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Debatte im Bundestag zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags

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Am 19. Dezember 2024 hat die FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags eingebracht, der unter dem Titel „Solidaritätszuschlagbefreiungsgesetz“ (SolZBFreiG, 20/14254) bekannt wurde. Dieser Entwurf sieht vor, den Solidaritätszuschlag, der ursprünglich als Sonderabgabe zur Finanzierung der deutschen Einheit eingeführt wurde, nach fast 30 Jahren vollständig abzuschaffen. Nach der ersten Lesung im Bundestag wurde der Entwurf dem Finanzausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.

Die Grundzüge des Gesetzentwurfs beinhalten eine schrittweise Reduktion des Solidaritätszuschlags, der ab dem 1. Januar 2025 von 5,5 Prozent auf 3,0 Prozent der Bemessungsgrundlage gesenkt werden soll. Zum 1. Januar 2027 soll dieser dann komplett entfallen. Die FDP-Fraktion argumentiert, dass mit dem Auslaufen des Solidarpakts II im Jahr 2019 die ursprünglich rechtfertigende Grundlage für die Erhebung des Solidaritätszuschlags weggefallen sei. Die Abschaffung dieses Zuschlags sei daher überfällig, da er inzwischen eine ungerechtfertigte Belastung für viele Steuerzahler darstelle.

Die Argumentation der FDP: Der Solidaritätszuschlag muss weg
Christian Dürr, der Vorsitzende der FDP-Fraktion, erklärte in seiner Rede zu Beginn der Debatte, dass der Solidaritätszuschlag sowohl politisch als auch wirtschaftlich überholt sei. Er erinnerte daran, dass in den 1990er Jahren ein politisches Versprechen abgegeben worden sei, diese Abgabe abzuschaffen, sobald der Solidaritätszuschlag seinen Zweck erfüllt habe. Dies sei mit dem Ende des Solidarpakts II im Jahr 2019 der Fall. Dürr betonte, dass der Soli mittlerweile eine „Strafsteuer“ darstelle, die die Leistungsbereitschaft in Deutschland bestrafe. In seinen Augen sei der Solidaritätszuschlag nicht mehr gerechtfertigt, sondern vielmehr ein Zeichen dafür, dass der Staat die wirtschaftlich Aktiven und Leistungsträger in Deutschland weiter belaste, anstatt sie zu entlasten.

Zudem warf Dürr der SPD vor, in der Ampel-Koalition Vorschläge zur Entlastung der Wirtschaft blockiert zu haben. Mit einer Unternehmensbesteuerung von 30 Prozent liege Deutschland im internationalen Vergleich am unteren Ende. Die FDP-Fraktion fordert daher eine Absenkung der Steuersätze, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu verbessern und Investitionen zu fördern.

Die SPD: Kritik an der FDP-Politik
Die Reaktion der SPD auf den FDP-Vorschlag war scharf. Michael Schrodi, ein SPD-Abgeordneter, kritisierte, dass die Vorschläge von FDP und Union eine Umverteilung von der breiten Mitte der Gesellschaft hin zu den Reichsten bewirken würden. Nach seiner Ansicht würde eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor allem den wohlhabenden oberen Einkommensschichten zugutekommen, während der Staatshaushalt durch die entfallenden Einnahmen erheblich belastet würde.

Schrodi betonte, dass die SPD statt einer Entlastung der Reichen eine Entlastung für 95 Prozent der Bevölkerung fordere. Die höchsten Einkommen sollten zur Finanzierung von Steuererleichterungen für die breite Masse herangezogen werden. Er warnte vor den finanziellen Konsequenzen eines solchen Gesetzes und erklärte, dass die Vorschläge der Union und FDP auf wackeligem Fundament basierten. Stattdessen plädierte er für eine faire und sozial ausgewogene Finanzpolitik.

CDU/CSU: Unterstützung für die vollständige Abschaffung
Olav Gutting von der CDU/CSU-Fraktion unterstützte die Forderung der FDP nach einer vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Er stellte fest, dass die ursprüngliche Begründung für den Soli – die Finanzierung der deutschen Einheit – nicht mehr zutreffe, da dieser Solidarpakt im Jahr 2019 ausgelaufen sei. Der Solidaritätszuschlag sei mittlerweile zu einer zusätzlichen Belastung für viele Bürger, insbesondere für Selbstständige, Freiberufler und Unternehmen, geworden. Er bezeichnete den Soli als eine Sondersteuer auf Leistung, Innovation und unternehmerisches Risiko, die besonders kleine und mittelständische Unternehmen treffe. Gutting forderte daher ebenfalls die vollständige Abschaffung dieser Steuer.

Grüne: Kritik an der Finanzierung der Abschaffung
Sascha Müller von den Grünen warf der FDP vor, sich nicht zu den Finanzierungsfragen zu äußern, die mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlags verbunden seien. Er forderte mehr Transparenz und konstruktive Vorschläge, wie die entstehenden Mindereinnahmen ausgeglichen werden könnten. Zwar räumte auch er ein, dass der Solidaritätszuschlag Unternehmen belastet und deren Entlastung durch die Abschaffung sinnvoll sei, doch er hielt es für wichtig, die strukturellen Schwächen der deutschen Volkswirtschaft zu adressieren, statt lediglich Steuern zu senken.

Müller kritisierte auch, dass die FDP sich nicht an der Wachstumsinitiative der Ampel-Koalition beteiligt habe, die auf die Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur abzielte. Für ihn sei die Lösung für die Probleme der deutschen Wirtschaft nicht nur eine Steuererleichterung, sondern ein umfassenderer Ansatz zur Behebung der strukturellen Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

AfD: Vorschläge zur Gegenfinanzierung
Kay Gottschalk von der AfD stimmte der FDP ebenfalls zu und erklärte, dass seine Fraktion schon vor fünf Jahren die Abschaffung des Solidaritätszuschlags gefordert habe. Er ging einen Schritt weiter und schlug vor, wie die Mindereinnahmen durch die Abschaffung des Solis kompensiert werden könnten. Gottschalk argumentierte, dass der Staat bei den Ausgaben ansetzen müsse, nicht bei den Einnahmen. Er nannte Beispiele wie eine Reduzierung der EU-Ausgaben um zehn Prozent, eine Rückführung von Arbeitslosen ins Arbeitsverhältnis und Einsparungen in der Entwicklungshilfe, um Milliardenbeträge zu sparen.

Linke und BSW: Kritik an Klientelpolitik
Die Linke und der Bund der Steuerzahler (BSW) kritisierten die FDP als Partei der reichen Eliten. Christian Görke von der Linken warf der FDP vor, eine Klientelpolitik für die reichsten ein Prozent der Bevölkerung zu machen. Auch Alexander Ulrich vom BSW warf den Unionsparteien und der FDP vor, durch ihre Politik die arbeitende Mitte des Landes zu übersehen und stattdessen die Reichen zu begünstigen.

Fazit und Ausblick
Die Diskussion über den Solidaritätszuschlag wird weiterhin polarisiert bleiben. Während die FDP und CDU/CSU eine vollständige Abschaffung fordern, sehen SPD, Grüne, Linke und der BSW diese Forderung als eine Belastung für den Staatshaushalt und die breite Masse der Bevölkerung. Die SPD fordert eine sozial gerechtere Finanzierung, während die Grünen mehr strukturelle Reformen in der Wirtschaft anmahnen. Die AfD wiederum bringt Vorschläge zur Gegenfinanzierung, indem sie Ausgabenkürzungen fordert. Die endgültige Entscheidung über die Zukunft des Solidaritätszuschlags wird in den kommenden Monaten fallen, wenn der Gesetzentwurf weiter beraten und möglicherweise verabschiedet wird.

Das geplante „Solidaritätszuschlagbefreiungsgesetz“ ist nicht nur eine Frage der Steuerpolitik, sondern auch eine der wirtschaftlichen Ausrichtung Deutschlands in den kommenden Jahren. In Anbetracht der aktuellen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Rezession und des Fachkräftemangels, könnte die Entscheidung über den Soli eine richtungsweisende Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes und das Vertrauen der Bürger in die Regierungspolitik haben.

