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Das 100-Tage-Programm der Thüringer Landesregierung

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Die Thüringer Landesregierung hat mit ihrem 100-Tage-Programm ein ambitioniertes Vorhaben vorgestellt, das unter der Leitung von Ministerpräsident Mario Voigt die zentralen Herausforderungen des Landes adressieren soll. Dieses Programm, das von der Finanzministerin Katja Wolf und dem Innenminister Georg Mayer in einer Regierungsmedienkonferenz am 21. Januar 2025 detailliert vorgestellt wurde, zielt darauf ab, in kurzer Zeit spürbare Verbesserungen in den Lebensbereichen der Thüringer Bürger zu erzielen. Der Fokus liegt auf einer Vielzahl von Themen, die von Bildung und Wirtschaft über Gesundheit und Migration bis hin zur Digitalisierung und regionalen Entwicklung reichen. Das Programm sieht die Umsetzung von 50 konkreten Maßnahmen innerhalb von 100 Tagen vor, sodass rechnerisch jeden zweiten Tag ein Fortschritt erzielt werden soll. Die Landesregierung betont dabei, dass sie die Alltagssorgen der Menschen in den Mittelpunkt stellt und durch Teamarbeit sowie entschlossenes Handeln Vertrauen zurückgewinnen möchte.

Eines der zentralen Themen ist die Bildung, die als Schlüssel für die Zukunft des Landes angesehen wird. Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, den Unterrichtsausfall in Thüringen auf unter zehn Prozent zu reduzieren, ein ambitioniertes Vorhaben, das durch eine Reihe von Maßnahmen unterstützt werden soll. Dazu gehört eine Einstellungsoffensive für Lehrkräfte, die darauf abzielt, einen nahtlosen Übergang vom Studium in den Schuldienst zu gewährleisten. Diese Initiative soll sicherstellen, dass Lehramtsanwärter frühzeitig Stellenangebote in Thüringen erhalten und nicht in andere Bundesländer abwandern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Überprüfung der Lehrerwochenstunden, bei der Bürokratie abgebaut und die freigewordene Zeit in den Unterricht zurückgeführt werden soll. Zudem sollen Zulassungsbeschränkungen, insbesondere in den MINT-Fächern, gemeinsam mit den Hochschulen diskutiert werden, um mehr junge Menschen für diese Studiengänge zu gewinnen. Ergänzend wird die Einführung verpflichtender Sprachtests angestrebt, um die sprachlichen Grundlagen der Schüler zu stärken. Ab dem Schuljahr 2025/26 soll außerdem ein systematisches Leseförderprogramm, das sogenannte Leseband, an allen Schulen eingeführt werden, um die Lesekompetenz der Schüler zu fördern.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der wirtschaftlichen Entwicklung Thüringens. Die Landesregierung will Wachstumsimpulse setzen, Bürokratie abbauen und die Digitalisierung vorantreiben. Dazu gehört eine Neuauflage der Fachkräftestrategie, die durch ein Gesprächsformat namens „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“ unterstützt werden soll. Die finanzielle Absicherung von Meisterboni und Meisterprämien ist ein weiterer wichtiger Punkt, der die Attraktivität der handwerklichen Berufe steigern soll. Gleichzeitig wird der Abbau von Bürokratie durch zehn konkrete Maßnahmen vorangetrieben, darunter die Abschaffung der verpflichtenden Umsetzung des Flächenregisters für Thüringer Landwirte. Die Digitalisierung wird ebenfalls intensiv vorangetrieben, etwa durch die Einführung digitaler Bauanträge, die das Leben der Bürger und Unternehmen vereinfachen sollen. Darüber hinaus sollen Unternehmen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung entlastet und die Regelungen für die Auftragsvergabe erleichtert werden.

Die Gesundheitsversorgung ist ein weiterer zentraler Aspekt des 100-Tage-Programms. Die Landesregierung plant die Einrichtung eines Krankenhaussicherungsfonds, der die finanzielle Stabilität der Krankenhäuser sicherstellen und Schließungen verhindern soll. Dieser Fonds soll voraussichtlich einen Umfang im zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Millionenbereich haben. Um die Versorgung aufrechtzuerhalten, sollen Digitalisierung und künstliche Intelligenz stärker im Gesundheitsbereich eingesetzt werden. Ein kurzfristig geplanter Gesundheitsgipfel soll dazu beitragen, Lösungen für die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitssektor zu entwickeln. Eine weitere Maßnahme ist die Einführung einer Familien-App, die als zentrale Plattform für Angebote und Leistungen dienen soll.

Auch die Migration und deren Verwaltung nehmen eine wichtige Rolle im Programm ein. Die Landesregierung plant die Einführung einer zentralen Verwaltung für die Rückführung und Aufnahme von Flüchtlingen. Zudem soll eine einheitliche Bezahlkarte für Flüchtlinge eingeführt werden, die den Verwaltungsaufwand reduziert und Transparenz schafft. Die Umsetzung von Abschiebehaftplätzen wird ebenfalls angegangen, um die gesetzlichen Regelungen in diesem Bereich zu stärken.

Ein wesentlicher Bestandteil des Programms ist die Modernisierung des Staates. Die Digitalisierung der Verwaltung soll vorangetrieben und bestehende Vorschriften sollen grundlegend überarbeitet werden, um praxistauglichere digitale Regelungen zu finden. Ziel ist es, Verwaltungsprozesse zu vereinfachen und bürgerfreundlicher zu gestalten.

Darüber hinaus möchte die Landesregierung die Heimat stärken und das grüne Herz Deutschlands fördern. Im Fokus stehen Maßnahmen zur Stärkung des ländlichen Raums und zur Förderung des Umweltbewusstseins. Der Kommunale Finanzausgleich (KFA) soll überprüft und angepasst werden, um die finanzielle Ausstattung der Kommunen zu verbessern. Langfristig plant die Regierung auch den Aufbau von Bürgerräten, die zu wichtigen Themen wie Frieden beitragen sollen.

Die Sicherheit ist ein weiterer Schwerpunkt des Programms. Das Polizeiaufgabengesetz soll kurzfristig angepasst werden, um aktuelle Herausforderungen zu adressieren. Zudem sollen in den nächsten fünf Jahren 1.800 neue Polizisten eingestellt werden, wobei ein besonderer Fokus auf den Bereich Cybercrime gelegt wird. Eine Kommission „Sicherheit im Alter“ soll gegründet werden, um ältere Menschen besser vor Betrugsmaschen zu schützen. Im Innenministerium wird eine eigene Abteilung für Bevölkerungsschutz geschaffen, die für den Umgang mit größeren Schadensereignissen zuständig sein soll.

Trotz der ambitionierten Ziele steht die Landesregierung vor erheblichen Herausforderungen. Die Finanzministerin Katja Wolf wies auf die angespannte Haushaltssituation hin, die durch sinkende Steuereinnahmen und hohe konsumtive Ausgaben belastet ist. Ein Krankenhaussicherungsfonds, Bürgerräte und die Finanzierung von zusätzlichem Personal sind nur einige der Bereiche, in denen finanzielle Lösungen gefunden werden müssen. Die Regierung kritisierte die vorherige Landesregierung für die Hinterlassenschaft einer „leeren Sparbüchse“, betonte jedoch gleichzeitig, dass sie entschlossen sei, kreative Ansätze zur Lösung dieser Probleme zu finden.

Abschließend lässt sich feststellen, dass das 100-Tage-Programm der Thüringer Landesregierung ein umfassendes und ambitioniertes Vorhaben ist, das darauf abzielt, in kurzer Zeit spürbare Veränderungen herbeizuführen. Es umfasst eine Vielzahl konkreter Maßnahmen in zentralen Lebensbereichen und betont die Zusammenarbeit zwischen den Ministerien sowie die Einbeziehung der Bürger. Obwohl die Umsetzung der Maßnahmen von Herausforderungen wie der angespannten Haushaltssituation und der Notwendigkeit langfristiger Planung begleitet wird, zeigt das Programm den Willen der Regierung, entschlossen zu handeln und Thüringen auf einen zukunftsfähigen Kurs zu bringen. Die Bevölkerung ist eingeladen, die Fortschritte kritisch zu begleiten und die Landesregierung an ihren Taten zu messen.

