Offiziell trat Erich Honecker am 18. Oktober 1989 zurück – aus gesundheitlichen Gründen. So lautete die Formel, mit der die DDR-Führung versuchte, den politischen Umbruch zu kaschieren. Doch in Wahrheit war es der Moment, in dem das scheinbar unerschütterliche Machtgefüge der SED in sich zusammenbrach.
Im Protokoll liest sich alles korrekt, beinahe würdevoll. Honecker bittet um Entbindung von seinen Ämtern, die Partei dankt ihm, Beifall wird vermerkt. Doch hinter den Türen des Politbüros spielte sich ein Machtakt ab, der den jahrzehntelangen Stillstand der DDR abrupt beendete. Es war Willi Stoph, der die Worte sprach, die den Bruch besiegelten: „Erich, es geht nicht mehr. Du musst gehen.“ Damit begann das Ende einer Ära – und das Eingeständnis, dass die SED-Führung selbst nicht mehr an die eigene Unfehlbarkeit glaubte.
Die Straße hatte längst gesprochen: Hunderttausende forderten Reformen, Ausreisewillige füllten Züge und Botschaften, das Land lief leer. In dieser Lage wurde der Rücktritt zur politischen Überlebensstrategie einer Partei, die das Volk längst verloren hatte. Honeckers Sturz war kein Sieg der Vernunft, sondern eine verzweifelte Geste, um Zeit zu gewinnen.
Dass Honecker bis zuletzt betonte, „nicht gestürzt, sondern zurückgetreten“ zu sein, ist fast tragisch. Es zeigt, wie sehr er gefangen blieb in der eigenen Rhetorik, in einem System, das sich selbst nicht mehr glaubte. Die Wahrheit ist einfacher und härter: Der Mann, der einst alles bestimmte, wurde von den eigenen Genossen entmachtet – im Versuch, das Unvermeidliche aufzuhalten.
Sein Nachfolger Egon Krenz sollte die Wende managen, doch er kam zu spät. Der 18. Oktober 1989 markierte nicht nur den Rücktritt eines Generalsekretärs, sondern das Ende der DDR, wie sie sich selbst verstand.