Thüringens Finanzministerin Taubert stellt Bericht der Haushaltsstrukturkommission vor

Erfurt. Finanzministerin Heike Taubert hat heute den Bericht der Haushaltsstrukturkommission „Zukunftsfähigkeit der Haushalte des Freistaats Thüringen sichern“ im Kabinett vorgestellt: „Aktuell stehen wir vor vielen Herausforderungen, zum Beispiel in den Bereichen Digitalisierung, demografischer Wandel und Transformation, um nur einige zu nennen. In der Kommission haben wir Ansatzpunkte besprochen, wie wir diese Aufgaben am besten angehen und mit einer nachhaltigen Finanzpolitik bei verändertem Umfeld in Einklang bringen können.“

Im Dezember des letzten Jahres hat der Thüringer Landtag – im Zusammenhang mit der Verabschiedung des Landeshaushalts für das Jahr 2024 – die Landesregierung aufgefordert, eine Haushaltsstrukturkommission unter Federführung des Finanzministeriums einzusetzen. Im Kern geht es darum, wie künftig ein strukturelles Defizit im Landeshaushalt vermieden werden kann. Dabei soll zum einen die Qualität der staatlichen Leistungserbringung nicht geschmälert werden. Zum anderen sollen gleichzeitig ausreichend Mittel vorhanden sein, um die drängenden Zukunftsaufgaben zu bewältigen.

Der Bericht befasst sich zunächst mit der vergangenen Haushaltspolitik und stellt somit eine Art Bestandsaufnahme zum Thüringer Landeshaushalt dar. Hier zeigt sich, dass die Haushaltsergebnisse insbesondere der Vorkrisenjahre bis 2019 durchaus positiv ausgefallen sind. Gleichzeitig haben einige Entwicklungen in der Vergangenheit sowie die Folgen der krisengeprägten Jahre seit 2020 dazu geführt, dass die Handlungsspielräume im Landeshauhalt erheblich abgenommen haben. Ministerin Taubert dazu: „Zuletzt hat uns die jüngste Steuerschätzung noch einmal verdeutlicht, dass es ein einfaches ´Weiter so´ nicht geben kann, weil die Einnahmen zwar weiter ansteigen, aber nicht mehr so stark wie vor den Krisen.“ Dieser Einnahmeentwicklung stehen wachsende Ausgabewünsche in verschiedenen Bereichen gegenüber. Ministerin Taubert sagt: „Wir sind uns der Verantwortung bewusst, dass wir diese Herausforderungen meistern müssen, damit Thüringen auch in Zukunft ein attraktiver Standort für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen bleibt.“

Mit Blick auf die laufende Haushaltsaufstellung für das Jahr 2025 sieht die Finanzministerin die erste Bewährungsprobe für die Ideen der Kommission: „Aktuell liegen das, was wir finanzieren können und das, was ausgegeben werden soll, noch sehr weit auseinander. Der erste Schritt muss sein, Einnahmen und Ausgaben wieder näher zusammenzubringen. Wir müssen dem Auftrag des Landtags entsprechend dahin kommen, dass die laufenden Einnahmen die Ausgaben decken. Die Haushaltsausgleichsrücklage dient zu allererst der Risikovorsorge.“

Mittelfristig müssen die Chancen der Digitalisierung und der Automation genutzt werden, um den Folgen des absehbaren Fachkräftemangels in der öffentlichen Verwaltung entgegentreten zu können. Durch Priorisierungen und Umschichtungen sollen zudem mehr Mittel für Investitionen in die Zukunftsbereiche des Landes mobilisiert werden.