Bericht zur 7. Stadtratssitzung der Stadt Weida am 19. Dezember 2024

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Am 19. Dezember 2024 fand die siebte Sitzung des Stadtrats der Stadt Weida statt. Die Sitzung begann um 19 Uhr und wurde, nach einer einstimmigen Bestätigung durch die anwesenden Stadtratsmitglieder, offiziell eröffnet. Die Sitzung diente nicht nur der Behandlung aktueller Anträge und Themen, sondern auch der Diskussion über wichtige Entscheidungen, die die Stadt Weida und ihre Verwaltung betreffen. Die folgenden Punkte wurden intensiv besprochen und entschieden:

1. Eröffnung und Formalitäten
Die Sitzung begann mit einer kurzen Begrüßung durch den Bürgermeister, der die anwesenden Mitglieder des Stadtrats und die Öffentlichkeit willkommen hieß. Die Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung vom 28. November 2024 stand zu Beginn auf der Tagesordnung. Die genehmigte Version des Protokolls wurde durch die Stadtratsmitglieder mehrheitlich angenommen, wobei es zwei Gegenstimmen gab, was auf kleinere Differenzen oder Unstimmigkeiten in der letzten Sitzung hinweisen könnte. Es wurde ebenfalls ein Änderungsantrag zur Tagesordnung eingebracht, der ohne Einwände angenommen wurde. So wurde der ursprünglich als Punkt 4 geplante Tagesordnungspunkt vorgezogen und mit Punkt 5 getauscht.

2. Informationen des Bürgermeisters
Der Bürgermeister berichtete zu Beginn über mehrere positive Entwicklungen und anstehende Projekte in der Stadt Weida. Besonders hervorzuheben ist der Stand der Vermarktung eines ehemaligen Fundgrundstücks. Hier gibt es zwei ernsthafte Interessenten, die sich für das Grundstück interessieren, was als positive Nachricht für die Stadtentwicklung betrachtet wurde. Die Entscheidung über den zukünftigen Verkauf und die Nutzung des Grundstücks steht jedoch noch aus und wird im kommenden Jahr weiterverfolgt.

Des Weiteren wurde der diesjährige Weihnachtsmarkt lobend erwähnt. Der Bürgermeister bedankte sich bei allen Helfern und Organisatoren, die zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen haben. Der Weihnachtsmarkt war ein Highlight der diesjährigen Stadtaktivitäten und trug maßgeblich zur Steigerung der Lebensqualität und des Gemeinschaftsgefühls bei.

Eine weitere positive Nachricht war die Wiederinstallation des sanierten Eingangstors der Osterburg. Dieses Projekt wurde durch Spenden sowie Veranstaltungen des Vereins zur Förderung der Osterburg realisiert. Der Bürgermeister stellte in diesem Zusammenhang heraus, wie wichtig ehrenamtliches Engagement für die Stadt ist und dass derartige Projekte nur durch das Zusammenwirken der Bevölkerung und der Stadtverwaltung möglich sind.

3. Diskussion über das Kreisrechenzentrum (KRZ)
Ein zentrales Thema der Sitzung war der Antrag der CDU-Fraktion zur Rücknahme der Kündigung des Vertrags mit dem Kreisrechenzentrum (KRZ). Die Stadt Weida war bislang Mitglied im Kreisrechenzentrum, einer Einrichtung, die unter anderem IT-Dienstleistungen für Kommunen bereitstellt. Der Vertrag mit dem KRZ wurde jedoch von der Stadtverwaltung gekündigt, was zu einer intensiven Diskussion im Stadtrat führte.

Die Stadtverwaltung begründete ihre Entscheidung damit, dass die Zusammenarbeit mit dem KRZ nicht zufriedenstellend gewesen sei. Es wurde bemängelt, dass das KRZ keine konkreten Leistungsverzeichnisse, Kostenangebote oder Zeitrahmen für die Umsetzung von Projekten vorgelegt habe. Zudem gab es erhebliche Zweifel an der langfristigen finanziellen Perspektive der Stadt Weida im Rahmen der Kooperation mit dem KRZ. Besonders kritisch wurde angemerkt, dass die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems (DMS) durch das KRZ nicht rechtzeitig umgesetzt werden konnte, obwohl die Lizenzen bereits Ende 2021 bezahlt wurden.

Auf der anderen Seite wies das KRZ die Vorwürfe zurück und betonte, dass alle Konzepte mit den beteiligten Kommunen abgestimmt worden seien. Zudem seien Testzugänge zu den Dokumentenmanagement-Systemen bereitgestellt worden, um die Integration der Systeme zu erleichtern. Das KRZ argumentierte, dass es sehr wohl in der Lage sei, die Anforderungen der Stadt Weida zu erfüllen, und dass die Kündigung des Vertrags eine voreilige Entscheidung sei.

Die Stadtverwaltung wies darauf hin, dass sie sich bereits Ende 2023 entschlossen habe, die Kündigung vorzubereiten, und dass sie zwischenzeitlich ein alternatives DMS über die KfR Thüringen GmbH eingeführt habe. Die Einführung des MESU-Office-Systems durch die KfR Thüringen wurde als zukunftsfähiger angesehen, da die bestehende Softwarelösung des KRZ keine klaren Zeitpläne für die Umsetzung bot.

Ein weiterer Streitpunkt war die Frage der Kosten. Die Stadtverwaltung argumentierte, dass sie vom KRZ keine detaillierte Kostenaufstellung erhalten habe und dass die eigenen IT-Ressourcen in der Stadtverwaltung ausreichend entwickelt seien, um die Verwaltungsaufgaben auch in Zukunft selbstständig zu bewältigen. Das argumentierte Konzept, dass durch regelmäßige Fortbildungen und die Weiterentwicklung des Notfallplans eine zukunftsfähige IT-Abteilung aufgebaut werden kann, wurde von der Verwaltung stark betont.

In der Abstimmung zum Antrag der CDU, die Kündigung des Vertrags mit dem KRZ zurückzuziehen, wurde der Antrag mit einer Mehrheit von 11 Nein-Stimmen, 8 Ja-Stimmen und einer Enthaltung abgelehnt. Dies deutet darauf hin, dass eine Mehrheit des Stadtrats die Entscheidung der Stadtverwaltung, den Vertrag mit dem KRZ zu beenden, unterstützte.

4. Antrag zur Suche nach neuem Vertragspartner
Nach der Ablehnung des Antrags zur Rücknahme der Kündigung wurde ein weiterer Antrag gestellt, der die Stadtverwaltung dazu aufforderte, sich bis zum Ende des zweiten Quartals 2025 um einen neuen Vertragspartner zu bemühen. Dieser neue Vertragspartner sollte in der Lage sein, die Datensicherheit der Stadt zu gewährleisten und die Verwaltungssoftware auf dem neuesten Stand zu halten.

Dieser Antrag wurde als Empfehlung angenommen, wobei eine breite Unterstützung aus den Reihen des Stadtrats zu verzeichnen war. Die Suche nach einem neuen Partner für IT-Dienstleistungen und -Infrastruktur wird nun als wichtiger Bestandteil der städtischen Strategie für die nächsten Jahre betrachtet.

5. Weitere Diskussionen und Anfragen
Neben den zentralen Themen zur IT-Infrastruktur wurden noch andere Themen diskutiert. So gab es eine ausführliche Debatte über die Verkehrssituation in der Bahnhofstraße. Ein Antrag zur Einführung einer 30 km/h-Zone wurde gestellt, da die Verkehrsdichte in diesem Bereich zugenommen hat und die Sicherheitslage als bedenklich eingeschätzt wird. Es wurde jedoch klargestellt, dass die Entscheidung über die Aufstellung von Verkehrsschildern nicht direkt vom Stadtrat, sondern von der unteren Straßenverkehrsbehörde getroffen wird. Insofern konnte das Thema in der Sitzung nur zur Kenntnis genommen werden, ohne dass eine abschließende Entscheidung getroffen wurde.

Fazit
Die wichtigste Entscheidung der Sitzung war zweifellos die Ablehnung des Antrags zur Rücknahme der Kündigung des Vertrags mit dem Kreisrechenzentrum. Der Stadtrat zeigte sich mehrheitlich der Ansicht, dass die Stadt Weida langfristig auf ihre eigenen IT-Ressourcen setzen sollte. Die Suche nach einem neuen IT-Dienstleister wird nun ein zentrales Thema für die Stadtverwaltung darstellen. Des Weiteren wurde die Zusammenarbeit mit dem KRZ nicht grundsätzlich in Frage gestellt, jedoch wurde die Notwendigkeit einer detaillierteren Kostenaufstellung und einer zukunftsfähigen IT-Strategie hervorgehoben.

Die Stadt Weida zeigt sich weiterhin bemüht, die Infrastruktur zu modernisieren und die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen. Die Entscheidungen aus dieser Sitzung werden weitreichende Folgen für die digitale Zukunft der Stadt haben.

Der Cottbuser Ostsee in Brandenburg hat seinen Zielwasserstand erreicht!

