JP(+) Viel Image, wenig Dialog: Kritik an der Selbstinszenierung der Universität Jena

Image statt Integrität? Warum sich die Universität Jena nicht weiter in Schönfärberei verlieren darf

Wenn der Präsident der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Andreas Marx, in einem aktuellen Imagevideo von einer „offenen, hochdemokratischen Gesellschaft“ spricht, klingt das ambitioniert – aber für viele in Jena auch realitätsfern. Wer den Alltag in dieser Stadt kennt, wer die Entwicklung des Inselplatzes erlebt hat, wer sich fragt, wie Entscheidungen über Wohnraum, Bauprojekte oder Flächennutzung fallen, sieht ein anderes Bild: eine Universität, die sich zunehmend von der Stadtgesellschaft entkoppelt.

Natürlich erwartet niemand von einem Imagevideo kritische Selbstreflexion. Doch wäre es nicht längst an der Zeit, mit dieser Form der glatten Außendarstellung aufzuhören? Ist es nicht genau jetzt geboten, sich ehrlich, kritisch und transparent zu zeigen – auch und gerade als große öffentliche Institution?

Diese Kritik ist bewusst formuliert. Denn tun wir uns selbst wirklich einen Gefallen, wenn wir uns nach außen nur als großartig und erfolgreich präsentieren? Oder braucht es nicht endlich auch von Seiten der Universität ein Bekenntnis zur Auseinandersetzung mit Problemen, ein Zeichen, dass man bereit ist, gesellschaftliche Spannungen anzuerkennen und nicht nur zu verwalten?

Viele Menschen wünschen sich genau das: Ehrlichkeit. Offenheit. Dialog. Und ja – auch eine Universität sollte endlich für mehr Ehrlichkeit stehen dürfen. Nicht wie im 16. Jahrhundert, wo alles schön, still und heimlich unter der Oberfläche blieb, sondern als aktiver, transparenter Akteur im 21. Jahrhundert.

Denn vergessen wir nicht: Die Universität ist – gemeinsam mit dem Land Thüringen – einer der größten Immobilienentwickler Jenas. Man denke nur an das Bachstraßenareal oder die Projekte am Steiger. Doch wie geht es dort eigentlich weiter? Wer entscheidet? Wo finden die Diskussionen statt? Es gibt kaum öffentliche Informationen, kaum transparente Beteiligung. Entscheidungen entstehen hinter verschlossenen Türen – und das hat dieser Stadt längst nicht mehr gutgetan.

Was entsteht, sind Vorzeigeprojekte – hübsch im Prospekt, aber schwer greifbar für die Menschen vor Ort. Das Ergebnis: eine Universität, die nach außen exzellent wirken will, aber nach innen immer schwerer erreichbar wird.

Es geht hier längst um mehr als neue Institute oder Bauprojekte. Es geht um Zusammenleben. Um Wohnen. Um Zukunft. Und darum, ob die Universität den Mut hat, sich nicht nur zu zeigen, sondern sich einzulassen – auf die Menschen und Probleme vor ihrer eigenen Haustür.

Die Friedrich-Schiller-Universität hat das Potenzial, mehr zu sein als ein Werbeträger mit Anspruch auf Exzellenz. Sie könnte ein Ort der Ehrlichkeit, der offenen Debatte und der sozialen Verantwortung sein. Doch dafür müsste sie anfangen, auch hinter ihre eigene Fassade zu schauen – und endlich mit der Stadt zu sprechen, statt über sie hinweg.

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