst nicht nur die physischen Aspekte eines Marktes, sondern auch die interpersonelle Kommunikation und die Haltung der Angestellten. Sie spiegelt sich in der Organisation und Anordnung der Produkte, der Hygiene, der Sauberkeit und der Aufmerksamkeit gegenüber den Kunden wider. Der Kunde ist immer ein Spiegelbild der Qualität und des Engagements eines Unternehmens.

In der DDR war die Verkaufskultur oft durch den Mangel an vielen Produkten und durch eine gewisse Bürokratie geprägt. Doch auch in diesem System konnte es Unterschiede zwischen einzelnen Einrichtungen geben. Der Begriff „Verkaufskultur“ war mehr als nur ein abstrakter Begriff – er beeinflusste direkt das Einkaufserlebnis und war ein Ausdruck des sozialen und wirtschaftlichen Umfelds, in dem die Menschen lebten.

Die Verkäufer hatten in den DDR-Kaufhallen eine besondere Bedeutung, da sie als Bindeglied zwischen der Warenwelt und den Kunden agierten. Ihre Ausbildung und Motivation waren daher zentrale Faktoren, die über den Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Kaufhalle entschieden. In der ersten Kaufhalle zeigte sich, wie ein Mangel an Engagement und einer strukturierten Verkaufsorganisation den Kundenservice negativ beeinflussen konnte. In der zweiten Kaufhalle hingegen zeigte sich, dass durch persönliche Verantwortung und hohe Ansprüche an Sauberkeit und Kundenservice eine Verbesserung der Kaufkultur und ein positives Einkaufserlebnis für die Kunden erzielt werden konnten.

Zusammenfassung
Die Verkaufskultur in der DDR war nicht nur ein abstrakter Begriff, sondern hatte direkte Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen. Die beiden Beispiele aus Berlin-Friedrichshain verdeutlichen, dass eine Kaufhalle mit Desinteresse und Hygienemängeln das Einkaufserlebnis zu einem unangenehmen und gesundheitlich bedenklichen Erlebnis machen konnte, während ein engagierter und kundenfreundlicher Ansatz zu einer deutlich positiveren Wahrnehmung führte. Es wurde deutlich, dass Verkaufskultur in der DDR in erster Linie durch die Kombination von Ordnung, Sauberkeit und Freundlichkeit geprägt wurde und sich in der Praxis als sehr unterschiedlich umsetzen ließ.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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