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Nach fünfeinhalb Jahren intensiver Flutung und der Einleitung von 170 Millionen Kubikmetern Wasser aus der Spree hat der Cottbuser Ostsee erstmalig seinen Zielwasserstand von +62,5 m NHN erreicht. Dieses Ereignis markiert einen entscheidenden Moment in der Geschichte des ehemaligen Tagebaus und unterstreicht die Bedeutung von Renaturierungsprojekten in der Lausitz. Der künstlich geschaffene See, der nun als größter künstlicher See Deutschlands gilt, wird nicht nur als Symbol des Strukturwandels wahrgenommen, sondern auch als konkretes Beispiel für eine nachhaltige Nachnutzung von Bergbaufolgelandschaften.

Die Bedeutung des Zielwasserstands
Das Erreichen des Zielwasserstands hat nicht nur symbolischen Charakter. Es ist ein wichtiger technischer Meilenstein, da dieser Wasserstand ermöglicht, den See als eine Art Puffer für extreme Wetterereignisse zu nutzen. In Zeiten von Starkregen oder Hochwasser kann der Cottbuser Ostsee zusätzliche Wassermengen sicher aufnehmen, ohne die umliegenden Gebiete zu gefährden. Dieses Hochwassermanagement ist insbesondere in einer Zeit zunehmender klimatischer Unwägbarkeiten von unschätzbarem Wert.

Darüber hinaus ist der Zielwasserstand ein zentraler Parameter für die weitere Planung und Nutzung des Sees. Er bildet die Grundlage für die Gestaltung der Uferbereiche, die Ausweisung von Freizeit- und Erholungszonen sowie für die Anbindung des Sees an die umliegende Region.

Hintergrund: Vom Tagebau zum Freizeitparadies
Der Cottbuser Ostsee ist Teil eines der ehrgeizigsten Renaturierungsprojekte Europas. Seit der Einstellung des Braunkohleabbaus im Tagebau Cottbus-Nord im Jahr 2015 wurde die Grube schrittweise zu einem Naherholungsgebiet umgestaltet. Die Flutung begann im April 2019 und wurde kontinuierlich überwacht, um eine gleichmäßige Wasserzufuhr zu gewährleisten und mögliche Risiken wie Uferinstabilitäten zu minimieren.

Das Projekt ist eng mit dem Strukturwandel in der Lausitz verknüpft. Durch den schrittweisen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung stehen die Regionen Brandenburg und Sachsen vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen. Der Cottbuser Ostsee wird dabei als Leuchtturmprojekt angesehen, das neue Perspektiven für den Tourismus, den Wassersport und die Naherholung eröffnen soll.

Herausforderungen und Perspektiven
Trotz der erreichten Ziele bleiben Herausforderungen bestehen. Die Qualität des Wassers im Cottbuser Ostsee ist ein zentrales Thema. Durch die jahrzehntelange Nutzung als Tagebau sind die Böden in der Umgebung stark durch Sulfate und andere Rückstände belastet, die ins Wasser gelangen können. Maßnahmen zur Sicherstellung einer guten Wasserqualität, wie die kontinuierliche Überwachung und Aufbereitung, sind daher essenziell.

Ein weiterer Aspekt ist die Integration des Sees in die regionale Infrastruktur. Der Ausbau von Straßen, Radwegen und öffentlichen Verkehrsmitteln ist entscheidend, um den See für Bewohner und Touristen gleichermaßen attraktiv zu machen. Zudem müssen die Interessen verschiedener Akteure – von Naturschützern über lokale Unternehmen bis hin zu Freizeitnutzern – in Einklang gebracht werden.

Ein See mit Signalwirkung
Der Cottbuser Ostsee ist nicht nur ein technisches und ökologisches Projekt, sondern auch ein kulturelles und gesellschaftliches. Er steht für den Wandel von einer durch den Bergbau geprägten Region hin zu einer zukunftsfähigen Landschaft, die auf Nachhaltigkeit, Erholung und Tourismus setzt.

Für die Menschen in der Lausitz bedeutet der See einen Neuanfang und die Möglichkeit, die Identität der Region neu zu definieren. Für andere Regionen mit ähnlichen Herausforderungen bietet der Cottbuser Ostsee ein Vorbild, wie Bergbaufolgelandschaften sinnvoll genutzt werden können.

Die nächsten Jahre werden zeigen, wie gut der See seine multifunktionale Rolle erfüllen kann – als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, als Schutzraum bei Hochwasser und als Erholungsgebiet für die Menschen. Doch eines steht fest: Mit dem Erreichen des Zielwasserstands ist ein entscheidender Schritt getan, der die Lausitz näher an ihre Vision einer lebenswerten Zukunft bringt.

Bericht zur Stadtratssitzung in Gera vom Dezember 2024

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Die Stadtratssitzung in Gera im Dezember 2024 war geprägt von zahlreichen bedeutsamen Themen, die die Weichen für die zukünftige Entwicklung der Stadt stellen sollen. Die Sitzung wurde pünktlich durch den Oberbürgermeister Julian Dannenberger eröffnet. Zu Beginn stimmte der Stadtrat über Anträge ab, die die Zulassung von Ton- und Bildaufnahmen betrafen. Diese wurden genehmigt, was eine transparente Dokumentation der Sitzung gewährleistete. Im Anschluss folgten die Feststellung der Beschlussfähigkeit und die Genehmigung der Tagesordnung. Es wurden geringfügige Änderungen vorgenommen, um aktuellen Prioritäten Rechnung zu tragen.

Eine Einwohnerfragestunde war ebenfalls Teil der Tagesordnung, jedoch blieben neue Anfragen aus. Vorliegende schriftliche Bürgerfragen wurden beantwortet, wobei die Details den Stadträten und interessierten Zuhörern zur Verfügung gestellt wurden. Der Oberbürgermeister berichtete anschließend über den Fortschritt der Haushaltssatzung für das Jahr 2025. Diese soll, wie angekündigt, noch vor Jahresende verabschiedet und veröffentlicht werden. Damit verbunden sind wichtige finanzielle Entscheidungen, die maßgeblich Einfluss auf Investitionen in die Infrastruktur und die Lebensqualität in Gera haben. Dannenberger hob hervor, dass es 2025 zu intensiven Gesprächen über strategische Stadtentwicklungsprojekte kommen werde, darunter auch Maßnahmen, die den demografischen Wandel und die wirtschaftliche Entwicklung adressieren.

Ein zentraler Tagesordnungspunkt war die geplante Ansiedlung der Sung Eel Recyclingpark Thüringen GmbH. Das Unternehmen möchte sich auf dem Gelände eines ehemaligen Industrieparks niederlassen, was mit erheblichen Investitionen und der Schaffung neuer Arbeitsplätze einhergehen könnte. Trotz der wirtschaftlichen Vorteile zeigte sich im Stadtrat eine breite Diskussion über die potenziellen Umwelt- und Sicherheitsrisiken. Kritiker warfen dem Unternehmen mangelnde Transparenz vor und forderten eine vertiefte Prüfung der Auswirkungen auf die Umwelt. Als Kompromiss beschloss der Stadtrat, das Unternehmen zur freiwilligen Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufzufordern. Dies soll den Bedenken der Bürger Rechnung tragen und gleichzeitig die wirtschaftliche Attraktivität des Projekts sicherstellen.

Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Agenda war die Neuwahl des Beirates für Menschen mit Behinderungen. Insgesamt wurden 15 neue Mitglieder gewählt, die nun die Interessen von Menschen mit Behinderungen in Gera vertreten. Der Beirat wird sich unter anderem mit Fragen der Barrierefreiheit und der sozialen Teilhabe beschäftigen, was auch in Verbindung mit den geplanten Stadthygiene-Maßnahmen steht. Im Rahmen dieser Maßnahmen beschloss der Stadtrat, barrierefreie öffentliche Toiletten in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern einzurichten. Diese sollen nicht nur die Lebensqualität erhöhen, sondern auch die Attraktivität Geras als Wohn- und Ausflugsort stärken.

Die Stadthygiene wurde auch im Kontext allgemeiner Sauberkeitsmaßnahmen diskutiert. Der Oberbürgermeister betonte die Bedeutung einer sauberen Stadt für das Wohlbefinden der Bürger und das Image Geras. Es wurden neue Regelungen und Maßnahmenpakete beschlossen, die sich sowohl auf die Abfallentsorgung als auch auf die Pflege öffentlicher Anlagen konzentrieren.

Ein bedeutender administrativer Punkt war die Präsentation und Annahme des Jahresabschlusses der Stadt für das Jahr 2022. Dieser wurde vom Stadtrat einstimmig genehmigt, was als Zeichen der soliden finanziellen Führung der Stadt gewertet wurde. Darüber hinaus wurde die Entlastung des Verwaltungsrates der Sparkasse Gera-Greiz für das Geschäftsjahr 2023 beschlossen, ein formaler, aber symbolisch wichtiger Akt.

