Start Blog Seite 4

Honeckers Fallschirmjäger – Die Elite der Nationalen Volksarmee

1

Einblick in die Ausbildung, den Einsatz und die seelischen Narben einer legendären Truppe

Die Fallschirmjäger der Nationalen Volksarmee galten lange als Inbegriff militärischer Exzellenz in der DDR – eine Eliteeinheit, die von ihrem Amtsträger Erich Honecker selbst als „harter Kern“ im Falle eines bewaffneten Konflikts in den eigenen Städten vorgesehen war. In einer intensiven Dokumentation wird nun ein Blick hinter die Kulissen dieser spekulativen Kriegseinheit geworfen, die – so sehr sie auch als kampferprobte und disziplinierte Truppe bewundert wurden – gleichzeitig mit einem tiefen inneren Konflikt konfrontiert waren.

Vom Übungsplatz Prora zum Einsatz in Leipzig
Die Anfänge der Fallschirmjägereinheit liegen auf der Insel Rügen, genauer gesagt auf dem Gelände des geplanten Naziseebades Prora. Dort wurden bereits 1960 hunderte Zeitsoldaten in streng gehüteter Geheimhaltung ausgebildet. Diese raue Umgebung diente als ideale Kulisse für das intensive Training, das weit über das reine Fallschirmspringen hinausging. Die Soldaten wurden zu wahren Alleskönnern ausgebildet: Taucher, Bergsteiger, Skifahrer, Langläufer und Nahkampfexperten – Fähigkeiten, die sie für einen Einsatz tief hinter feindlichen Linien prädestinierten.

Der Drill – Zwischen Kameradschaft und existenzieller Frage
Die dokumentarisch erzählten Geschichten aus der DDR-Zeit zeichnen ein Bild von unermüdlichem Drill und unnachgiebiger Härte. Soldaten erinnerten sich an bis zur Erschöpfung gehobene Trainings, bei denen der Körper genauso wie der Geist an seine Grenzen getrieben wurde. Doch hinter dieser militärischen Perfektion verbarg sich auch die Ambivalenz einer Truppe, die sich zunehmend der Sinnfrage ihres Daseins bewusst wurde. Die Aufrufe zur kompromisslosen Härte und die systematische Ausbildung zum „Mann gegen den Mann“ sollten zwar den Auftrag erfüllen, die DDR um jeden Preis zu verteidigen – doch als der Befehl zur Niederschlagung der Montagsdemonstrationen in Leipzig im Oktober 1989 fast Realität wurde, begannen Zweifel an der eigenen Rolle.

Der Tag der Entscheidung
Im Herbst 1989, als das friedliche Volk der DDR in den Straßen Leipzigs lautstark nach Veränderung rief, erreichte die Spannung in den Kasernen ihren Höhepunkt. Elite-Soldaten, die bisher nur für den Kampf gegen äußere Feinde trainiert worden waren, sahen sich plötzlich mit der Möglichkeit konfrontiert, gegen ihr eigenes Volk vorgehen zu müssen. Der Befehl, mehrere hundert Fallschirmjäger nach Leipzig zu verlegen, sollte den Ausschlag geben – doch die inneren Zweifel und die Ungewissheit über den Auftrag führten letztlich dazu, dass der Einsatz abgebrochen wurde. Diese Wendung offenbarte nicht nur die Bruchstellen in der ideologischen Prägung der Einheit, sondern auch die menschlichen Grenzen eines Systems, das seinen Soldaten widersprüchliche Aufgaben auferlegte.

Vermächtnis einer gespaltenen Vergangenheit
Viele der ehemaligen Fallschirmjäger pflegen heute noch den Kontakt zu ihrer militärischen Vergangenheit – sei es durch gelegentliche Sprünge aus Flugzeugen oder durch das Erinnern an die einstige Kameradschaft. Dabei steht der Blick in die Vergangenheit immer auch im Spannungsfeld zwischen Nostalgie und dem Bewusstsein um die politischen Verfehlungen der DDR. Die Dokumentation zeigt, dass die Faszination für das Außergewöhnliche und den militärischen Drill oftmals den Blick auf die Schattenseiten der eigenen Geschichte verdeckt. Es bleibt die Frage, wie weit ein Soldat gehen kann – und darf – wenn er den Befehl erhält, gegen sein eigenes Volk vorzugehen.

Die Geschichte der NVA-Fallschirmjäger ist ein Spiegelbild der DDR selbst: einer Mischung aus militärischer Brillanz, ideologischer Verblendung und der schmerzlichen Erkenntnis, dass der Dienst am Staat immer auch mit persönlichen und moralischen Konflikten verbunden ist. Der Rückblick auf diese Zeit fordert dazu auf, nicht nur die Leistungen der Soldaten zu würdigen, sondern auch die menschlichen Kosten zu bedenken, die ein solches System hinterlassen hat.

Lost Places: Verlassenes Schloss aus der Zeit der sowjetisch besetzten DDR

0

Tief verborgen in einem deutschen Bergwald thront ein verlassenes Schloss, das den Zauber der Vergangenheit mit dem Verfall der Gegenwart verbindet. Zwei Abenteurer, der Erzähler und sein Freund Alfred, dokumentieren ihre Erkundung dieses historischen Ortes in einem Video, das die Zuschauer auf eine Reise durch Zeit und Geschichte mitnimmt. Die Erzählung beginnt mit einer Wanderung durch den mystischen Wald, der an diesem bewölkten Tag eine geheimnisvolle Atmosphäre verbreitet. Schon von Weitem erkennen die beiden die Silhouette des Schlosses, das zwischen den Bäumen hervorschaut und die Spannung steigen lässt.

Beim Näherkommen zeigt sich ein Bauwerk, das trotz seines verfallenen Zustands eine gewisse Erhabenheit ausstrahlt. Der erste Eindruck ist der eines lange verlassenen Gebäudes, doch schon bald wird klar, dass das Innere eine Schatzkammer an Geschichten und Relikten birgt. Durch ein Fenster, das Alfred geschickt öffnet, betreten die beiden das Schloss und entdecken einen Ort, der wie ein stilles Museum wirkt. Antiquitäten und persönliche Gegenstände erzählen von den Leben, die sich einst in diesen Mauern abspielten.

