Jürgen Zartmann: Vom Straßenbahnfahrer in Leipzig zum gefeierten DDR-Star

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Jürgen Zartmann, eine der bekanntesten und beliebtesten Persönlichkeiten der DDR-Schauspielszene, blickt auf ein facettenreiches Leben zurück, das ihn vom Straßenbahnfahrer in Leipzig zu einem gefeierten Fernsehstar machte. Im Rahmen eines aktuellen Gesprächs bei „Riverboat“ gewährte Zartmann tiefe Einblicke in seine Karriere, persönliche Entscheidungen und verborgene Talente.

Unerwartete Anfänge und eine Entscheidung für den Osten
Obwohl Jürgen Zartmann heute untrennbar mit der DDR-Filmlandschaft verbunden ist, wurde er in Darmstadt geboren, da sein Vater, der in Leipzig studierte, dort seine erste Arbeitsstelle am Klinikum antrat. Schon früh zeigte sich jedoch Zartmanns Bindung zu Leipzig: Während seines Schauspielstudiums erwarb er den Führerschein für Straßenbahnen und chauffierte in den 1960er Jahren Passagiere durch die Stadt – eine Anekdote, die heute noch für Schmunzeln sorgt. Seine Lieblingslinie war die Linie 4, die ihn wegen ihrer Länge und Durchgängigkeit begeisterte, da er dort „richtig Stoff geben“ konnte. Seine Eltern, die ihn unwissentlich als rasanten Fahrer erlebten, beklagten sich einmal über einen „gefährlichen“ Chauffeur, nur um später herauszufinden, dass es ihr eigener Sohn war.

Sein erstes Engagement führte ihn nach Halle, wo er mit 20 oder 21 Jahren seine erste Rolle als „Jungpionier“ spielte. Schnell wurde jedoch klar, dass er reifere Charaktere verkörperte, und so übernahm er fortan Rollen als Pionierleiter oder Lehrer an einem Jugendtheater.

Kultstatus durch „Zur See“ und „Treffpunkt Flughafen“
Zartmann erlangte immense Popularität durch seine Mitwirkung in den erfolgreichen DDR-Reihen „Nur zur See“ und „Treffpunkt Flughafen“. Diese Serien waren so beliebt, dass sie noch heute Zuschauer an die Bildschirme fesseln. Der Erfolg der Produktionen lag laut Zartmann in der Sehnsucht, dem guten Schauspiel und einem gänzlich neuen Metier begründet. Im Gegensatz zum späteren „Traumschiff“, dessen Vorläufer „Zur See“ war, zeigten die DDR-Reihen den Arbeitsalltag der Menschen und nicht den Luxus. Die Zusammenarbeit mit einem bekannten Ensemble, darunter Günter Schubert und Walter Plathe, unter einem vertrauten Regisseur, trug maßgeblich zum Erfolg bei.

Verzicht auf West-Angebote und ein Kindheitstraum
Erstaunlicherweise hätte Zartmann auch im Westen Karriere machen können. Ihm wurde die Rolle des Kapitäns auf dem „Traumschiff“ angeboten, die er jedoch nicht antreten konnte, da der Produzent Wolfgang Rademann ihn für zu alt hielt – eine Entscheidung, die Zartmann mit leichter Ironie kommentiert, da der schließlich besetzte Siegfried Rauch geschätzt 25 Jahre älter war als er.

Noch tiefgreifender war ein Angebot für die Rolle des Försters in der westdeutschen Serie „Forsthaus Falkenau“, die später Christian Wolf spielte. Der gleiche Regisseur, Wolfgang Luder, der bereits „Zur See“ inszeniert hatte, bot ihm an, „sofort die Fronten zu wechseln“. Zartmann traf die schwere Entscheidung, das Angebot abzulehnen, nachdem sein damaliger Chef ihm klar machte, dass eine Karriere im Westen das Ende seiner Tätigkeit in der DDR bedeuten würde. Er begründete seine Ablehnung mit der Unsicherheit des Erfolgs im Westen und seiner bereits vollen Auslastung in der DDR: „Lieber das Schwarz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Dies war besonders pikant, da Förster sein Kindheitstraum war; als Kind wollte er im Wald wohnen und wurde später Jäger, ein Hobby, das er heute aus Sicherheitsgründen nicht mehr ausübt.