Die Sparkassenwälder in Ostdeutschland

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Die Sparkassenwälder in Ostdeutschland sind ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie nachhaltige Projekte durch innovative Ansätze und breite gesellschaftliche Unterstützung umgesetzt werden können. Seit 2021 engagieren sich die Sparkassen aktiv in der Wiederaufforstung heimischer Wälder, ein Vorhaben, das nicht nur ökologischen Mehrwert bietet, sondern auch das Bewusstsein für den Umweltschutz stärkt.

Hintergrund der Sparkassenwälder
Die Idee, Sparkassenwälder zu pflanzen, wurde im Zuge der zunehmenden gesellschaftlichen Diskussion über Nachhaltigkeit und Klimaschutz geboren. Ein wesentlicher Impuls war dabei die Erkenntnis, dass der Wald eine zentrale Rolle im Kampf gegen den Klimawandel spielt. Wälder sind nicht nur Lebensräume für unzählige Tier- und Pflanzenarten, sondern auch unverzichtbare Kohlenstoffspeicher, die zur Senkung des CO₂-Ausstoßes beitragen.

Im Rahmen dieses Projekts wurden seit Beginn der Initiative bis Ende 2024 bereits über 80.000 Bäume in verschiedenen Regionen Ostdeutschlands gepflanzt. Das Projekt wird dabei in enger Zusammenarbeit mit lokalen Forstbetrieben, Naturschutzorganisationen und freiwilligen Helferinnen und Helfern durchgeführt. Die Pflanzungen konzentrieren sich auf Gebiete, die von Sturmschäden, Trockenheit oder Schädlingsbefall wie dem Borkenkäfer stark betroffen sind.

Finanzierung durch die PS-Lotterie
Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der Sparkassenwälder ist die Finanzierung. Das Projekt wird maßgeblich durch die Erlöse der PS-Lotterie unterstützt. Die PS-Lotterie („Sparen und Gewinnen“) kombiniert die Idee des Sparens mit der Möglichkeit, Gewinne zu erzielen und gleichzeitig Gutes zu tun. Ein Teil jedes Loses fließt in regionale gemeinnützige Projekte, darunter die Wiederaufforstung. Dieses Modell hat es ermöglicht, die Kosten für Setzlinge, Pflege und langfristige Betreuung der Wälder zu decken, ohne auf externe Fördermittel angewiesen zu sein.

Engagement und Herausforderungen
Die praktische Umsetzung des Projekts erfordert nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch den Einsatz zahlreicher Beteiligter. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkassen, Kundinnen und Kunden sowie externe Unterstützer engagieren sich regelmäßig bei Pflanzaktionen. Diese Einsätze sind nicht nur arbeitsintensiv, sondern auch symbolisch: Sie verdeutlichen die Bedeutung gemeinschaftlichen Handelns und fördern den direkten Kontakt zur Natur.

Doch das Projekt steht auch vor Herausforderungen. Der Klimawandel selbst erschwert die Aufforstung, da extreme Wetterbedingungen und zunehmende Trockenperioden das Wachstum der jungen Bäume beeinträchtigen können. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, werden robuste, klimaresistente Baumarten gepflanzt, die besser mit den veränderten Bedingungen zurechtkommen.

Nachhaltigkeit als langfristiges Ziel
Das Engagement der Sparkassenwälder geht über die reine Pflanzung von Bäumen hinaus. Ziel ist es, nachhaltige Waldökosysteme zu schaffen, die langfristig bestehen und vielfältige Funktionen erfüllen. Dazu gehört die Förderung der Biodiversität, die Verbesserung der Luftqualität und der Schutz vor Bodenerosion. Langfristige Monitoring-Programme sollen sicherstellen, dass die gepflanzten Bäume auch tatsächlich gedeihen.

Bedeutung für die Region
Neben den ökologischen Vorteilen hat das Projekt auch einen positiven sozialen und wirtschaftlichen Einfluss. Es stärkt das Gemeinschaftsgefühl in den beteiligten Regionen, bietet Bildungsmöglichkeiten zu Umweltthemen und schafft Arbeitsplätze, insbesondere in ländlichen Gebieten.

Die Sparkassenwälder sind ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie unternehmerische Verantwortung und gesellschaftliches Engagement Hand in Hand gehen können. Bis 2030 planen die Sparkassen, die Zahl der gepflanzten Bäume auf 200.000 zu erhöhen. Dies wäre ein weiterer Schritt hin zu einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft für kommende Generationen.

Das Engagement aller Beteiligten – von den Sparkassen selbst über die Mitarbeitenden bis hin zu den Kunden – zeigt, dass auch kleine Beiträge Großes bewirken können. Die Sparkassenwälder sind ein Symbol für den Wandel, der durch kollektives Handeln möglich ist.

Stadtpromenade Cottbus: Vom Schandfleck zum lebendigen Zukunftsort

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Die Brachfläche an der Stadtpromenade in Cottbus, die lange Zeit als Schandfleck im Herzen der Stadt galt, erfährt eine Transformation hin zu einem lebendigen Zukunftsort. Erste Schritte sind bereits umgesetzt worden, und Bürgerinnen und Bürger können ihre Ideen aktiv einbringen. Am 30. Januar 2025 findet dazu ein Winterdialog im Stadthaus statt, bei dem Vorschläge für die weitere Entwicklung gesammelt werden.

Erste Fortschritte und Visionen
Die Umgestaltung begann mit einem modernen Spielplatz, der am 28. November 2023 von Oberbürgermeister Tobias Schicke eröffnet wurde. Der Spielplatz bietet Kindern und Familien einen neuen Treffpunkt und wurde durch Sitzmöglichkeiten ergänzt, die zum Verweilen einladen. Diese ersten sichtbaren Fortschritte zeigen das Potenzial des Areals und geben Hoffnung auf eine gelungene Neugestaltung.

Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt wurden bereits nach ihren Ideen befragt. Die Antworten reichen von der Wiederbelebung historischer Elemente wie der Mockermilch-Eisbar und des Sternchens aus DDR-Zeiten bis hin zu Vorschlägen für neue Grünflächen, Geschäfte und gastronomische Angebote. Auch innovative Konzepte wie Spreewaldkähne als Verweilmöglichkeiten wurden diskutiert. Besonders ältere Bewohner erinnern sich gerne an die lebendige Vergangenheit des Ortes und wünschen sich eine Rückkehr zu einem belebten Zentrum.

Winterdialog als Mitgestaltungsmöglichkeit
Der Kommunale Entwicklungsbeirat (KEB) lädt am 30. Januar 2025 um 17 Uhr ins Stadthaus ein, um über den aktuellen Stand der Planungen zu informieren. Die Veranstaltung bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit, Rückfragen zu stellen und eigene Ideen einzubringen. Der Winterdialog dient zudem als Vorbereitung auf die entscheidende Sitzung des KEB am 15. Februar 2025, deren Ergebnisse in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden.

„Die Gestaltung der Stadtpromenade ist ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem wir die Bürgerinnen und Bürger von Anfang an einbeziehen möchten. Es ist uns wichtig, eine breite Akzeptanz zu schaffen und den Ort so zu gestalten, dass er den Bedürfnissen aller Generationen gerecht wird“, erklärte ein Sprecher des KEB.

Zukunftsperspektiven
Die Stadtpromenade in Cottbus soll von einem öden Freiraum zu einem lebendigen Zentrum transformiert werden. Die Vision umfasst grüne Erholungsflächen, soziale Treffpunkte und attraktive Angebote für alle Altersgruppen. Dabei werden auch die Ergebnisse einer Untersuchung des Kellerbereichs berücksichtigt, die das Potenzial für weitere Nutzungen verdeutlicht hat.

Der Winterdialog zeigt, dass die Umgestaltung der Stadtpromenade nicht nur durch städtische Gremien, sondern vor allem durch die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger getragen wird. Die Entwicklung hin zu einem Zukunftsort ist ein Symbol für Wandel und neue Chancen in der Stadt Cottbus.