Familienfotos, teils koloriert, lassen vergangene Generationen lebendig werden, während ein Röster aus Barcelos, Skizzenbücher und alte VHS-Kassetten die vielfältigen Interessen und Reisen der Bewohner erahnen lassen. Jagdtrophäen und ein verschlossener Koffer mit einem Zahlencode zeugen von der Nähe zur Natur und den Geheimnissen, die das Schloss noch birgt. Handwerkliche Werkzeuge und Maschinen deuten auf die Fertigkeiten und den Fleiß der einstigen Bewohner hin. Hinweise wie Nummernschilder aus den 1960er-Jahren und Rechnungen aus dem Jahr 2005 lassen vermuten, dass das Schloss noch vor wenigen Jahrzehnten bewohnt war.

Die Entdeckungstour führt durch Räume, die vom Kontrast zwischen Verfall und gut erhaltener Vergangenheit geprägt sind. In einigen Bereichen wirkt es, als wären die Bewohner erst gestern gegangen: Möbel stehen unberührt, Bilder hängen an den Wänden, und in einem Schlafzimmer liegt ein Hauch von Parfüm in der Luft. Doch an anderen Stellen zeigt sich der Zahn der Zeit deutlich: Schimmel bedeckt die Wände, und der Hausschwamm hat seine Spuren hinterlassen.

Besonders beeindruckend ist die Vielfalt der Räumlichkeiten. Eine modernisierte Küche steht im Gegensatz zu traditionellen Elementen wie ausgestopften Tieren und einer Spielzeugpistole, die Geschichten von Generationen erzählen. Im Obergeschoss finden sich ein gut erhaltenes Schlafzimmer, ein Kinderzimmer mit beschädigter Decke und ein Dachboden voller verborgener Schätze. Die Bibliothek, gefüllt mit Büchern aus den 1900er- und 2000er-Jahren, spiegelt das intellektuelle Leben der Bewohner wider.

Auch im Außenbereich offenbaren sich spannende Details. Ein verfallener Haupteingang mit Gartenlampen im Fachwerkstil unterstreicht den deutschen Charakter des Gebäudes. Ein Wappenstein aus dem Jahr 1666 erinnert an den Erbauer des Schlosses und seine lange Geschichte. Ein verlassener Wohnwagen, ein Kinderspielplatz und eine teilweise eingestürzte Mauer zeugen von der Macht der Natur, die das Schloss langsam zurückerobert.

Das Video endet mit einem nachdenklichen Aufruf der Entdecker: Sie betonen die Bedeutung des Schutzes und der Wertschätzung solcher historischen Stätten, die in ihrer Schönheit und Einzigartigkeit unwiederbringlich verloren gehen könnten. Mit einem Dank an ihre Zuschauer und einem Abschiedsgruß hinterlassen sie das Schloss in seiner stillen Würde – ein zeitloser Ort, der seine Geschichten bewahrt, während die Welt um ihn herum weiterzieht.

Walter Ulbrichts nach dem 13. August 1961: „Schmarotzer haben bei uns nichts zu suchen!“

0

Der 13. August 1961 markiert einen der bedeutendsten Einschnitte in der Geschichte der deutschen Teilung: den Bau der Berliner Mauer. In den Wochen nach diesem Ereignis trat der Vorsitzende des Staatsrats der DDR, Walter Ulbricht, mehrfach öffentlich auf, um die Maßnahmen zu rechtfertigen und die Sichtweise der sozialistischen Führung darzulegen. Seine Reden aus dieser Zeit, insbesondere jene vom 14. August 1961, geben Aufschluss über die offizielle Argumentation der DDR-Führung und deren Bemühungen, den Mauerbau als notwendige Schutzmaßnahme zu legitimieren.

Hintergrund: Die Situation vor dem 13. August 1961

Seit der Gründung der DDR im Jahr 1949 hatte die DDR-Führung mit einer massiven Abwanderung von Arbeitskräften und Fachkräften in den Westen zu kämpfen. Vor allem über Berlin, das trotz der Teilung der Stadt durch die Besatzungsmächte immer noch relativ offen war, nutzten Hunderttausende die Möglichkeit, in den westlichen Teil Deutschlands zu fliehen. Besonders für junge, gut ausgebildete Bürger bot der Westen attraktivere wirtschaftliche Perspektiven und mehr persönliche Freiheiten als das sozialistische System der DDR.

Diese Entwicklung stellte die DDR-Führung vor gravierende Probleme. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes wurde durch den „Braindrain“ erheblich geschwächt, und das System geriet zunehmend in Legitimationsprobleme. Gleichzeitig verschärfte sich die internationale Lage durch den Kalten Krieg: Die Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion nahmen zu, und die DDR sah sich verstärktem Druck ausgesetzt, eine Lösung für das Problem der Massenflucht zu finden.

Der Bau der Berliner Mauer

Am Morgen des 13. August 1961 begannen Sicherheitskräfte der DDR mit der Abriegelung der Grenze zu West-Berlin. Straßen wurden gesperrt, Stacheldrahtzäune errichtet, und binnen weniger Tage begann der Bau einer massiven Betonmauer, die fortan Ost- und West-Berlin trennte. Diese Maßnahme kam für viele überraschend – obwohl es schon vorher Anzeichen für eine solche Entwicklung gegeben hatte, darunter Ulbrichts berühmte Aussage im Juni 1961: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

Am 14. August 1961 trat Walter Ulbricht vor die Öffentlichkeit, um die Ereignisse zu kommentieren. In einer Rede an die Bevölkerung der DDR und an die internationale Gemeinschaft verteidigte er den Mauerbau als eine notwendige Maßnahme zum Schutz des Sozialismus. Er argumentierte, dass die DDR gezwungen gewesen sei, die Grenzen zu sichern, um die feindlichen Machenschaften des Westens zu unterbinden und den Frieden in Europa zu gewährleisten.