Staatliche Repression und die Punkszene in der DDR der achtziger Jahre

FACEBOOK-TEASER A) PROFIL Hook: Wenn der eigene Lebenslauf zur staatlichen Zielscheibe wird, hinterlässt das Spuren, die weit über das Ende eines politischen Systems hinausreichen und tief in die privaten Biografien einschneiden. Teaser: Es begann oft mit einem Geräusch, das nicht in die Welt des real existierenden Sozialismus passte, und einem Bild, das die graue Uniformität der DDR-Städte störte. Wer in den frühen achtziger Jahren durch Berlin-Mitte oder Leipzig lief, konnte sie sehen: Jugendliche, die sich mit Kernseife die Haare zu Stacheln formten und Sicherheitsnadeln durch ihre Kleidung stachen. Für die meisten Passanten war es nur eine bizarre Modeerscheinung, ein kurzes Aufbäumen pubertärer Rebellion. Doch für diejenigen, die diese Jacken trugen, wurde es schnell zu einer existenziellen Entscheidung, die ihr gesamtes Leben verändern sollte. Die Punks in der DDR gerieten in eine Maschinerie, die darauf ausgelegt war, Abweichungen nicht zu tolerieren, sondern zu vernichten. Was als Spiel mit Symbolen begann, endete für viele in den Verhörräumen der Volkspolizei oder den Zellen der Staatssicherheit. Der Staat nutzte Gesetze wie den Paragraphen 249, um einen ganzen Lebensentwurf zu kriminalisieren. Wer anders aussah, bekam keine Arbeit. Wer keine Arbeit hatte, galt als asozial und wurde bestraft. Es war ein geschlossener Kreislauf, aus dem es kaum ein Entrinnen gab, außer durch Anpassung oder Flucht in den Westen, oft freigekauft durch die Bundesrepublik. Doch die tiefsten Wunden schlug oft nicht der Gummiknüppel der Polizei, sondern der Verrat im eigenen Umfeld. Die Strategie der „Zersetzung“ zielte darauf ab, das Vertrauen innerhalb der Gruppen zu zerstören. Freunde wurden gegen Freunde ausgespielt, Gerüchte gestreut, Biografien im Stillen manipuliert. Wenn man heute, Jahrzehnte später, auf diese Zeit blickt, sieht man nicht nur die politische Dimension des Widerstands, sondern vor allem die menschliche Tragödie dahinter. Viele, die damals in der ersten Reihe standen, haben den Preis dafür ihr Leben lang bezahlt – mit gebrochenen Karrieren, zerstörten Beziehungen und dem Wissen, dass die Überwachung bis in das eigene Schlafzimmer reichte. B) SEITE 1 (Kontext) Hook: Die staatliche Reaktion auf Jugendkulturen in der DDR zeigt exemplarisch, wie ein politisches System an seine Grenzen gerät, wenn es Individualität als Sicherheitsrisiko begreift. Teaser: Der Umgang der DDR-Führung mit der Punkszene in den achtziger Jahren war weit mehr als ein gewöhnlicher Generationskonflikt; er war der Ausdruck eines tiefsitzenden Systemfehlers. Ein Staat, der den Anspruch erhob, die Zukunft der Jugend perfekt geplant zu haben, konnte auf die Botschaft „No Future“ nur mit Repression reagieren. Die Analyse der historischen Abläufe zeigt eine Eskalationsspirale, die vom Ignorieren über das Kriminalisieren bis hin zur psychologischen Kriegsführung reichte. Dabei nutzte der Apparat alle ihm zur Verfügung stehenden juristischen und operativen Mittel. Der Paragraph 249 StGB wurde zum universellen Werkzeug, um Lebensstile zu bestrafen, die nicht der sozialistischen Norm entsprachen. Parallel dazu perfektionierte das MfS die Methoden der Zersetzung, um Gruppenstrukturen lautlos zu atomisieren. Interessant ist hierbei die Rolle der evangelischen Kirche, die als einziger Akteur in der Lage war, diesen Jugendlichen einen physischen Schutzraum zu bieten. Diese Allianz zwischen Altar und Irokesenschnitt ist historisch bemerkenswert und war ein entscheidender Katalysator für die Politisierung der Szene. Wer die Dynamik des Jahres 1989 verstehen will, muss auch auf diese Nischen schauen, in denen der Widerstand lange vor den Massendemonstrationen eingeübt wurde. C) SEITE 2 (pointiert, ruhig) Hook: Das perfideste Mittel der Repression war nicht das Gefängnis, sondern der staatlich gesäte Zweifel an der Freundschaft. Teaser: Das Ministerium für Staatssicherheit entwickelte mit der Richtlinie 1/76 ein Instrumentarium, das nicht auf physische Vernichtung, sondern auf die psychische Lähmung von „feindlich-negativen Kräften“ abzielte. Zersetzung bedeutete in der Praxis, das soziale Umfeld einer Person so zu manipulieren, dass sie orientierungslos und handlungsunfähig wurde. Besonders in der eng vernetzten Punkszene, die auf absolutem Vertrauen basierte, wirkte dieses Gift verheerend. Wenn der Verdacht im Raum steht, dass der beste Freund am Nebentisch berichtet, zerfällt der Zusammenhalt. Die Öffnung der Akten nach 1990 brachte für viele die schmerzhafte Gewissheit, dass das System tatsächlich bis in die intimsten Beziehungen vorgedrungen war. Diese Zerstörung des sozialen Gefüges ist eine der bittersten und langlebigsten Hinterlassenschaften der SED-Diktatur, die oft schwerer wiegt als die Erinnerung an polizeiliche Willkür.

