Erfurt. Das Thüringer Kabinett hat heute eine entscheidende Richtlinie zur finanziellen Unterstützung der Krankenhäuser im Freistaat beschlossen. Es handelt sich um ein mit Spannung erwartetes Kreditprogramm, das in enger Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheits- und dem Finanzministerium erarbeitet wurde. Das Paket soll Krankenhäusern durch vorübergehende Liquiditätsengpässe helfen, bis die umfassenden Reformen der Krankenhausfinanzierung auf Bundesebene greifen.
Gesundheitsministerin Katharina Schenk und Finanzministerin Katja Wolf präsentierten die Details des Programms auf einer gemeinsamen Regierungsmedienkonferenz. „Gesundheitspolitik ist für uns eine der zentralen Stellschrauben der Lebenszufriedenheit der Thüringerinnen und Thüringer“, betonte Schenk.
Hintergrund: Eine Branche in der Krise
Die Notwendigkeit des Hilfspakets wird durch die bundesweite Problemlage der Krankenhäuser unterstrichen: 80 Prozent der Kliniken bundesweit verzeichneten im Vorjahr negative Ergebnisse. Die Ministerinnen führten dies auf Kostensteigerungen bei Personal und Sachmitteln sowie eine strukturelle Unterfinanzierung zurück. Obwohl das Bundes-Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz darauf abzielt, diese Probleme zu lösen, dauert es noch geraume Zeit, bis die Reformen wirken. Genau diese Übergangsphase, die bis Ende 2028 andauern könnte, will Thüringen überbrücken.
Das Thüringer Darlehensprogramm im Detail
Die neue Richtlinie ermöglicht es bedarfsnotwendigen Krankenhäusern in Thüringen, Kredite zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zu erhalten. Die Zusammenarbeit erfolgt mit der Thüringer Aufbaubank (TAB).
• Ziele: Das Hauptziel ist es, unkontrollierte Insolvenzen wie in der Vergangenheit zu vermeiden und die bedarfsnotwendige medizinische Versorgung sicherzustellen. Zudem soll verhindert werden, dass qualifiziertes Personal aufgrund von Unsicherheit abwandert. Die wohnortnahe Gesundheitsversorgung ist ein Kernanliegen der Landesregierung.
• Volumen und Konditionen: Das Gesamtvolumen des Programms beträgt 100 Millionen Euro, wobei die Darlehenshöhe für den Einzelfall auf bis zu 10 Millionen Euro begrenzt ist. Die maximale Laufzeit der Darlehen beträgt 15 Jahre.
• Voraussetzungen: Eine zentrale Bedingung für die Kreditvergabe ist ein tragfähiges Geschäftsmodell, das eine realistische Rückzahlung der Kredite bei normalem wirtschaftlichem Verlauf gewährleistet. Das Programm ist ausdrücklich keine „Bestandsgarantie für alle Thüringer Häuser“, stellte Finanzministerin Katja Wolf klar. Kliniken, die sich perspektivisch betriebswirtschaftlich nicht rechnen oder bereits von einer drohenden Insolvenz betroffen sind, sind ausgeschlossen. Die Thüringer Aufbaubank prüft diese Kriterien.
• Zinssatz: Der Zinssatz wird im Einzelfall festgelegt, aber durch die hundertprozentige Bürgschaft des Landes auf einem vertretbaren Niveau gehalten.
Darlehen statt Zuschüsse: Ein Novum in Thüringen
Die Entscheidung für ein Darlehensprogramm anstelle von Zuschüssen wurde von Journalisten hinterfragt, insbesondere im Hinblick auf einen gescheiterten „Rettungsschirm“ der Vorgängerregierung. Gesundheitsministerin Schenk stellte klar, dass der frühere Schirm nicht wegen des Fehlens von Zuschüssen scheiterte, sondern weil die damals notwendige Globalbürgschaft des Finanzministeriums fehlte. „Es ist wirklich ein Novum, dass diese Regierung es geschafft hat, die Richtlinie vorzulegen und die dazugehörige Globalbürgschaft“, so Schenk.
Finanzministerin Wolf ergänzte, dass Darlehen für Kliniken, die nach der Reform wieder „in ganz normalen betriebswirtschaftlichen Zeiten unterwegs“ sein werden, der bessere Weg seien, da es sich letztlich um Steuermittel handele. Dies ermögliche eine „liquiditätsunterstützung dann in der zeit der wirkenden reform auch zurückzuzahlen“.
Ergänzung zu Bundesmitteln
Das Thüringer Programm versteht sich als Überbrückung bis zur vollen Wirksamkeit der Bundesreformen und des Transformationsfonds. Während der Bund mit 4 Milliarden Euro die „fehlenden Betriebsmittel der Vergangenheit aufzufangen“ plant, adressiert das Thüringer Programm akute Liquiditätsengpässe in der jetzigen Übergangsphase. Der Transformationsfonds des Bundes, den das Land kofinanziert, ist hingegen für Umbaumaßnahmen und strukturelle Anpassungen der Kliniken gedacht, die erst nach einer genauen Planungsphase erfolgen können.
Qualität vor bloßem Bestand
Auf die Frage, wie die 20-Minuten-Versorgung in Thüringen gewährleistet bleiben soll, wenn nicht jedes Krankenhaus überleben kann, erklärte Katharina Schenk: „Nur weil irgendwo ein Krankenhaus ist, heißt das nicht, dass Sie dort die beste medizinische Versorgung bekommen“. Sie betonte, dass die Qualität der Versorgung von der Menge der Eingriffe abhängt. Ziel sei es, die Erreichbarkeit und die Qualität in den Fokus zu stellen und alternative Versorgungsmodelle wie Teilambulantisierung oder sektorenübergreifende Versorger zu prüfen. Es dürfe nicht darum gehen, Kliniken nur des Bestandes wegen zu erhalten, wenn dies zu einer schlechteren medizinischen Qualität führe.
Das heute im Kabinett beschlossene Programm sei ein „glücklicher Moment“, so Katja Wolf, denn viele in Thüringen hätten sehnsüchtig darauf gewartet. Es ist ein wichtiger Schritt, um die Gesundheitsversorgung im Freistaat in einer kritischen Übergangsphase zu sichern.