Die Hauptargumente von Ulbrichts Rede

Ulbricht begründete den Mauerbau mit mehreren zentralen Argumenten:

  1. Schutz des Sozialismus: Er betonte, dass der Westen, insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, eine aggressive Politik gegen die DDR betreibe. Die Mauer sei notwendig, um das sozialistische System vor feindlichen Einflüssen zu schützen.
  2. Verhinderung eines neuen Krieges: Ulbricht stellte den Mauerbau als Maßnahme zur Friedenssicherung dar. Er behauptete, dass West-Berlin als Basis für „revanchistische“ und „imperialistische“ Kräfte diene, die darauf abzielten, die DDR zu destabilisieren und letztlich einen neuen Krieg zu provozieren.
  3. Sicherung der wirtschaftlichen Stabilität: Ein zentrales Argument war die Notwendigkeit, die Wirtschaft der DDR zu schützen. Die massive Abwanderung von Arbeitskräften habe die wirtschaftliche Entwicklung des Landes behindert, und nur durch eine Sicherung der Grenzen könne die DDR langfristig wirtschaftlich bestehen.
  4. Legitimität der Maßnahmen: Ulbricht stellte die Mauer als eine rein defensive Maßnahme dar. Er argumentierte, dass die DDR kein Interesse daran habe, den Westen zu bedrohen, sondern lediglich ihre eigene Existenz sichern müsse.

Die Reaktionen auf die Rede

Die Rede Ulbrichts stieß international auf scharfe Kritik. Die Bundesregierung unter Kanzler Konrad Adenauer verurteilte den Mauerbau als unmenschlichen Akt der Freiheitsberaubung und als Zeichen der Schwäche des sozialistischen Systems. Auch die westlichen Alliierten, allen voran die USA unter Präsident John F. Kennedy, reagierten mit Empörung, vermieden jedoch direkte Konfrontationen.

Innerhalb der DDR war die Reaktion zwiespältig. Während die offizielle Propaganda die Mauer als „antifaschistischen Schutzwall“ feierte, empfanden viele Bürger die Abriegelung als schmerzlichen Einschnitt. Besonders hart traf es Familien, die plötzlich durch die Mauer getrennt wurden und keine Möglichkeit hatten, ihre Angehörigen in West-Berlin zu besuchen.

Langfristige Auswirkungen

Der Mauerbau markierte den endgültigen Bruch zwischen Ost- und Westdeutschland und zementierte die Teilung für die nächsten 28 Jahre. Die DDR-Führung nutzte die Mauer, um die Bevölkerung noch stärker zu kontrollieren und oppositionelle Bewegungen im Keim zu ersticken.

Gleichzeitig führte die Errichtung der Mauer jedoch nicht zur erhofften Stabilisierung der DDR. Zwar wurde die Abwanderung gestoppt, doch die wirtschaftlichen und politischen Probleme blieben bestehen. Langfristig führte die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Mangelwirtschaft, der fehlenden Reisefreiheit und der repressiven Politik der SED zur wachsenden Opposition, die schließlich 1989 in der friedlichen Revolution mündete.

Walter Ulbrichts Rede nach dem 13. August 1961 war ein zentraler Bestandteil der propagandistischen Rechtfertigung des Mauerbaus. Sie zeigte die offizielle Sichtweise der DDR-Führung und die Argumentationsmuster, mit denen sie den repressiven Charakter ihrer Politik zu verschleiern suchte. Während Ulbricht den Mauerbau als notwendigen Schritt zur Sicherung des Sozialismus und zur Friedenssicherung darstellte, war er in Wirklichkeit Ausdruck der Schwäche des Systems. Die Mauer war nicht nur eine physische Grenze, sondern auch ein Symbol für die Unterdrückung und die Unfreiheit in der DDR – ein Symbol, das 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer endgültig zerstört wurde.

Norbert Nachtweih: „Die Stasi war schlimm, aber die DDR habe ich geliebt“

0

Der ehemalige Fußball-Profi Norbert Nachtweih, der 1976 in den Westen floh, sorgt mit seinen Aussagen über die DDR bis heute für Diskussionen. Sein oft zitierter Satz: „Die Stasi war schlimm, aber die DDR habe ich geliebt“, steht sinnbildlich für eine differenzierte Sicht auf die ehemalige Deutsche Demokratische Republik, die in der aktuellen Ost-West-Debatte polarisiert. Nachtweihs Geschichte ist nicht nur die eines talentierten Fußballers, sondern auch eines Menschen, der zwischen zwei Welten lebt – und sich dennoch treu geblieben ist.

Ein außergewöhnlicher Spieler mit Wurzeln im Osten
Norbert Nachtweih schrieb als Fußballer Bundesliga-Geschichte: 322 Spiele für Bayern München und Eintracht Frankfurt, vier Meistertitel, drei Pokalsiege und ein UEFA-Cup-Gewinn zieren seine Karriere. Doch im Sommer 1990, als Franz Beckenbauer ihn in den Weltmeisterkader für die WM in Italien berufen wollte, lehnte Nachtweih ab. Obwohl er mit den anderen Spielern des Kaders, wie Klaus Augenthaler oder Lothar Matthäus, befreundet war und Beckenbauer ihn unbedingt dabeihaben wollte, fühlte es sich für ihn schlichtweg nicht richtig an.

Warum ließ er diese einmalige Chance verstreichen? In seiner Autobiografie Zwischen zwei Welten, die er mit einem Co-Autor verfasste, wird deutlich: Nachtweih war 14 Jahre nach seiner Flucht noch immer nicht im Westen angekommen. Emotional blieb er DDR-Bürger, geprägt von seiner Kindheit und Jugend in Polleben im Harz, einer Zeit, die für ihn bis heute als Synonym für Geborgenheit und Unbeschwertheit steht.

Eine Flucht mit Konsequenzen
Norbert Nachtweihs Flucht aus der DDR war spektakulär. Als U21-Nationalspieler nutzte er 1976 während eines Aufenthalts in der Türkei die Gelegenheit, in die Bundesrepublik zu entkommen. Diese Entscheidung bedeutete einen Bruch: Er durfte die DDR bis zum Mauerfall 1989 nicht mehr betreten. Dennoch blieb er Ostdeutscher – in seiner Identität, in seinen Erinnerungen und in seinem Herzen.

