Im thüringischen Oberhof, im berühmten Luxushotel PANORAMA, feiern an Silvester 1978 rund anderthalbtausend Menschen ein ausgelassenes Fest. Niemand ahnt zu diesem Zeitpunkt, dass sie sich bald im Zentrum einer der größten Stromkrisen des 20. Jahrhunderts wiederfinden werden. Was als harmloser Stromausfall beginnt, entwickelt sich zu einem der größten Blackouts in der Geschichte Mitteldeutschlands. Eine Kaltfront zieht von Skandinavien in Richtung Süden und erreicht Oberhof in der Silvesternacht. Schneestürme machen Eisenbahnen und Straßen unpassierbar. Innerhalb weniger Stunden breiten sich Schnee und Kälte über Mitteldeutschland aus, einschließlich der Braunkohle-Tagebaue, dem Rückgrat der DDR-Energieversorgung.
Doch die Gäste in Oberhof bleiben zunächst gelassen. Winterliche Bedingungen sind hier nichts Ungewöhnliches. Im legendären PANORAMA treffen sich an diesem Abend prominente Persönlichkeiten der DDR, darunter beliebte Musiker wie Frank Schöbel, berühmte Schauspieler wie Armin Müller-Stahl, Manfred Krug, und Angelika Domröse, sowie Firmenchefs und politische Größen. Regina Kern, die Barfrau, erinnert sich: „Es kamen ja schon Meldungen von überall her, vielleicht ein Stromausfall oder dass sie das nicht mehr schaffen mit der Kohle … Und da haben wir gesagt: ‚Ach, bei uns läuft alles prima!‘ Und das lief auch alles, und die Gäste haben getanzt … Wir waren arglos.“
In den Leitzentralen der Energieversorgung hingegen herrscht in dieser Nacht große Unruhe. Axel-Rainer Porsch, damals Schichtingenieur im Energiekombinat Süd, hat das alte Netzbuch gesichert, das brisante Einträge enthält. Es dokumentiert genau, wie das Stromnetz der DDR damals dramatisch aus dem Gleichgewicht gerät. Die Kraftwerke können nicht mehr ausreichend Energie liefern, das Netz droht sich abzuschalten. Das Unfassbare tritt ein: Ein Szenario, das als „Geheime Verschlusssache“ in den Schubladen der Energiekombinate der DDR lag. Die Bezirke Suhl, Gera und Erfurt werden absichtlich vollständig von der Stromversorgung abgetrennt – es kommt zum Blackout.
Die Abschaltung trifft die Menschen völlig unvorbereitet: Sie frieren in ihren Wohnungen, in Krankenhäusern funktionieren die Notstromaggregate nicht, und in der Maxhütte Unterwellenborn brennt ein Hochofen aus – ein Millionenschaden. Auch im Hotel PANORAMA in Oberhof fällt nach Mitternacht der Strom aus, das riesige Hotel liegt komplett im Dunkeln. Die Aufzüge funktionieren nicht mehr. Kinder versuchen, bei minus 28 Grad über die Freitreppe zu ihren Eltern zu gelangen.
Gleichzeitig wird einer der spektakulärsten Spionagefälle der DDR im noblen PANORAMA eingefädelt. In dessen Höhepunkt fliegt nahezu die gesamte Auslandsaufklärung der DDR auf, und der bis dahin geheimnisumwitterte Chef der HVA, Stasi-General Markus Wolf, wird enttarnt.