Bodo Ramelow zu Geheimnissen als Ministerpräsident und die Corona-Pandemie

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Bodo Ramelow, der langjährige Ministerpräsident von Thüringen, hat in seiner Zeit an der Spitze des Bundeslandes einen prägnanten Einfluss auf die politische Landschaft in Thüringen und darüber hinaus genommen. In diesem Gespräch zieht er eine tiefgehende und ehrliche Bilanz seiner Amtszeit und gewährt den Zuhörern spannende Einblicke in seine persönliche und politische Haltung. Der Vortrag behandelt eine Vielzahl von Themen, die nicht nur die politische Arbeit, sondern auch die Herausforderungen und Erlebnisse widerspiegeln, die Ramelow während seiner Amtsführung begleiteten. Von persönlichen Erfahrungen über politische Niederlagen bis hin zu Zukunftsplänen bietet der Vortrag einen aufschlussreichen Blick auf seine Zeit als Ministerpräsident und darüber hinaus.

Übergabe des Ministerpräsidentenamtes und Umgang mit dem Nachfolger
Ein zentraler Punkt in Ramelows Rückblick ist die Übergabe des Ministerpräsidentenamtes an seinen Nachfolger Mario Vogt. Er betont, dass dieser Übergabeprozess von größter Bedeutung war und im Vorfeld eingehend mit Vogt besprochen wurde. Dabei hebt er hervor, dass es für ihn selbstverständlich war, eine demokratische und würdige Übergabe zu gestalten. Ramelow zeigt sich überzeugt, dass die demokratischen Werte in Thüringen auch in schwierigen Zeiten aufrechterhalten werden müssen. Besonders nach den „gruseligen Umständen“ bei der Eröffnung des Parlaments, als der AfD eine formale Funktion übertragen wurde, sei es umso wichtiger gewesen, dass die demokratischen Parteien zusammenstehen. Für ihn war es essentiell, Vogt als Nachfolger zu respektieren und ihn nicht zu übergehen. Ramelow vergleicht seine Rolle nach der Amtsübergabe mit der eines „Altbauern“, der sich nicht mehr aktiv in den Betrieb einmischen sollte, sondern vielmehr in der Rolle des Ratgebers verbleiben sollte. Er hat es daher vermieden, direkt in die Tagesgeschäfte der Regierung einzugreifen, sondern sich darauf konzentriert, seine Erfahrungen und Einschätzungen an die neue Regierung weiterzugeben, wenn dies nötig war.

Stolz und Bedauern während der Amtszeit
Ramelow blickt mit Stolz auf einige der Errungenschaften seiner Amtszeit zurück, darunter die Entwicklung von Oberhof zu einem leistungsstarken Zentrum für Wintersport. Unter seiner Führung gelang es, dort zwei Weltmeisterschaften auszurichten und das Skisportzentrum zu einer internationalen Adresse für Wintersportler zu machen. Dies bezeichnet er als einen seiner größten politischen Erfolge. Doch nicht alle Projekte verliefen nach seinen Vorstellungen. Besonders bedauerte er die stagnierende Entwicklung der Region um das Skisportzentrum in Suhl. Die ambitionierten Pläne für die Entwicklung dieser Region hätten nicht die erhoffte Wendung genommen. Auch die Schaffung eines Oberzentrums, bei dem mehrere Städte zusammengelegt wurden, betrachtet er als misslungen, da Oberhof für ihn durchaus das Potenzial besaß, das Oberzentrum zu werden. Dieser Rückblick auf verpasste Chancen und nicht erfüllte Erwartungen ist von einer gewissen Wehmut geprägt, aber Ramelow spricht offen über diese Enttäuschungen und zieht Lehren daraus.

Ein weiteres Thema, das ihm persönlich am Herzen liegt, ist die Situation der Krankenhäuser in Thüringen. Besonders die Schließung von Neuhaus in Hildburghausen und Sonneberg trifft ihn nach wie vor. Vor sechs Jahren hatte er noch Zusagen erhalten, das Krankenhaus Neuhaus zu einer Notfallklinik umzuwandeln, doch diese Pläne wurden nie umgesetzt. Die jetzige Situation sei das Resultat von Versäumnissen, die zu einer „krachenden Situation“ geführt haben. Neuhaus, so Ramelow, fühle sich heute als Verlierer dieser Entwicklungen. Dieser Bereich der Gesundheitsversorgung ist für ihn nach wie vor ein Schmerzpunkt und ein ungelöstes politisches Problem.

Umgang mit dem ersten AfD-Landrat
Ein weiteres schwieriges Thema, das Ramelow während seiner Amtszeit beschäftigte, war die Situation mit dem ersten AfD-Landrat in Thüringen. Auf der lokalen Ebene stellte sich diese Herausforderung als besonders schwierig heraus, vor allem im Hinblick auf die Zusammenarbeit bei der Arbeit mit Geflüchteten. Ramelow betont jedoch, dass er diesen Landrat stets als Amtsperson respektierte und versuchte, professionell mit ihm zusammenzuarbeiten. Trotz politischer Differenzen und einer vollkommen anderen weltanschaulichen Ausrichtung suchte er nach pragmatischen Lösungen. Besonders in Krisenzeiten wie dem Konkurs der RegioMed-Kliniken musste er schwierige Entscheidungen treffen. Ramelow schildert eine besonders brenzlige Situation, in der er dem Landrat keine direkten finanziellen Zusagen machen konnte, da diese Gelder sofort in die Konkursmasse des Klinikums geflossen wären. Stattdessen forderte er den Landrat auf, eine offizielle Geldforderung zu stellen, die er dann ablehnen würde, um so die Aufmerksamkeit des Konkursverwalters zu erlangen und eine Übernahme des Krankenhauses zu ermöglichen. Diese Vorgehensweise zeigte sich am Ende als erfolgreich, und der Landrat bedankte sich öffentlich bei Ramelow.

Skepsis und Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg
Ein immer wiederkehrendes Thema in Ramelows politischem Leben war die anfängliche Skepsis ihm gegenüber. Besonders in seiner Heimat, seiner Kirchgemeinde, als er erstmals für die PDS kandidierte, stieß er auf heftigen Widerstand. In vielen Teilen der Gesellschaft wurde er aufgrund seiner politischen Herkunft und der Zugehörigkeit zur PDS skeptisch betrachtet. Doch Ramelow hebt hervor, dass er diese Skepsis nie als unüberwindbar ansah. Er suchte stets den Dialog mit Menschen aus allen politischen Lagern. Die Zusammenarbeit mit Bürgermeistern und Landräten unterschiedlicher Parteien funktionierte gut, solange man bereit war, offen über Probleme und Sorgen zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Ein Beispiel für solche Bemühungen war die Lösung des Konflikts um die Sula-Philharmonie. Ramelow spielte eine zentrale Rolle bei der Vermittlung zwischen verschiedenen Parteien und Akteuren und half, zu einer Einigung zu kommen. Auch bei der Entwicklung des Industriegebiets Wolfsgrube in Sul war er aktiv und zeigte, dass Zusammenarbeit oft weit mehr bringt als politische Spaltung.

Umgang mit Katja Wolf und BSW
Ein weiteres schwieriges Kapitel seiner politischen Laufbahn war der überraschende Wechsel seiner Parteikollegin Katja Wolf, die von der Linken zum BSW (Bund der Sozialdemokraten in der Linken) wechselte. Ramelow äußert sich irritiert über diesen Schritt, insbesondere da Katja Wolf zuvor öffentlich abfällig über Sarah Wagenknecht gesprochen hatte. Es kam zu einer persönlichen Enttäuschung, als Wolf ihre Entscheidung damit begründete, der AfD Stimmen wegnehmen zu wollen. Ramelow hat ihr in einem persönlichen Gespräch seine Enttäuschung über diesen Schritt mitgeteilt, da er die politische Situation und die Gründe hinter dieser Entscheidung nicht nachvollziehen konnte.

Die Kemmerich-Wahl und die Rolle der AfD
Die Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten von Thüringen im Februar 2020 war ein weiteres Ereignis, das Ramelow tief bewegte. Diese Wahl, die unter der Mithilfe der AfD zustande kam, stürzte Thüringen in eine politische Krise. Ramelow selbst befürwortete Neuwahlen und versuchte, eine Lösung zu finden, bei der alle demokratischen Kräfte zusammenarbeiteten, um eine Neuwahl zu ermöglichen. Besonders die anschließenden Proteste und der Druck auf die Politik wurden von Ramelow als eine der schwierigsten Zeiten seiner politischen Laufbahn wahrgenommen. Er erinnert sich an seine Idee, Christine Lieberknecht als gemeinsame Kandidatin zu wählen, um so den Weg für eine Neuwahl zu ebnen. Doch diese Idee wurde durch den Corona-Lockdown erschwert, was die politische Lage noch weiter verkomplizierte.