Seine Kindheit beschreibt Nachtweih als glückliche Zeit. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf, geprägt von familiärem Zusammenhalt und einer tiefen Leidenschaft für den Fußball. Politik spielte in seinem Leben keine Rolle. Für ihn zählte, was auf dem Platz geschah – nicht, was in den Staatsorganen oder hinter den Kulissen der Berliner Mauer passierte. Dieses unpolitische Leben, das viele Ostdeutsche führten, sieht Nachtweih auch heute als zentralen Bestandteil seiner Identität. Seine Erinnerungen an die DDR seien geprägt von persönlichen Momenten und familiärer Wärme, nicht von Ideologie oder Staatsdoktrin.

Zwischen Anerkennung und Kritik
Die Aussage „Die Stasi war schlimm, aber die DDR habe ich geliebt“ ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Während sie bei einigen Ostdeutschen Zustimmung findet, empfinden andere sie als provokant. Besonders Menschen, die unter der Stasi litten, reagieren oft mit Ablehnung. Nachtweih selbst zeigt Verständnis für diese Kritik. Er empfindet tiefes Mitgefühl für die Opfer der politischen Verfolgung und ist sich bewusst, dass seine Sichtweise nicht für alle repräsentativ ist. Dennoch betont er, dass die DDR für ihn mehr war als die Staatssicherheit.

Seine Familie sei von seiner Flucht nicht „brutal“ betroffen gewesen, sagt er. Zwar wurden Wanzen in der Wohnung seiner Schwester entdeckt, doch größere Konsequenzen blieben aus. Nachtweih sieht in der DDR nicht nur das Regime, sondern auch die Menschen, die trotz der Einschränkungen ein erfülltes Leben führten. Seine eigene sportliche Karriere verdankt er maßgeblich der Förderung des DDR-Systems – ohne diese wäre er vermutlich nicht zu einem der erfolgreichsten Spieler der Bundesliga geworden.

Ostdeutsche Identität in der Westdeutschen Debatte
Nachtweihs Haltung ist heute relevanter denn je. Sie zeigt, dass es möglich ist, die DDR differenziert zu betrachten: als einen Staat mit vielen Schattenseiten, der jedoch auch von den Menschen und ihrem Alltag geprägt war. Seine Geschichte fordert dazu auf, die Identität von Ostdeutschen nicht allein durch das Prisma von Diktatur und Unterdrückung zu sehen. Vielmehr geht es darum, persönliche Erinnerungen und individuelle Lebenswege zu würdigen.

Diese Perspektive steht exemplarisch für eine neue Ost-West-Debatte, die differenzierter ist als frühere Diskurse. Nicht alle DDR-Bürger waren Opfer oder Täter – viele lebten ein unpolitisches Leben, fernab von Staatspropaganda oder Dissidenz. Nachtweih repräsentiert diese Gruppe. Sein Umgang mit seiner Herkunft zeigt, wie komplex die Identität von Ostdeutschen in der Bundesrepublik ist.

Eine Geschichte, die bewegt
Für Nachtweih war es Zufall, dass er im Westen zum Fußballstar wurde. Doch seine Flucht ermöglichte ihm ein Leben in Freiheit – ein Traum, den viele in der DDR hegten. Seine Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie es gelingen kann, in einer neuen Umgebung Wurzeln zu schlagen, ohne die alten zu vergessen. Heute lebt er glücklich in Hessen, fühlt sich dort zuhause, bleibt aber seinem ostdeutschen Erbe treu.

Die Diskussionen, die Nachtweihs Äußerungen auslösen, verdeutlichen, wie emotional und vielschichtig das Thema DDR bis heute ist. Seine Biografie zeigt, dass es kein Schwarz-Weiß gibt – nur die vielen Grautöne eines Lebens zwischen zwei Welten.

Erich Honeckers rollender Thron

0

Es ist ein Detail der DDR-Geschichte, das vielen unbekannt ist: Ab 1978 setzte Erich Honecker, der damalige Staatsratsvorsitzende, auf eine westliche Limousine als seine offizielle Staatskarosse – den Citroën CX 25 Prestige. Diese Wahl war kein Zufall, sondern eng mit den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der DDR und Frankreich verknüpft.

Im Jahr 1978 überließ Frankreich der DDR drei Citroën Prestige. Ziel dieser Geste war es, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu intensivieren. Offenbar fand die französische Limousine schnell Anklang an der Spitze der DDR-Führung. Honecker persönlich lernte bald den Fahrkomfort des Citroën zu schätzen. Ein entscheidender Faktor dabei war die hydropneumatische Federung. Es wurde sogar kolportiert, dass er dank dieser fortschrittlichen Technologie förmlich „über die Missstände der DDR hinwegschwebte“, da die schlechten Straßenverhältnisse von den Autos wunderbar ausgeglichen wurden und er davon kaum etwas mitbekam.

Der Citroën CX 25 Prestige war in seiner Ausführung als Staatskarosse bemerkenswert. Die „Prestige“-Variante zeichnete sich durch längere hintere Türen aus, eine Konfiguration, die direkt ab Werk bei Citroën bestellt werden konnte. Der Innenraum bot dem Passagier auf der Rückbank, dem sogenannten „Meister“, ausreichend Platz und war mit Fußstützen für bequemes Reisen ausgestattet. Am Armaturenbrett fanden sich die für Citroën dieser Ära charakteristischen Bedienungssatelliten anstelle herkömmlicher Hebel für Blinker oder Scheibenwischer. Ein weiteres technisches Highlight war der rollentacho, bei dem Geschwindigkeit und Drehzahl auf einer Rolle angezeigt wurden. Die Fahrzeuge verfügten über Automatikgetriebe und Klimaanlage. Die Fahrzeughöhe konnte über die Federung angepasst werden, wobei das Auto nach längerer Standzeit absank und sich nach dem Start automatisch wieder auf sein Niveau pumpte. Eine Besonderheit der für die DDR georderten Modelle war die Scheinwerfer-Wisch-Waschanlage, die der Skandinavien-Version entsprach und sonst selten an einem CX zu finden war. Für offizielle Anlässe oder Paraden konnten vorne Standarten angebracht werden. Im Bedarfsfall gab es ein Magnet-Blaulicht, das auf einer Metallplatte unter dem Handschuhfach verstaut und über eine Stromdose auf der Beifahrerseite bedient werden konnte. Angetrieben wurden die Limousinen von einem 2,5-Liter-Motor mit 136 PS.

