Steigender Bedarf: Azubi-Unterkünfte in Jena dringend gesucht

Die Diskussion um die Einrichtung eines neuen Wohnheims für Auszubildende (Azubis) in Jena nimmt weiter Fahrt auf. Ein Vorschlag, der zuletzt in der Stadtratssitzung zur Sprache kam, wirft dabei neue Fragen auf. Der CDU-Politiker Bastian Stein brachte die Idee ein, ein Gebäude zu nutzen, das bislang als Unterkunft für Geflüchtete dient. Das Objekt in der Straße „An der Weidigsmühle“, gelegen neben dem Westsportplatz, wird derzeit als Unterkunft genutzt, könnte aber nach Steins Überlegung für ein Ausbildungswohnheim umfunktioniert werden.

Ein Vorschlag mit Potenzial?
Bastian Stein argumentierte, dass die bisher genutzte Gemeinschaftsunterkunft in der ehemaligen Hautklinik in der Erfurter Straße eine Alternative bieten könnte. „Nur der Ostflügel ist derzeit bewohnt. Könnte der ungenutzte Westflügel nicht ebenfalls als Unterkunft für Geflüchtete hergerichtet werden?“, fragte Stein. Sein Ziel ist es, das Gebäude an der Weidigsmühle langfristig für Azubis verfügbar zu machen.

Doch die Übertragung der Geflüchtetenunterkunft in die ehemalige Hautklinik stößt auf bauliche Hindernisse. Bürgermeister Christian Gerlitz (SPD) erläuterte, dass der Westflügel der Hautklinik umfangreich saniert werden müsse, bevor er genutzt werden könne. Die Heizungsanlagen sowie andere Versorgungsleitungen seien aktuell nicht funktionsfähig. Laut Gerlitz soll diese Sanierung frühestens Ende 2026 oder Anfang 2027 abgeschlossen sein. Erst danach sei ein Umzug der Gemeinschaftsunterkunft aus dem Ostflügel in den sanierten Westflügel möglich.

Langfristige Planungen für die Hautklinik
Doch auch der Ostflügel, der aktuell bewohnt wird, ist nur eine Interimslösung. Seine bauliche Substanz erlaubt keinen dauerhaften Betrieb, sodass ebenfalls eine Sanierung in drei Etappen notwendig ist. Die Stadt plant, die Arbeiten an Dach und Versorgungsleitungen bis 2029 abzuschließen. Diese langfristigen Baupläne machen die Situation kompliziert, da die Unterbringung von Geflüchteten nicht ohne weiteres verlagert werden kann.

Zusätzlich verwies Gerlitz auf die Ungewissheit, wie sich der Bedarf an Unterkünften für Geflüchtete in Jena entwickeln wird. Aktuell sind etwa 180 Personen in provisorischen Wohncontainern untergebracht. Diese Menschen benötigen in absehbarer Zeit ebenfalls eine dauerhafte Unterkunft.

Ein wachsender Bedarf für Azubi-Wohnraum
Parallel dazu wird der Ruf nach neuen Azubi-Unterkünften immer lauter. Eine Umfrage unter Jenaer Ausbildungsbetrieben ergab, dass der Bedarf an Wohnmöglichkeiten für Auszubildende in den kommenden Jahren deutlich steigen wird. Bereits jetzt sind viele Azubis auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum, was angesichts der angespannten Wohnraumsituation in der Stadt eine Herausforderung darstellt.

Die Stadt hat das Gebäude „An der Weidigsmühle“ als vielversprechenden Standort identifiziert. Eine erste Prüfung ergab, dass es unter den untersuchten Optionen die besten Voraussetzungen für ein Azubi-Wohnheim bietet. Allerdings betonte Gerlitz, dass die Umsetzung dieses Vorhabens eine „komplexe Abwägung“ erfordert. Neben den baulichen und finanziellen Aspekten müsse auch bedacht werden, welche Prioritäten die Stadt langfristig setzt.

Alternativen in der Zwischenzeit
Bis eine Entscheidung über die Zukunft des Gebäudes „An der Weidigsmühle“ getroffen ist, gibt es jedoch Lichtblicke für Auszubildende in Jena. So plant die Internationale Bund Mitte gGmbH, ihr bestehendes Wohnheim „Am Herrenberge“ in Lichtenhain verstärkt für Azubis bereitzustellen. Diese Maßnahme könnte kurzfristig Entlastung schaffen, löst jedoch nicht das Problem des langfristig steigenden Bedarfs.

Ein Balanceakt für die Stadt
Die Diskussion um die Nutzung des Gebäudes „An der Weidigsmühle“ verdeutlicht die schwierige Gratwanderung, vor der Jena steht. Die Stadt muss einerseits den wachsenden Bedarf an Azubi-Wohnraum decken und andererseits ihre Verantwortung gegenüber Geflüchteten erfüllen, die auf eine sichere Unterkunft angewiesen sind.

Die anstehenden Entscheidungen könnten weitreichende Konsequenzen haben. Für die Stadtverwaltung bleibt die Herausforderung, finanzielle Ressourcen sinnvoll zu priorisieren und gleichzeitig den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren. Der Vorschlag von Bastian Stein, die Unterkunft „An der Weidigsmühle“ für Azubis zu nutzen, ist dabei nur ein Baustein in einem größeren Puzzle, das Jena in den kommenden Jahren zu lösen hat.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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