Auch bauliche Themen standen auf der Agenda. Ein vereinfachtes Umlegungsverfahren zur Bebauung einer Baulücke in der Greitzer Straße wurde vorgestellt und bewilligt. Dieses Verfahren zielt darauf ab, bestehende Wohnraumressourcen effizienter zu nutzen und die städtebauliche Entwicklung in diesem Bereich zu fördern. In einem ähnlichen Kontext wurden Änderungen an der Feuerwehr-Gebührensatzung sowie an der Friedhofssatzung beschlossen, um diese an aktuelle Bedürfnisse und Kostenstrukturen anzupassen.

Abschließend richtete der Oberbürgermeister einen Dank an alle Stadträte und Mitarbeiter der Stadtverwaltung für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Er sprach die Hoffnung aus, dass die positiven Ansätze auch im kommenden Jahr fortgeführt werden können, und wünschte allen Anwesenden frohe Feiertage. Die Sitzung endete in einer Atmosphäre des Optimismus und der Zuversicht, dass die beschlossenen Maßnahmen einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung Geras leisten werden.

Das „Inselglitzern“ in den Kaiser- und Ostseebädern auf Usedom

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Der Winter auf Usedom mag von kürzeren Tagen und kühleren Temperaturen geprägt sein, doch die Sonneninsel zeigt sich gerade in der kalten Jahreszeit von einer besonders glanzvollen Seite. Mit dem dritten Usedomer „Inselglitzern“ erstrahlen die Kaiser- und Ostseebäder in einem Meer aus Lichtern. Hunderttausende LED-Lampen, kunstvolle Lichtinstallationen und zahlreiche weihnachtliche Dekorationen lassen die Insel bis zum 12. Januar 2025 in einem zauberhaften Licht erstrahlen.

Zu den Highlights zählen Engel, riesige Christbaumkugeln und eine Kutsche mit Pferdespann. Besonders auffällig ist der Schriftzug „I love Usedom“, dessen einzelne Elemente über die gesamte Insel verteilt sind. Wer alle Teile findet und fotografiert, kann an einem Gewinnspiel teilnehmen. Neben Usedom-Gutscheinen winken weitere attraktive Sachpreise. Die Schätzfrage des Gewinnspiels sorgt für zusätzliche Spannung: Wie viele Laternenlicht-Elemente leuchten in den zehn Seebädern entlang der Küste? Hinweise und Informationen hierzu finden Interessierte online.

Kinderweihnacht in Karlshagen
Im Ostseebad Karlshagen fand zum fünften und gleichzeitig letzten Mal die beliebte Kinderweihnacht statt. Organisiert von der Nachbarschaftshilfe, brachte dieses Event Jung und Alt zusammen. Bereits seit Januar liefen die Vorbereitungen für das diesjährige Fest, bei dem rund 600 Geschenke an die Kinder verteilt wurden. Doch trotz des großen Engagements der 45 Vereinsmitglieder zwischen 10 und 82 Jahren muss die Tradition beendet werden – sinkende Spendenbereitschaft erschwert die Fortführung.

Neben der Geschenkverteilung bot ein kleiner Adventsmarkt zusätzliche Attraktionen. Die Ostseezeitung verlieh diesem Markt sogar einen besonderen Titel: Er wurde zum drittgemütlichsten Kleinweihnachtsmarkt in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Der Weihnachtsmann und seine Frau waren selbstverständlich vor Ort, um kleine Aufmerksamkeiten zu verteilen und Fotos mit den Kindern zu machen. Die festliche Stimmung wurde durch gemeinsames Schmücken des großen Tannenbaums auf dem Rathausplatz noch verstärkt.

Weihnachtszauber in Wolgast
Auch in der „Herzogstadt Wolgast“ lockte der Weihnachtsmarkt zahlreiche Besucher an. Organisiert vom Handels- und Gewerbeverein Wollgast e.V. bot das Event nicht nur kulinarische Leckerbissen wie Bratwurst, Grünkohl und süßes Gebäck, sondern auch ein Adventscafé im Kaminzimmer des Rathauses. Lokale Vereine sorgten mit Kaffee und Kuchen für eine gemütliche Atmosphäre.

Ein besonderes Highlight war der Besuch des Weihnachtsmanns vom 13. bis 15. Dezember. Kinder schmückten den großen Tannenbaum auf dem Rathausplatz mit selbstgebastelten Ornamenten, bevor sie kleine Geschenke vom Weihnachtsmann erhielten. Der Einzelhandel in der Innenstadt lockte mit weihnachtlichen Angeboten und Aktionen, die die festliche Stimmung in Wolgast zusätzlich unterstrichen.

Ahlbecks Wintermarkt
Der Weihnachtsmarkt im Kaiserbad Ahlbeck gehört zu den traditionelleren Highlights der Region. Vom 29. November bis zum 1. Dezember verwandelte sich der Konzertplatz in ein winterliches Wunderland. Weiße und orangefarbene Sterne schmückten die Strandpromenade, während ein großes Feuer in der Mitte des Marktes wärmte. Der Duft von Tannennadeln, Feuerholz und frisch gebackenen Mutsen durchzog die Luft. Besucherinnen und Besucher genossen handgemachte Dekorationen, herzhafte Speisen wie Bratwurst oder Grünkohl und wärmende Getränke wie Glühwein, Apfelpunsch oder Eierpunsch.

Besonders für Kinder war der Markt ein Erlebnis: Neben einem Karussell, auf dem sie Schlitten fahren oder auf Tieren reiten konnten, sorgte ein DJ für musikalische Untermalung. Die weihnachtliche Stimmung begeisterte sowohl Einheimische als auch Touristen und bewies, dass Usedom auch in der kalten Jahreszeit ein beliebtes Ziel ist.

Glanzvoller Winter auf Usedom
Das „Inselglitzern“ und die Weihnachtsmärkte der Kaiser- und Ostseebäder bieten eine einzigartige Atmosphäre. Sie verbinden traditionelle Feste mit moderner Lichtkunst und machen Usedom auch im Winter zu einer Attraktion. Ob beim Besuch der Märkte, beim Entdecken der Lichtinstallationen oder beim Bummeln entlang der festlich geschmückten Promenaden – die Sonneninsel bleibt ihrem Namen treu und erstrahlt auch in der dunklen Jahreszeit im hellen Glanz.

Die Leuchtenburg bei Kahla – Mythos, Geschichte und Magie

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Auf einem markanten Muschelkalkberg erhebt sich die Leuchtenburg über dem darunter liegenden Saaletal und der Stadt Kahla. Ihrer dominanten und landschaftsprägenden Lage verdankt sie den Beinamen „Königin des Saaletals“ und gehört damit zweifelsohne zu den schönsten Höhenburgen.

Der Bau der Leuchtenburg geht auf ein fränkisches Adelsgeschlecht aus der Gegend um Nürnberg zurück. König Konrad III. belehnte diese um 1150 mit Ländereien in Thüringen. Nach der Errichtung ihres Stammsitzes Lobdeburg bei Jena nannten sie sich fortan „Herren von Lobdeburg“. Sie entwickelten sich zu einem starken Adelsgeschlecht und führten eine Landesverwaltung ein.

Die erste urkundliche Erwähnung der Leuchtenburg ist auf den 15. April 1221 datiert, als Hartmann von Leuchtenburg als Schlichter eines Rechtsstreites auftrat. Der Bau der Leuchtenburg fällt somit in den Zeitraum des ausgehenden 12. bis frühen 13. Jahrhunderts. In früheren Zeiten wurde der Burgberg aus strategischen Gründen von Bewuchs freigehalten, wodurch der helle Muschelkalk wahrhaft „leuchtete“ und namensgebend für die Burganlage war.

Durch das massive Burgtor im Torhaus betritt man die Burganlage und befindet sich in der ehemaligen Vorburg. Das Torhaus wurde in der heutigen Gestalt von 1836 bis 1842 errichtet und diente als Kaserne für die Wachmannschaften des Suchthauses. 1921 öffnete im Torhaus die erste Jugendherberge Thüringens, die bis 1997 bestand.

