Kaum eine Maschine verkörpert die Frühzeit der Motorisierung in der Landwirtschaft so eindrucksvoll wie der Lanz Bulldog. Mehr als nur ein Arbeitsgerät, hat sich dieser in Mannheim gebaute Traktor zu einem wahren Kulturgut mit Charakter entwickelt und fasziniert bis heute Enthusiasten, die seine einzigartige Technik, Geschichte und Besonderheiten schätzen.
Die hier betrachteten Lanz Bulldogs, sogenannte „Kliopfmotoren“, wurden zwischen 1935 und etwa 1950/51 produziert. Interessanterweise unterschieden sich die Modelle vor dem Krieg durch eine schwerere Ausrüstung, etwa bei den Schwungmassen. Mit Kriegsbeginn wurde Gewicht eingespart, um Materialien für die Wehrmacht freizugeben, was jedoch die prinzipielle Bauweise und Laufleistung des Motors nicht wesentlich beeinflusste.
Technik unter der Haube: Robust und unverwechselbar
Das Herzstück eines Lanz Bulldogs ist sein beeindruckender Einzylindermotor mit einem Hubraum von 10,3 Litern. Der Kolben, der horizontal liegt, wiegt dabei allein zwischen 35 und 38 Kilogramm. Die Kühlung erfolgt bei den hier gezeigten Modellen über Kühler – vier auf der rechten Seite bei den größeren Bulldogs, drei bei den kleineren – und einen Lüfter in der Mitte, der das Kühlwasser herunterkühlt. Frühere Modelle nutzten noch einen einfachen Wasserbehälter als Verdampfer. Eine Besonderheit der Motoren ist ihre Robustheit gegenüber Hitze: „ordentliche Hitze bei den Motoren schadet den Motoren absolut nicht“, heißt es im Video.
In Sachen Getriebe waren Lanz Bulldogs oft mit einem Dreiganggetriebe ausgestattet, doch es gab auch seltenere Sechsgangmodelle, die eine Gruppenuntersetzung mit drei Gängen plus Rückwärtsgang sowie drei weitere Gänge in einem größeren Getriebe boten. Auch bei der Ausstattung gab es Optionen: Eine Fußbremse, die auf die Hinterräder wirkte, war beispielsweise nicht zwingend Standard, sondern musste optional hinzugekauft werden, ähnlich wie bei modernen Autos. Die Leistung variierte ebenfalls; so sind ein 45 PS und ein 25 PS Motor zu sehen, wobei die PS-Klasse stets am Hubraum und der Anzahl der Kühler zu erkennen ist.
Der Kraftstoffverbrauch eines Lanz Bulldogs variiert je nach Einsatzgebiet: Im harten achtstündigen Feldeinsatz konnte ein Traktor bis zu 40 Liter verbrauchen, während er im Hobbybetrieb heute oft mit 20 bis 25 Litern auskommt.
Das Startritual: Ein Erlebnis für sich
Eine der faszinierendsten Eigenheiten des Lanz Bulldogs ist sein Startvorgang, der oft als ein echtes Ritual beschrieben wird. Der Traktor verfügt über einen Dreikammer-Tank für Dieselkraftstoff, Motoröl (das auch mitverbrannt wird und vier Schmierstellen über eine Ölpumpe versorgt) und, optional, Benzin.
Für den traditionellen Start benötigt man eine spezielle Heizlampe mit senkrechtem Brennerkopf, die für fünf bis zehn Minuten in den Brennraum gehängt wird, um die Glühnase vorzuheizen, bis sie heiß genug ist, den Diesel zu zünden.
Eine modernere, aber nicht bei jedem Bulldog vorhandene Option ist der Benzinstart mit Batterie und Anlasser. Hierfür muss der Treibstoff vor dem Abstellen des Fahrzeugs von Diesel auf Benzin umgestellt werden. Eine im Zylinderkopf angebrachte Zündkerze erzeugt mittels einer Summerzündspule einen Funken. Nach dem Betätigen des Anlassers (oder Drehen am Schwungrad) springt der Traktor auf Benzin an und sollte zwei bis drei Minuten auf diesem Kraftstoff laufen, bis die Glühnase wieder die nötige Temperatur für den Diesel erreicht hat. Erst dann wird langsam der Benzinhahn geschlossen und der Diesel geöffnet.
Ein weiteres Phänomen beim Start, sei es mit Elektrostart oder Lenkrad, ist, dass der Traktor gelegentlich „verkehrt herum“ anspringen kann, also linksherum läuft. Erfahrene Lanz-Fahrer beherrschen jedoch den Trick: Man bringt den Motor mit dem Einspritzhebel fast zum Stillstand und spritzt kurz bevor er ausgeht noch einmal kräftig ein, um die Drehrichtung umzukehren.
Der Lanz Bulldog ist nicht nur eine Legende der Landtechnik, sondern ein Zeugnis deutscher Ingenieurskunst und ein Erlebnis für sich. „Wer einmal einen gestartet hat, der vergisst das nie“, lautet ein passendes Fazit.