Das Blaue Schaf und der Rote Zwerg
Ramelow geht in seinem Vortrag auch auf ein humorvolles und symbolisches Element seines politischen Lebens ein. Das „Blaue Schaf“, das er auf der Bundesgartenschau kennengelernt hatte, steht für seinen persönlichen Einsatz im Kampf gegen Rassismus. Das „Rote Zwerg“, ein weiteres kurioses Element, hat für Ramelow eine humorvolle Bedeutung. Er hatte eine Geldstrafe für das Zurschaustellen des „Roten Zwergs“ erhalten, die er gerne bezahlte, da sie einer Institution zugutekam, die sich um Obdachlose kümmerte.

Geheimnisse und die Rolle des Ministerpräsidenten
Zum Thema „Geheimnisse“ äußert sich Ramelow ebenfalls. Er betont, dass es im Amt des Ministerpräsidenten keine wirklich geheimen Informationen gibt, mit Ausnahme von „Ordnungsangelegenheiten“, die jedoch keine besondere Bedeutung hätten. Selbst vertrauliche Akten zu Kabinettssitzungen seien oft schon vor der Sitzung öffentlich gewesen. Die einzigen wirklichen Geheimnisse seien Akten über Personen, die das Bundesverdienstkreuz erhalten haben, die überraschende Details zu diesen Personen enthielten. Ramelow verneint, jemals etwas über geheime Atomvorkommen oder andere hochbrisante Themen erfahren zu haben.

Corona-Pandemie und Krisenmanagement
Die Corona-Pandemie und das Krisenmanagement sind ebenfalls ein wichtiger Punkt in Ramelows Rückblick. Er gibt zu, dass das Krisenmanagement in der Pandemie nicht optimal war. Besonders zu Beginn der Pandemie, als wichtige Entscheidungen getroffen wurden, seien diese notwendig gewesen. Aber er kritisiert das Vorgehen später, als die Umsetzung von Maßnahmen nicht mit der nötigen Konsequenz verfolgt wurde. Ein besonders kurioses Beispiel ist die Öffnung von Baumärkten mit Gartenabteilungen, während ehrenamtlicher Sport in Vereinen verboten war. Ramelow fordert eine systematische Aufarbeitung der Corona-Phase, um bei zukünftigen Krisen besser gerüstet zu sein.

Landtagswahl und die AfD
Ramelow spricht auch über die schwierige Stimmung während der letzten Landtagswahl und die Rolle, die die AfD in dieser Zeit spielte. Er betont, dass die Partei geschickt die sozialen Ängste und Unsicherheiten der Menschen aufgriff und für sich nutzte. Die Corona-Pandemie habe die gesellschaftliche Spaltung weiter verschärft, und Ramelow erkennt, dass die politische Landschaft künftig stärker von diesen Spannungen geprägt sein wird. Trotz allem bleibt er optimistisch und entschlossen, bis zum Schluss für die Interessen der Bürger zu kämpfen.

„Aktion Silberlocke“ und der Bundestagswahlkampf
Am Ende des Gesprächs geht Ramelow auf seine Entscheidung ein, in den Bundestagswahlkampf einzutreten. Obwohl er dies vor einem halben Jahr noch ausgeschlossen hatte, sah er die Bundestagswahl als entscheidend für die Zukunft Deutschlands. Er betont, dass es notwendig ist, sich gegen die Macht der Reichen und die Privatisierung der Politik zu stellen. Ramelow möchte mit seiner Teilnahme an der Bundestagswahl eine faire Verteilung von Vermögenswerten und ein stärkeres Miteinander in der Gesellschaft fördern.

Bodo Ramelow zieht eine ehrliche Bilanz seiner Amtszeit als Ministerpräsident und zeigt sich als pragmatischer, aber auch selbstkritischer Politiker. Er räumt Fehler ein, ist jedoch stolz auf viele seiner Erfolge. Ramelows Entscheidung, sich weiterhin politisch zu engagieren, zeigt seine Besorgnis über die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in Deutschland. Es bleibt abzuwarten, wie sich seine politischen Visionen im Bundestag umsetzen lassen, doch eines ist sicher: Ramelow wird weiterhin eine wichtige Stimme in der politischen Landschaft sein.

Hoyerswerda – Kindheit in der kinderreichsten Stadt der DDR

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Hoyerswerda war in der DDR als die kinderreichste Stadt des Landes bekannt. In den 1970er und 1980er Jahren erlebte die Stadt einen bemerkenswerten Babyboom, der eng mit der industriellen Entwicklung und der damit einhergehenden Ansiedlung vieler junger Familien verbunden war.

Der Alltag der Kinder
Das Leben der Kinder in Hoyerswerda war stark von der sozialistischen Erziehung und dem kollektiven Leben geprägt. Kindergärten und Schulen spielten eine zentrale Rolle und waren oft direkt mit den Betrieben und Wohngebieten verknüpft. Die Betonung lag auf Gemeinschaftsgefühl, Disziplin und der Vorbereitung auf ein Leben als „sozialistischer Mensch“.

Bildungs- und Freizeitangebote
Die Bildungsangebote in Hoyerswerda waren gut entwickelt, um den Anforderungen der steigenden Kinderzahlen gerecht zu werden. Die Schulen waren modern ausgestattet und boten zahlreiche AGs und Freizeitmöglichkeiten. Auch Pionierhäuser, in denen Kinder nach der Schule betreut wurden und an verschiedenen Freizeitaktivitäten teilnehmen konnten, waren ein fester Bestandteil des städtischen Lebens.

Wohn- und Spielumgebung
Die Plattenbausiedlungen in Hoyerswerda, die in dieser Zeit entstanden, waren oft mit großzügigen Grünflächen und Spielplätzen ausgestattet. Diese waren wichtige Treffpunkte für Kinder, wo sie unbeschwert spielen konnten. Die nahegelegenen Wälder und Seen boten ebenfalls viele Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten und Ausflüge.

Soziale Strukturen und Gemeinschaftsgefühl
In Hoyerswerda herrschte ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Die Nachbarschaften waren eng miteinander verbunden, und es war üblich, dass Kinder von mehreren Familien gemeinsam betreut wurden. Das soziale Netz war dicht geknüpft, und die Unterstützung innerhalb der Gemeinschaft war groß.

Herausforderungen und Wandel
Trotz der vielen positiven Aspekte gab es auch Herausforderungen. Der starke Zuzug und das schnelle Wachstum der Stadt führten zu Engpässen in der Infrastruktur und zu sozialen Spannungen. Mit der Wiedervereinigung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Umbrüchen veränderte sich das Leben in Hoyerswerda drastisch. Viele Familien zogen weg, die Kinderzahlen sanken, und die Stadt musste sich neu orientieren.

Heute erinnert sich Hoyerswerda an diese Zeit als eine Periode des schnellen Wachstums und des starken Gemeinschaftsgefühls. Die kinderreiche Vergangenheit ist ein wichtiger Teil der Geschichte der Stadt und prägt das kollektive Gedächtnis der Einwohner.

Junge Künstler in Berlin über die Wirkung von Jugend(sozial)arbeit

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Die geplanten Einsparungen im Berliner Nachtragshaushalt von 2025 werfen lange Schatten über zahlreiche Lebensbereiche. Mit einer Reduktion der Mittel um insgesamt 3 Milliarden Euro stehen Projekte der Jugendsozialarbeit und kulturellen Förderung besonders im Fokus. In einer Stadt, die für ihre Diversität und ihren kulturellen Reichtum bekannt ist, bedrohen diese Einschnitte nicht nur einzelne Programme, sondern auch die grundlegenden Strukturen, die vielen jungen Menschen als Anker dienen. Dieser Bericht zeigt anhand von Stimmen und Erfahrungen junger Künstler*innen, wie tiefgreifend die Auswirkungen solcher Entscheidungen sind.

