Die Dokumentation „Verordnete Emanzipation – Frauenrechte in der DDR erklärt“ aus der Reihe „DDR in 10 Minuten“ des MDR DOK bietet einen tiefen Einblick in die Situation der Frauen in der DDR und untersucht, inwiefern die sozialistische Gleichstellungspropaganda mit der Realität des Alltagslebens und den tatsächlichen gesellschaftlichen Strukturen übereinstimmte. Die Darstellung der DDR als ein Land der Emanzipation und der Gleichberechtigung von Männern und Frauen wurde von der Staatsführung gezielt propagiert, doch die Realität war viel komplexer. Der Film beleuchtet die Widersprüche und Herausforderungen, denen Frauen in der DDR gegenüberstanden, und stellt die Frage, wie weit die von der Politik verordnete Emanzipation tatsächlich mit echter Gleichstellung in der Gesellschaft übereinstimmte.
Gleichstellung als politisches Ziel
Die Gleichstellung von Frauen und Männern war eines der zentralen Ziele der DDR-Politik. Schon früh in der Geschichte der DDR wurde die politische Bedeutung der Frau als gleichwertige Partnerin im sozialistischen Aufbau erkannt. Frauen sollten nicht nur gleichberechtigt in der Familie und im sozialen Leben auftreten, sondern auch in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle spielen. Offiziell war die DDR ein Vorbild für Gleichberechtigung, und die Staatsführung machte dieses Thema zu einem wichtigen Bestandteil ihrer Propaganda. Der Slogan „Plane mit, arbeite mit, regiere mit“ wurde zu einem markanten Ausdruck dieser politischen Zielsetzung.
Die staatlich verordnete Gleichstellung von Frauen und Männern in der DDR hatte jedoch vor allem einen wirtschaftlichen Hintergrund. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die DDR stark von einem Mangel an männlichen Arbeitskräften betroffen, da viele Männer im Krieg gefallen oder anderweitig nicht mehr arbeitsfähig waren. Die Lösung der Staatsführung war simpel: Mehr Frauen sollten in die Arbeitswelt integriert werden, insbesondere in den Bereichen, die zuvor männlich dominiert waren. So wurden Frauen in die Industrie, die Landwirtschaft und die Handwerksbetriebe eingebunden. Der Film zeigt, wie Frauen, die zuvor vor allem in sozialen Berufen tätig waren, nun in technischen Bereichen wie dem Maschinenbau oder der Konstruktion ausgebildet wurden. Die DDR propagierte stolz, dass Frauen in allen Berufsfeldern erfolgreich tätig sein konnten und auch Zugang zu höherer Bildung und anspruchsvolleren Aufgaben hatten.
Frauen im Arbeitsmarkt der DDR
Die wirtschaftliche Notwendigkeit, Frauen verstärkt in die Arbeitswelt zu integrieren, führte zu einer tatsächlichen Veränderung der Arbeitswelt in der DDR. Frauen wurden in vielen Bereichen tätig, die zuvor von Männern dominiert waren. In der Propaganda wurde der Eindruck erweckt, dass Frauen nun gleichberechtigt am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhätten. Der Film zeigt, wie Frauen in der DDR als Ingenieurinnen, Technikerinnen oder Arbeiterinnen in der Produktion aktiv waren und die gesellschaftlichen Aufgaben als gleichwertige Partnerinnen der Männer übernahmen. Dies wird auch durch die Darstellung von Frauen wie Frau Rissland, die in den 1950er Jahren als Näherin begann und später einen Betrieb leitete, unterstrichen.
Doch die Realität sah anders aus. Während Frauen in der DDR viele Rechte und Freiheiten erlangten, war die tatsächliche Gleichstellung in der Arbeitswelt und im gesellschaftlichen Leben oft nur oberflächlich. Das politisch propagierte Bild einer gleichberechtigten Gesellschaft täuschte über die immer noch bestehenden Ungleichgewichte hinweg. Auch wenn Frauen in vielen Bereichen der Arbeitswelt tätig waren, behielten Männer in den höheren Positionen der Wirtschaft und Politik die Macht. So waren im SED-Politbüro nie Frauen vertreten, und in vielen wichtigen Bereichen blieb der Zugang von Frauen zu Führungspositionen stark eingeschränkt. Es war eine politische Gleichstellung, die jedoch in vielen gesellschaftlichen und beruflichen Bereichen nicht realisiert wurde.
Die doppelten Belastungen der Frauen
Ein zentraler Aspekt der Emanzipation in der DDR war die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch wenn die DDR den Frauen theoretisch die Möglichkeit gab, in allen Bereichen zu arbeiten, blieb die gesellschaftliche Erwartung, dass Frauen den Großteil der Kindererziehung und der Hausarbeit übernehmen sollten. Die staatliche Gleichstellungspolitik war also in der Praxis mit erheblichen Widersprüchen konfrontiert.
