Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) der 1980er Jahre war geprägt von einem einzigartigen Wirtschaftssystem, das darauf abzielte, das Wohl der Bevölkerung durch staatliche Kontrolle und umfangreiche Subventionen zu sichern. Ein tieferer Blick auf den Alltag offenbart, wie sich diese Politik auf die Ausgaben und das Leben der Menschen auswirkte.
Staatliche Stützung als Fundament der Niedrigpreise Das Rückgrat des DDR-Wirtschaftssystems bildeten die massiven staatlichen Subventionen, die die Preise für Grundnahrungsmittel und lebensnotwendige Dinge über Jahrzehnte hinweg stabil und extrem niedrig hielten. Seit 1958 kostete ein Kilogramm Mischbrot unverändert 70 Pfennige, ein Brötchen lediglich fünf Pfennige. Auch Fleischpreise waren festgesetzt: Ein Kilogramm Eisbein gab es für 4,40 Mark, Schweineschnitzelfleisch für 10 Mark und Rinderrouladen für 12 Mark. Diese Preise für Grundnahrungsmittel hatten sich seit über einem Vierteljahrhundert nicht geändert. Der Staat zahlte hierfür „enorme Preisstützung“, um ein niedriges und stabiles Verbraucherpreisniveau zu gewährleisten. Das bedeutete konkret: Wenn eine Familie für 100 Mark Nahrungsmittel einkaufte, legte der Staat jedes Mal 30 Mark aus dem Staatsseckel dazu. Diese Politik, zusammengefasst unter dem populären Motto „alles für das Wohl des Volkes“, belastete den Staatshaushalt erheblich, wirkte sich aber „ausgesprochen günstig“ auf die Familien aus.
Die Subventionen reichten weit über Lebensmittel hinaus: Für eine tägliche Hin- und Rückfahrt mit der S-Bahn, die 40 Pfennige kostete, gab der Staat 55 Pfennige dazu. Auch das warme Mittagessen in der Schule für Kinder wie Janina Fechner wurde massiv subventioniert; zu den 55 Pfennigen, die die Familie zahlte, schoss der Staat weitere 1 Mark 35 Pfennige zu. Besonders frappierend war die Wohnsituation: Für eine monatliche Miete von nur 9 Mark 45 Pfennige musste man eigentlich etwa 350 Mark zahlen – die Differenz trug der Staat, um billige Mieten zu sichern.
Hoher Verbrauch trifft auf Versorgungsherausforderungen Die niedrigen Preise führten zu einer konstant hohen Nachfrage, die nicht immer leicht zu befriedigen war. Dennoch belegte die DDR im Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch, Butter und anderen „hochwertigen Nahrungsmitteln“ seit vielen Jahren „einen der vorderen Plätze in der Welt“.
Familieneinkommen und Ausgaben: Das Beispiel Familie Fechner Betrachtet man die statistischen Durchschnittswerte einer Familie mit zwei Kindern, wie die Fechners, so wird deutlich, wie sich die Ausgaben verteilten. Peter Fechner verdiente monatlich 1000 Mark, seine Frau Christa 800 Mark, was einem Familieneinkommen von 1800 Mark entsprach.
Die Ausgaben verteilten sich im statistischen Durchschnitt wie folgt:
• 37 Prozent des Familieneinkommens wurden für Lebensmittel ausgegeben.
• 38 Prozent flossen in Industriewaren.
• Zusammengenommen machten „Barkäufe“ (Lebensmittel und Industriewaren) somit drei Viertel des monatlichen Verdienstes aus.
• Die Miete betrug lediglich 3 Prozent des Monatseinkommens.
• Für Strom-, Gas-, Wasser- und Heizungsrechnungen wurden nur 1,5 Prozent verbraucht.
• Etwa 13 Prozent waren „individuell unterschiedliche nichtverbrauchswirksame Ausgaben“, wie Mitgliedsbeiträge, Hundesteuern und vor allem das Sparkonto.
Trotz dieser günstigen Lebenshaltungskosten war jedoch klar, dass sich auch Familien wie die Fechners „nicht jeden Wunsch leicht erfüllen können“. Denn „hochmodische und hochwertige Konsumgüter haben auch in der DDR ihren entsprechenden Preis“.
Der Alltag in der Kaufhalle: Ein Blick auf die Wursttheke Das tägliche Leben in der DDR spiegelte sich auch in den Kaufhallen wider. Eine zentrale Figur dort war oft die Fachverkäuferin, wie Sieglinde Henkel, die seit vielen Jahren Wurst verkaufte. Ihr Beruf war „sehr anstrengend“, da sie den ganzen Tag auf den Beinen war und endlos Würste schneiden musste. Bemerkenswert war das Kaufverhalten der Kunden, die „fast jeden Tag“ kamen und teilweise so viel Wurst einkauften, „als hätten sie eine ganz große Familie zu Hause“. Die Vielfalt der angebotenen Wurstsorten reichte von Teewurst über Leberwurst, Lyonier, Poltava, Braunschweiger bis hin zu Blutwurst, Jagdwurst und der „Kraft gebenden“ Wurst „Kraftfleisch“. Auch Besonderheiten wie Leberkäse am Wurststand oder die Herkunft der Bockwurst sorgten für Gesprächsstoff.
Der Alltag in der DDR war somit ein Balanceakt zwischen staatlich gestützten, niedrigen Preisen für Grundbedürfnisse und dem Wunsch nach teureren Konsumgütern, der nicht immer leicht zu erfüllen war.