Mehr als nur Schauspiel: Musik und Kabarett
Neben der Schauspielerei ist Zartmann auch ein begnadeter Musiker. Schon als Kind begann er Trompete zu spielen und hätte sogar Berufsmusiker werden können. Er erinnert sich an die immense Disziplin, die dafür notwendig ist, und seine Teilnahme an der Sendung „Glück muss man haben“, für die er „wie ein Wahnsinniger“ übte. Das Üben führte jedoch dazu, dass seine Frau währenddessen lieber im Garten arbeitete, da ein ganztägiges Trompetensolo schwer zu ertragen sei.

Auch im Kabarett war Zartmann aktiv: Er gründete mit Laien zusammen drei verschiedene Kabaretts, darunter „Die Klingen“ der Verkehrsbetriebe Leipzig, die sogar bei den Arbeiterfestspielen auftraten.

Jürgen Zartmann bleibt auch in fortgeschrittenem Alter eine Persönlichkeit, die durch ihre Offenheit, Fröhlichkeit und Direktheit besticht. Seine Geschichten, die von beruflichen Triumphen, schwierigen Entscheidungen und privaten Leidenschaften zeugen, faszinieren sein Publikum bis heute.

Die Nacht der verpassten Chance: Walter Momper trifft Bärbel Bohley

Teaser für Social Media & Newsletter 1. Persönlich (Meinung/Kolumne) Haben Sie sich schon einmal gefragt, wann genau der Traum vom „Dritten Weg“ der DDR eigentlich starb? Ich glaube, es war an einem einzigen Abend in Schöneberg. Walter Momper flehte Bärbel Bohley fast an: „Regiert endlich! Sonst macht es Kohl.“ Ihre Absage rührt mich bis heute fast zu Tränen. Sie wollten rein bleiben, nur Opposition sein – und gaben damit, ohne es zu wollen, ihr Land aus der Hand. Ein Lehrstück darüber, dass Moral allein in der Politik manchmal nicht reicht. 2. Sachlich-Redaktionell (News-Flash) Historisches Dokument beleuchtet Schlüsselmoment der Wendezeit: Ende 1989 lud Berlins Regierender Bürgermeister Walter Momper Vertreter der DDR-Opposition ins Rathaus Schöneberg. Laut Mompers Aufzeichnungen in „Grenzfall“ drängte er Gruppen wie das „Neue Forum“ zur sofortigen Regierungsübernahme, um Helmut Kohl zuvorzukommen. Bärbel Bohley lehnte dies jedoch kategorisch ab („Wir sind und bleiben Opposition“). Eine Entscheidung, die den Weg zur schnellen Wiedervereinigung ebnete. 3. Analytisch und Atmosphärisch (Longread/Feature) Es war ein Aufeinandertreffen zweier Welten im Rathaus Schöneberg: Hier der westdeutsche Machtpragmatiker Walter Momper, dort die idealistischen Moralisten der DDR-Bürgerbewegung um Bärbel Bohley. Während Momper das Machtvakuum sah und vor einer Übernahme durch Bonn warnte, beharrte die Opposition auf ihrer Rolle als Kritiker. Dieser Abend illustriert das tragische Dilemma der Revolution von 1989: Wie der moralische Anspruch der Bürgerrechtler ihre politische Handlungsfähigkeit lähmte.