Die anfänglich erhaltenen Fahrzeuge wurden intensiv genutzt, sodass 1984 eine Nachbestellung von 8 bis 10 identischen Fahrzeugen erfolgte. Für den 40. Jahrestag der DDR im Oktober 1989 gab es besondere Pläne: Zwei der jüngsten Modelle sollten zu Langversionen umgebaut werden. Dies geschah unter anderem, um dem erwarteten Staatsgast Mitterrand zu zeigen, dass die DDR ebenfalls eine lange Staatslimousine vorweisen konnte. Nachdem diverse französische Firmen ablehnten, übernahm die schwedische Firma Volvo (Nielsen) den Umbau, was aufgrund guter Geschäftsverbindungen möglich war. Die Verlängerung der zwei Fahrzeuge gelang innerhalb von nur vier Monaten. Geplant war die Auslieferung pünktlich zur Jubiläumsfeier. Doch die politischen Entwicklungen überholten die Pläne: Aufgrund der beginnenden Unruhen im Land wurde entschieden, die fertiggestellten Fahrzeuge vorsorglich in der Garage zu lassen.

So blieb diesen besonderen, verlängerten Citroëns die geplante Präsentation verwehrt. Dennoch sind die Citroën CX 25 Prestige als Erich Honeckers „rollende Throne“ ein faszinierendes Kapitel der deutsch-französischen Wirtschaftsgeschichte und ein Stück ungewöhnlicher DDR-Geschichte. Eines der Originalfahrzeuge befindet sich noch heute in einer Garage.

Deutschlands längstes Gebäude: Der Koloss von Prora zwischen Geschichte und Moderne

0

Ein gigantisches Bauwerk, 4,5 Kilometer lang, direkt an der Ostsee: Der „Koloss von Prora“ ist das längste Gebäude Deutschlands und eines der umstrittensten architektonischen Erbstücke der NS-Zeit. Einst als Propaganda-Projekt des Dritten Reichs begonnen, blieb es unvollendet und diente über Jahrzehnte hinweg unterschiedlichen Zwecken. Heute erlebt Prora eine Wiedergeburt als Ferienresort, das den Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft wagt.

Die Ursprüngliche Vision: „Kraft durch Freude“ im großen Stil
Im Jahr 1936 begann die nationalsozialistische Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) mit dem Bau einer gigantischen Ferienanlage auf Rügen. Ziel war es, zehntausende Deutsche gleichzeitig mit preisgünstigem Urlaub zu versorgen – und zugleich die Massen durch subtile Propaganda zu beeinflussen. Entworfen vom Architekten Clemens Klotz, bestand das Projekt aus acht identischen Blöcken, jeweils sechs Stockwerke hoch und 550 Meter lang. Die gesamte Anlage sollte über 20.000 Menschen beherbergen.

Doch die Vision wurde nie realisiert: Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 wurde der Bau eingestellt. Lediglich die Rohbauten von vier der acht geplanten Blöcke standen. Pläne für eine große Festhalle, einen gigantischen Anlegepier und Freizeitanlagen blieben auf dem Papier.

Nachkriegszeit und DDR-Nutzung: Vom Ferienlager zur Kaserne
Nach Kriegsende übernahm die Rote Armee das Gelände, doch bald ging Prora in den Besitz der DDR über. Anstatt ein Ferienparadies zu schaffen, wurde das Areal als Militärstandort genutzt. Die Nationale Volksarmee (NVA) stationierte hier tausende Soldaten und machte Prora zu einer der größten Kasernen der DDR.

Die Geschichte der NS-Vergangenheit wurde in dieser Zeit weitgehend verdrängt. Erst nach der Wiedervereinigung 1990 stellte sich die Frage, was mit dem monumentalen Bauwerk geschehen sollte. Jahrzehntelang verfiel es, bis neue Nutzungskonzepte ins Spiel kamen.

Proras Renaissance: Vom Mahnmal zum Luxus-Resort
Nach der Wiedervereinigung wurde das Areal 1994 unter Denkmalschutz gestellt. Eine Zeit lang wurde diskutiert, ob Prora abgerissen werden sollte, doch die gewaltige Dimension machte dies nahezu unmöglich. Stattdessen entschied man sich für eine behutsame Umgestaltung.

Heute ist Prora ein Mix aus Luxus-Ferienwohnungen, Hotels, einer Jugendherberge und kulturellen Einrichtungen. Investoren sanierten Teile der Anlage aufwendig, fügten Balkone hinzu und verwandelten die einstigen Zweckbauten in moderne Apartments mit direktem Meerblick. Cafés, Restaurants und Museen tragen dazu bei, dass sich das Gebiet von einem vergessenen Relikt zu einer belebten Tourismusdestination entwickelt hat.

Zwischen Kommerz und Erinnerungskultur
Die Nutzung von Prora als Ferienparadies ist nicht unumstritten. Kritiker bemängeln, dass die dunkle Vergangenheit des Ortes durch die Kommerzialisierung in den Hintergrund rücke. Dennoch gibt es Bemühungen, die Geschichte zu bewahren: Das Dokumentationszentrum Prora erinnert an die NS-Vergangenheit und bietet Ausstellungen zur Baugeschichte und den verschiedenen Nutzungsphasen.

Prora bleibt ein Ort der Gegensätze: Einst Symbol nationalsozialistischer Propaganda, später Militärstützpunkt der DDR und heute ein Ferienziel mit Geschichte. Es zeigt, wie Deutschland mit seinem architektonischen Erbe umgeht – zwischen Bewahrung, Nutzung und Umdeutung.

Walter Ulbricht: Der kalte Patriarch und sein Erbe

0

Die MDR-Dokumentation „Der kalte Patriarch“ wirft einen detaillierten Blick auf das Leben und Wirken von Walter Ulbricht, einem der prägendsten Politiker der DDR-Geschichte. Als Generalsekretär der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und späterer Staatsratsvorsitzender regierte er fast zwei Jahrzehnte lang die DDR mit harter Hand. Der Film zeichnet seinen Aufstieg vom wandernden Tischlergesellen bis zum Staatschef nach und beleuchtet die politischen Entscheidungen, die ihn sowohl gefürchtet als auch verhasst machten.