Jugendsozialarbeit im Fokus: Was wird gekürzt?
Die beschlossenen Haushaltskürzungen betreffen zahlreiche Bereiche, darunter Umweltschutz, Verkehr, Kultur und soziale Arbeit. Besonders hart trifft es jedoch Projekte der Jugendsozialarbeit, die essenzielle Unterstützung für junge Menschen bieten. Einrichtungen wie die Kreativetage F16 und das Street College, die jungen Menschen nicht nur künstlerische, sondern auch soziale und berufliche Perspektiven öffnen, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Für viele Jugendliche bedeuten diese Orte weit mehr als alternative Freizeitgestaltung. Sie bieten sichere Räume, sogenannte „Safe Spaces“, in denen junge Menschen sich entfalten können, fernab von gesellschaftlichem Druck oder Leistungszwängen. Diese Programme schaffen Perspektiven, die über den Rahmen der Kunst hinausgehen, indem sie gezielt auf die individuelle Entwicklung und Stärkung der Teilnehmenden abzielen.

Stimmen aus der Jugendsozialarbeit: Junge Menschen berichten
Die Erfahrungen von jungen Menschen wie Ahmad oder den Teilnehmenden des Street College zeigen, wie tief verwurzelt diese Projekte in ihrem Leben sind. Ahmad, der seit 2018 mit der Organisation Gangway zusammenarbeitet, spricht über die transformative Kraft, die solche Programme entfalten können: „Ich war dieses Jahr in New York. Für mich war das unfassbar. Es zeigt, dass man etwas schaffen kann, selbst wenn alle sagen, es sei unmöglich. Durch Gangway habe ich das erste Mal erlebt, dass ich meine Träume verfolgen darf.“

Ahmads Geschichte illustriert die Chancen, die durch Austauschprojekte und kreative Räume entstehen. Diese Möglichkeiten helfen jungen Menschen nicht nur, ihre Träume zu verwirklichen, sondern auch Selbstvertrauen und Mut zu entwickeln. Ahmad erklärt weiter „Durch diese Projekte habe ich gelernt, dass nichts unmöglich ist. Ich kann jetzt sagen: Ich liebe mich selbst mehr als früher, weil ich mein Hobby leben und lieben gelernt habe.“

Ein weiterer Teilnehmer des Street College hebt hervor, wie wichtig der Zugang zu Ressourcen ist: „Ich habe mit neun Jahren angefangen, Musik zu machen. Aber eine Musikschule war für meine Familie zu teuer. Erst durch das Street College konnte ich meine Leidenschaft ernsthaft verfolgen. Hier kann ich Kameras und Laptops ausleihen und habe erfahrene Leute, die mich unterstützen. Das hat alles in meinem Leben verändert.“

Safe Spaces: Räume für Entwicklung und Gemeinschaft
Ein zentraler Aspekt der Jugendsozialarbeit ist die Schaffung von Orten, an denen junge Menschen sich sicher fühlen können. Diese Safe Spaces sind nicht nur physische Räume, sondern symbolisieren auch Gemeinschaft, Unterstützung und die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten zu entdecken. Viele Teilnehmende betonen, dass diese Einrichtungen ein Umfeld bieten, in dem sie nicht nur kreativ arbeiten, sondern auch wichtige soziale Kompetenzen entwickeln können.

Ein Teilnehmer beschreibt es so:
„Hier kann man ankommen, ohne Druck zu haben. Man kann chillen, wenn man will, oder Musik machen. Es geht nicht darum, etwas liefern zu müssen, sondern darum, dass man sich selbst entwickeln darf. Das macht einen riesigen Unterschied.“

Diese Aussagen verdeutlichen, dass es bei den Projekten nicht nur um individuelle Talente geht, sondern um die Stärkung sozialer Bindungen und die Vermittlung von Lebenskompetenzen. Viele Jugendliche betonen, dass die Sozialarbeitenden eine zentrale Rolle spielen, indem sie zuhören, unterstützen und Orientierung bieten.

Die Bedrohung durch Kürzungen
Die geplanten Einsparungen stellen diese essenziellen Strukturen vor große Herausforderungen. Ohne ausreichende finanzielle Mittel könnten viele der beschriebenen Angebote verschwinden. Ahmad bringt die Konsequenzen auf den Punkt:

„Wenn diese Orte weniger werden, verlieren wir nicht nur Kunst, wir verlieren Menschenleben. Diese Projekte helfen uns, mit schwierigen Erfahrungen klarzukommen. Sie geben uns Hoffnung und Perspektiven.“

Ein anderer Teilnehmer ergänzt:
„Meine Kunst bedeutet Freiheit. Sie gibt mir die Möglichkeit, mich auszuleben und meine individuelle Kreativität zu entfalten. Wenn diese Orte wegfallen, verlieren wir auch diese Freiheit.“

Die Einsparungen treffen nicht nur die Teilnehmenden direkt, sondern auch die Gemeinschaften, die von ihren Beiträgen profitieren. Viele der jungen Menschen, die heute in Programmen wie dem Street College oder Gangway gefördert werden, entwickeln sich zu Multiplikatoren, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitergeben.

Kunst als Weg zur Selbstwirksamkeit
Ein zentrales Thema, das in den Gesprächen immer wieder aufkommt, ist die Bedeutung der Kunst als Mittel zur Selbstfindung und Selbstwirksamkeit. Ob Musik, Fotografie oder Film – die kreativen Ausdrucksformen helfen jungen Menschen, ihre Stimme zu finden und ihre Identität zu stärken. Die Teilnehmenden betonen, dass sie durch diese Arbeit nicht nur künstlerische Fähigkeiten entwickeln, sondern auch lernen, Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen.

Ein Teilnehmer erklärt:
„Durch das Street College habe ich gelernt, dass ich meinen Träumen folgen darf. Diese Projekte haben mir gezeigt, dass ich etwas bewirken kann, und sie haben mir geholfen, meine Ziele zu erreichen.“

Diese Geschichten sind ein eindrucksvolles Zeugnis für die transformative Kraft der Kunst und die Bedeutung von Projekten der Jugendsozialarbeit.

Fazit: Eine Investition in die Zukunft
Die geplanten Kürzungen im Bereich der Jugendsozialarbeit werfen die Frage auf, ob Einsparungen an dieser Stelle wirklich im Interesse der Gesellschaft sind. Die Geschichten der jungen Künstler*innen zeigen, dass diese Projekte weit mehr sind als Freizeitangebote. Sie sind Orte der Hoffnung, des Wachstums und der Gemeinschaft.

Wenn Berlin die Zukunft seiner jungen Generation sichern will, muss es in diese Projekte investieren – nicht nur finanziell, sondern auch durch Anerkennung ihrer zentralen Rolle für eine gerechte und kreative Gesellschaft. Es geht nicht nur um die Frage, was wir uns leisten können, sondern um die Frage, welche Zukunft wir uns wünschen. Die Antwort darauf liegt in den Stimmen der jungen Menschen, die diese Räume bereits jetzt mit Leben füllen.

Schaffen die Stadtwerke Jena das mit der Energiewende?

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Die Stadtwerke stehen vor großen Herausforderungen im Zuge der Energie- und Wärmewende. Als Netzbetreiber und zentraler Versorger sind Veränderungen in allen Geschäftsbereichen absehbar. Dazu gehören der Ausbau der Fernwärme, die Verstärkung des Stromnetzes, die teilweise Umrüstung des Erdgasnetzes auf Wasserstoff und die Dekarbonisierung der Fernwärmeerzeugung. Diese Veränderungen erfordern erhebliche Investitionen, die voraussichtlich zu steigenden Preisen führen werden. Es wird auch mit zusätzlichen Baustellen und Verkehrseinschränkungen gerechnet, um die Ziele bis 2035 oder 2040 zu erreichen.

Die Stadtwerke orientieren sich bei der Energiewende an zwei Hauptprämissen: Die Klimakrise und die Frage, wie dieses Problem gelöst werden kann. Die Auswirkungen der Klimakrise sind zwar nicht immer direkt spürbar, aber die Stadtwerke sehen sie beispielsweise in der Trockenheit der letzten Jahre und den Auswirkungen auf Baumbestände. Die Energiekrise und die Notwendigkeit, die Energieversorgung für die Region auf sichere Füße zu stellen. Dabei geht es um die Versorgungssicherheit und darum, die Energieversorgung zu vernünftigen Preisen zu gewährleisten. Die Gasmangellage der letzten Jahre hat die Dringlichkeit dieser Prämisse deutlich gemacht.

