Holmers Gnade für Honecker: Ein Akt der Vergebung, der die DDR-Geschichte prägte

Lobetal. Anfang 1990 rückte Pastor Uwe Holmer über Nacht ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Der Grund: Er gewährte dem früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und dessen Ehefrau Margot Obdach in seinem Haus. Diese Entscheidung war umso bemerkenswerter, als Holmers eigene Familie unter dem DDR-Regime schwer gelitten hatte.

Holmer, tief verwurzelt in seinem Glauben, erinnert sich an die stetige Botschaft seiner Kindheit: Das Leben ist ein Weg zum Himmel, und wahre Freude liegt im inneren Besitz und in der Liebe, nicht im Äußeren. Seine Mutter lehrte ihn bereits als Fünfjährigen, keine Angst vor dem Tod zu haben, wenn man dem Herrn Jesus angehört, denn „dort ist viel schöner als hier“. Dieser Wunsch, in den Himmel zu kommen und viele mitzubringen, begleitete ihn sein ganzes Leben und gab ihm Klarheit über seinen Weg.

Leid unter dem Regime und die Kraft des Glaubens
Trotz seiner Überzeugung, dass die DDR als „Schaufenster“ des Sozialismus noch Vorteile gegenüber anderen östlichen Ländern bot, blieb Holmer und seiner Familie persönliches Leid nicht erspart. Seine Kinder, selbst mit guten Leistungen, wurden der Oberschule verwiesen, und er selbst war mit Gefängnis bedroht. Als Christ war er jedoch überzeugt, dass man die DDR mit einer solchen Ausrüstung gut bestehen konnte, wenn man sich auf inneren Besitz und die Liebe konzentrierte.

Das unerwartete Ersuchen
Die Wiedervereinigung Deutschlands war für Holmer ein Wunder, besonders nachdem Honecker noch im Januar 1989 verkündet hatte, die Mauer werde 100 Jahre stehen. Doch die größte Überraschung kam zwischen Weihnachten und Neujahr 1989/90, als ihn ein Vertreter des Konsistoriums in Berlin fragte, ob er bereit sei, Erich und Margot Honecker aufzunehmen. Honecker hatte seine Wohnung in der aufgelösten Funktionärssiedlung Wandlitz nicht angenommen, aus Furcht, eine Stadtwohnung in Berlin könnte von wütenden Bürgern gestürmt werden.

Die Entscheidung für die Vergebung
Die Direktorenrunde in Lobetal beriet drei Stunden lang über das Ansinnen. Die erste Reaktion war Ablehnung, aus Sorge vor Unruhen und Protesten. Doch dann erinnerte sich Holmer und seine Kollegen an ein zentrales Gebot ihres Glaubens: „Wir beten jeden Sonntag in unserer vollbesetzten Kirche: Vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben unseren Schuldigern“. Jesus‘ Worte, dass der himmlische Vater denen nicht vergeben wird, die selbst nicht vergeben, wogen schwer. Nach drei Stunden war die Entscheidung klar: Sie mussten der Bitte nachkommen.

Das Zusammenleben mit Honecker
So zogen die Honeckers bei Familie Holmer ein. Beim ersten gemeinsamen Abendessen bat Holmer um ein Tischgebet, dem Honecker zustimmte. Ein Arzt riet Holmer, täglich mit Honecker spazieren zu gehen, da dessen Nieren geschädigt waren und er frische Luft brauchte. Bei diesen Spaziergängen, oft abends oder wenn Journalisten das Haus belagerten, sprach Honecker gerne über private Dinge, vermied aber Gespräche über religiöse oder politische Themen. Als Holmer einmal äußerte, der Sozialismus sei gescheitert, reagierte Honecker wütend. Holmer beschrieb Honecker als keinen brutalen, sondern einen empfindsamen, aber fanatischen Typen, der überzeugt war, der Sozialismus sei die Lösung für die Probleme seiner Zeit. Honecker war fest davon überzeugt, dass der Sozialismus wiederkehren würde.

Ein Zeichen setzen für den Frieden
Die Reaktionen auf Holmers Entscheidung waren gemischt; einige Freunde brachen den Kontakt ab. Doch Holmer war sich gewiss, dass es richtig war, dieses Zeichen zu setzen. Es ging ihm nicht nur um Honecker selbst, sondern auch um andere Funktionäre in den Dörfern. Holmer betonte: „Ich habe Honecker nur vergeben, was er mir angetan hat“. Für ihn ist Vergebung der einzige Weg, den Hass aus dem Herzen zu vertreiben und Frieden zu schaffen. Die Vergebung Jesu, wenn man sie weitergibt, löse Verkrampfungen im Herzen und zwischen Menschen auf.

