Privatfilm aus DDR Zeiten zeigt seltene Aufnahmen aus Karlshorst und Potsdam

Ein historischer Super-8-Film gewährt intime Einblicke in das Leben der DDR – fernab von Staatsakten und Paraden. Der Streifen, vermutlich Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre entstanden, dokumentiert in ruhigen, beinahe poetischen Bildern den Alltag einer Berliner Familie. Zwischen Bahnhofsszenen, Frühstückstisch und Schlosspark entsteht ein lebendiges Porträt jener Zeit – ohne Kommentarton, dafür mit umso mehr Atmosphäre.

Der Film beginnt auf dem Bahnhof Berlin-Karlshorst, wo ein seltener Eilzug der Baureihe 118 – unter Eisenbahnfreunden liebevoll „Dicke Berta“ genannt – einfährt. Der bullige Dieselriese, einst Stolz der DDR-Schieneninfrastruktur, ist in ruhigen Farben gefilmt, eingerahmt von wartenden Fahrgästen. Es folgen kurze Einstellungen aus dem Innenraum des Zuges: ein Zugfenster, ein Blick hinaus – dann eine ältere Dame. Vielleicht ist sie die Großmutter der Familie, die diesen Film aufgenommen hat.

In der nächsten Szene sitzt dieselbe Frau mit ihren Angehörigen am Frühstückstisch. Marmelade, gekochte Eier und ein Hund – ein Dackel – geben der Situation eine fast mediterrane Leichtigkeit, ungewöhnlich für DDR-Klischees. Auch ein Verwandter auf dem Fahrrad wird eingefangen: mit Einkaufstaschen kehrt er heim und reiht sich in die Frühstücksrunde ein.

Dann wechselt der Schauplatz: Potsdam. Vor dem Nauener Tor stauen sich Trabanten. Die Kamera verweilt auf Details – Menschen, die sich unterhalten, ein Kind, das mit einem Luftballon spielt. Im Hintergrund schiebt sich ein Bus der Reichsbahn ins Bild. Die Aufnahmen zeigen eine belebte Straße, aber auch die Ruhe der Stadt, wie sie heute kaum noch zu erleben ist.

Ein Höhepunkt des Films ist der Besuch des Schlosses Sanssouci. Die Kamera tastet sich ehrfürchtig durch die Innenräume, schwenkt über Parkwege, Terrassen und Statuen. Touristen mit Ostkamera, Kinder auf Parkbänken – es sind Momentaufnahmen eines Kulturerbes, das auch in der DDR von Bedeutung war.

Am Ende kehrt der Film in den Alltag zurück: Ein Mann, wohl der Vater, kniet neben seinem Trabant, Motorhaube geöffnet, Werkzeuge auf dem Boden. Es ist eine stille Hommage an das Improvisationstalent und die Selbsthilfementalität der DDR-Bürger – und ein würdiger Schlusspunkt dieser privaten Zeitreise.

Was diesen Film besonders macht, ist seine Unaufgeregtheit. Er zeigt keine dramatischen Wendepunkte, keine politischen Parolen. Stattdessen: das Leben, wie es war – mit Zügen, Zäunen, Zigaretten, Frühstück und Familienliebe. Und vielleicht ist gerade das die größte historische Leistung dieses kleinen Films.

Tips, Hinweise oder Anregungen an Arne Petrich

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