Vom Arbeiterkind zum SED-Machtpolitiker
Ulbrichts Kindheit war geprägt von einfachen Verhältnissen, sein Vater galt als Trinker, dennoch erwarb er früh ein ausgeprägtes politisches Bewusstsein. Seine handwerklichen Wanderjahre führten ihn durch Europa, bevor ihn der Erste Weltkrieg in die Grausamkeiten des Kriegsdienstes zwang. Ulbricht, der sich gegen die „Todesmühle“ des Krieges auflehnte, desertierte zweimal und engagierte sich aktiv in den Soldatenräten. In dieser Zeit entwickelte er seine kommunistische Überzeugung und trat 1919 der KPD bei.

Der Dokumentarfilm zeigt eindrucksvoll, wie sich Ulbricht durch Fleiß und taktisches Geschick in der Partei nach oben arbeitete. Früh erkannte er die Macht des Parteiapparates und stieg zielstrebig bis in die KPD-Führung auf. Nach der Machtergreifung Hitlers entkam er der Verfolgung durch die Gestapo und lebte im Exil, zunächst in Paris, dann in Moskau. Dort überstand er die stalinistischen Säuberungen, während viele seiner Genossen der Geheimpolizei zum Opfer fielen.

Die DDR als sozialistisches Experiment
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Ulbricht mit dem Auftrag zurück, die sowjetische Besatzungszone nach Moskauer Vorstellungen umzugestalten. Unter seinem Einfluss wurde die KPD mit der SPD zwangsvereinigt – ein Schritt, der den Grundstein für die spätere SED-Herrschaft legte. Der Film zeigt, wie Ulbricht gezielt oppositionelle Stimmen unterdrückte und linientreue Gefährten um sich scharte. Die Einführung der Planwirtschaft und die ideologische Formung der Partei markierten den Weg zur Gründung der DDR im Jahr 1949.

Die Dokumentation beschreibt eindrucksvoll, wie Ulbricht mit eiserner Disziplin die Bolschewisierung der DDR vorantrieb und dabei weder Kritik noch Widerstand duldete. Doch sein radikaler Kurs führte zu wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spannungen, die im Volksaufstand vom 17. Juni 1953 eskalierten. Ulbricht, der die Streikenden als Konterrevolutionäre bezeichnete, ließ den Aufstand mit sowjetischen Panzern niederschlagen.

Die Berliner Mauer und der wirtschaftliche Stillstand
Die zunehmende Abwanderung von DDR-Bürgern in den Westen stellte Ulbricht vor eine seiner größten Herausforderungen. Seine Lösung war die Errichtung der Berliner Mauer im August 1961 – eine Entscheidung, die ihn international isolierte, aber seine Macht im Inneren festigte. Die Dokumentation schildert, wie Ulbricht selbstbewusst den wirtschaftlichen Fortschritt der DDR propagierte, während die Realität eine andere Sprache sprach. Trotz technologischer Fortschritte blieb die DDR wirtschaftlich weit hinter der Bundesrepublik zurück.

Der Machtverlust und das Erbe Ulbrichts
In den späten 1960er Jahren begann sich Ulbrichts autoritärer Führungsstil gegen ihn selbst zu wenden. Die SED-Führung, allen voran Erich Honecker, kritisierte seine Selbstherrlichkeit und sein zunehmend eigenmächtiges Agieren gegenüber Moskau. Schließlich wurde er 1971 durch einen innerparteilichen Putsch entmachtet. Die Dokumentation zeigt, wie Ulbricht bis zuletzt versuchte, politischen Einfluss zu behalten, jedoch zunehmend isoliert wurde.

Walter Ulbricht starb 1973 – sein politisches Erbe überlebte ihn jedoch nicht lange. Sein Nachfolger Honecker setzte die DDR-Politik fort, doch der Staat, den Ulbricht mit harter Hand geformt hatte, zerbrach schließlich 1989 an seinen inneren Widersprüchen. Die MDR-Dokumentation zeichnet das Bild eines kalten, berechnenden Politikers, der die DDR maßgeblich prägte, aber auch für ihr Scheitern mitverantwortlich war.

„Der kalte Patriarch“ ist eine vielschichtige Dokumentation, die Ulbrichts Werdegang kritisch hinterfragt und sowohl Zeitzeugen als auch Historiker zu Wort kommen lässt. Sie zeigt nicht nur das Bild eines Machthabers, sondern auch die Mechanismen, die eine sozialistische Diktatur am Leben hielten – und letztlich zu ihrem Untergang führten. Ein aufschlussreicher Film für alle, die sich mit der Geschichte der DDR und ihrer führenden Köpfe auseinandersetzen wollen.

Einzigartige Aufnahmen von Dresden in den Jahren 1950 – 1952

0

In den Jahren 1950 bis 1952 befand sich Dresden in einer entscheidenden Phase des Wiederaufbaus. Die Narben des Zweiten Weltkriegs waren noch überall sichtbar: Trümmerberge prägten das Stadtbild, Straßenzüge lagen in Ruinen, und historische Wahrzeichen, die Dresden einst als „Elbflorenz“ weltberühmt gemacht hatten, waren schwer beschädigt oder vollständig zerstört. Doch gleichzeitig begann sich das Stadtleben neu zu formieren. Diese Jahre sind durch eine Vielzahl von einzigartigen Fotografien und Filmaufnahmen dokumentiert, die die Kontraste zwischen Zerstörung und Hoffnung eindrucksvoll einfangen.

Eine der eindrucksvollsten Aufnahmen aus dieser Zeit zeigt den Neumarkt, der einst das Herz der barocken Altstadt war. Statt der prachtvollen Gebäude, die das Stadtbild bis 1945 dominiert hatten, sah man vor allem Trümmer, aus denen langsam die ersten Wiederaufbaumaßnahmen hervorgingen. Besonders markant sind Bilder der Ruine der Frauenkirche, die als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung stehen blieb und erst Jahrzehnte später rekonstruiert wurde. Die Fotografien zeigen Menschen, die zwischen den Ruinen auf behelfsmäßig eingerichteten Märkten einkauften oder versuchten, ihre Wohnungen in den notdürftig wiederhergestellten Gebäuden einzurichten.