Nach dem Passieren des Torhauses erblickt man den Burgbrunnen. Mit 80 Meter Tiefe gehört er zu den fünf tiefsten Brunnen Thüringens. Ein bereits bestehender Burgbrunnen wurde 1552-53 von Saalfelder Bergleuten und unter Oberaufsicht des Landesbaumeisters Nikolaus Groman auf diese imposante Tiefe ausgeschachtet. Zu der Zeit, als die Leuchtenburg als Suchthaus diente, mussten zwei Häftlinge täglich im Tretrad arbeiten, um für genügend Wasser in der Anstalt zu sorgen. Mindestens zwei Sträflinge zogen dieser schweren Arbeit den Freitod durch einen Sturz in den Brunnen vor.

Von den ersten Burgbauten hat sich nur der steinerne Bergfried erhalten. Mit 30 Meter Höhe und einem Durchmesser von 8,65 Meter dominiert er bis heute die Burganlage und ist zu ihrem Wahrzeichen geworden. Am 15. Februar 1333 verkauften die Herren von Lobdeburg-Leuchtenburg aufgrund finanzieller Schwierigkeiten die Anlage an die Grafen von Schwarzburg. Der Besitz der Burg sollte deren Stellung gegenüber den wettinischen Konkurrenten um die Vorherrschaft in Thüringen festigen. Doch auch die Schwarzburger mussten aufgrund finanziellen Unvermögens die Leuchtenburg nur wenige Jahrzehnte später aufgeben. Sie verpfändeten die Burg 1389 an den Erfurter Bürger Heinrich von Paradies.

Ein Rechtsstreit zwischen den wettinischen Landesfürsten Friedrich dem Streitbaren und Heinrich dem Reichen mit dem Erfurter Bürger brachte die Leuchtenburg endgültig in wettinischen Besitz. Die Wettiner bauten die Burg ab 1396 in ihrem flächendeckenden Herrschaftsnetz zum Amtssitz aus. Das Amt Leuchtenburg mit dem südlich angrenzenden Unteramt Orlamünde war bis zum Jahr 1705 für mehr als 40 umliegende Dörfer die oberste Verwaltungs- und Gerichtsbehörde. Es bestand bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts. Steuern wurden eingezogen, recht gesprochen, abschreckende Urteile für Rechtsvergehen vollzogen und die Basis für Nahrung, Handel und Entwicklung gelegt.

Mehrere hundert Hektar Wald, Wiesen und Ackerflächen gehörten damals zum Amt und wurden in Frohnarbeit durch die Amtsuntertanen bewirtschaftet. Das Gebiet um die Leuchtenburg ist bis heute durch üppige Wälder geprägt. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war der Holzverkauf die wichtigste Einnahmequelle des Amtes und die wettinischen Fürsten hatten hier ihr bevorzugtes Jagdrevier. Auf der Leuchtenburg allerdings haben die Landesherren nie residiert. Sie setzten Verwalter, Schösser ein, die in deren Stellvertretung handelten.

Der Bergfried aus Kalkstein stammt aus dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts. Er ist der Hauptturm der mittelalterlichen Leuchtenburg und diente zur Verteidigung und als letzte Zuflucht bei Belagerungen. Mit seinen 2 m bis 2,40 m dicken Mauern und einer Höhe von 30 m bis zum Zinnenkranz steht er als massives Wahrzeichen der Burg und strahlt weit in das Land. Der alte Eingang zum Bergfried lag nicht ebenerdig, sondern in zwölf Metern Höhe. Darunter diente der Turm als Gefängnis. Noch heute kann man an der östlichen Turmseite die gemauerte Eingangspforte erkennen.

Erklimmt man die 151 hölzernen Stufen aus dem Jahr 1886, kann man auf halber Strecke das Uhrwerk der alten Turmuhr mit einem langen Schacht für die steinernen Gewichte bestaunen. 1375 brannte fast die ganze Leuchtenburg außer dem Bergfried durch Blitzschlag ab. Und 1548 werden Kaspar und Baldassar von Hagenest aus Klein-Löbichau auf der Leuchtenburg gefangen gehalten, weil sie auswärtige Kaufleute und Juden auf den Landstraßen überfielen. Auf peinliches Befragen, also mit der Folter, gesteht Kaspar seine Schuld und soll als Friedensbrecher mit dem Schwert zum Tode gerichtet werden. Auf Bitte der fürstlichen Mutter erlassen die Herzöge Johann Friedrich der Mittlere und Johann Wilhelm zu Sachsen ihm, seiner Jugend wegen, die Strafe. Er wird des Landes verwiesen.

Am 23. Juni 1602 entzündete sich durch Blitz die Turmspitze und brannte gleichzeitig das Wohnhaus des Amtsschössers an. Noch bis zum Jahr 1871 war die alte Turmstube auf dem Bergfried ständig bewohnt. Der Türmer hatte nach Feuer und fliehenden Häftlingen Ausschau zu halten und gab im Alarmfall mit einer Kanone Warnschüsse ab. Dafür standen zwei alte Kanonen bereit. Pro Schuss wurde ein Pfund Pulver verbraucht. Für die Bestückung der Kanonen lagerte 1853 ein Zentner Pulver in einem Pavillon vor der Burg. Außer den Signalschüssen wurde bei Alarm am Tag eine große Fahne und in der Nacht eine Laterne auf die Turmspitze gesteckt. Ständig gab es Beschwerden der umliegenden Orte, dass das Feuer zu spät oder gar nicht signalisiert wurde.

Oben angekommen wird man mit einem traumhaften Panoramablick belohnt. Das 10,80 Meter hohe Kegeldach aus Stein ersetzte im Jahr 1886 die vorherige Holzkonstruktion. Archäologische Ausgrabungen im Jahr 1994 legten weitere frühe Spuren der Burg frei. Unter dem Burghofpflaster fand man Reste des Romanischen Palas mit 2,20 Meter dicken Mauern und einem Rundbogenportal. Durch einen überdimensionalen Kopf eines Drachens steigt man in die wechselvolle Geschichte der Leuchtenburg ein. Sie war Zuchthaus und Irrenanstalt, aber auch Ort der Freiheit und Unbeschwertheit. Es gibt Ritter und Schätze zu bestaunen und so manche Geheimnisse können gelüftet werden. Dies alles wird in der Ausstellung zur Burggeschichte im Bergfried präsentiert.

Die Leuchtenburg zählt zu den besterhaltenen Burgen Deutschlands, weil sie ohne Unterbrechung genutzt wurde. Zur Finanzverwaltung, als Gefängnis, als Besserungs- und Armenanstalt, als Zuchthaus und Jugendherberge, als Hotel und Ausflugsziel. Jedes Jahrhundert hinterließ Spuren. Früher diente das Hauptgebäude zur Verwaltungs- und Wohnzwecken, heute der Ausstellungspräsentation. Nach einem verheerenden Brand im Jahr 1658 wurde das Hauptgebäude bis 1670 neu errichtet. Hier hatte der Burgverwalter und später der Zuchthausvorsteher sein Domizil. Im unteren Geschoss ist der prunkvoll im Jugendstil vertefelte Rittersaal aus dem Jahr 1912 zu besichtigen. Auch wenn Ritter diesen Raum wohl nie betreten haben, wurde hier zu Hotel- und Herbergszeiten zumindest ritterlich gespeist. Heute zieht die Ahnengalerie der Herzöge von Sachsen-Altenburg aus ernestinisch-wettinischer Abstimmung den Saal.

Bürgerdialog in Rostock als Schlüssel für erfolgreiche Stadtplanung

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Am 16. Dezember 2024 fand in der Kunsthalle Rostock das Abschlussforum der Gläsernen Werkstatt „Tram West“ statt. Diese Veranstaltung markierte den Schlusspunkt eines fünftägigen Beteiligungsprozesses, der darauf abzielte, die Stadtgesellschaft in die Planungen für eine neue Straßenbahnstrecke im Stadtteil Reutershagen einzubeziehen. Mit über 850 Teilnehmern, die in den verschiedenen Foren und Werkstätten ihre Ideen, Fragen und Kritik einbrachten, wurde ein beachtliches Engagement der Bürgerinnen und Bürger erzielt. Organisiert und moderiert wurde der Prozess von der Agentur IFOG in Zusammenarbeit mit der Rostocker Straßenbahn AG (RSAG), dem Planungsbüro VCDB und Vertretern der Rostocker Verwaltung.

Bereits in seiner Eröffnungsrede betonte der Präsident der Bürgerschaft und hauptamtliche Arzt Dr. Heinrich Profeth die Bedeutung des Projekts für die Stadt. Er verglich die Erweiterung des Straßenbahnnetzes poetisch mit einem Musical und sprach von einer Vision, die das Stadtleben inspirieren und aufwerten könne. Unter dem Titel „Westram Express“ forderte er die Rostocker Gesellschaft dazu auf, die geplante Strecke nicht nur als Verkehrsmittel, sondern auch als Symbol für Zusammenhalt, Vielfalt und Fortschritt zu begreifen. Diese Vision fand Widerhall bei den Teilnehmenden und wurde in den Diskussionen immer wieder aufgegriffen.