Juli Zeh zwischen den Fronten: Wie Medien Aussagen instrumentalisieren

FACEBOOK-TEASER A) PROFIL Hook: Es ist eine Gratwanderung, die viele Ostdeutsche kennen: Man übt Kritik an den bestehenden Verhältnissen und findet sich plötzlich im falschen Applaus wieder. Teaser: Die Schriftstellerin Juli Zeh hat in einem Interview differenziert über ihre Nachbarn in Brandenburg und die Wirkungslosigkeit der sogenannten Brandmauer gesprochen. Eine Analyse zeigt nun, wie schnell aus einer nachdenklichen Bestandsaufnahme in der medialen Weiterverarbeitung eine politische Kampfansage konstruiert wird. Dabei gehen genau jene Zwischentöne verloren, die für das Verständnis der Situation im Osten essenziell wären. Der vollständige Text mit allen Hintergründen steht im Blog. Bildidee: Eine Frau steht in einem ländlichen Innenraum am Fenster und blickt hinaus in eine weite, neblige Landschaft. Das Licht ist weich, die Stimmung nachdenklich und ruhig. Bildprompt: Cinematic shot, medium shot of a woman looking out of a window in an old farmhouse, rural landscape outside, foggy morning, soft natural lighting, contemplative mood, photorealistic, 8k, --ar 1:1 B) SEITE 1 (Kontext) Hook: Wenn aus einer juristischen Risikoanalyse eine politische Abrechnung wird, leidet die gesellschaftliche Debatte. Teaser: Der Vergleich zwischen dem Original-Interview von Juli Zeh in der taz und der Rezeption in der Jungen Freiheit offenbart die Mechanismen moderner Medienöffentlichkeit. Während im Original das Scheitern der Brandmauer als strategisches Problem der Demokratie diskutiert wird, dient dasselbe Zitat anderswo als Bestätigung für das Scheitern der Altparteien. Eine Einordnung darüber, wie Inhalte ihren Sinn verändern, wenn sie den Kontext wechseln. Der vollständige Text mit allen Hintergründen steht im Blog. Bildidee: Ein hölzerner Schreibtisch, auf dem zwei unterschiedliche Zeitungen liegen, eine Kaffeetasse daneben, Fokus liegt auf dem bedruckten Papier, leicht unscharfer Hintergrund einer Bibliothek. Bildprompt: Still life photography, a wooden desk with two different newspapers lying next to each other, a cup of coffee, focus on the texture of the paper and print, soft depth of field with library in background, realistic, documentary style, --ar 1:1 C) SEITE 2 (pointiert, ruhig) Hook: Die Feststellung, dass eine Strategie wirkungslos blieb, ist noch keine Absage an die Prinzipien dahinter. Teaser: Juli Zeh konstatiert das Faktische: Die Brandmauer hat die AfD nicht kleinhalten können. Wer diesen Satz isoliert, unterschlägt jedoch ihre Schlussfolgerung. Es geht nicht um das Aufgeben von Prinzipien, sondern um die Suche nach wirksameren Methoden jenseits der moralischen Empörung. Eine Betrachtung der aktuellen Deutungskämpfe. Der vollständige Text mit allen Hintergründen steht im Blog. Bildidee: Eine Nahaufnahme einer alten Ziegelsteinmauer, an der Efeu hochrankt oder die leichte Risse zeigt. Symbolisch für die "Brandmauer", aber organisch und alt. Bildprompt: Close up detail shot of an old brick wall, weathered texture, some ivy growing on the side, soft sunlight casting shadows, symbol of a barrier, photorealistic, highly detailed, --ar 1:1 Quelle: Eigene Analyse basierend auf taz ("Juli Zeh über Nachbarn, die AfD wählen") und Junge Freiheit ("Bestsellerautorin Juli Zeh rechnet mit Brandmauerpolitik ab").

