Friedrich Schorlemmer: Von der Friedensbewegung bis zu kirchlicher Kritik – Ein Nachruf

Theologe und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist tot

Der Theologe und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer ist am Sonntag im Alter von 80 Jahren in Berlin verstorben. Schorlemmer, der vor gut zwei Jahren seine Demenz-Erkrankung bekannt gegeben und sich seither aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, verbrachte seine letzten Jahre in einem Pflegeheim in der Hauptstadt.

Friedrich Schorlemmer wurde durch seine spektakuläre Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ beim Kirchentag 1983 in Wittenberg sowie durch seine unerschütterliche Haltung als Kirchenkritiker und Bürgerrechtler bekannt. Diese Aktion, bei der Schorlemmer und andere Christen den biblischen Aufruf „Schwerter zu Pflugscharen“ wörtlich nahmen, symbolisierte den Widerstand gegen die militärische Aufrüstung und stellte einen bedeutenden Moment der DDR-Friedensbewegung dar. Durch dieses Engagement wurde Schorlemmer international bekannt und erhielt breite Anerkennung als bedeutender Vertreter des evangelischen Widerstands.

Während der friedlichen Revolution am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz war Schorlemmer einer der Redner und setzte sich in der Partei „Demokratischer Aufbruch“ für demokratische Reformen ein. Trotz seines Engagements für die Revolution blieb Schorlemmer seiner unangepassten Haltung treu. Als die Partei „Demokratischer Aufbruch“ sich im Zuge der ersten freien Volkskammerwahlen im Frühjahr 1990 der CDU zuwandte, verließ Schorlemmer die Partei und trat der SPD bei. Seine Positionen zur Wiedervereinigung waren kritisch; er war ein Gegner einer schnellen Wiedervereinigung und forderte eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der DDR.

Friedrich Schorlemmer - In der Freiheit bestehen

Nach der Wiedervereinigung engagierte sich Schorlemmer für die Rehabilitierung der in PDS umbenannten SED und sprach sich 1993 für die Vernichtung der Stasi-Akten aus, eine Forderung, die ihm Kritik von anderen Bürgerrechtlern einbrachte. Im Jahr 1999 unterstützte er die Forderung nach einer strafrechtlichen Amnestie für DDR-Verantwortliche, was ebenfalls zu kontroversen Diskussionen führte.

Schorlemmer meldete sich immer wieder mit kritischen Stimmen in gesellschaftspolitischen und kirchlichen Debatten zu Wort. Er gehörte zu den entschiedenen Gegnern des Militäreinsatzes im Afghanistan-Krieg ab 2001 und des Irak-Kriegs ab 2003. Seit 2009 war er Mitglied im globalisierungskritischen Netzwerk Attac, wo er seine kritische Haltung zu globalen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen weiter vertrat.

Kirchlich setzte Schorlemmer 2017 ein weiteres Zeichen mit seiner Streitschrift „Reformation in der Krise“. In diesem Werk zog er eine ernüchternde Bilanz des evangelischen Reformationsjubiläums und kritisierte die Ausrichtung und den Umgang der Kirche mit den Herausforderungen der Gegenwart.

Friedrich Schorlemmer bleibt als eine prägende Figur der Bürgerrechtsbewegung in der DDR und als unermüdlicher Kritiker der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Erinnerung. Sein Lebenswerk und seine unverblümten Meinungen haben ihn zu einer herausragenden Stimme in der politischen und kirchlichen Landschaft gemacht.

Günter Gaus im Gespräch mit Friedrich Schorlemmer (1990)

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