Warten als Lebensgefühl: Telefon, Auto und die Geduld der Bürger

Kollektivierung statt Ausbeutung - Planwirtschaft der DDR erklärt | DDR in 10 Minuten - MDR DOK

Die DDR, ein Staat, der längst Geschichte ist, gibt auch heute noch Anlass für Diskussionen. Ein beliebter Witz aus jener Zeit lautete: Warum ist die Banane krumm? Die Antwort: Weil sie einen großen Bogen um die DDR macht. Doch das stimmt nicht ganz. 1978 beispielsweise importierte die DDR 120.000 Tonnen Bananen, rund sieben Kilogramm pro Bürger – ein Rekordjahr. Die Südfrucht war also durchaus verfügbar, nur eben nicht überall und nicht jederzeit, ähnlich wie vieles andere im Alltag der DDR.

Auf ein eigenes Telefon mussten viele Menschen Jahre warten, manche sogar ein Jahrzehnt oder länger. Vergleichbar war die Situation bei Autos: Im Schnitt betrug die Wartezeit für einen Trabant zwölf Jahre. Gleichzeitig war die DDR-Wirtschaft geprägt von staatlicher Planwirtschaft, die Preise vorgab und Produktionsziele festlegte. Ziel war es, Gewinne nicht Einzelpersonen, sondern der Gemeinschaft zugutekommen zu lassen. Daher mussten Bauern ihr Land an sogenannte Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) abtreten, und private Unternehmen wurden zu Volkseigentum erklärt. Dies betraf auch die Firma von Günter Steiner, die in Sonneberg Plüschtiere herstellte. Obwohl er den Betrieb weiterführen durfte, blieb das Gefühl, sein eigenes Grab geschaufelt zu haben. Nach der Wende bekam Steiner das Unternehmen zurück, und die Marke „Plüti“ war inzwischen bekannt.

Die zentral gelenkte Planwirtschaft führte jedoch oft zu Engpässen. Nicht Angebot und Nachfrage bestimmten die Produktion, sondern die Partei. So entstanden immer wieder Versorgungsprobleme, die durch staatliche Maßnahmen wie die Förderung der Konsumgüterproduktion gelöst werden sollten. Dabei fertigten Unternehmen oft Produkte, die mit ihrem eigentlichen Profil nichts zu tun hatten: Ein Braunkohlekombinat stellte Kaffeemaschinen her, ein petrochemisches Kombinat Kunststoffmöbel und ein Walzwerk Regenschirme. Doch auch diese Maßnahmen reichten nicht aus, den Bedarf zu decken. Viele Waren wurden deshalb getauscht, auf dem Schwarzmarkt gekauft oder auf Vorrat gehortet.

Besonders problematisch war die Versorgung mit Gütern, die in der DDR nicht produziert werden konnten, etwa Kaffee. Wer keine Westverwandtschaft hatte, war auf kreative Beschaffungswege angewiesen. So tauschte die DDR Traktoren oder Waffen gegen Kaffeebohnen aus Äthiopien. Gleichzeitig sollten Preise stabil bleiben. Brötchen kosteten in den 1980er-Jahren immer noch fünf Pfennig, weil der Staat Grundnahrungsmittel stark subventionierte. Diese Politik belastete den Haushalt jedoch erheblich und führte dazu, dass Investitionen in moderne Technik häufig ausblieben.

Um die Wirtschaft am Laufen zu halten, exportierte die DDR Konsumgüter wie Möbel oder Bekleidung in die Bundesrepublik, oft mit mäßigem Gewinn. Zugleich stieg die Staatsverschuldung im westlichen Ausland bis 1982 auf über 25 Milliarden D-Mark. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wuchs, Beschwerden an die Partei nahmen drastisch zu, und die Mängel im Alltag wurden unübersehbar. In Dresden etwa gab es 6.000 defekte Dächer, aber nur zwölf Dachdecker. Das „Dächer-dicht-Programm“ der SED konnte diese Probleme nicht lösen.

Die Planwirtschaft der DDR geriet zunehmend in eine Abwärtsspirale. Das Ansehen der Staatsführung war ruiniert, die Sympathie für die SED schwand. Am Ende zeigte sich: Eine Wirtschaft, die Mangel erzeugt, konnte den Ansprüchen der Menschen nicht gerecht werden und trug so zum Zerfall des Staates bei.

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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