Uwe Holmers Geschichte ist ein eindringliches Zeugnis dafür, wie tief verwurzelter Glaube und die Bereitschaft zur Vergebung selbst in den schwierigsten Situationen einen Weg zu innerem Frieden und zur Heilung gesellschaftlicher Wunden ebnen können.

Die Nacht der verpassten Chance: Walter Momper trifft Bärbel Bohley

Teaser für Social Media & Newsletter 1. Persönlich (Meinung/Kolumne) Haben Sie sich schon einmal gefragt, wann genau der Traum vom „Dritten Weg“ der DDR eigentlich starb? Ich glaube, es war an einem einzigen Abend in Schöneberg. Walter Momper flehte Bärbel Bohley fast an: „Regiert endlich! Sonst macht es Kohl.“ Ihre Absage rührt mich bis heute fast zu Tränen. Sie wollten rein bleiben, nur Opposition sein – und gaben damit, ohne es zu wollen, ihr Land aus der Hand. Ein Lehrstück darüber, dass Moral allein in der Politik manchmal nicht reicht. 2. Sachlich-Redaktionell (News-Flash) Historisches Dokument beleuchtet Schlüsselmoment der Wendezeit: Ende 1989 lud Berlins Regierender Bürgermeister Walter Momper Vertreter der DDR-Opposition ins Rathaus Schöneberg. Laut Mompers Aufzeichnungen in „Grenzfall“ drängte er Gruppen wie das „Neue Forum“ zur sofortigen Regierungsübernahme, um Helmut Kohl zuvorzukommen. Bärbel Bohley lehnte dies jedoch kategorisch ab („Wir sind und bleiben Opposition“). Eine Entscheidung, die den Weg zur schnellen Wiedervereinigung ebnete. 3. Analytisch und Atmosphärisch (Longread/Feature) Es war ein Aufeinandertreffen zweier Welten im Rathaus Schöneberg: Hier der westdeutsche Machtpragmatiker Walter Momper, dort die idealistischen Moralisten der DDR-Bürgerbewegung um Bärbel Bohley. Während Momper das Machtvakuum sah und vor einer Übernahme durch Bonn warnte, beharrte die Opposition auf ihrer Rolle als Kritiker. Dieser Abend illustriert das tragische Dilemma der Revolution von 1989: Wie der moralische Anspruch der Bürgerrechtler ihre politische Handlungsfähigkeit lähmte.

Die Roten Preußen: Aufstieg und stilles Ende der Nationalen Volksarmee

Teaser 1. Persönlich Stell dir vor, du trägst eine Uniform, deren Schnitt an die dunkelsten Kapitel der Geschichte erinnert, während du einen Eid auf den Sozialismus schwörst. Für tausende junge Männer in der DDR war das keine Wahl, sondern Pflicht. Mein Blick auf die NVA ist zwiegespalten: Ich sehe die helfenden Hände im Schneewinter 1978, aber auch die Drohkulisse an der Mauer. Wie fühlte es sich an, Teil einer Armee zu sein, die am Ende einfach verschwand? Eine Reise in eine verblasste, graue Welt. 2. Sachlich-Redaktionell Im Januar 1956 offiziell gegründet, war die Nationale Volksarmee (NVA) weit mehr als nur das militärische Rückgrat der DDR. Von der verdeckten Aufrüstung als „Kasernierte Volkspolizei“ bis zur Integration in die Bundeswehr 1990 zeichnet dieser Beitrag die Historie der ostdeutschen Streitkräfte nach. Wir analysieren die Rolle ehemaliger Wehrmachtsoffiziere, die Einbindung in den Warschauer Pakt und die dramatischen Tage des Herbstes 1989, als die Panzer in den Kasernen blieben. 3. Analytisch & Atmosphärisch Sie wurden die „Roten Preußen“ genannt: Mit steingrauen Uniformen und Stechschritt konservierte die NVA militärische Traditionen, während sie ideologisch fest an Moskau gebunden war. Der Beitrag beleuchtet das Spannungsfeld zwischen preußischer Disziplin und sozialistischer Doktrin. Er fängt die Atmosphäre des Kalten Krieges ein – von der frostigen Stille an der Grenze bis zur bleiernen Zeit der Aufrüstung – und zeigt, wie eine hochgerüstete Armee im Moment der Wahrheit implodierte.

