PVC-Werk Schkopau: Der Kalte Krieg als Bauprojekt

DDR - Bau auf, bau auf - Westarbeiter in der DDR - deutsch

Die Baustelle des PVC-Werks im Buna-Komplex nahe Schkopau, errichtet zwischen 1976 und 1980, war eine der beeindruckendsten Industriebauprojekte der DDR und gleichzeitig die größte Investition des DDR-Außenhandels. Mit einem Kreditvolumen von 1,3 Milliarden D-Mark aus dem Westen war dieses Projekt ein Paradebeispiel für internationale Wirtschaftskooperation im Kalten Krieg.

Der Bau des modernsten PVC-Werks Europas wurde vollständig von der Uhde GmbH aus Dortmund, einer Tochtergesellschaft der Hoechst AG, realisiert. Uhde, ein Unternehmen der westdeutschen Industrie, übernahm die komplette Errichtung der Anlage und stellte sicher, dass sie schlüsselfertig übergeben wurde. Dieser Deal spiegelte ein innovatives Modell der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wider: Die westdeutschen Firmen bauten die hochmoderne Anlage, während die DDR ihre Schulden durch zukünftige PVC-Lieferungen tilgen sollte. Dies ermöglichte es der DDR, ihre technologischen Rückstände aufzuholen und gleichzeitig der Westwirtschaft einen verlässlichen Abnehmer für den hochwertigen Kunststoff zu bieten.

Der Hintergrund dieses Projekts war die Notwendigkeit der DDR, ihre chemische Industrie zu modernisieren. Die ostdeutsche Chemieindustrie war technologisch und produktionstechnisch am Limit angekommen. Der steigende Bedarf an PVC, dem vielseitigen Rohstoff für Kunststoffprodukte, überforderte die bestehenden Kapazitäten. Durch die Errichtung des neuen Werks konnte die DDR die Nachfrage effizienter bedienen und gleichzeitig ihre Produktionskapazitäten erheblich erweitern.

Das PVC-Werk in Schkopau stellte nicht nur einen wirtschaftlichen Erfolg für die DDR dar, sondern auch ein bedeutendes Beispiel für die pragmatische und zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Ost und West. Die DDR konnte durch dieses Projekt ihre wirtschaftlichen Probleme lindern und sich gleichzeitig technologisch auf den neuesten Stand bringen. Im Gegenzug profitierte die Westwirtschaft von den zukünftigen PVC-Lieferungen, die einen wertvollen Beitrag zu ihrer Produktionskette leisteten.

Dieses große Bauvorhaben symbolisierte nicht nur den wirtschaftlichen Fortschritt in der DDR, sondern auch die Möglichkeiten und Herausforderungen des internationalen Handels während des Kalten Krieges. Es war ein deutliches Zeichen dafür, wie durch Kooperation und innovative Lösungen selbst in politisch angespannten Zeiten produktive Beziehungen zwischen den Blockkonkurrenten entstehen konnten.

Autor/Redakteur: Arne Petrich

Weitere aktuelle Beiträge