Die Roten Preußen: Aufstieg und stilles Ende der Nationalen Volksarmee

Teaser 1. Persönlich Stell dir vor, du trägst eine Uniform, deren Schnitt an die dunkelsten Kapitel der Geschichte erinnert, während du einen Eid auf den Sozialismus schwörst. Für tausende junge Männer in der DDR war das keine Wahl, sondern Pflicht. Mein Blick auf die NVA ist zwiegespalten: Ich sehe die helfenden Hände im Schneewinter 1978, aber auch die Drohkulisse an der Mauer. Wie fühlte es sich an, Teil einer Armee zu sein, die am Ende einfach verschwand? Eine Reise in eine verblasste, graue Welt. 2. Sachlich-Redaktionell Im Januar 1956 offiziell gegründet, war die Nationale Volksarmee (NVA) weit mehr als nur das militärische Rückgrat der DDR. Von der verdeckten Aufrüstung als „Kasernierte Volkspolizei“ bis zur Integration in die Bundeswehr 1990 zeichnet dieser Beitrag die Historie der ostdeutschen Streitkräfte nach. Wir analysieren die Rolle ehemaliger Wehrmachtsoffiziere, die Einbindung in den Warschauer Pakt und die dramatischen Tage des Herbstes 1989, als die Panzer in den Kasernen blieben. 3. Analytisch & Atmosphärisch Sie wurden die „Roten Preußen“ genannt: Mit steingrauen Uniformen und Stechschritt konservierte die NVA militärische Traditionen, während sie ideologisch fest an Moskau gebunden war. Der Beitrag beleuchtet das Spannungsfeld zwischen preußischer Disziplin und sozialistischer Doktrin. Er fängt die Atmosphäre des Kalten Krieges ein – von der frostigen Stille an der Grenze bis zur bleiernen Zeit der Aufrüstung – und zeigt, wie eine hochgerüstete Armee im Moment der Wahrheit implodierte.

Der Gefangene von Grünheide: Wie der Staat einen seiner Besten zerstören wollte

Teaser-Varianten für "Der Gefangene von Grünheide" 1. Persönlich: Der Mann hinter der Mauer Er war ein Held, der dem Tod im Nazi-Zuchthaus entronnen war, ein gefeierter Wissenschaftler, ein Vater. Doch Robert Havemanns größter Kampf fand nicht in einem Labor statt, sondern in seinem eigenen Haus in Grünheide. Von seinen einstigen Genossen verraten und isoliert, lebte er jahrelang unter dem Brennglas der Stasi. Sie nahmen ihm seine Arbeit, seine Freunde und fast seine Würde – aber niemals seine Stimme. Lesen Sie die bewegende Geschichte eines Mannes, der lieber einsam war als unehrlich, und erfahren Sie, wie er aus der Isolation heraus ein ganzes System das Fürchten lehrte. Ein Porträt über Mut, Verrat und die unbesiegbare Freiheit der Gedanken. 2. Sachlich-Redaktionell: Chronik einer Zersetzung Vom Vorzeige-Kommunisten zum Staatsfeind Nr. 1: Der Fall Robert Havemann markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der DDR-Opposition. Unser Hintergrundbericht analysiert die systematische Strategie der „Zersetzung“, mit der das MfS ab 1964 versuchte, den kritischen Professor gesellschaftlich und physisch zu vernichten. Wir beleuchten die Hintergründe seines Parteiausschlusses, die perfiden Methoden der Isolation in Grünheide und das kalkulierte Verwehren medizinischer Hilfe bis zu seinem Tod 1982. Eine detaillierte Rekonstruktion des Machtkampfes zwischen einem totalitären Apparat und einem einzelnen Intellektuellen, der zur Symbolfigur für die Bürgerrechtsbewegung von 1989 wurde. 3. Analytisch & Atmosphärisch: Die Angst des Apparats Es ist still in den Wäldern von Grünheide, doch der Schein trügt. Vor dem Tor parkt ein Wartburg, darin Männer in grauen Mänteln, die auf eine unsichtbare Bedrohung starren: einen lungenkranken Professor. Diese Reportage nimmt Sie mit an den Ort, an dem die Paranoia der DDR-Führung greifbar wurde. Warum fürchtete ein hochgerüsteter Staat das Wort eines einzelnen Mannes so sehr, dass er ihn in einen goldenen Käfig sperrte? Wir blicken hinter die Kulissen der Macht und zeigen, wie die Stasi mit operativer Kälte versuchte, einen Geist zu brechen – und dabei ungewollt einen Mythos schuf, der mächtiger war als jede Mauer. Eine Geschichte über das Schweigen, das Schreien und die subversive Kraft der Wahrheit.