Spätfolgen politischer Inhaftierung für die zweite Generation

1. Teaser Profil (ca. 40% des Textes) Trauma und Schweigen: Die zweite Generation der politischen Häftlinge Der Vater träumt von der missglückten Flucht, das Kind im Nebenzimmer liegt wach und spürt die Angst. Szenen wie diese prägen die Erinnerung vieler Kinder politischer Häftlinge der DDR. Die Inhaftierung der Eltern, oft im berüchtigten Gefängnis Hoheneck, hinterließ nicht nur bei den direkten Opfern Spuren, sondern zeichnete auch die nachfolgende Generation. Besuche im Gefängnis waren geprägt von Sprachlosigkeit und Überwachung; über die wahren Umstände durfte nicht gesprochen werden. Diese erzwungene Stille setzte sich oft auch nach der Haft oder einer Flucht in den Westen fort. Die Familien blieben oft isoliert, den Kindern wurde Anpassung als Überlebensstrategie vermittelt. Gute Leistungen dienten als Schutzschild, um die traumatisierten Eltern nicht weiter zu belasten. So entstand ein stiller Pakt in den Wohnzimmern: Fragen wurden nicht gestellt, um keinen Schmerz auszulösen. Die Kinder schwankten zwischen Wut auf die riskanten Ideale der Eltern und Bewunderung für deren Mut. Erst heute, Jahrzehnte später, bricht dieses Schweigen auf. Die Aufarbeitung zeigt, dass die Geschichte der politischen Verfolgung in der DDR auch die Geschichte der Kinder ist, die im Schatten dieses Traumas erwachsen wurden. 2. Teaser Seite Arne Petrich (ca. 25% des Textes) Wenn die Angst vererbt wird: Spätfolgen der DDR-Haft Tausende Familien in der DDR wurden durch politische Haft zerrissen. Für die Kinder bedeutete dies oft Heimunterbringung und ein Leben im Ungewissen. Doch auch nach der Wiedervereinigung oder der Flucht in den Westen blieb die Normalität oft nur Fassade. Anpassung und Unauffälligkeit wurden zur obersten Maxime, um die traumatisierten Eltern zu schützen. In den Familien herrschte ein stiller Pakt des Schweigens. Die Kinder der politischen Häftlinge wurden zu den emotionalen Trägern einer Last, die nicht ihre eigene war. Heute beginnt diese „zweite Generation“, ihre komplexe Geschichte zwischen Wut, Bewunderung und Trauma aufzuarbeiten und den langen Schatten der Diktatur zu beleuchten. 3. Teaser Jenapolis (ca. 15% des Textes) Die Kinder von Hoheneck: Ein Leben im Schatten des Traumas Politische Haft in der DDR zerstörte nicht nur die Biografien der Inhaftierten, sondern prägte auch deren Kinder nachhaltig. Von den beklemmenden Besuchen in Hoheneck bis zur isolierten Anpassung im Westen: Die zweite Generation lernte früh, zu funktionieren und zu schweigen. Erst jetzt bricht der stille Pakt der Familien auf, und die komplexen Spätfolgen der Verfolgung werden sichtbar. Ein Blick auf die psychologische Last einer Generation, die lernte, die Angst ihrer Eltern zu tragen.