Die Frauen mussten die Doppelbelastung von Beruf und Haushalt meistern. Der Film zeigt, dass viele Frauen trotz ihrer vollen Berufstätigkeit noch mit einem enormen Arbeitsaufwand im Haushalt und bei der Kindererziehung konfrontiert waren. Insbesondere Mütter, die nach der Arbeit noch den Haushalt führen und sich um ihre Kinder kümmern mussten, litten unter dieser Doppelbelastung. Die offizielle Propaganda mag die Frauen als gleichwertige Partnerinnen in der Produktion dargestellt haben, doch die Realität war, dass sie in der Familie und im privaten Bereich weiterhin in der Rolle der Hauptverantwortlichen für Kinder und Haushalt blieben.
Um die berufliche Teilnahme von Frauen zu fördern und die Belastung durch die Kindererziehung zu verringern, baute der Staat ein umfangreiches Netzwerk von Krippen und Kindergärten auf. Die Versorgung mit Betreuungsplätzen war in der DDR fast flächendeckend, besonders in Großstädten wie Berlin und Leipzig. Damit konnte der Staat den Frauen eine gewisse Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bieten. Doch selbst mit dieser Unterstützung war die Belastung der Frauen weiterhin hoch, und sie mussten oft kämpfen, um ihre Rechte in der Arbeitswelt und im Familienleben durchzusetzen.
Die Rolle der Frau in der Gesellschaft
In der DDR wurde die Frau nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch als aktive Mitgestalterin der sozialistischen Gesellschaft dargestellt. Die Staatsführung unterstützte das Engagement von Frauen in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen. Sie wurden ermutigt, sich politisch und sozial zu engagieren, beispielsweise in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), in Gewerkschaften oder in kulturellen Organisationen. Frauen, die sich besonders engagierten, wurden vom Staat gewürdigt. Im Film wird etwa eine Szene gezeigt, in der 74 besonders engagierte Frauen vom Staatschef Walter Ulbricht bei Kaffee und Kuchen empfangen werden, wobei ihre Leistungen im Aufbau des Sozialismus gewürdigt werden.
Das Engagement von Frauen in der DDR war nicht nur auf den Arbeitsmarkt beschränkt, sondern erstreckte sich auch auf gesellschaftliche und politische Tätigkeiten. So war es nicht ungewöhnlich, dass Frauen in den 1970er Jahren als Genossinnen in verschiedenen gesellschaftlichen Organisationen wie dem Konsumausschuss oder als Mitglieder der Betrieblichen Gewerkschaftsleitung (BGL) aktiv waren. Sie wurden als wichtige Trägerinnen des sozialistischen Aufbaus angesehen und erhielten auch entsprechende Auszeichnungen und Anerkennung. Diese Anerkennung durch den Staat führte jedoch nicht zu einer wirklichen Gleichstellung in der politischen und wirtschaftlichen Spitze. Die führenden Positionen blieben weiterhin von Männern dominiert.
Die Realität der Ungleichheit
Trotz der offiziellen Gleichstellungspolitik und der staatlich verordneten Emanzipation gab es in der DDR eine Vielzahl von Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. So verdienten Frauen im Durchschnitt deutlich weniger als Männer. Der Film zeigt, dass Frauen in der DDR etwa 30 Prozent weniger verdienten als Männer, obwohl das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ auf dem Papier festgelegt war. Besonders für arbeitende Mütter war die Ungleichheit gravierend, da sie aufgrund der Doppelbelastung von Arbeit und Kindererziehung häufig benachteiligt wurden.
Darüber hinaus gab es in der DDR auch in Bezug auf die Verfügbarkeit von Karrierechancen für Frauen starke Einschränkungen. Die höchsten politischen und wirtschaftlichen Positionen waren den Männern vorbehalten, und Frauen hatten kaum Zugang zu diesen Machtzentren. Auch die sozialen und kulturellen Normen waren so gestaltet, dass die Frauen trotz ihrer Berufstätigkeit eine traditionelle Rolle im Haushalt und in der Kindererziehung einnahmen.
„Verordnete Emanzipation“ zeigt eindrucksvoll, wie die Gleichstellung von Frauen in der DDR ein politisches Ziel war, das aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen gefördert wurde, jedoch in vielen Bereichen der Gesellschaft und des Alltags nicht vollständig realisiert wurde. Die offizielle Propaganda, die die DDR als Vorreiterin in der Gleichstellung von Männern und Frauen darstellte, stand in starkem Gegensatz zu den tatsächlichen Bedingungen im privaten und beruflichen Leben der Frauen. Trotz vieler Fortschritte, wie dem Zugang zu Bildung und Arbeit, blieb die DDR ein Land, in dem Frauen in den höheren gesellschaftlichen und politischen Positionen kaum vertreten waren und die traditionellen Geschlechterrollen weitgehend aufrechterhalten wurden.
Die Dokumentation verdeutlicht, dass die Frauen in der DDR zwar in vielen Bereichen ermutigt wurden, gleichberechtigt zu arbeiten und zu leben, sie jedoch gleichzeitig mit den Herausforderungen der traditionellen Rollenbilder und der gesellschaftlichen Erwartungen konfrontiert waren. Echte Gleichberechtigung wurde zwar propagiert, aber nie vollständig umgesetzt.