Der Gefangene von Grünheide: Wie der Staat einen seiner Besten zerstören wollte

Teaser-Varianten für "Der Gefangene von Grünheide" 1. Persönlich: Der Mann hinter der Mauer Er war ein Held, der dem Tod im Nazi-Zuchthaus entronnen war, ein gefeierter Wissenschaftler, ein Vater. Doch Robert Havemanns größter Kampf fand nicht in einem Labor statt, sondern in seinem eigenen Haus in Grünheide. Von seinen einstigen Genossen verraten und isoliert, lebte er jahrelang unter dem Brennglas der Stasi. Sie nahmen ihm seine Arbeit, seine Freunde und fast seine Würde – aber niemals seine Stimme. Lesen Sie die bewegende Geschichte eines Mannes, der lieber einsam war als unehrlich, und erfahren Sie, wie er aus der Isolation heraus ein ganzes System das Fürchten lehrte. Ein Porträt über Mut, Verrat und die unbesiegbare Freiheit der Gedanken. 2. Sachlich-Redaktionell: Chronik einer Zersetzung Vom Vorzeige-Kommunisten zum Staatsfeind Nr. 1: Der Fall Robert Havemann markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der DDR-Opposition. Unser Hintergrundbericht analysiert die systematische Strategie der „Zersetzung“, mit der das MfS ab 1964 versuchte, den kritischen Professor gesellschaftlich und physisch zu vernichten. Wir beleuchten die Hintergründe seines Parteiausschlusses, die perfiden Methoden der Isolation in Grünheide und das kalkulierte Verwehren medizinischer Hilfe bis zu seinem Tod 1982. Eine detaillierte Rekonstruktion des Machtkampfes zwischen einem totalitären Apparat und einem einzelnen Intellektuellen, der zur Symbolfigur für die Bürgerrechtsbewegung von 1989 wurde. 3. Analytisch & Atmosphärisch: Die Angst des Apparats Es ist still in den Wäldern von Grünheide, doch der Schein trügt. Vor dem Tor parkt ein Wartburg, darin Männer in grauen Mänteln, die auf eine unsichtbare Bedrohung starren: einen lungenkranken Professor. Diese Reportage nimmt Sie mit an den Ort, an dem die Paranoia der DDR-Führung greifbar wurde. Warum fürchtete ein hochgerüsteter Staat das Wort eines einzelnen Mannes so sehr, dass er ihn in einen goldenen Käfig sperrte? Wir blicken hinter die Kulissen der Macht und zeigen, wie die Stasi mit operativer Kälte versuchte, einen Geist zu brechen – und dabei ungewollt einen Mythos schuf, der mächtiger war als jede Mauer. Eine Geschichte über das Schweigen, das Schreien und die subversive Kraft der Wahrheit.

Die Roten Preußen: Aufstieg und stilles Ende der Nationalen Volksarmee

Teaser 1. Persönlich Stell dir vor, du trägst eine Uniform, deren Schnitt an die dunkelsten Kapitel der Geschichte erinnert, während du einen Eid auf den Sozialismus schwörst. Für tausende junge Männer in der DDR war das keine Wahl, sondern Pflicht. Mein Blick auf die NVA ist zwiegespalten: Ich sehe die helfenden Hände im Schneewinter 1978, aber auch die Drohkulisse an der Mauer. Wie fühlte es sich an, Teil einer Armee zu sein, die am Ende einfach verschwand? Eine Reise in eine verblasste, graue Welt. 2. Sachlich-Redaktionell Im Januar 1956 offiziell gegründet, war die Nationale Volksarmee (NVA) weit mehr als nur das militärische Rückgrat der DDR. Von der verdeckten Aufrüstung als „Kasernierte Volkspolizei“ bis zur Integration in die Bundeswehr 1990 zeichnet dieser Beitrag die Historie der ostdeutschen Streitkräfte nach. Wir analysieren die Rolle ehemaliger Wehrmachtsoffiziere, die Einbindung in den Warschauer Pakt und die dramatischen Tage des Herbstes 1989, als die Panzer in den Kasernen blieben. 3. Analytisch & Atmosphärisch Sie wurden die „Roten Preußen“ genannt: Mit steingrauen Uniformen und Stechschritt konservierte die NVA militärische Traditionen, während sie ideologisch fest an Moskau gebunden war. Der Beitrag beleuchtet das Spannungsfeld zwischen preußischer Disziplin und sozialistischer Doktrin. Er fängt die Atmosphäre des Kalten Krieges ein – von der frostigen Stille an der Grenze bis zur bleiernen Zeit der Aufrüstung – und zeigt, wie eine hochgerüstete Armee im Moment der Wahrheit implodierte.