Das Scheinwerferlicht fällt auf die nüchterne Bühne, auf der ein Rückblick in eine fiktive Zukunft stattfindet, die das Jahr 2025 markieren soll. Dieter Nuhr entwirft vor seinem Publikum ein Szenario, in dem ein hypothetischer russischer Panzerkommandant in Bautzen resignieren würde, weil ihm die dortige Umgebung jeglichen Kampfgeist und den Sinn für Eroberungen raubt.
In dieser satirischen Zukunftsvision dient der Osten der Republik nicht mehr primär als politische Chiffre für Aufruhr oder Andersartigkeit, sondern als Kulisse für eine gesamtdeutsche Erschöpfung. Wenn Nuhr Bautzen erwähnt, dann schwingt für den Zuhörer unweigerlich das historische Gewicht des „Gelben Elends“ mit, doch die Pointe zielt auf eine moderne Tristesse. Der Ort wird zum Symbol einer Region, deren bloße Atmosphäre selbst militärische Aggression durch tiefe Resignation neutralisieren könnte.
Auch die infrastrukturelle Anbindung der neuen Bundesländer wird im Jahresrückblick thematisiert, allerdings als Teil eines nationalen Scheiterns. Der ICE von Hamburg nach Passau verirrt sich über Mannheim nach Leipzig, womit die sächsische Metropole zum fast zufälligen Haltepunkt in einem dysfunktionalen Bahnsystem degradiert wird. Es ist keine Kritik an der Vernachlässigung des Ostens, sondern die Einordnung des Ostens in das allgemeine Chaos einer Republik, die ihre logistischen Fähigkeiten verloren zu haben scheint.
Einen bizarren Höhepunkt findet die Betrachtung des Ostens in einer Anekdote aus Mecklenburg-Vorpommern. Ein vermeintlicher Leichenfund in Rostock, der sich als entsorgte Sexpuppe entpuppt, bedient das Narrativ der skurrilen Lokalposse. Hier wird der Osten nicht politisiert, sondern als Raum dargestellt, in dem sich das Absurde bahnbrechen kann. Es ist ein Lachen über die Provinz, das die tiefere soziale Realität der Region für einen Moment der Komik ausblendet.
Politisch am brisantesten ist jedoch die Verwendung des Begriffs „Mauer“. Nuhr spricht von der „Brandmauer“ im Bundestag, doch die Assoziationskette zur historischen Berliner Mauer ist unvermeidlich und wohl kalkuliert. Die politische Trennlinie, die Parteien voneinander isoliert, wird rhetorisch mit jener physischen Grenze verknüpft, die das Land einst teilte. In der Satire von 2025 ist die Überwindung dieser mentalen Mauern ebenso gescheitert wie die politischen Versuche der Ausgrenzung.
Letztlich zeichnet der Rückblick das Bild eines Landes, in dem die Unterschiede zwischen West und Ost hinter einer gemeinsamen Fassade der Unzulänglichkeit verblassen. Wenn in Berlin das Wasser ausfällt und in Bautzen die Resignation regiert, sitzen alle im selben sinkenden Boot. Der Osten ist in dieser Vision 2025 vollständig in der bundesrepublikanischen Normalität des Mangels und der Stagnation angekommen – eine Integration durch Defizite.