Das sogenannte Brombeer-Bündnis aus CDU, Bündnis Solidarische Mitte (BSW) und SPD in Thüringen plant eine Lockerung der Schuldenbremse, um den Landeshaushalt zu entlasten und finanzielle Spielräume zu schaffen. Doch diese Initiative stößt auf Kritik – insbesondere von der Präsidentin des Thüringer Rechnungshofs, Kirsten Butzke, die die Pläne als einen „Irrweg“ bezeichnet.
Geplante Änderungen: Tilgungszeitraum auf bis zu 30 Jahre verlängern
Der Vorschlag im Koalitionsvertrag sieht vor, den Zeitraum für die Rückzahlung von Notlagenkrediten, die während Krisen aufgenommen wurden, auf bis zu 30 Jahre auszudehnen. Ursprünglich waren fünf Jahre für die Tilgung vorgesehen, dieser Zeitraum wurde jedoch bereits auf acht und später auf 15 Jahre verlängert. Ab dem Haushaltsjahr 2025 soll laut Koalition der neue Tilgungszeitraum von 30 Jahren gelten.
Die Argumentation: Durch die Verlängerung sollen einerseits Zukunftsausgaben ermöglicht, andererseits die Haushaltslage stabilisiert werden. Doch die vom Rechnungshof vorgelegten Zahlen legen nahe, dass der Nutzen begrenzt ist.
Rechnungshof warnt vor langfristigen Kosten
Laut einer Analyse des Rechnungshofs bringt die Verlängerung der Tilgungsdauer von 15 auf 30 Jahre nur geringe jährliche Einsparungen:
- Bei einer Tilgungsdauer von acht Jahren lag die jährliche Rückzahlung bei 158 Millionen Euro.
- Für 15 Jahre reduzierte sich der Betrag auf rund 73 Millionen Euro.
- Bei 30 Jahren Tilgungszeitraum sinkt die jährliche Belastung auf etwa 32 Millionen Euro.
Dies schafft zwar etwa 40 Millionen Euro zusätzliche Mittel pro Jahr, doch langfristig entstehen dadurch deutlich höhere Kosten. Die zusätzlichen Zinszahlungen bis zum Ende des Tilgungszeitraums summieren sich auf 85 Millionen Euro.
„Am Ende verschiebt man die Schuldenlast auf nachfolgende Generationen“, warnt Butzke. Gleichzeitig bleibe die jährliche Entlastung mit 0,3 Prozent des Landeshaushaltsvolumens marginal – sie werde keine substanziellen Probleme lösen.
Rücklagen und Krisenfestigkeit
Der Rechnungshof sieht auch die aktuelle Rücklagenpolitik kritisch. Obwohl Rücklagen eine gewisse Risikovorsorge ermöglichen, sollte ihre Nutzung als Ausgleich für Defizite in der Haushaltsplanung nicht überstrapaziert werden. Butzke betont: „Ein Staat ist nur langfristig handlungsfähig, wenn er seine Ausgaben aus den laufenden Einnahmen bestreiten kann.“
Die Corona-Krise habe zu einer Entkopplung der Ausgaben von den Einnahmen geführt. Der derzeitige Haushaltsentwurf für 2025 sieht ein Volumen von 13,75 Milliarden Euro vor, was einem Anstieg um etwa 250 Millionen Euro im Vergleich zu 2024 entspricht. Allerdings sollen die Rücklagen des Landes und die Gelder aus den Corona- und Energiehilfefonds nahezu vollständig aufgebraucht werden, um die Ausgaben zu decken.
Schuldenbremse in Thüringen: Flexibler als in anderen Bundesländern
Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern, wo die Schuldenbremse in der Verfassung verankert ist und nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden kann, ist sie in Thüringen lediglich in der Landeshaushaltsordnung festgelegt. Dies ermöglicht Änderungen mit einfacher Mehrheit, was die politische Umsetzung erleichtert.
Kritische Stimmen und Herausforderungen für die Zukunft
Die Präsidentin des Rechnungshofs plädiert für eine Rückkehr zu soliden Haushaltsgrundsätzen. Sie fordert eine Reduzierung der Ausgaben und einen nachhaltigen Umgang mit öffentlichen Geldern. Besonders wichtig sei es, Rücklagen nicht zur Überbrückung von Defiziten zu nutzen, sondern für echte Notlagen vorzuhalten.
Das geplante Vorgehen des Brombeer-Bündnisses wirft Fragen auf: Können langfristig höhere Zinsbelastungen und die Verlagerung der Schulden auf kommende Generationen gerechtfertigt werden, um kurzfristig finanzielle Spielräume zu schaffen? Gleichzeitig steht Thüringen vor der Herausforderung, sich auch für künftige Krisen zu rüsten und dennoch handlungsfähig zu bleiben.
Ein Balanceakt zwischen Entlastung und Belastung
Die Diskussion um die Schuldenbremse zeigt, wie schwierig es ist, zwischen kurzfristigen Entlastungen und langfristiger Stabilität zu wählen. Während das Brombeer-Bündnis die Haushaltslage entlasten will, mahnt der Rechnungshof zur Vorsicht. Der nächste Landeshaushalt wird zeigen, ob und wie die geplanten Änderungen tatsächlich umgesetzt werden – und welche Auswirkungen sie auf Thüringens finanzielle Zukunft haben werden.