Beteiligung der Stadtgesellschaft
Der Beteiligungsprozess umfasste eine Vielzahl von Formaten, darunter offene Foren, Mitmachstationen und Fokusgruppen. Diese boten den Bürgern die Gelegenheit, ihre Ansichten zu den geplanten Streckenführungen, Haltestellenstandorten und weiteren infrastrukturellen Fragen einzubringen. Besonders kontrovers wurde die geplante Trassenführung durch Kleingartenanlagen diskutiert. Hier zeigte sich die emotionale Bindung vieler Rostocker an die Grünflächen der Stadt. Auch ökologische Fragen, wie der Erhalt von Bäumen und die Schaffung von Ausgleichsflächen, standen im Fokus der Gespräche.

Die Gläserne Werkstatt war jedoch nicht nur ein Forum für Kritik, sondern auch für konstruktive Anregungen. Viele Bürger brachten innovative Ideen ein, etwa zur barrierefreien Gestaltung der Haltestellen und Bahnen. Die Hinweise wurden von Mitarbeitern der IFOG digitalisiert, kategorisiert und an die Planer weitergeleitet. Ziel ist es, diese Inputs in den weiteren Planungsprozess einfließen zu lassen, um eine möglichst bürgernahe Umsetzung zu gewährleisten.

Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Einbindung von Schulen in die Streckenplanung. Besonders das Christophorus-Gymnasium wurde als wichtiger Ankerpunkt identifiziert. Eltern begrüßen die geplante Anbindung, da sie eine Entlastung des Individualverkehrs vor der Schule erwarten. Gleichzeitig wurden Bedenken über die Verlagerung von Haltestellen laut, insbesondere im Hinblick auf ältere Menschen, die nun längere Wege in Kauf nehmen müssten.

Kritik und Kontroversen
Obwohl die Erweiterung des Straßenbahnnetzes bereits im Klimaschutzkonzept der Stadt verankert ist, stieß das Projekt auch auf Widerstand. Kritische Stimmen bezweifelten, dass die neue Strecke die prognostizierten Fahrgastzahlen erreichen werde. Einige Kleingärtner äußerten Unverständnis darüber, warum ihre Parzellen der neuen Trasse weichen müssten. „Wenn der Kleingarten weg ist, brauchen die alten Leute nicht mehr hinzufahren,“ erklärte ein Teilnehmer, der sich für den Erhalt der Gartenanlagen einsetzte. Die Stadtverwaltung versprach, Ersatzflächen in der Nähe zu schaffen und ein umfassendes Kleingartenentwicklungskonzept umzusetzen. Dennoch bleibt die Frage, wie der Verlust von Grünflächen in einer wachsenden Stadt kompensiert werden kann, ein zentraler Streitpunkt.

Auch die wirtschaftlichen Aspekte des Projekts wurden hinterfragt. Einige Teilnehmer zweifelten an der Kosteneffizienz der neuen Strecke und forderten mehr Transparenz in der Finanzplanung. Vertreter der RSAG zeigten sich jedoch zuversichtlich, dass das Projekt langfristig sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile bringen werde.

Umwelt- und Verkehrsplanung
Die neue Straßenbahnstrecke ist ein zentraler Baustein in Rostocks Bemühungen, den Verkehr nachhaltiger zu gestalten. Die Entlastung des Straßennetzes und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes sind Hauptziele des Projekts. Antje Angele, Direktorin des Rostocker Zoos, unterstrich die Bedeutung des ÖPNV für touristische Attraktionen und sprach sich für eine starke Anbindung des Zoos aus. Gleichzeitig forderte sie, die Parkplatzsituation für Autofahrer nicht zu vernachlässigen.

Neben der Integration von Grün- und Naherholungsflächen spielt auch die Barrierefreiheit eine entscheidende Rolle. Alle Haltestellen sollen so gestaltet werden, dass sie für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen problemlos zugänglich sind. Vertreter des Planungsamts betonten, dass diese Aspekte bereits in frühen Planungsphasen berücksichtigt wurden und weiter verfeinert werden sollen.

Der Weg nach vorne
Die Ergebnisse der Gläsernen Werkstatt werden nun ausgewertet und dokumentiert. Die Agentur IFOG wird diese Informationen an die RSAG und die Planer übermitteln, die darauf aufbauend konkrete Lösungsvorschläge entwickeln werden. In den kommenden Monaten sind weitere Planungswerkstätten vorgesehen, in denen die Bürger erneut eingebunden werden. Ziel ist es, eine Vorzugsvariante zu erarbeiten, die möglichst vielen Interessen gerecht wird.

Thorsten Fischer, seit August Leiter des Rostocker Planungsamts, hob in seinem Schlusswort die überregionale Bedeutung des Projekts hervor. Ein modernes Straßenbahnnetz stärke nicht nur die Attraktivität Rostocks, sondern könne auch anderen Städten als Vorbild dienen. „Das ist ein absolutes Vorzeigeprojekt, das eine Strahlkraft über die Stadt hinaus haben wird,“ erklärte Fischer.

Die Gläserne Werkstatt „Tram West“ war ein Erfolg, der zeigt, wie effektiv Bürgerbeteiligung in der Stadtplanung sein kann. Der offene Dialog zwischen Verwaltung, Planern und Stadtgesellschaft ermöglichte es, unterschiedliche Perspektiven einzubringen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Trotz der Kontroversen bleibt die Erweiterung des Straßenbahnnetzes ein wichtiger Schritt für ein klimafreundliches und zukunftsorientiertes Rostock. Die kommenden Monate werden zeigen, wie die Ergebnisse des Beteiligungsprozesses in die Praxis umgesetzt werden und welche langfristigen Auswirkungen dieses Projekt auf die Stadt haben wird.

1. Regierungsmedienkonferenz mit MP Voigt (CDU) in Thüringen

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Die Regierungsmedienkonferenz vom 17. Dezember 2024 bot einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Entscheidungen der Thüringer Landesregierung. Ministerpräsident Mario Voigt präsentierte die Ergebnisse der jüngsten Kabinettssitzung und hob zwei zentrale Themen hervor: die Ernennung neuer Staatssekretäre sowie die Pläne zur frühzeitigen Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt.

Ernennung der Staatssekretäre
Erstmals in Deutschland wurden Staatssekretäre einem speziellen Prüfungsausschuss unterzogen, der ihre fachliche Eignung und Befähigung bewertete. Mario Voigt betonte, dass dies ein innovativer Ansatz sei, der auf Vorschlägen des Thüringer Rechnungshofs basiert. Folgende Ernennungen wurden bekanntgegeben:

  • Stephan König: Staatssekretär in der Staatskanzlei, mit Erfahrung in Verwaltungsmodernisierung und Personalwesen.
  • Mario Suckert: Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und ländlichen Raum, ein Experte für Umwelt und ländliche Förderprogramme.
  • Dr. Bernd-Uwe Althaus: Staatssekretär für Bildung, Wissenschaft und Kultur, mit Schwerpunkten auf Unterrichtsqualität und beruflicher Ausbildung.
  • Tobias Knoblich: Staatssekretär für Digitales, Infrastruktur und Gesundheit, spezialisiert auf Stadtentwicklung und Kulturprojekte.

Frühzeitige Integration von Asylbewerbern
Die Landesregierung unterstützt eine Initiative zur Änderung des § 61 Asylgesetz, um Asylbewerbern bereits nach drei Monaten den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies sei Teil eines pragmatischen Sozialstaatsmodells, bei dem Arbeit als integraler Bestandteil der Unterstützung verstanden wird.

Fragen und Diskussionen
Die Presse stellte Fragen zur Unabhängigkeit des Prüfungsausschusses, zur Transparenz des Auswahlverfahrens und zu umstrittenen Personalien. Voigt verteidigte den Prozess als transparent und richtungsweisend. Ebenso wurde über Herausforderungen im Haushalt und mögliche Kürzungen im Bereich Kultur und Projektförderung diskutiert. Der Ministerpräsident kündigte an, die Auswirkungen der Sparmaßnahmen kritisch zu überprüfen.

Die Konferenz markierte den Auftakt einer arbeitsintensiven Amtsperiode, geprägt von einem ehrgeizigen 100-Tage-Programm. Mit der zügigen Ernennung der Staatssekretäre und dem Fokus auf effektive Integration setzt die Regierung ein klares Signal für Handlungsbereitschaft.

