Bombenhagel auf Rostock – Als die Hansestadt in Flammen stand

Rostock, im April 1942. In den Nächten vom 23. bis zum 27. April 1942 erlebte die Hansestadt Rostock eine der verheerendsten Luftoffensiven des Zweiten Weltkriegs. Die Royal Air Force setzte rund 460 Bomber ein, bombardierte das Stadtzentrum sowie die Heinkel- und Arado-Werke in der Dämmerung und nach Einbruch der Dunkelheit. Mit Spreng- und massenhaft eingesetzten Brandbomben sollte hier erstmals erprobt werden, wie stark ein Feuersturm in einer deutschen Großstadt entfacht werden kann – ein Experiment, dessen Ergebnis wenige Monate später in Hamburg verheerende Folgen haben sollte.

Ein wirtschaftliches Zentrum wird zum Ziel
Bis Kriegsbeginn florierte Rostock wirtschaftlich. Die malerische Altstadt mit ihren Backsteinbauten und Kirchen zog seit den 1930er Jahren Touristen an, und der nahegelegene Hafen sorgte für belebte Märkte. Mit dem Ausbau der Heinkel-Werke ab 1933 und der Expansion der Neptun- und Krögerwerften entwickelte sich die Stadt jedoch zunehmend zu einem Herzstück der Rüstungsproduktion im Deutschen Reich. Tausende Arbeiter – darunter zahlreiche Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene – mussten unter unmenschlichen Bedingungen Flugzeug- und Schiffsteile fertigen. Diese Konzentration kriegswichtiger Betriebe machte Rostock 1942 zum strategischen Angriffsziel.

Schutzräume erst nach der Katastrophe
Vor den Angriffen fehlten in Rostock weitgehend Luftschutzbunker für die Zivilbevölkerung. Während NSDAP-Funktionäre bereits über private Schutzanlagen verfügten, standen den einfachen Einwohnern bis zu den ersten Bombennächten im April 1942 kaum Unterstände zur Verfügung. Erst nach den ersten schweren Angriffswellen wurden in den Wallanlagen und Wohngebieten provisorische Schutzräume errichtet – doch viele Rostocker suchten vergeblich nach sicherem Schutz.

Bilanz: Zerstörung und Leid
Das Ausmaß der Zerstörung war enorm: Von 10 535 Wohnhäusern lagen am Kriegsende 2 611 vollständig in Trümmern, weitere 6 735 Gebäude waren beschädigt. Mehr als die Hälfte der historischen Bausubstanz der Altstadt ging verloren. Rund 40 000 Menschen wurden obdachlos, etwa 200 kamen in den Bombenangriffen ums Leben, und 150 000 verließen die Stadt. Die wirtschaftliche Infrastruktur lag brach, und der Wiederaufbau sollte Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Widerstand und Resignation
Obwohl es vereinzelt mutige Einzelpersonen gab, die sich gegen das NS-Regime engagierten, blieb ein sichtbarer, organisierter Widerstand in Rostock aus. Öffentliche Proteste oder Missmutskundgebungen fanden nicht statt – die Bevölkerung erlebte die Angriffe und die Politik der Stadtführung weitgehend hilflos.

Kriegsende und Nachkriegsperspektive
Am 1. Mai 1945 besetzte die Rote Armee Rostock nahezu kampflos, da die örtliche NS-Führung bereits geflohen war. Die Zerstörungen prägten das Bild der Stadt noch lange nach Kriegsende. Mit dem Wiederaufbau begann eine Ära, in der das alte Rostock nur in Teilen wiederhergestellt werden konnte. Heute erinnern Gedenktafeln und vereinzelte rekonstruierte Bauwerke an die Schrecken dieser Aprilnächte 1942 – ein Mahnmal dafür, wie eng wirtschaftliche Bedeutung und militärische Verwundbarkeit im Krieg zusammenhängen.



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