Filmaufnahmen aus den frühen 1950er-Jahren zeigen das rege Treiben auf der Prager Straße, die zu einem zentralen Punkt des wirtschaftlichen und sozialen Lebens avancierte. Trotz der Zerstörung begann sich hier ein neues Stadtbild abzuzeichnen. Notdürftig reparierte Straßenbahnen fuhren durch die Stadt, und an vielen Ecken sah man den Wiederaufbau von Geschäften und Wohnhäusern. Die Aufnahmen dokumentieren auch den Einsatz von Trümmerfrauen, die in mühsamer Handarbeit Steine säuberten und so zur Wiederverwendung in Neubauten beitrugen.

Ein weiteres bemerkenswertes Zeitdokument ist eine Fotostrecke vom Zwinger, einem der berühmtesten Bauwerke Dresdens. Die Aufnahmen zeigen die schwer beschädigten Pavillons und Galerien, aber auch die ersten Maßnahmen zur Restaurierung. Es sind Bilder von Handwerkern zu sehen, die in mühevoller Arbeit die barocken Verzierungen rekonstruierten. Diese Fotografien vermitteln einen Eindruck von der Entschlossenheit der Dresdner, ihre Stadt wiederaufzubauen.

Auch das kulturelle Leben erlebte in diesen Jahren eine Renaissance, was ebenfalls in einzigartigen Bildern festgehalten wurde. Eine Aufnahme aus dem Jahr 1951 zeigt die Eröffnung der ersten Nachkriegsoper in Dresden – ein Meilenstein für die kulturelle Identität der Stadt. Trotz einfachster Mittel fanden Konzerte und Theateraufführungen statt, oft in provisorischen Spielstätten, die den Menschen ein wenig Normalität zurückgaben.

Die Bilder aus den Jahren 1950 bis 1952 sind nicht nur Zeugnisse der Zerstörung, sondern auch der Hoffnung und des Wiederaufbaus. Sie zeigen eine Stadt im Wandel, in der die Vergangenheit noch überall präsent war, aber der Blick bereits in die Zukunft gerichtet wurde. Heute sind diese Aufnahmen unschätzbare historische Dokumente, die das damalige Dresden in seiner ganzen Komplexität einfangen.

Bausoldaten in Prora: Leben zwischen Zwang, Demütigung und stillem Widerstand

0


In den frühen 1960er Jahren setzte die DDR ein besonderes Instrument ein, um ihre wirtschaftlichen und politischen Ziele zu erreichen: die sogenannten Bausoldaten. In der ehemaligen DDR-Bausoldatenkaserne in Prora, die heute als Jugendherberge genutzt wird, spielte sich ein düsteres Kapitel ab – ein Kapitel, das von Zwangsarbeit, täglicher Erniedrigung und subversivem Widerstand geprägt war.

Ab 1964 wurden rund 27.000 junge Männer als „Spatensoldaten“ in den Dienst der DDR gestellt. Diese Soldaten waren keine gewöhnlichen Wehrpflichtigen, sondern sollten nicht mit der Waffe kämpfen, sondern stattdessen an Großprojekten mitarbeiten – so auch am Bau des strategisch wichtigen Fährhafens Mukran. In Prora, insbesondere in dem berüchtigten Block 5, wurden diese jungen Männer systematisch eingesetzt. Das Ziel der Behörden war es, den Geist jener zu brechen, die als potenzielle Systemgegner galten. Hier fand eine tägliche Demütigung statt, die weit über rein körperliche Anstrengungen hinausging.

Die Arbeitsbedingungen in der Kaserne waren alles andere als human: Längere Schichten von bis zu zwölf Stunden, minimale Ruhepausen und nur ein freier Tag nach zehn Tagen Arbeit waren an der Tagesordnung. Hygiene und Grundbedürfnisse wurden vernachlässigt – Duschen waren entweder kaum vorhanden oder nur schwer zugänglich. Einige der Soldaten improvisierten heimlich, indem sie in ihren Spinden Schlauchsysteme installierten, um wenigstens eine kleine Erleichterung zu finden. Der alltägliche Gestank, der Schmutz und die schier endlose körperliche Erschöpfung waren ständige Begleiter in diesem System.

Doch nicht nur die körperlichen Strapazen bestimmten den Alltag in Prora. Auch das psychische Klima war von einem erbarmungslosen Überwachungs- und Strafsystem geprägt. Jeder Soldat wurde akribisch erfasst – eine Art „Pflichterfassung“ des Ministeriums für Staatssicherheit (MFS) sorgte dafür, dass jede Abweichung registriert und später als Anlass für Schikanen genutzt werden konnte. Vorgesetzte, häufig selbst Opfer des Systems und oft ungebildet, missbrauchten ihre Macht ohne Hemmungen. Ein kleiner Fehltritt, ein schiefer Schlips oder gar ein abweichendes Verhalten reichten aus, um den Betroffenen in Arrest oder weitere Demütigungen zu schicken.

In diesem Klima der Angst fanden die Bausoldaten dennoch Wege, sich leise zu widersetzen. Ein beeindruckendes Symbol des stillen Protests war die sogenannte „E-Kugel“: Ein kleiner, runder Stein, der unter den Gleichgesinnten ausgetauscht wurde – ein subtiles, aber deutliches Zeichen, dass trotz aller Unterdrückung der Wille zum Widerstand nicht gebrochen werden konnte. Diese stille Form des Aufbegehrens wurde zu einem verbindenden Ritual unter den Soldaten und machte deutlich, dass sie sich nicht vollständig der Macht ihrer Vorgesetzten unterwerfen wollten.

Persönliche Schicksale und individuelle Geschichten standen exemplarisch für die Erfahrungen jener Zeit. Namen wie Karl-Heinz Schulze und Stefan Wolter tauchen immer wieder auf, wenn von den harten Bedingungen in Prora berichtet wird. Schulze, einst aus den Grenztruppen stammend, erlebte den alltäglichen Spott und die willkürlichen Demütigungen, die von den Vorgesetzten verteilt wurden. Wolter litt nicht nur unter den schweren körperlichen Arbeiten an der Sandsiebanlage im Hafen, sondern auch unter den fortwährenden psychischen Belastungen, die mit ständiger Überwachung und Schikanen einhergingen. Für junge Männer im Alter von 18 bis 19 Jahren stellte diese Zeit eine ungewisse und beängstigende Periode dar, in der Zukunft und persönliches Wohlergehen niemals kalkulierbar waren.

