Friedrich Schorlemmer und die Aufbruchsstimmung der 80er Jahre in der DDR

1983 und 1989: Friedrich Schorlemmer über die DDR - von Peter Wensierski

Drei mal spricht hier der Wittenberger Pfarrer Friedrich Schorlemmer über die Situation in der DDR und seine Hoffnung auf eine Zukunft: im Sommer 1983, im Juni 1989 und am 12. September 1989

In den frühen 1980er Jahren erlebte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) eine Zeit des Wandels und der Aufbruchstimmung, insbesondere unter den Jugendlichen des Landes. Diese Phase war gekennzeichnet durch die Entstehung der ersten Friedens- und Umweltgruppen, die ihren Ursprung vor allem in den Kirchen fanden. Bis dahin war offene Kritik an der Regierung selten gewesen, doch jetzt formierte sich eine oppositionelle Bewegung, die weniger intellektuell geprägt war und lauter nach Veränderungen im Land rief.

Die Bewegung „Schwerter zu Pflugscharen“ stellte einen bedeutenden Schritt in diesem Prozess dar. Sie schaffte es, Freiräume innerhalb der DDR zu erkämpfen und fand eine Nische für alternative Gruppen, die sich für eine menschlichere und gerechtere Gesellschaft engagierten. Viele Menschen, vor allem in den Kirchen, setzten sich hoffnungsvoll für eine Reformierung der DDR ein und trugen zur Schaffung einer bunteren und lebendigeren Gesellschaft bei.

Friedrich Schorlemmer, ein prominenter Vertreter dieser Bewegung, zeigte sich trotz der Herausforderungen optimistisch bezüglich der Zukunft seines Landes. In seinen öffentlichen Äußerungen sprach er von der Notwendigkeit, eine lebendige, vielfältige Gesellschaft zu fördern und versuchte, den Menschen Mut zu machen, sich für ein besseres Leben in der DDR einzusetzen. Er glaubte, dass ein fruchtbarer Dialog, auch wenn er kritisch sein müsse, möglich sei und dass es wichtig sei, sich aktiv für Veränderungen einzusetzen.

Jedoch erwies sich die Realität als komplizierter als gehofft. Die DDR-Staats- und Parteiführung reagierte auf die Vorschläge und Appelle aus den Kirchen mit wenig Verständnis und noch weniger Fortschritt. Der Versuch, die Probleme im Land gemeinsam zu lösen, scheiterte weitgehend. Trotz der engagierten Bemühungen der Kirchen und anderer Gruppen blieben Resignation, Druck und Hoffnungslosigkeit bei vielen Bürgern ein großes Problem. Die Ausreise von Menschen, die die DDR aufgrund der eingeschränkten Perspektiven verließen, blieb hoch, und die politische Führung zeigte wenig Bereitschaft zur grundlegenden Reform.

Die Frage, ob die gegenwärtige Staats- und Parteiführung eine reformwillige Partei sei, blieb unbeantwortet. Schorlemmer und andere oppositionelle Stimmen zeigten sich besorgt über die mangelnde Bereitschaft der Regierung, Verhältnisse zu schaffen, die den Druck auf die Bürger mindern würden. Auch die Möglichkeit, dass sich Oppositionelle Stimmen Gehör verschaffen könnten, schien begrenzt. Schorlemmer äußerte den Wunsch, dass die DDR einen „wandlungsbereiten Sozialismus“ entwickeln sollte, der echte Perspektiven und Lösungen für die bestehenden Probleme bietet.

Die Enttäuschung über den Umgang der SED mit den Wahlergebnissen, die den Eindruck erweckten, dass die Wahl manipuliert worden sei, führte zu weiterem Vertrauensverlust. Schorlemmer betonte, dass die SED sich als vertrauenswürdiger Partner für den Dialog und die Veränderung erweisen müsse, und plädierte für einen evolutionären Weg hin zu einer pluralistischen sozialistischen Demokratie. Er forderte eine Demokratisierung innerhalb der Partei selbst und eine Öffnung für alternative politische Strömungen.

Schorlemmer und seine Mitstreiter hielten an der Vorstellung fest, dass der Sozialismus eine offene und demokratische Sache sein müsse, die Freiheit und Gerechtigkeit für alle anstrebt und kein „Kasernenhofsystem“ sein dürfe. Die Auseinandersetzung mit den politischen Gegebenheiten in der DDR setzte sich fort, und die Frage, wie eine echte Reformierung des Systems möglich wäre, blieb zentral für die engagierten Bürger und ihre Bemühungen um eine bessere Zukunft.

Pfarrer Friedrich Schorlemmer auf Spurensuche | Geschichte Mitteldeutschlands | MDR

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