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Steuerstreit, Hungerstreik und Polizeieinsatz – Die PDS im Ausnahmezustand

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Ein bizarrer Mix aus politischem Protest, staatlicher Härte und medienwirksamer Inszenierung: Die PDS, Nachfolgepartei der SED, sieht sich mit einem Steuerbescheid in Millionenhöhe konfrontiert – und greift zu drastischen Mitteln. Parteichef Gregor Gysi und mehrere Mitstreiter treten in den Hungerstreik. Der Staat reagiert prompt – mit einem polizeilichen Räumungseinsatz, der Fragen zur Verhältnismäßigkeit aufwirft.

Der Auslöser: Ein umstrittener Steuerbescheid
Im Zentrum der Auseinandersetzung steht ein Steuerbescheid des Berliner Finanzamts: 67.440.142 D-Mark soll die Partei zahlen – laut Gysi eine willkürliche und politisch motivierte Forderung. Der Bescheid bezieht sich offenbar auf rückwirkende Steuerforderungen aus dem Jahr 1990, das Jahr der deutschen Einheit. Experten äußern Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der Maßnahme, auch die Treuhandanstalt und gerichtliche Stellungnahmen äußern Skepsis.

„Wenn ich erst von drei Millionen rede und dann plötzlich 67 Millionen fordere – da stimmt doch was nicht“, kritisierte Gysi in einer öffentlichen Erklärung. Er sieht in dem Vorgehen eine gezielte Attacke auf die Existenz der Partei.

Protest im Parteibüro: Hungerstreik als politische Waffe
Als Reaktion auf die Forderung trat die Parteiführung in einen kollektiven Hungerstreik. In den Räumen der Parteiprüfungskommission verweigerten sieben PDS-Mitglieder – darunter Gysi – demonstrativ die Nahrungsaufnahme. Es sollte ein Zeichen des Widerstands sein, eine Mahnung an die Öffentlichkeit. Doch die Inszenierung wurde vom Staat nicht unbeantwortet gelassen.

Polizeiliche Räumung eskaliert
In der Nacht kam es zur Eskalation. PDS-Mitglieder versuchten, die Räume der PDS-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus zu besetzen. Die Polizei griff ein – mit einem massiven Aufgebot. Der Zugang wurde blockiert, Mannschaftswagen fuhren auf, ein Kamerateam von SPIEGEL TV wurde bei der Räumung grob behandelt. Eine Kamera wurde dabei erheblich beschädigt – ein Vorgang, der Erinnerungen an autoritäre Regime wachrief.

„In Sachen Pressefreiheit hat man viel von der DDR gelernt“, kommentierte ein Reporter sarkastisch. Die Polizei hingegen sprach von einem „ordnungsgemäßen Einsatz“ und bestritt den Einsatz von Gewalt – trotz gegenteiliger Bildaufnahmen.

Der Kampf geht weiter – auf der Theaterbühne
Nach der Räumung verlagerte die PDS ihren Protest in ein Theater – der Intendant zeigte sich solidarisch. „Kunst kennt leere Mägen“, hieß es. Zwischen Klappbetten und Kissenverteilung ging der Kampf ums politische Überleben weiter. Unterdessen hatte das Finanzamt bereits erste drei Millionen D-Mark vom Parteikonto gepfändet – eine klare Ansage.

Politisches Drama mit offenem Ausgang
Der Fall zeigt: Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit und der Umgang mit dem Erbe der SED ist auch 35 Jahre nach der Wende ein politisch explosives Thema. Die PDS fühlt sich verfolgt, der Staat beruft sich auf Recht und Gesetz – und mittendrin ein Protest, der zwischen Ernst und politischem Theater schwankt. Wie dieser Konflikt ausgeht, bleibt abzuwarten – sicher ist nur: Die Fronten sind verhärtet.

Zwischen Tradition und Innovation – Dessau im Wandel der Zeiten

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Im Jahr 1990 erlebte Dessau einen tiefgreifenden Wandel, der die Stadt und ihre Menschen nachhaltig prägte. Die traditionsreiche Wiege des Bauhauses stand im Spannungsfeld zwischen einem bewahrten kulturellen Erbe und den Herausforderungen eines sich neu formierenden gesellschaftlichen Zeitalters. Politische Umbrüche und die Öffnung zu neuen Perspektiven ließen alte Strukturen bröckeln, sodass ein dynamischer Transformationsprozess in Gang gesetzt wurde. Historische Industriebauten, prächtige Bauhausarchitektur und gewachsene Stadtbilder bildeten den Nährboden für innovative Ideen und kreative Neugestaltungen.