Das Konzept der Bausoldaten basierte auf einem teuflischen Kompromiss: Aus ideologischen Gründen sollten Wehrpflichtige nicht als Kampfsoldaten dienen, dennoch musste der Staat eine ausreichende Arbeitskraft für seine Großprojekte mobilisieren. Dieser Widerspruch führte zu einem System, in dem die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen nicht abgeschafft, sondern in einem neuen, oft grausamen Gewand perfektioniert wurde. Die DDR-Führung verkündete, die Ausbeutung sei der Vergangenheit angehören – die Realität in Prora erzählte eine ganz andere Geschichte.

Erst mit dem Ende der DDR und dem politischen Umbruch kam auch ein Ende für die systematische Unterdrückung der Bausoldaten. Ein symbolischer Wendepunkt war die Ernennung eines ehemaligen Bausoldaten, Rainer Eppelmann, zum Verteidigungsminister im Jahr 1990. Damit endete schrittweise der „Spuk“ in Block 5 und ein Kapitel, das von staatlicher Überwachung, physischer und psychischer Ausbeutung und dem leisen, aber ungebrochenen Widerstand der Betroffenen geprägt war.

Heute erinnert die Jugendherberge Prora nicht nur an vergangene Bauambitionen, sondern auch an ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte. Die Berichte und Erinnerungen der ehemaligen Bausoldaten mahnen an die Gefahren staatlicher Repression und an den immensen Preis, den Menschen für den Erhalt von Macht und Kontrolle zahlten. Es ist eine Geschichte von jungen Männern, die trotz extremer Umstände versuchten, ihre Menschlichkeit zu bewahren und sich – wenn auch nur im Kleinen – gegen ein System aufzulehnen, das sie systematisch ihrer Würde beraubte. Diese Erinnerungen bleiben als Mahnmal, das auch heute noch zum Nachdenken über die Grenzen staatlicher Macht und die Bedeutung individueller Freiheit anregt.

gerne auch weiter Informationen unter www.denkmalprora.de

Der „Koloss von Prora“ in Binz auf der Insel Rügen

0

Prora ist ein Ortsteil der Gemeinde Binz auf Rügen. Er liegt direkt an der Ostseeküste im Zentrum der Prorer Wiek und ging aus dem zwischen 1936 und 1939 gebauten, jedoch unvollendet gebliebenen KdF-Seebad Rügen hervor. Im Komplex sollten durch die Organisation Kraft durch Freude (KdF) 20.000 Menschen gleichzeitig Urlaub machen können. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 verhinderte die Fertigstellung als Seebad. Stattdessen wurde Prora nach dem Krieg zu einer Kaserne der Nationalen Volksarmee (NVA), untrennbar verknüpft mit der Entwicklung der DDR – von der verdeckten Aufrüstung seit 1949 bis zur Friedlichen Revolution im Jahr 1989. Der Name leitet sich von der Prora, einer bewaldeten Hügelkette im südlichen Teil der Schmalen Heide ab.

Der „Koloss von Prora“ ist eine monumentale Ferienanlage auf der Insel Rügen, die während der NS-Zeit geplant und teilweise gebaut wurde. Die Geschichte dieses gigantischen Bauwerks ist eng mit der nationalsozialistischen Ideologie und der Organisation „Kraft durch Freude“ (KdF) verknüpft.

1936-1939: Der Bau des Koloss von Prora begann 1936 unter der Leitung des Architekten Clemens Klotz. Das Projekt wurde als Teil des KdF-Programms initiiert, das darauf abzielte, erschwingliche Urlaubsangebote für die deutschen Arbeiter zu schaffen und damit die Loyalität zur NSDAP zu fördern. Geplant war eine Ferienanlage für 20.000 Menschen, die sich über eine Länge von etwa 4,5 Kilometern entlang der Küste erstrecken sollte. Die Anlage bestand aus acht identischen Wohnblöcken, jeweils vier Stockwerke hoch, und sollte verschiedene Annehmlichkeiten wie Theater, Schwimmbäder und Sporteinrichtungen bieten.

1939-1945: Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau eingestellt und die unvollendete Anlage diente fortan militärischen Zwecken. Während des Krieges nutzte die Wehrmacht Teile der Anlage als Kaserne und Lazarett.

1945-1989: Nach dem Krieg übernahm die Rote Armee die Kontrolle über Prora, bevor es später an die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR übergeben wurde. Die NVA nutzte die Blöcke als Kaserne und Ausbildungsstätte, und einige der Gebäude wurden für militärische Zwecke umgebaut. Die Anlage blieb weitgehend isoliert und verfiel mit der Zeit.

1990er Jahre: Nach der Wiedervereinigung Deutschlands standen die Gebäude zunächst leer. In den 1990er Jahren gab es zahlreiche Diskussionen über die zukünftige Nutzung des Areals. Einige Gebäude wurden für kulturelle und touristische Zwecke genutzt, andere blieben verlassen und verfielen weiter.

2000er Jahre bis heute: Ab den 2000er Jahren begannen umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten. Heute sind in den sanierten Blöcken Ferienwohnungen, ein Hotel, Museen und kulturelle Einrichtungen untergebracht. Die Anlage zieht jährlich zahlreiche Touristen an, die sich sowohl für die Architektur als auch die historische Bedeutung interessieren.

Der Koloss von Prora steht heute als Mahnmal für die Gigantomanie der NS-Zeit und die propagandistische Nutzung von Freizeitangeboten. Gleichzeitig ist er ein Beispiel für die Nachnutzung historischer Gebäude und die Transformation zu modernen touristischen und kulturellen Zielen. Die Entwicklung des Koloss von Prora zeigt, wie historische Lasten und neue Nutzungsmöglichkeiten miteinander in Einklang gebracht werden können.

Durch die umfassenden Sanierungsarbeiten hat Prora eine neue Bedeutung als touristisches und kulturelles Zentrum auf Rügen erlangt, das sowohl Einblicke in die Vergangenheit als auch in die Gegenwart bietet.