Die Biermann-Ausbürgerung und der Beginn des offenen Widerstands in Jena

1. Teaser Profil Ein einziger Abend im November 1976 veränderte das politische Klima einer ganzen Stadt unwiderruflich und markierte den Punkt ohne Wiederkehr. Es war jener graue Novemberabend, an dem die Tagesschau in Schwarz-Weiß flimmerte und eine Nachricht in die Wohnzimmer trug, die wie ein physischer Schlag wirkte. In einer Jenaer Privatwohnung saßen zwei Dutzend junge Menschen, umgeben von Zigarettenrauch und klirrenden Teegläsern, und starrten ungläubig auf den Bildschirm. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns war nicht nur ein Verwaltungsakt gegen einen Liedermacher; sie war für diese Generation in der DDR das endgültige Signal, dass der "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" eine Illusion bleiben würde. Die Reaktion ließ in der Universitätsstadt nicht lange auf sich warten. Einen Tag später, im „Klub der Intelligenz“, suchten viele nach Antworten. Der Saal war überfüllt mit jungen Gesichtern, die eigentlich wegen einer Lesung von Jurek Becker gekommen waren. Als dieser die Protestnote der Berliner Künstler verlas, brach sich das Unausgesprochene Bahn. Ein Raunen schwoll zu einer offenen Debatte an, die den Rahmen des Erlaubten sprengte. Doch der Geist war aus der Flasche. In der Evangelischen Jungen Gemeinde (JG) Stadtmitte gärte es weiter. Hier wurde nicht nur diskutiert, hier wurde gehandelt. Man schrieb den Offenen Brief der Künstler ab und sammelte Unterschriften. Die Antwort des Repressionsapparates folgte prompt und brutal in der Nacht zum 19. November. Doch statt Rückzug erzeugte die staatliche Härte eine Solidarisierungswelle, die quer durch die sozialen Schichten Jenas ging. 2. Teaser Seite Arne Petrich Ein einziger Abend im November 1976 veränderte das politische Klima einer ganzen Stadt unwiderruflich und markierte den Punkt ohne Wiederkehr. Die Ausbürgerung Wolf Biermanns war für viele junge Menschen in Jena das endgültige Signal, dass der "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" eine Illusion bleiben würde. Im „Klub der Intelligenz“ eskalierte die Situation, als Jurek Becker statt nur aus seinen Büchern zu lesen, die politische Realität thematisierte. Die daraufhin einsetzende Repression der Stasi, verraten durch Spitzel in den eigenen Reihen, führte zu Verhaftungen in der Jungen Gemeinde. Doch das Kalkül der Macht ging nicht auf: Statt Angst herrschte plötzlich eine neue, praktische Solidarität. Matthias Domaschk und andere organisierten Hilfe, sammelten Geld und vernetzten sich über soziale Grenzen hinweg. Es entstand ein Riss zwischen Staat und Jugend, der sich bis 1989 nicht mehr schließen sollte. 3. Teaser Jenapolis Ein einziger Abend im November 1976 veränderte das politische Klima einer ganzen Stadt unwiderruflich. Die Nachricht von der Ausbürgerung Wolf Biermanns löste in Jena eine Kettenreaktion aus, die vom „Klub der Intelligenz“ bis in die Junge Gemeinde reichte. Wo der Staat mit Härte und Verhaftungen reagierte, entstand unerwartet eine breite Solidaritätsbewegung. Historisch betrachtet markiert dieser November den Moment, in dem sich ein Riss auftat, der das Ende der DDR einläutete – der Beginn eines offenen Widerstands, der sich nicht mehr einschüchtern ließ.

Ostdeutsche Identitätssuche im Winter 1989/90

Journalistischer Text - Facebook Das Lied „Halb und Halb“ von Wenzel und Mensching zeichnet ein präzises Bild der DDR in ihrer Endphase, das keine Befreiung, sondern einen Zustand der lähmenden Unentschlossenheit zwischen den Systemen beschreibt. Spezifisch ostdeutsche Erfahrungen werden durch Metaphern greifbar gemacht. Der Polizist erscheint als halb Mensch, halb Maschine, was den Autoritätsverlust der Staatsmacht bei gleichzeitiger physischer Präsenz verdeutlicht. Auch die topografische Situation Berlins findet Erwähnung. Die Stadt wird als nur noch halb eingezäunt beschrieben, ein Verweis auf die faktische Öffnung der Grenze bei fortbestehender architektonischer Trennung der Stadt. Der Text dokumentiert zudem eine Skepsis gegenüber der Vereinigung. Der neue Wohlstand wirkt fragil, was die ostdeutsche Perspektive einer unsicheren Zukunft und den Verlust vertrauter Strukturen betont.