Dezemberstürme: Die Besetzung der Stasi-Zentrale in Frankfurt (Oder)

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Anfang 1989 lag Frankfurt (Oder) still und träge unter dem frostigen Winterhimmel. Die Oder floss ruhig wie seit Jahrhunderten, doch hinter den Kulissen der ostdeutschen Grenzstadt gärte es. Die DDR war in ihrer letzten Phase, und der Wunsch nach Freiheit, Reformen und Transparenz gewann auch in Frankfurt an Fahrt. Das Jahr 1989 sollte zum Schicksalsjahr für das Regime der SED und besonders für die allgegenwärtige Staatssicherheit (Stasi) werden. Die Besetzung der Stasi-Zentrale in Frankfurt (Oder) am 5. Dezember 1989 markiert einen Höhepunkt dieses Umbruchs – ein symbolträchtiges Ereignis, das von Mut, Besonnenheit und einem unbeugsamen Willen zur Veränderung geprägt war.

Das Wichernheim – Brutstätte des Widerstands
Ein Brennpunkt des Wandels in Frankfurt war das Wichernheim, eine kirchliche Einrichtung für Behinderte, geleitet von Pfarrer  Christian Gehlsen. Das Heim bot Zuflucht und Arbeit für Menschen, die in der DDR-Gesellschaft nicht ihren Platz gefunden hatten: Ausreisewillige, Oppositionelle, gesellschaftliche Außenseiter und Neuanfänger.

„Das Wichernheim war eine Insel im roten Meer,“ beschreibt Gehlsen. „Hier sammelten sich engagierte Menschen, die nach neuen Wegen suchten.“ Unter den Mitarbeitenden des Heims bildete sich eine Gruppe des Neuen Forums, die maßgeblich an den oppositionellen Aktivitäten in der Stadt beteiligt war.

Einer der Aktivisten war Hartmut Kelm, ein ehemaliger Ingenieur, der sich von der Bürokratie des DDR-Wirtschaftssystems abgewandt hatte: „Die Wende hat mich erweckt. Ich konnte diese absurden Berichte über Planerfüllung nicht mehr ertragen.“ Im Wichernheim fand er Gleichgesinnte, die das Zentrum der revolutionären Bewegung in Frankfurt (Oder) bildeten.

Der Ruf nach Veränderung
Die Proteste in der DDR, die im Sommer und Herbst 1989 aufkamen, erreichten Anfang November ihren Höhepunkt. In Frankfurt (Oder) strömten zehntausende Bürger in die Straßen, um Freiheit und Reformen zu fordern. Die Parolen „Wir sind das Volk!“ und „Wir bleiben hier!“ hallten durch die Stadt.

Ein zentraler Punkt dieser Demonstrationen war die Forderung nach einem Ende der Überwachung durch die Stasi. Die Geheimdienstzentrale in Frankfurt (Oder), ein imposantes neues Gebäude, verkörperte die allgegenwärtige Kontrolle des Regimes. Mit fast 2.500 Mitarbeitenden im Bezirk galt die Stasi als unantastbar – ein Irrglaube, der im Dezember widerlegt wurde.

Der 4. Dezember: Die Welle erreicht Frankfurt
Am 4. Dezember 1989 besetzten Bürger in Erfurt als erste die Bezirksverwaltung der Stasi. Dieses Ereignis setzte eine Welle in Bewegung, die auch Frankfurt (Oder) erfasste. Aktivisten und Bürgerrechtsgruppen begannen, die Stasi-Zentrale in der Stadt ins Visier zu nehmen.

Renate Schubert, eine Aktivistin des Neuen Forums, erinnert sich: „Wir wussten, dass die Stasi Akten vernichten wollte. Es war unsere Aufgabe, das zu verhindern.“ Die Gerüchte über Schreddermaschinen und Verbrennungen in Hinterhöfen befeuerten die Entschlossenheit der Demonstrierenden.

Der 5. Dezember: Der Tag der Besetzung
Am Morgen des 5. Dezember 1989 versammelten sich etwa 2.000 Menschen vor der Stasi-Zentrale. Es war eine frostige, aber aufgeladene Stimmung. Demonstranten trugen Kerzen, sangen Volkslieder und forderten den Zugang zu den Räumlichkeiten.

„Wir standen vor diesen riesigen Toren,“ berichtet ein Demonstrant. „Die Stasi-Mitarbeiter versteckten sich hinter den Fenstern. Wir spürten ihre Unsicherheit.“

Die Situation drohte zu eskalieren, als die Menge immer lauter wurde. Pfarrer Gilsen und andere Kirchenvertreter stellten sich mit ausgebreiteten Armen zwischen die Demonstranten und die Tore der Stasi-Zentrale, um Gewalt zu verhindern. „Das war mein glücklichster Moment,“ sagt Gilsen. „Wir haben es geschafft, die friedliche Revolution zu bewahren.“

Schließlich trat der Stasi-Chef Heinz Engelhardt vor die Menge. In einem überraschend höflichen Ton einigte man sich darauf, dass eine Delegation das Gebäude betreten durfte, um die Sicherung der Akten zu überwachen.

Ein Blick hinter die Kulissen
Die Bürgerkomitees, die in die Stasi-Zentrale gelangten, fanden eine Mischung aus Chaos und Disziplin vor. Obwohl Engelhardt beteuerte, dass keine Akten vernichtet würden, entdeckte man in Hinterzimmern zerrissene Dokumente und laufende Schreddermaschinen.

„Wir wussten nicht, was wir suchen sollten,“ erinnert sich ein Mitglied des Bürgerkomitees. „Es war überwältigend – meterhohe Regale voller Akten, die das Leben tausender Menschen dokumentierten.“

Trotzdem gelang es, viele Unterlagen zu sichern, die später zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit beitrugen. Die Besetzung der Stasi-Zentrale in Frankfurt (Oder) war ein entscheidender Schritt in diesem Prozess.

Die Rolle der Kirchen
Ein wesentlicher Faktor, der die friedliche Natur der Revolution bewahrte, war die Vermittlungsrolle der Kirchen. Pfarrer wie  Christian Gehlsen agierten als Moderatoren zwischen den Bürgern und der Staatsmacht. „Wir haben deeskaliert, wo wir konnten,“ betont  Gehlsen. „Unser Ziel war es, Gewalt zu vermeiden und eine Grundlage für den Dialog zu schaffen.“

Die Bedeutung der Besetzung
Die Ereignisse vom 5. Dezember 1989 in Frankfurt (Oder) sind ein Zeugnis für die Kraft des zivilen Widerstands. Sie zeigen, dass Mut und Entschlossenheit selbst gegen ein repressives System Erfolg haben können.

Die Besetzung der Stasi-Zentrale war nicht nur ein symbolischer Akt, sondern ein Meilenstein in der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Die gesicherten Akten ermöglichten es späteren Generationen, die Mechanismen des Überwachungsstaates zu verstehen und aufzuarbeiten.

Epilog: Die Erinnerung bewahren
Heute erinnert wenig an die turbulenten Tage des Dezember 1989. Wo einst die Stasi residierte, üben heute Bläserchöre oder finden Kulturveranstaltungen statt. Doch die Erinnerung an die mutigen Bürgerinnen und Bürger, die damals den Wandel einleiteten, bleibt lebendig.

Jedes Jahr am 5. Dezember finden in Frankfurt (Oder) Gedenkveranstaltungen statt, um an die Besetzung der Stasi-Zentrale zu erinnern. Sie sind eine Mahnung, dass Freiheit und Demokratie nicht selbstverständlich sind, sondern verteidigt werden müssen – damals wie heute.

Die Bedeutung der Friedlichen Revolution von 1989

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Die fünfte Folge der Videoreihe „Backstage DDR“ der Bundesstiftung Aufarbeitung bietet einen tiefen Einblick in die Friedliche Revolution, die 1989 in der DDR stattfand. In dieser Folge wird dargestellt, wie innerhalb weniger Wochen ein Land völlig verändert wurde. Es ist eine Geschichte von Menschen, die auf die Straße gingen, um das Ende der Diktatur zu fordern, von Bürgern, die sich gegen ein Regime erhoben, das ihnen elementare Rechte verweigerte. Der Film schildert die Zeit, als die DDR-Regierung nach und nach ihre Macht verlor und schließlich stürzte. Das Ereignis, das als „Wende“ bekannt wurde, war nicht nur ein politischer Umbruch, sondern auch ein Aufbruch in eine neue Ära der Demokratie und der Freiheit.