Die Stadtwerke haben sich konkrete Ziele gesetzt, die sich an den politischen Vorgaben orientieren: 30 Prozent erneuerbare Energien im Bereich der Fernwärme bis 2030 und die vollständige Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung in Thüringen bis 2040. Diese Zahlen sind jedoch nicht die alleinige Leitlinie, sondern dienen als Rahmen für die übergeordneten Prämissen.

Die Stadtwerke stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen in den Bereichen Wärme, Strom und Gas. Im Bereich der Wärmeversorgung ist die Transformation zur Klimaneutralität bis 2040 das zentrale Ziel. Dafür wurde die Wärmestrategie 2040 entwickelt, die eine Grobplanung darstellt. Aktuell wird eine detaillierte Transformationsplanung erarbeitet, die sich mit der konkreten Umsetzung befasst. Dabei wird untersucht, wie die Fernwärme in Jena, wo fast 60 Prozent der Haushalte angeschlossen sind, auf erneuerbare Energien umgestellt werden kann. Der zukünftige Mix wird nicht mehr nur aus einer einzigen Erzeugungsart, wie Gas, bestehen, sondern aus einem vielfältigen Mix.

Das Stromnetz muss an den steigenden Bedarf durch Wärmepumpen und andere Erzeugungsanlagen angepasst werden. Die Stadtwerke simulieren regelmäßig, wie das zukünftige Zielnetz Strom aussehen muss, um Engpässe zu vermeiden. Zudem wird untersucht, wie die Kapazität des Netzes durch intelligente Steuerung optimiert werden kann.

Es wird untersucht, wie es mit dem Gas weitergeht, da dieses Thema irgendwann endlich ist. Es wird geprüft, ob Teile des Netzes für Wasserstoff genutzt werden können. Allerdings ist noch unklar, ob Wasserstoff in ausreichender Menge zur Verfügung stehen wird.

Die Transformationsplanung für die Fernwärme umfasst die Nutzung von Flussthermie und Wärmepumpen zur Gewinnung von Wärme aus der Saale. Auch im Winter ist in der Saale noch ausreichend Wärmepotenzial vorhanden, das durch Wärmepumpen nutzbar gemacht werden kann. Andere Wärmequellen, wie Abwasser aus der Kläranlage, können für bestimmte Quartierslösungen genutzt werden. Power-to-Heat-Anlagen werden für Spitzenlasten eingesetzt. KWK-Anlagen, die mit Wasserstoff betrieben werden können, spielen eine wichtige Rolle.

In Arealen, wo bereits Leitungen vorhanden sind, soll das Fernwärmenetz verdichtet werden. Der Ausbau des Netzes wird dort vorangetrieben, wo es wirtschaftlich sinnvoll ist, unter Berücksichtigung der Verbraucherstruktur. In Quartieren, wo kein Anschluss an das Kernnetz sinnvoll ist, werden eigene Wärmeerzeugungsanlagen geplant. Wärmepumpen sind als zentrale Technologie dort vorgesehen, wo Fernwärme nicht funktioniert.

Die Senkung der Systemtemperatur im Fernwärmenetz ist ein wichtiger Faktor für die Effizienz von Wärmepumpen und die Einbindung von grünen Erzeugungsquellen. Durch intelligente Steuerung sollen Lastspitzen im Stromnetz vermieden und der Ausbau reduziert werden. Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt „Energie Real“ untersucht, wie die Energiewende durch Intelligenz und Sektorenkopplung kostengünstig gelingen kann.

Die Stromnetze müssen für die angestrebte „All Electric Society“ erheblich ausgebaut werden. Die Umsetzung der Energiewende wird mit erheblichen Baumaßnahmen verbunden sein, die sich im Stadtbild zeigen werden. Die Stadtwerke arbeiten mit der Stadt Jena zusammen, um die Prozesse zu koordinieren und die Beeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten.

Die Investitionen für die Energiewende werden sich auf einen dreistelligen Millionenbetrag belaufen. Die Finanzierung wird aus einem Dreiklang bestehen aus Krediten, Eigenkapital, Fördermitteln und Kundenbeteiligung. Die genaue Höhe der Kosten und die Aufteilung auf die verschiedenen Finanzierungsquellen sind noch unklar und werden im Rahmen der Transformationsplanung im nächsten Jahr konkretisiert.

Die Förderkulisse ist noch unsicher und für die Planungssicherheit der Stadtwerke von großer Bedeutung. Es wird erwartet, dass die Preise für Energie steigen werden, aber die genauen Auswirkungen sind noch nicht absehbar. Es ist wichtig, die aktuellen Preise fossiler Energieträger im Vergleich zu den zukünftigen Preisen zu betrachten, die durch CO2-Bepreisung und geopolitische Entwicklungen beeinflusst werden.

Das nächste Jahr wird für die Stadtwerke ein entscheidendes Jahr sein, da die Transformationsplanung abgeschlossen wird und die konkreten Schritte für die Umsetzung der Energiewende festgelegt werden. Die Stadtwerke werden die Ergebnisse der Planungen nutzen, um ein konkretes Preisschild zu ermitteln und die Auswirkungen auf die Kunden zu beurteilen. Es ist klar, dass der Weg zur Energiewende mit großen Veränderungen und Herausforderungen verbunden sein wird, aber die Stadtwerke sind entschlossen, diese zu meistern.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gebührenerhebung bei Hochrisikospielen

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Das Bundesverfassungsgericht hat mit einer weitreichenden Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit einer Gebührenerhebung für den polizeilichen Mehraufwand bei „Hochrisikospielen“ der Fußball-Bundesliga in Bremen bestätigt. Die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) hatte gegen eine Regelung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) geklagt, nach der bei Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen, die als gewinnorientiert und erfahrungsgemäß gewaltgeneigt gelten, eine Gebühr für den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte erhoben wird. Das Gericht wies die Verfassungsbeschwerde der DFL ab und stellte damit klar, dass diese Gebühr mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Entscheidung wirft ein Licht auf die komplexe Thematik der Gebührenregelungen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und verdeutlicht, wie der Staat mit den Kosten für zusätzliche Polizeikräfte im Rahmen von Großveranstaltungen umgeht.

Die rechtliche Grundlage der Gebührenerhebung
Die Gebührenerhebung basiert auf § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG), welcher die Erhebung von Gebühren für den polizeilichen Mehraufwand bei Großveranstaltungen regelt. Insbesondere wird die Gebühr erhoben, wenn eine Veranstaltung mit mehr als 5.000 Teilnehmern stattfindet, die als gewinnorientiert und potenziell gewaltgeneigt eingestuft wird. Die Gebühr dient dazu, die Mehrkosten zu decken, die der Polizei durch die Bereitstellung zusätzlicher Einsatzkräfte entstehen. Die Höhe der Gebühr ist dabei nach dem tatsächlichen Mehraufwand bemessen und wird nicht pauschal festgelegt, sondern individuell für jede Veranstaltung berechnet.

Das Gericht stellt klar, dass es sich bei dieser Gebühr nicht um eine Steuer handelt, sondern um eine nichtsteuerliche Abgabe, die speziell für den polizeilichen Mehraufwand erhoben wird. Steuern dienen der allgemeinen Finanzierung des Staates und sind nicht zweckgebunden, während Gebühren für konkrete Dienstleistungen oder Sondernutzungen erhoben werden. In diesem Fall bezieht sich die Gebühr direkt auf die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte, die durch die Durchführung einer Großveranstaltung erforderlich werden.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Gebührenerhebung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Zwar greift die Regelung in die Berufsfreiheit der Veranstalter ein, da sie eine zusätzliche finanzielle Belastung für sie darstellt. Doch dieser Eingriff wird als gerechtfertigt erachtet, da er den rechtmäßigen Zielen des Staates dient und die verfassungsmäßigen Anforderungen an eine solche Regelung erfüllt.

Im Mittelpunkt der Entscheidung steht die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Gebühr. Das Gericht stellte fest, dass die Regelung zur Gebührenpflicht sowohl formal als auch materiell verfassungsgemäß ist. Dabei wurde insbesondere das Prinzip der Verhältnismäßigkeit beachtet. Die Gebühr sei geeignet und erforderlich, um das Ziel der Kostendeckung für den polizeilichen Mehraufwand zu erreichen, der durch die Veranstaltung verursacht wird.

Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Gebühr
Ein zentrales Kriterium der Entscheidung ist die Verhältnismäßigkeit der Gebühr. Das Bundesverfassungsgericht betonte, dass die Regelung im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht, da die Gebühr als Berufsausübungsregelung verhältnismäßig ist. Sie zielt darauf ab, die Mehrkosten der Polizei auf die Veranstalter abzuwälzen, die von der Durchführung der Veranstaltung profitieren und somit auch für die damit verbundenen erhöhten Sicherheitsvorkehrungen verantwortlich sind.

Die Gebühr wird als angemessen angesehen, da sie nur einen kleinen Teil der kommerziellen Veranstaltungskosten betrifft und keine erdrückende finanzielle Belastung für die Veranstalter darstellt. Die Veranstalter von Großveranstaltungen verursachen durch ihre Aktivitäten einen erhöhten Bedarf an Polizeikräften und nehmen somit öffentliche Ressourcen in Anspruch. Die Gebühr wird als eine Art Gegenleistung für die Bereitstellung von Polizeikräften betrachtet, die es den Veranstaltern ermöglicht, ihre Veranstaltungen sicher durchzuführen.

Die Regelung wird außerdem als mit dem Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes vereinbar angesehen. Zwar kann die genaue Höhe der Gebühr im Voraus nicht immer exakt berechnet werden, doch die grundsätzlichen Kriterien für die Berechnung des Mehraufwands sind klar definiert, was die Transparenz und Vorhersehbarkeit der Gebührenerhebung gewährleistet.

Gleichheitsgrundsatz und Differenzierung zwischen den Veranstaltern
Das Gericht bestätigte auch, dass die Regelung im Einklang mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes steht. Veranstalter von gewinnorientierten Großveranstaltungen werden hier mit einer Gebühr belastet, die darauf abzielt, die Kosten für den Polizeieinsatz gerecht zu verteilen. Dabei erfolgt eine Differenzierung zwischen verschiedenen Gruppen von Veranstaltern. Es wird nicht willkürlich zwischen den Veranstaltern unterschieden, sondern es wird die Gewinnorientierung der Veranstaltung sowie deren Größe berücksichtigt. Die Veranstaltung muss ein gewisses Potenzial zur Gewalttätigkeit aufweisen, um der Gebührenerhebung zu unterliegen.

Die Differenzierung nach diesen Kriterien dient dem Zweck, eine faire Lastenverteilung zu gewährleisten, und entspricht nicht einer unangemessenen Belastung für die Veranstalter. Insbesondere große Sportveranstaltungen, die in der Regel ein erhöhtes Risiko für gewalttätige Auseinandersetzungen mit sich bringen, stellen eine besondere Herausforderung für die öffentliche Sicherheit dar, weshalb die Gebührenerhebung für diese Veranstaltungen als gerechtfertigt angesehen wird.

Keine Notwendigkeit einer polizeilichen Verantwortlichkeit
Ein weiterer Aspekt der Entscheidung betrifft die Frage, ob eine individuelle Verantwortlichkeit der Veranstalter für die Entstehung der erhöhten Sicherheitsrisiken erforderlich ist. Das Gericht entschied, dass eine solche polizeiliche Verantwortlichkeit nicht notwendig ist, um die Gebühr zu erheben. Auch wenn die Gefahr von Dritten ausgeht und nicht der Veranstalter selbst direkt verantwortlich für das erhöhte Risiko ist, ist die Gebühr dennoch zurechenbar. Die erhöhte Sicherheitsvorkehrung ist den Veranstaltern zuzuordnen, da sie durch die Durchführung der Veranstaltung einen erhöhten Bedarf an Polizeiressourcen verursachen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gebührenerhebung für den polizeilichen Mehraufwand bei „Hochrisikospielen“ der Fußball-Bundesliga in Bremen weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Gebührenerhebung im Bereich der öffentlichen Sicherheit hat. Das Gericht hat bestätigt, dass die Gebührenregelung des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar ist und in Einklang mit den verfassungsrechtlichen Prinzipien steht. Die Gebühr wird als angemessen und verhältnismäßig angesehen, da sie dazu dient, die Kosten für den erhöhten Polizeieinsatz bei gewinnorientierten Großveranstaltungen gerecht zu verteilen und die Veranstalter an den Mehrkosten zu beteiligen. Sie trägt dazu bei, die finanziellen Belastungen der Polizei und der öffentlichen Haushalte im Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen zu decken und stellt sicher, dass diejenigen, die von der Veranstaltung profitieren, auch einen Teil der damit verbundenen Sicherheitskosten tragen.

Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer erwägen Geschäftsaufgabe

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  • Viele Unternehmen finden keine Nachfolgelösung
  • Hohes Alter häufigster Grund für Rückzug der Inhabenden
  • 39 % der Unternehmerschaft ist älter als 60 Jahre

Immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland erwägen, ihre Betriebe wegen fehlender Nachfolgelösungen zu schließen. Bis Ende des Jahres 2025 hegen rund 231.000 Inhabende von mittelständischen Unternehmen, die bereits konkret ihren persönlichen Rückzug planen, Stilllegungspläne. Das sind 67.500 mehr als ein Jahr zuvor.

Das sind Ergebnisse einer aktuellen Sonderauswertung im Rahmen des KfW-Mittelstandspanels, das zwischen Mitte Februar und Mitte Juni 2024 erhoben wurde. Niemals zuvor seit Start des Nachfolge-Monitorings von KfW Research haben so viele mittelständische Unternehmen die Aufgabe ihres Betriebs in Erwägung gezogen. Mittelfristig, binnen drei bis fünf Jahren, ziehen noch einmal rund 310.000 Unternehmerinnen und Unternehmer, die bereits wissen, dass sie aus ihrer Firma ausscheiden, die Schließung in Betracht.

Demgegenüber streben 532.000 der insgesamt 3,84 Mio. mittelständischen Unternehmen in Deutschland bis Ende 2028 die Übergabe an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin an. Damit halten sich die angestrebten Nachfolgen und die geplanten oder für möglich gehaltenen Stilllegungen bis Ende 2028 in etwa die Waage.

Hauptgrund für die Pläne zur Stilllegung ist sehr oft das Alter. Das Durchschnittsalter der mittelständischen Unternehmerschaft liegt bei 54 Jahren. 39 % der Unternehmerschaft ist sogar 60 Jahre oder älter – in der deutschen Gesamtbevölkerung sind das nur rund 30 %. „Die demografische Entwicklung bei den Inhaberinnen und Inhabern im Mittelstand schreitet noch schneller voran als in der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Es zeichnen sich massive Lücken in den Führungsetagen mittelständischer Unternehmen ab“, sagt Dr. Michael Schwartz, Mittelstandsexperte bei KfW Research.

Diejenigen 215.000 Unternehmerinnen und Unternehmer, die kurzfristige Nachfolgepläne bis Ende 2025 haben, sind im Durchschnitt bereits 65,4 Jahre alt. Viele von ihnen haben allerdings noch nicht mit einer Nachfolgesuche begonnen oder sind erst in einem sehr frühen Stadium. Für einige dürfte die Zeit daher zu knapp werden. Es ist davon auszugehen, dass etwa 43.000 Unternehmen ihren Wunsch nach einer kurzfristigen Nachfolgeregelung aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr umsetzen können.

Der Engpass bei der Unternehmensnachfolge ist die zu gering besetzte nachrückende Gründergeneration. In dieser wiederum haben nur wenige Personen Interesse daran, auf bereits bestehende Unternehmensstrukturen zurückzugreifen. Gegenwärtig gibt es jährlich weniger als halb so viele Übernahmegründungen wie Unternehmen mit Nachfolgebestrebungen im Mittelstand.

