Die Werderstraße ist eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen Schwerins und führt direkt vom Schweriner Schloss über den Paulsdamm ostwärts weiter in Richtung Güstrow, Rostock und Stralsund. Sie gehört zu den zentralen städtebaulichen Achsen der Landeshauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, die seit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert immer wieder Veränderungen erfahren hat. In drei Bauabschnitten zwischen 1830 und 1910 errichtet, zählt die Werderstraße im historischen Kontext der Stadtgeschichte zu den jüngeren Straßen.
Nachdem Schwerin viele drängende Aufgaben der Stadtsanierung erfolgreich abgeschlossen hatte, rückte 2008 die Werderstraße ins Zentrum der städtebaulichen Planungen. Die Straße, die bis dahin in ihrer Funktion als bedeutende Verkehrsader erhalten geblieben war, wurde umfassend saniert und durch eine Neugestaltung mit Bäumen und neuen Gehwegen aufgewertet. Diese bauliche Erneuerung setzte positive Impulse für die gesamte Umgebung. Parallel dazu startete die Stadtverwaltung eine gezielte Kampagne, um acht städtische Gebäude entlang der Werderstraße an private Investoren zu verkaufen. Diese Strategie trug innerhalb weniger Jahre Früchte, indem sie die Werderstraße zu einem attraktiven und gefragten Wohn- und Geschäftsstandort machte.
Ein besonders markantes Bauwerk am nördlichen Ende der Werderstraße ist die ehemalige Werderklinik. Viele Schwerinerinnen und Schweriner haben das historische Krankenhaus noch selbst als Patienten kennengelernt. Das klassizistische Gebäude wurde 1840 vom Schweriner Hofbaumeister Georg Adolf Demmler als städtisches Krankenhaus errichtet und lag damals am äußeren Rand der Stadt. Ursprünglich war das Krankenhaus vor allem für die ärmere Bevölkerung gedacht, da wohlhabendere Bürger es nicht in unmittelbarer Nachbarschaft haben wollten. Im 19. Jahrhundert behandelten Krankenhäuser primär Menschen ohne finanzielle Mittel, und so entstand die Werderklinik an einem Randgebiet der Stadt.
Im Laufe der Zeit wuchs jedoch die Stadt und die Klinik reichte aufgrund der zunehmenden Bevölkerungszahl nicht mehr aus. So wurde in den 1930er Jahren der Hamannbau, benannt nach dem Architekten Rudolf Hamann, als Erweiterung des ursprünglichen Demmlerbaus errichtet. Die beiden Gebäude bildeten fortan den Kern der medizinischen Versorgung Schwerins, bevor nach der Wiedervereinigung Deutschlands die medizinischen Einrichtungen schrittweise in das neue Klinikum in der Wismarschen Straße verlagert wurden. Mit der Verlagerung der medizinischen Funktionen verlor die Werderklinik ihre ursprüngliche Bedeutung und stand über viele Jahre leer.
Obwohl sich zahlreiche Investoren für das wertvolle Grundstück interessierten, scheiterten die frühen Pläne für eine Umnutzung an den Anforderungen des Denkmalschutzes. Die Raumstruktur der denkmalgeschützten Klinikgebäude hätte bei einem Umbau unwiderruflich zerstört werden müssen, was die Realisierung von Wohnprojekten unmöglich machte. So verfiel das Gebäude über Jahre, obwohl immer wieder Ideen für eine neue Nutzung entwickelt wurden.
Ein Durchbruch gelang schließlich der VR Bank, die zunächst plante, den Demmlerbau als Bürostandort zu sanieren und zu vermieten. Doch diese Idee entwickelte sich schnell weiter: Warum sollte die Bank das denkmalgeschützte Gebäude nicht selbst für ihre Hauptverwaltung nutzen? Nach intensiven Kalkulationen stellten die Banker fest, dass eine umfassende Modernisierung und Nutzung des gesamten Klinikkomplexes – sowohl des Demmler- als auch des Hamannbaus – sowohl räumlich als auch finanziell tragfähig war. Die VR Bank entschied sich daher, das gesamte Gelände mit allen Gebäudeteilen im Jahr 2012 zu erwerben.
Für die umfangreiche Sanierung und den Umbau beauftragte die VR Bank den renommierten Architekten Joachim Brenncke, der es schaffte, den denkmalgeschützten Charakter der Gebäude zu erhalten und gleichzeitig moderne Büroflächen zu schaffen. In nur 22 Monaten wurden die alten Klinikgebäude zu einem modernen Bankstandort umgestaltet, der heute als Hauptsitz der Genossenschaftsbank dient.
Die Geschichte der Werderklinik steht exemplarisch für den Wandel, den die Werderstraße und ihre Umgebung in den letzten Jahrzehnten erfahren haben. Von einem städtischen Krankenhaus über den Leerstand nach der Wende bis hin zur modernen Nutzung als Verwaltungsstandort der VR Bank – die Entwicklung des Gebäudekomplexes spiegelt die Fähigkeit Schwerins wider, historische Bauten in zeitgemäße Nutzungen zu integrieren und dabei den Charakter der Stadt zu bewahren. Die Sanierung der Werderstraße und ihrer Gebäude zeigt, wie durch gezielte Maßnahmen der Stadtentwicklung und private Investitionen eine Straße wieder zu einem lebendigen und attraktiven Teil der Stadt werden kann.