Thüringer Verfassungsschutz stuft „Junge Alternative“ als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein

Thüringen. Das Amt für Verfassungsschutz beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales (AfV) teilt presseöffentlich mit:

Das AfV hat die Junge Alternative Thüringen (JA Thüringen) mit Wirkung zum 28. März 2024 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Die JA Thüringen ist die Jugendorganisation des Landesverbands Thüringen der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD Thüringen), der bereits 2021 durch das Amt für Verfassungsschutz beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft wurde. Die Organisation selbst wird seit 2021 als rechtsextremistischer Verdachtsfall bearbeitet.

Die durch die JA Thüringen vertretenen Positionen sind unvereinbar mit dem Grundgesetz und der Thüringer Landesverfassung. In der Phase der Bearbeitung als Verdachtsfall hat sich die Parteijugendorganisation der erwiesen rechtsextremistischen AfD Thüringen nicht politisch gemäßigt. Im Gegenteil hat sie – insbesondere im Bereich ihres Spitzenpersonals – sukzessive diejenigen Personen marginalisiert und abgewählt, die für moderatere Positionen eintraten.

So bezieht sich die derzeitige JA Thüringen regelmäßig auf ein ethnisch homogenes deutsches Staatsvolk und eine deutsche Abstammungsgemeinschaft. Eine solche Vorstellung formuliert biologistische Annahmen darüber, wer Deutscher sein kann und wer nicht, die im Widerspruch zu

unserem Grundgesetz stehen. Gruppen, denen die JA das „Deutschsein“ aberkennt werden – mit ähnlich rassistischen Annahmen – als pauschal kriminell abgewertet.

Die JA ist keine Bestrebung, die sich dabei auf politische Meinungsäußerungen beschränkt. Sie arbeitet aktionsorientiert und erlebnisorientiert, um den Eindruck zu vermitteln, ihre verfassungsfeindlichen Positionen seien öffentlich mehrheitsfähig und im Prozess ihrer schleichenden Normalisierung junge Menschen an sich zu binden. Dabei entwickelte sich die Forderung nach „Remigration“, der umfassenden Abschiebung von Personen, zum zentralen Narrativ der Jugendorganisation, die sie beispielsweise während einer Demonstration der AfD Thüringen am 28. Oktober 2023 in Erfurt öffentlichkeitswirksam darstellte.

Besonders bezeichnend ist die Glorifizierung des Landessprechers Björn Höcke durch die JA. Höcke bedient sich regelmäßig nationalsozialistischer Parolen wie einer verbotenen Losung der SA mit dem Ziel, diese salonfähig zu machen, was den Strafgesetzen zuwiderläuft. Die JA Thüringen bezeichnet sich selbst als „Teil des Systems Höcke“. Zuletzt wurde die Jugendorganisation durch das erwiesen rechtsextremistische „COMPACT“-Magazin als „Höcke-Jugend“ bezeichnet, wovon sich die Organisation nicht distanzierte.

Die JA nutzt die Freiheiten, die unsere demokratische Grundordnung bietet, um Positionen zu deren Überwindung zu verbreiten. Die größte Gefahr besteht darin, dass die vertretenen Positionen zum Anlass für Gewalt gegen Andersdenkende werden könnten.

Zuletzt hat ein die JA-Bundesorganisation betreffender Beschluss des VG Köln vom 5. Februar 2024 die Einstufung des Bundesverbandes als gesichert rechtsextremistisch bestätigt und den Antrag von Bundes-AfD/JA auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt.

Das Gericht stellte dabei explizit und mit Rekurs auf gleichlautende vorherige Entscheidungen heraus, dass der durch die JA vertretene völkisch-abstammungsmäßige Volksbegriff, die ausländer- und insbesondere muslimfeindliche Agitation sowie das Agitieren gegen das Demokratieprinzip – u. a. durch Gleichsetzung von Bundesrepublik und DDR – mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar seien.

Die Beobachtung der JA-Bundesorganisation als Verdachtsfall ist zudem durch das OVG Münster am 13. Mai 2024 für rechtmäßig erklärt worden. Das Gericht sah tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht begründen, dass die „JA deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund die Anerkennung als gleichberechtigte Mitglieder der rechtlich verfassten Gemeinschaft versagen will“.

Die gezielte und sich intensivierende Vernetzung der JA im Rechtsextremismus, deren andauernde sprachliche Entgrenzung und deren aktionsorientiertes Agieren mit dem Ziel, die bestehende Gesellschaftsordnung verächtlich zu machen, lassen auch in Thüringen keinen in der Gesamtwürdigung überwiegenden Zweifel mehr zu, dass die JA die Basis des demokratischen Widerstreits der Meinungen verlassen hat.

Zur Einstufung erklärte der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes, Stephan J. Kramer:

„Die Einstufung der ‚Jungen Alternative Thüringen‘ zur erwiesen rechtsextremistischen Bestrebung ist zum jetzigen Zeitpunkt geboten, weil sie sich mit ihren öffentlichen Aktionen und Äußerungen gegen grundlegende Aspekte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung richtet. Sie unterstützt den Landesverband Thüringen der Partei ‚Alternative für Deutschland‘ dabei, junge Menschen mit dem Versprechen von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit zu radikalisieren.

Zugleich zeigt die jetzt vorgenommene Einstufung, die nach der Einstufung des Landesverbands Thüringen der AfD als gesichert rechtsextremistisch erfolgt ist, dass meine Behörde gründlich belastendes und entlastendes Material würdigt. Die ‚Junge Alternative‘ hat – insbesondere im Bereich ihres Spitzenpersonals – in den letzten Jahren sukzessive diejenigen Personen marginalisiert und abgewählt, die für moderatere Positionen eintraten und sich damit ganz auf die Linie von Björn Höcke begeben. Es liegen nun hinreichend verdichtete konkrete Anhaltspunkte für Verstöße gegen die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip vor.“

Redakteur/Blogger/Journalist: Arne Petrich

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