Die Ausgangslage: Ein Land in der Krise
Zu Beginn der 1980er Jahre schien die DDR in vielerlei Hinsicht ein stabiler Teil des Ostblocks zu sein. Doch hinter der Fassade dieser Stabilität brodelte es. Das Land befand sich in einer tiefen Krise, die durch eine Kombination aus wirtschaftlichen und politischen Problemen verstärkt wurde. Der Volksaufstand von 1953 und der Mauerbau 1961 lagen bereits lange zurück, und viele Menschen hatten sich an die Lebensbedingungen in der Diktatur gewöhnt. In der Gesellschaft der DDR suchten die Menschen ihren Halt im Privaten und versuchten, ihr Leben in einem System zu führen, das ihnen wenig politische Freiheiten ließ.

Dennoch war die wirtschaftliche Lage des Landes katastrophal. Die Infrastruktur zerfiel, die Betriebe waren nicht mehr konkurrenzfähig, die Produktivität sank stetig, und die Versorgung mit Konsumgütern verschlechterte sich. In den Jahren vor der Revolution gab es zunehmend Engpässe in der Versorgung, was zu immer mehr Unzufriedenheit führte. Die Menschen, die in den Städten lebten, mussten sich oft mit heruntergekommenen Wohnungen abfinden. In vielen Altbauwohnungen fiel die Bausubstanz auseinander, das Wasser war oft nicht verfügbar, und die Heizung funktionierte nicht. Wohnungen wurden zu knapp, und die Warteschlangen für einen Wohnraum waren lang. Die Lebensrealität war geprägt von einem System, das oft mehr Schein als Sein war. Hinter den Kulissen jedoch wucherten die Probleme, und die DDR war längst auf Kredite aus dem Westen angewiesen, um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.

Doch die Fassade, die die DDR der Welt zeigte, begann zu bröckeln. Die Mängel und die Realität hinter den propagandistischen Bildern des Staates wurden zunehmend unübersehbar. Die Menschen in der DDR sahen, dass sie in einem System lebten, das auf einer Lüge basierte. Diese Erkenntnis führte zu einem Umdenken und einem allmählichen Widerstand. „Ruinen schaffen ohne Waffen“, spotteten die Menschen, und meinten damit, dass die DDR sich selbst durch ihre eigene Unfähigkeit zerstörte.

Das politische System: Überwachung und Repression
Neben den wirtschaftlichen Problemen war auch das politische System der DDR von Anfang an geprägt von massiver Repression und Überwachung. Das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) hatte die Aufgabe, die Gesellschaft zu überwachen und jegliche Opposition im Keim zu ersticken. Das Leben der Menschen wurde durch ein riesiges Netzwerk an Spitzeln und Überwachungsmaßnahmen kontrolliert. Jeder, der sich gegen das System stellte oder auch nur seine Meinung äußerte, riskierten Verhaftungen, Bespitzelung und Zerschlagung ihrer Lebensgrundlagen.

Die Stasi, die sich selbst als „Schild und Schwert der SED“ bezeichnete, war allgegenwärtig. Es gab kaum einen Bereich des Lebens, der nicht von ihr durchdrungen wurde – sei es der Arbeitsplatz, die Schule oder das tägliche Leben. Wer es wagte, gegen das System zu sprechen oder zu handeln, wurde schnell als Feind des Staates betrachtet und verfolgt. Dies führte zu einem Klima der Angst und des Misstrauens, in dem niemand sicher sein konnte, ob seine Worte oder Taten nicht von anderen verraten wurden.

Trotz dieser Bedrohung begannen sich Widerstand und Opposition zu formieren. Insbesondere in den Kirchen, die einen halbwegs geschützten Raum boten, entwickelten sich gegen die SED-Herrschaft gerichtete Bewegungen. Diese Gruppen forderten Frieden, Abrüstung und die Lösung von Umweltproblemen, die für die DDR-Bürger von Bedeutung waren. In diesen Kirchengebäuden und in deren Umfeld konnten Menschen aufatmen und sich über die Missstände in der Gesellschaft austauschen.

Die Zeit der Wende: Ein Wandel bahnt sich an
Bereits in den frühen 1980er Jahren wurde der Widerstand gegen das kommunistische Regime in der DDR von einer breiten Basis getragen. In Polen war es die Gewerkschaftsbewegung „Solidarność“, die zu einem Vorbild für die oppositionellen Bewegungen in anderen Ländern des Ostblocks wurde. In der DDR kam es in den 1980er Jahren zunehmend zu Unruhen und Protesten, die durch die wirtschaftliche Misere und die zunehmende politische Repression angestoßen wurden.

Die politischen Umwälzungen in der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow, der mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) den Beginn eines Reformprozesses einleitete, hatten auch Auswirkungen auf die DDR. 1989 war das Jahr, in dem die Veränderungen in der Sowjetunion zu einer Welle der Unsicherheit führten. Es war auch das Jahr, in dem die Bevölkerung der DDR zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass der Traum von Freiheit und Demokratie greifbar wurde.

Am 7. Mai 1989 wurde die DDR erstmals gezwungen, unabhängige Bürger zur Beobachtung der Kommunalwahlen zuzulassen. Was an diesem Tag ans Licht kam, war ein Skandal: Die Wahlen waren vollständig manipuliert, und das Vertrauen in die Regierung der DDR erlitt einen schweren Schlag. Währenddessen begannen immer mehr Menschen zu fliehen. Im Sommer 1989 öffnete Ungarn seine Grenze zu Österreich, und Tausende von DDR-Bürgern nutzten diese Gelegenheit zur Flucht in den Westen. In Prag besetzten DDR-Bürger die Botschaft der Bundesrepublik, um sich Zugang zur Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen.

Trotz dieser Ereignisse setzte die DDR-Führung ihre Politik der Ignoranz fort. Sie versuchte, sich an der Oberfläche zu halten und die Probleme zu leugnen. Doch die Realität ließ sich nicht mehr verbergen. Die Mängel und die Unfähigkeit der Regierung, mit den Herausforderungen umzugehen, wurden immer deutlicher.

Der 9. November 1989: Der Fall der Mauer
Der historische Wendepunkt kam am 9. November 1989. Die Menschen in der DDR hatten längst die Nase voll von den Lügen und der Diktatur. In Leipzig und anderen Städten war es längst zu Massenprotesten gekommen. Und dann – plötzlich – fiel die Berliner Mauer. In der Nacht vom 9. November strömten hunderttausende Ostberliner zu den Grenzübergängen und forderten die Öffnung der Mauer. Diese Öffnung markierte das Ende der DDR und der SED-Herrschaft.

Der Fall der Mauer war nicht nur das physische Ende eines Teils des Ostblocks, sondern auch das Ende eines politischen Systems, das Jahrzehnte lang die Menschen unterdrückt hatte. Es war ein Moment der Freude und der Erleichterung, als die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland plötzlich aufgehoben war und die Menschen sich wieder begegnen konnten. Für viele war dies ein historisches und emotionales Ereignis, das sie nie vergessen würden.

Nach der Wende: Die Gestaltung der Zukunft
Nach dem Fall der Mauer stand die DDR vor der Frage, wie es weitergehen sollte. Am 7. Dezember 1989 trafen sich Vertreter aller Parteien und Oppositionellen zum „Runden Tisch“, um die Zukunft des Landes zu gestalten. Die Stasi musste endgültig abgewickelt werden, und es war klar, dass das alte Regime nicht weiter bestehen konnte. Am 18. März 1990 fanden in der DDR die ersten freien Wahlen statt. Sie markierten das Ende der Diktatur und den Beginn einer neuen Ära der Demokratie und Freiheit.

Die Bedeutung der Friedlichen Revolution
Die Friedliche Revolution von 1989 war ein Wendepunkt in der Geschichte der DDR und Europas. Sie war das Ergebnis jahrzehntelanger Unzufriedenheit, Widerstand und eines allmählichen Aufbegehrens gegen die Diktatur. Der Fall der Mauer und der Sturz der SED-Herrschaft waren ein Triumph der Freiheit und Demokratie. Heute, mehr als drei Jahrzehnten nach dem Fall der Mauer, sind diese Errungenschaften für uns selbstverständlich, aber wir müssen uns immer wieder daran erinnern, wie fragil diese Freiheit ist und wie wichtig es ist, sie zu verteidigen.

Die Videoreihe „Backstage DDR“ erinnert an diesen historischen Moment und hilft uns, die Geschichte der Friedlichen Revolution nachzuvollziehen und zu verstehen, was damals auf dem Spiel stand. Es ist eine Geschichte von Mut, Hoffnung und dem Drang der Menschen nach Freiheit – eine Geschichte, die uns auch heute noch lehrt, wie wichtig es ist, für unsere Rechte und Freiheiten einzutreten.