„Die Problematik der fehlenden Unternehmensnachfolgen im Mittelstand wird sich absehbar verschärfen. Wir benötigen in Deutschland nachhaltig mehr Gründungsbereitschaft. Eine unternehmerische Tätigkeit oder der Karrierepfad in der Leitung eines mittelständischen Unternehmens muss eine selbstverständliche Alternative zum Angestelltenverhältnis sein“, sagt Dr. Michael Schwartz. „Selbstständigkeit muss sichtbarer werden. Dazu gehören beispielsweise Ansätze, bereits in Schulen ein unternehmerisches Mindset zu vermitteln. Auch sollte bei Berufsberatungen der Blick geweitet werden.“

Die Ergebnisse des Nachfolge-Monitors sind abrufbar unter www.kfw.de/fokus

Cottbuser OB auf Neujahrsempfang über Projekte, Ziele und Hürden in 2025

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Am 10. Januar 2025 fand der traditionelle Neujahrsempfang der Stadt Cottbus statt, bei dem der Oberbürgermeister (OB) von Cottbus, Herrn Schick, einen Ausblick auf das kommende Jahr gab. Er betonte, dass 2025 ein besonders anstrengendes Jahr für die Stadt werden würde, jedoch auch viele spannende Projekte und Möglichkeiten bereithalten würde. In seiner Rede sprach er über Herausforderungen, anstehende Entwicklungen und die Vision für Cottbus, die im Wandel begriffen ist.

„Ein anstrengendes Jahr“ – mit dieser prägnanten Aussage eröffnete der OB seinen Ausblick auf 2025. Grund dafür sei, dass die Stadt Cottbus in diesem Jahr mit einer Vielzahl an bedeutenden Projekten und Baumaßnahmen konfrontiert sein werde, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringen. Es gebe eine Reihe von anstehenden Projekten, die den Umbau und die Weiterentwicklung der Stadt vorantreiben sollen. Gleichzeitig werde die Stadt nicht nur mit den traditionellen Aufgaben konfrontiert, sondern auch mit den vielfältigen Schwierigkeiten, die eine schnell wachsende Stadt in einem sich wandelnden Umfeld mit sich bringt.

Eine der großen Neuerungen, die den Cottbusern ins Auge springen wird, ist die Fertigstellung und Eröffnung der neuen Rettungswache, die bereits in der kommenden Woche ihre Pforten öffnen soll. Der OB erläuterte, dass die Rettungswache ein Gemeinschaftsprojekt der Stadt, des Cottbuser Klinikums (CTK) und MultCT ist, das mit einem Investitionsvolumen von rund sechs Millionen Euro realisiert wurde. „Die Rettungswache ist ein wichtiger Schritt, um die medizinische Versorgung in der Region zu verbessern und die Einsatzkräfte zu entlasten“, so Schäcksi. Die Fertigstellung des Projekts sei ein Meilenstein, der nicht nur den medizinischen Sektor entlaste, sondern auch das Gesamtbild der Stadt modernisieren werde.

Ein weiteres Projekt, das Schick hervorhob, war der geplante Spatenstich für das erste Fahrradparkhaus am Cottbuser Bahnhof. „Der Ausbau der Infrastruktur für umweltfreundliche Mobilität ist ein zentrales Ziel für uns“, sagte der OB. Cottbus wolle mit dem neuen Fahrradparkhaus ein wichtiges Signal für nachhaltige Verkehrskonzepte setzen und die Stadt als fahrradfreundlicher Ort etablieren. Dies sei nicht nur für Pendler von Bedeutung, sondern auch für den lokalen Tourismus und die Lebensqualität in der Stadt.

Neben der Verbesserung der Infrastruktur sprach der OB auch über die laufenden Maßnahmen zur Stadtverschönerung und Modernisierung des Stadtbildes. Hierbei hob er besonders den Rückbau von nicht mehr benötigten städtischen Flächen hervor. In den vergangenen 30 Jahren seien in Stadtteilen wie Schmelwitz und Sachsendorf mehrere Gebäude abgerissen worden. Diese Flächen seien nun zum Teil für neue Projekte verfügbar. „Wir haben jetzt die Möglichkeit, diese Flächen auf den Markt zu bringen, ohne dass wir die Fördermittel zurückzahlen müssen“, erklärte Schick. Dies öffne den Weg für eine Vielzahl von privaten und gewerblichen Investitionen, die die Stadt weiter voranbringen sollen.

Ein besonderes Augenmerk richtete der OB auch auf den sogenannten „Ostsee“ in der Region. Der Ostsee soll in den kommenden Jahren nicht nur als Naherholungsgebiet weiterentwickelt werden, sondern auch als Speicher für Wasser. In Zusammenarbeit mit der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) und der LEAG plant die Stadt, eine Seeachse zu schaffen, die es den Menschen ermöglichen wird, den See aus verschiedenen Blickwinkeln zu genießen. Gleichzeitig soll der Ostsee als mögliches Speicherbecken für Wasser dienen, was angesichts der zunehmenden Trockenheit und der Klimafragen von zentraler Bedeutung sein wird. „Wir müssen hier pragmatisch vorangehen und konkrete Lösungen schaffen“, so Schick.

Für 2025 seien auch umfangreiche Straßenbauprojekte und Sanierungen geplant. Besonders der Stadtring in Richtung Peitz werde endlich saniert, nachdem die Stadt einen neuen Zuwendungsbescheid erhalten hat. Doch auch kleinere Straßenprojekte wie die Hermann-Löhn-Straße und Straßen in Branitz werden dieses Jahr in Angriff genommen. Schick betonte, dass die Straßeninfrastruktur für das Wachstum und die Mobilität der Stadt von entscheidender Bedeutung sei. Zudem solle das Radwegenetz weiter ausgebaut werden, mit einer Investition von rund drei Millionen Euro in den Radwegebau.

Ein weiterer wichtiger Bereich sei der Schul- und Kitabereich. Cottbus plant, noch in diesem Jahr eine neue Schule zu eröffnen und auch bestehende Schulstandorte zu modernisieren. Schick hob hervor, dass nicht nur der Neubau von Bildungseinrichtungen eine Rolle spiele, sondern auch die dringend notwendige Sanierung bestehender Gebäude. Hierfür seien bereits erhebliche Mittel eingeplant. Besonders in den Bereichen der Schulen und Kitas müsse die Stadt in den kommenden Jahren verstärkt investieren, um den Bedürfnissen einer wachsenden und vielfältigen Bevölkerung gerecht zu werden.

Das Thema Entbürokratisierung war ebenfalls ein zentrales Thema in der Ansprache des OB. Schick kritisierte, dass die bürokratischen Hürden häufig den Fortschritt verzögerten. Ein Beispiel, das der OB anführte, war die hohe Kostenbelastung bei der Errichtung von Zebrastreifen. „Der Zebrastreifen, der oft als einfache Maßnahme angesehen wird, kostet mehrere hunderttausend Euro, weil die bürokratischen Auflagen so hoch sind“, erläuterte der OB. Die Entbürokratisierung müsse vorangetrieben werden, damit auch kleinere Projekte schneller umgesetzt werden können. Dies sei nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern auch der Kostensenkung.

Ein weiteres Thema, das Schick in seiner Rede ansprach, war die Ausfinanzierung kommunaler Aufgaben. Der OB sprach sich für eine faire Verteilung der Mittel zwischen Bund, Ländern und Kommunen aus. Viele Aufgaben, die der Bund beschließe, müssten auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Das Beispiel des Wohngeldes wurde hier hervorgehoben, bei dem die Kommunen einen Großteil der Umsetzungskosten tragen müssen, ohne dass die dafür nötigen Mittel zur Verfügung stehen. „Wenn der Bund neue Aufgaben auf uns abwälzt, dann müssen wir auch entsprechend finanziell unterstützt werden“, so Schick.

Abschließend betonte der OB, dass 2025 ein Jahr des Umbruchs und der Chancen für Cottbus sein werde. „Es wird ein anstrengendes Jahr, aber auch ein Jahr voller Möglichkeiten. Wir müssen alle gemeinsam anpacken und die Herausforderungen annehmen“, so Schick. Die Stadt habe die Chance, sich weiter zu entwickeln, und mit den richtigen Maßnahmen könne Cottbus in den kommenden Jahren zu einer noch lebenswerteren Stadt werden. Er schloss seine Rede mit einem Appell an alle Cottbuser, sich aktiv in die Entwicklung der Stadt einzubringen und mitzuhelfen, die Projekte voranzutreiben. „Anstrengen, wenn das Ziel klar ist“, war sein abschließender Aufruf – ein Appell, der die positive Energie und den Tatendrang widerspiegelte, den der OB für das Jahr 2025 und darüber hinaus wünscht.