Ein ungewöhnlicher Anblick: Die fast einen Kilometer lange Trogbrücke über die Stromelbe liegt derzeit komplett trocken. Seit Montag vergangener Woche (14. April 2025) werden an ihren beiden Enden mobile Stauwände gesetzt, um das Wasser aus dem rund 130.000 m³ fassenden Becken abzupumpen. Normalerweise bleiben Schiffe auf dem Weg vom Ruhrgebiet nach Berlin unbehelligt, doch bis zur Wiederinbetriebnahme werden sie einen Umweg von 12 Kilometern über die Elbe nehmen müssen.
Technischer Kraftakt statt Tauchgang
Bislang erfolgten Routineprüfungen der Kanalbrücke mit Tauchern, die unter Wasser Risse und Korrosion aufspürten. „Unter Wasser sieht man nicht alles“, erklärt Bauwerksprüferin Dr. Sabine Krüger vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA). Deshalb entschied man sich diesmal für die Trockenlegung. Mithilfe von zwei Revisionsverschlüssen – mobilen Hochwasserentlastungswänden – wird das Wasser kontrolliert über die integrierte Anlage am westlichen Brückenende in die Umflutwiesen der Elbe geleitet.
Am Dienstag, 15. April, lief das letzte Restwasser ab. Schon am Donnerstagmorgen waren nur noch Pfützen übrig. Parallel messen Statiker die Verformung des Bauwerks: „Die Strombrücke und die Vorlandbrücke reagieren unterschiedlich auf die Entlastung“, so Dr. Krüger. Werden die Lagerkräfte wie prognostiziert verteilt, kann das Programm planmäßig fortgesetzt werden. Sollten Abweichungen auftreten, muss nachjustiert werden.
Tierisches Zwischenlager
Für die zahlreichen Fische im Mittellandkanal begann ein Wettlauf gegen die Zeit. Der Anglerverein Burg rückte mit seiner Ortsgruppe aus Hohenwarte an und fing vor allem Zander, Karpfen und Barsche im tiefsten Spalt der Brücke. Binnen weniger Stunden waren alle Tiere umgesiedelt. Vereinsvorsitzender Michael Bauer: „Wir haben knapp 200 Fische sicherstellen können. So umgehen wir unnötiges Tierleid.“
Nur vereinzelt tauchten Unrat und altes Gerät auf: Ein abgeworfenes Fahrrad, eine abgestürzte Drohne und einige Muscheln, aber weit weniger Schlamm als befürchtet.
Ausblick und Bedeutung
In der kommenden Woche beginnen die Reinigungsarbeiten an den Stahlkonstruktionen. Anschließend inspizieren Bauwerksprüfer das freigelegte Tragwerk, bevor Korrosionsschutz und kleinere Instandsetzungen folgen. Laut WSA soll die Trogbrücke ab dem 23. März wieder für den Schiffsverkehr freigegeben sein.
Für die Binnenschifffahrt bleibt der Umweg über die Elbe bis dahin obligatorisch – eine zusätzliche Belastung in einer ohnehin saisonal schwankenden Transportkette. Jährlich passieren rund 7.000 Schiffe das Bauwerk, das als längste Kanalbrücke Europas eine Schlüsselrolle im ostwestlichen Güterverkehr spielt.
Wer das Bauvorhaben aus nächster Nähe erleben möchte, kann sich sonntags einer Führung des Urania-Vereins anschließen. Auskünfte und Terminübersichten hält das WSA bereit.