Am 13. August 1961, einem Tag, der die Geschichte Deutschlands und Europas nachhaltig prägen sollte, war Karl-Heinz Kries gerade einmal 22 Jahre alt. In seiner Funktion als Unteroffizier der Nationalen Volksarmee (NVA) sicherte er den Bau der Berliner Mauer ab, die als Symbol für die Teilung Deutschlands und den Kalten Krieg gelten sollte. Fast drei Jahrzehnte später, am 9. November 1989, fiel die Mauer, und die Deutschen begannen, sich auf den Weg zur Wiedervereinigung zu machen. In einem Interview reflektiert Kries über seine Erfahrungen während dieser turbulenten Zeit, die nicht nur sein persönliches Leben, sondern auch die geopolitischen Verhältnisse in der Welt entscheidend beeinflusste.
Die Berliner Mauer: Ein Symbol der Teilung
Für Karl-Heinz Kries war der Bau der Mauer im Jahr 1961 ein einschneidendes Erlebnis. Er beschreibt, dass der Bau nicht nur eine physische Barriere zwischen Ost- und Westberlin schuf, sondern auch eine psychologische Kluft, die Familien und Freunde trennte. Kries sah die Mauer damals als notwendiges Übel, um die Menschen in der DDR vor dem Einfluss des Westens zu schützen. Doch als er Jahre später auf den Fall der Mauer zurückblickt, erkennt er die Tragik, die in dieser Teilung lag. „Na froh nicht“, sagt er auf die Frage, ob er glücklich sei, dass die Mauer gefallen ist. „Ich dachte, die DDR könnte weiterexistieren unter anderen Vorzeichen, offener und demokratischer. Doch das ist nicht passiert.“
Das Ende der DDR und der NVA
Die Wendezeit war für Kries und seine Kameraden eine Zeit voller Unsicherheit und Fragen. Als die Mauer fiel, hatte er bereits eine lange Karriere in der NVA hinter sich und war im letzten Dienstjahr Oberst. Viele seiner ehemaligen Kollegen und er selbst hofften, dass ihre Truppe übernommen werden würde. Ein vielversprechender Politiker der SPD, Egon Bahr, hatte sogar angedeutet, dass eine Zusammenarbeit zwischen den Streitkräften der DDR und der Bundeswehr möglich wäre. Doch die Realität sah anders aus. „Wir hatten die entsprechenden Uniformen, doch nach wenigen Wochen wurde alles abgeblasen, und die Wiedervereinigung kam.“
Die Auflösung der NVA traf Kries und seine Kameraden hart. „Was wird nun aus uns?“, war die drängende Frage, die sich viele stellten. Die Ungewissheit über die eigene Zukunft war erdrückend. Für viele war es nicht nur der Verlust eines Jobs, sondern auch der Verlust eines Lebensstils, der ihnen vertraut war.
Der Übergang in die Zivilgesellschaft
Mit 50 Jahren hatte Karl-Heinz Kries jedoch den Vorteil, dass er in den Ruhestand versetzt wurde und eine finanzielle Absicherung erhielt. In den 1980er Jahren war in Wien beschlossen worden, dass die NVA und die Bundeswehr auf eine bestimmte Stärke reduziert werden sollten. Dies bedeutete für Kries, dass er durch die Bundeswehr weiterhin finanziell versorgt wurde, während er darüber nachdachte, wie es weitergehen sollte. Um nicht nur auf die Unterstützung angewiesen zu sein, entschloss er sich, eine neue berufliche Herausforderung im Werttransport in Westberlin anzunehmen.
Die Anstellung war für ihn nicht einfach, denn viele alteingesessene Westberliner waren skeptisch gegenüber einem ehemaligen NVA-Offizier. „Das hat uns ade noch gefehlt!“, hörte Kries von seinen neuen Kollegen, die sich über die militärische Disziplin, die er einbrachte, beschwerten. Doch trotz der anfänglichen Widerstände konnte Kries sich behaupten und seine Fähigkeiten unter Beweis stellen. Er wurde zum Leiter der Werttransporte befördert und organisierte die Abläufe militärisch effizient.
Reflexion über den Kalten Krieg und den Frieden
Im Gespräch über die Folgen des Kalten Krieges äußert Kries eine differenzierte Sichtweise. Er erklärt, dass der Kalte Krieg im Wesentlichen ein Gleichgewicht zwischen zwei gleich starken Gruppen geschaffen habe, das dazu beigetragen habe, einen großen Konflikt zu verhindern. „Wenn der Warschauer Vertrag die NATO angegriffen hätte, wäre die Welt untergegangen, und umgekehrt genau das Gleiche.“ Diese gegenseitige Abschreckung sei ein Schutz gewesen. Doch nach dem Ende des Kalten Krieges und der Auflösung der Sowjetunion entblätterten sich viele neue Konflikte, die nicht mehr unter Kontrolle gehalten werden konnten. „Es gab dann so viele Gruppierungen, die sich gebildet haben, und viele regionale Kriege, die wir jetzt sehen, sind die Folge dieser Entwicklung.“
Kries sieht die existierenden Konflikte in der Welt heute als direkte Folge der Machtvakuums, die nach dem Kalten Krieg entstanden sind. Er erinnert sich an die Vorhersagen, die vor 10 Jahren gemacht wurden, dass es viele kleine Kriege geben würde, und stellt fest, dass dies tatsächlich eingetreten ist. Die Herausforderungen, vor denen die Welt heute steht, seien komplex und erforderten eine neue Form der Zusammenarbeit und des Verständnisses zwischen den Nationen.
Ein Wunsch für die Zukunft
Am Ende des Interviews wird Kries gefragt, ob er einen Wunsch für die Zukunft habe. Seine Antwort ist klar und zeigt seine Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft. „Ich wünsche mir, dass man sich besser versteht, aufeinander eingeht und die Sorgen des anderen betrachtet.“ In einer Welt, die immer noch von Konflikten und Unsicherheiten geprägt ist, ist es für ihn wichtig, dass die Gesellschaft Wege findet, um mit den Herausforderungen umzugehen, die sich aus der Vergangenheit ergeben haben.
Kris warnt vor den Gefahren der Spaltung und des Extremismus und betont die Notwendigkeit, eine gemeinsame Grundlage zu finden. „Wir müssen gesellschaftliche Voraussetzungen schaffen, um große Probleme wie Arbeitslosigkeit und chaotische Bedingungen zu bekämpfen.“
Fazit
Karl-Heinz Kries’ Erfahrungen während der Wendezeit und seine Reflexionen über den Kalten Krieg zeigen, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen. Der Fall der Mauer und die Wiedervereinigung Deutschlands waren nicht nur persönliche Wendepunkte für ihn, sondern auch bedeutende Ereignisse, die die geopolitische Landschaft veränderten. In einer Zeit, in der die Welt immer noch mit den Nachwirkungen dieser Veränderungen konfrontiert ist, sind Kris’ Wünsche für ein besseres Verständnis und eine gemeinsame Zukunft wichtiger denn je.