Das Konzert vom 2. Dezember 1989: Biermann, Wegner und die DDR-Opposition

Journalistischer Text – Facebook Der 2. Dezember 1989 markiert im kulturellen Gedächtnis der deutschen Teilung einen Moment von seltener Intensität. Wenige Wochen nach dem Fall der Berliner Mauer und noch vor der ersten freien Wahl fand im Ost-Berliner „Haus der Jungen Talente“ eine Veranstaltung statt, die den Titel „Verlorene Lieder – verlorene Zeit“ trug. Es handelte sich um das erste gemeinsame Konzert von in der DDR verbliebenen Liedermachern und jenen Künstlern, die das Land nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 verlassen mussten. Die Atmosphäre im Saal war geladen, geprägt von einer Mischung aus Euphorie, Neugier und der unverarbeiteten Bitterkeit der vergangenen Jahre. Auf der Bühne trafen Welten aufeinander. Wolf Biermann, der erst einen Tag zuvor sein erstes Konzert in Leipzig gegeben hatte, dominierte den Abend mit einer Haltung des historischen Triumphs. Ihm gegenüber standen Künstler wie Bettina Wegner, die weniger die politische Abrechnung als vielmehr den menschlichen Schmerz der Trennung thematisierte. Ihr Lied „Kinder“ wurde zu einem emotionalen Zentrum des Abends. Gleichzeitig vertraten Dagebliebene wie Hans-Eckardt Wenzel oder Gerhard Schöne eine Position, die sich gegen eine vereinfachende Siegermentalität des Westens wandte. Sie pochten auf die Würde einer eigenständigen ostdeutschen Erfahrung, die sich nicht allein durch Anpassung oder Flucht definieren ließ. Besondere Brisanz erhielt der Abend durch die Anwesenheit des damaligen Kulturministers Dietmar Keller. In einer für DDR-Funktionäre präzedenzlosen Geste entschuldigte er sich öffentlich für das Unrecht der Ausbürgerungen. Doch die anschließenden Diskussionen zeigten, dass eine einfache Versöhnung kaum möglich war. Die Gräben zwischen den Exilanten, die die DDR von außen bekämpften, und den Kritikern im Inneren, die das System reformieren wollten, traten offen zutage. Das Konzert dokumentiert somit nicht nur eine musikalische Wiedervereinigung, sondern auch den Beginn eines schwierigen Dialogs über Deutungshoheit und Biografie, der die Nachwendezeit noch lange prägen sollte.

Jena als Spiegelbild aktueller ostdeutscher Herausforderungen

Die Entwicklungen in der Jenaer Innenstadt verdeutlichen exemplarisch die strukturellen und gesellschaftlichen Spannungsfelder, die viele ostdeutsche Kommunen drei Jahrzehnte nach der Transformation prägen. Seit einem Vierteljahrhundert leitet Michael Holz die Goethe-Galerie in Jena und begleitet damit einen Großteil der postsozialistischen Entwicklung des Handelsstandortes. Seine aktuelle Bilanz verweist auf eine fragile Stabilität, die symptomatisch für viele ostdeutsche Oberzentren ist. Trotz hoher Besucherfrequenzen offenbart das Kaufverhalten eine tiefe Verunsicherung, die nicht nur ökonomisch begründet ist. Holz benennt explizit die Angst vor einer kriegerischen Eskalation als Faktor für die Kaufzurückhaltung. Diese Beobachtung korrespondiert mit soziologischen Befunden, die in Ostdeutschland aufgrund historischer Erfahrungen eine ausgeprägte Sensibilität für geopolitische Spannungen feststellen. Hinzu kommt eine Diskrepanz zwischen gestiegenen Lebenshaltungskosten und der Lohnentwicklung, die in den neuen Bundesländern oft die finanziellen Spielräume enger zieht als im Bundesdurchschnitt. Die Diskussion um die Entwicklung Jenas offenbart zudem einen wachsenden Riss zwischen der akademisch geprägten Stadt und dem ländlichen Umland beziehungsweise der Arbeiterschaft. Kommentare aus der Bevölkerung kritisieren eine Stadtplanung, die als Verdrängung der arbeitenden Mitte zugunsten studentischer Milieus wahrgenommen wird. Dieses Phänomen der sozialen Entmischung stellt eine zentrale Herausforderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in erfolgreichen ostdeutschen Städten dar. Der Appell des Centermanagers zu einem Schulterschluss zwischen Politik, Handel und Gesellschaft zielt auf die Bewahrung einer lebendigen Innenstadt als Identitätsanker. Wenn Traditionsgeschäfte schließen und das Umland aufgrund infrastruktureller Hürden fernbleibt, droht der Verlust der urbanen Mitte als Begegnungsort. Die Debatte in Jena zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg allein nicht ausreicht, um die gesellschaftlichen Fliehkräfte in Ostdeutschland zu binden.