In den Stahlgießereien der DDR formten Arbeiter nicht nur Metall – sie prägten auch das Selbstverständnis des sozialistischen Produktionsalltags. Ein Rückblick auf eine vergangene Arbeitswelt, die auf Wissen, Disziplin und Gemeinschaft setzte.
Der Geruch von heißem Metall, das rhythmische Stampfen der Verdichtungsmaschinen und die konzentrierten Bewegungen der Former – in einer DDR-Gießerei im Jahr 1972 herrschte ein Takt aus Präzision, Kraft und kollektivem Bewusstsein. Metallgießen, eines der ältesten Urformverfahren der Menschheit, war in der Deutschen Demokratischen Republik nicht nur ein technischer Prozess, sondern ein Symbol für die Verbindung von Tradition und sozialistischer Industriepolitik.
In einem Filmbeitrag aus jenem Jahr wird der gesamte Ablauf der Herstellung eines Gussteils – konkret einer Flanschbuchse – dokumentiert. Vom hölzernen Modellbau über das Einformen in Sandkästen bis zum Gussvorgang selbst entfaltet sich ein minutiös geplanter Arbeitsprozess, bei dem menschliches Geschick und maschinelle Unterstützung Hand in Hand gehen. Dabei wird deutlich: Auch wenn sich das Grundprinzip des Gießens seit Tausenden von Jahren nicht verändert hat, so strebte die DDR-Wirtschaft nach stetiger Verbesserung – und nach der umfassenden Mechanisierung der Produktion.
Die Stahlgießerei war ein Ort, an dem der „Gießereifacharbeiter“ nicht nur seine körperliche Belastbarkeit unter Beweis stellen musste, sondern auch technisches Verständnis und Präzision. Schon in den 1970er-Jahren zeichnete sich der Übergang zur automatisierten Fertigung ab: Maschinen übernahmen immer mehr Schritte – von der Sandverdichtung bis zum Wenden der Formkästen. Dennoch blieb das Know-how der Facharbeiter unverzichtbar. Der Film betont: „An das Wissen des Gießereifacharbeiters müssen jedoch immer höhere Anforderungen gestellt werden.“
Im Einklang mit der sozialistischen Ideologie der Zeit wird nicht nur die Technik, sondern auch der Mensch in den Mittelpunkt gestellt – als Träger des Fortschritts. Der Arbeitsplatz in der Gießerei war hart, aber er bedeutete auch Stolz, Verantwortung und Teilhabe am Aufbau des Sozialismus. Die Dokumentation schließt mit einem optimistischen Blick in die Zukunft: Gießereispezialisten sollen bald saubere, vollautomatisierte Fertigungsstraßen „mit wenigen Handgriffen vom Schaltpult aus steuern und überwachen“.
Heute wirkt diese Vision wie ein Echo aus einer untergegangenen Welt. Doch der Blick zurück zeigt nicht nur die Entwicklung der Technik – er erinnert auch an eine Zeit, in der Arbeit und Ideologie eng verwoben waren. In den glühenden Formen der Gießerei spiegelte sich mehr als nur geschmolzenes Metall: Sie standen für einen gesellschaftlichen Entwurf, der Arbeit als Motor der Geschichte verstand.