Wie die NVA ihre Truppen unter dem Mantel der Nacht verlegte

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Der Kalte Krieg war eine Zeit der ständigen Alarmbereitschaft, und im Herzen Europas spielte sich ein oft verborgenes Schauspiel ab: Die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR verlegte ihre Truppen und schweres Gerät mit der Deutschen Reichsbahn. Doch diese Transporte waren weit mehr als gewöhnliche Logistik; sie waren geheime Operationen, die größtenteils in der Nacht stattfanden, um der neugierigen Beobachtung gegnerischer Satellitenaufklärung zu entgehen.

Die schnelle Be- und Entladung der Züge sowie ein perfektes Zusammenspiel von Reichsbahn-Mitarbeitern und NVA-Kräften waren dabei absolute Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Truppenverlegung. Ziel war es, die Kampfkraft und Gefechtsbereitschaft zu gewährleisten, während gleichzeitig Motorstunden, Treib- und Schmierstoffe eingespart und ein ausgeruhtes Personal sichergestellt wurde. Besonders für Verlegungen über größere Entfernungen oder für Truppen mit Kettenfahrzeugen und Spezialtechnik war die Eisenbahn das bevorzugte Transportmittel.

Vorbereitung im Verborgenen
Jeder Transport begann lange vor der eigentlichen Verladung. Die unmittelbare Vorbereitung der Truppen erfolgte in einem Warteraum, der mindestens 10 Kilometer von der Verladestelle entfernt lag. Dieser Raum bot einen gedeckten und dezentralisierten Aufenthalt, wo Waffen und Ausrüstung transportbereit gemacht wurden. Währenddessen war eine ununterbrochene Gefechtssicherstellung gewährleistet, und taktische sowie polizeiliche Kennzeichen wurden auf Befehl abgedeckt.

Ein Vorkommando traf rechtzeitig vor Verladebeginn an der Verladestelle ein, um die Gefechtssicherstellung zu gewährleisten und die Verladung vorzubereiten. Verladestellen konnten sich an Bahnhöfen, in Anschlussbahnen oder sogar auf freier Strecke befinden, wobei eine Vielzahl von Rampenarten – von kombinierten Kopf- und Seitenrampen bis hin zu behelfsmäßigen Konstruktionen – zum Einsatz kam.

Disziplin und Sicherheit auf den Gleisen
Auf der Verladestelle herrschte zwingend strenge militärische Disziplin und Ordnung, um Unfälle zu vermeiden. Besonders die Nachbargleise stellten eine Gefahr dar, und Armeeangehörigen war es strengstens verboten, sich in die Gleise zu begeben oder diese ohne Anweisung zu überschreiten. Der Transportleiter arbeitete eng mit dem Verantwortlichen für Militärtransporte der Deutschen Reichsbahn zusammen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.

Der Marsch vom Abrufpunkt, der sich 0,5 bis 2 Kilometer von der Verladestelle entfernt befand, erfolgte kolonnenweise, um die Konzentration von Kräften und Mitteln an der Rampe zeitlich zu begrenzen. Fahrzeuge wurden hier in die Transportlage gebracht – Panzertürme verzurrt, Teile demontiert, Ketten gespannt – um unnötige Stillstandszeiten an der Verladestelle zu vermeiden.

Millimeterarbeit bei der Verladung
Die eigentliche Verladung erforderte höchste Präzision. Von der eindeutigen Zeichengebung des Einweisers und der schnellen Reaktion des Fahrers hing es ab, dass die Technik mittig zur Ladeachse des Wagens fuhr. Ein Einweiser hielt dabei stets einen Sicherheitsabstand von mindestens einer Fahrzeuglänge ein.

Die sichere Befestigung der Fahrzeuge war von entscheidender Bedeutung, um Transportschäden zu verhindern. Dies erfolgte durch Standardverladekeile, die fest am Fahrzeug anliegen und deren Dornen in den Wagenboden gedrückt wurden. Zusätzlich wurden Handbremsen angezogen und niedrige Gänge eingelegt. Bei einachsigen Anhängefahrzeugen wurden die Räder mit zwei Standardkeilen oder drei Holzkeilen gesichert und die Fahrzeuge zusätzlich mit Draht verspannt. Falls keine Standardverladekeile vorhanden waren, improvisierte man mit Holzkeilen, Nägeln, Draht, Holzbalken und Bauklammern.

Nach der sorgfältigen Verladung und Befestigung aller Fahrzeuge, einschließlich der Verzerrung von Turm und Kanone sowie dem Abbau von Waffen wie dem Fliegerabwehr-MG, wurden die Stirn- und Seitenwände der Güterwagen hochgeklappt und verriegelt.

Abfahrtbereit: Das Ergebnis disziplinierter Arbeit
Erst wenn die Gefechtssicherstellung gewährleistet war und alle Mängel beseitigt waren, gab der Transportleiter die Zustimmung zum Rangieren. Eine Fernsprechverbindung zwischen Transportleiter, Diensten und Gefechtssicherstellung war etabliert, und Mannschaftswagen durften nur auf Befehl bezogen werden.

Die gute und rechtzeitige Organisation, ein hohes Niveau der Transportausbildung und diszipliniertes Handeln aller Armeeangehörigen waren die Voraussetzungen dafür, dass die Verladung des Truppentransportes zeitgerecht und ohne besondere Vorkommnisse erfolgen konnte und die geplante Abfahrtszeit eingehalten wurde. Diese „Geheimen NVA Truppentransporte der Reichsbahn“ waren ein faszinierendes Beispiel für militärische Logistik unter den besonderen Bedingungen des Kalten Krieges.