Die Bürger Dessaus, geformt von einer bewegten Vergangenheit und dem Drang nach Fortschritt, ergriffen die Chance, ihre Stadt neu zu definieren. Zahlreiche Initiativen zielten darauf ab, das kulturelle Erbe zu bewahren und zugleich moderne Impulse zu setzen. Künstler, Architekten und engagierte Bürger fanden in diesem Wandel Gemeinschaft und Inspiration, während sie an einem zukunftsweisenden Stadtbild arbeiteten. Restaurierungen und Neubauten gingen Hand in Hand und schufen einen Ort, an dem Tradition und Moderne in einem lebendigen Dialog standen.

Gleichzeitig veränderten sich die sozialen Strukturen. Junge Menschen und innovative Denker strömten in Dessau, brachten frischen Wind und neue Visionen mit. In einem Klima des respektvollen Miteinanders konnten sie sich künstlerisch und intellektuell entfalten, wobei der Blick auf die Vergangenheit nie verloren ging. Die Entwicklungen von 1990 machten Dessau zu einem Symbol für Erneuerung und kulturelle Vielfalt – einer Stadt, in der altes Erbe und zukunftsorientierte Dynamik harmonisch miteinander verbunden wurden. Dieser Geist der Transformation hinterließ einen bleibenden Eindruck, der in den Straßen und Fassaden Dessaus bis heute spürbar ist.

Ein Jahr LNG-Terminal Rügen: Fossile Sackgasse statt Energiesicherheit

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Vor einem Jahr wurde das Flüssigerdgas-Terminal im Hafen Mukran genehmigt. Heute zeigt sich: Der Beitrag zur Energiesicherheit ist gering, der Schaden für Umwelt und Küstenregion erheblich. Die Deutsche Umwelthilfe fordert ein Ende des Projekts.

Als im Frühjahr 2024 der Startschuss für das LNG-Terminal im Hafen von Mukran auf Rügen fiel, ging es um nichts Geringeres als nationale Energiesouveränität. Ein rascher Aufbau alternativer Gasinfrastruktur galt in Berlin als Antwort auf die geopolitische Krise und den Wegfall russischer Importe. Die Genehmigung in Rekordzeit wurde politisch gefeiert – die Kritik an Umweltrisiken und mangelnder Bedarfslage dagegen als Nebengeräusche abgetan.

Ein Jahr später zieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Bilanz – und die fällt verheerend aus.

Ein Terminal ohne Last
Gerade einmal 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas wurden 2024 über Mukran eingespeist – das entspricht rund 1,5 Prozent des deutschen Verbrauchs. Im ersten Quartal 2025 ist die Auslastung laut DUH weiter gesunken: auf fünf Prozent, bezogen auf die technische Kapazität. Der Betreiber Deutsche Regas hat bereits eines der beiden Terminalschiffe zurückgegeben. Statt Gas nach Deutschland zu bringen, wird zunehmend exportiert – LNG, umgeschlagen für den internationalen Markt.

„Das Terminal hat nie einen relevanten Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Es ist eine Fehlinvestition mit Ansage.“

Versprechen gebrochen, Natur beschädigt
Die Kritik der Umweltschützer ist vielschichtig: Der Bau habe sensible Meeresgebiete zerstört – mit Auswirkungen auf bedrohte Arten wie Schweinswale, Kegelrobben und Heringe. Lärmbelastung, Luft- und Wasserverschmutzung beeinträchtigten das Leben auf der Insel. Der versprochene Landstromanschluss, der Emissionen hätte reduzieren können, wurde laut DUH inzwischen abgesagt. Auch das politische Bekenntnis, kein Fracking-Gas zu importieren, sei gebrochen worden: In Mukran komme fast ausschließlich Gas aus US-amerikanischer Förderung an.

Nicht nur ökologische, auch soziale und wirtschaftliche Versprechen seien uneingelöst geblieben. Ein nachhaltiger Ausbau des Hafens oder neue Arbeitsplätze? Fehlanzeige. Vielmehr leidet der Tourismus – eine der wichtigsten Einnahmequellen der Region – unter der Präsenz des Terminals.

Ein Projekt seiner Zeit – oder aus der Zeit gefallen?
Die Deutsche Regas weist die Vorwürfe zurück und verweist auf die energiepolitische Notwendigkeit bei Projektstart. Doch die Realität auf dem Energiemarkt hat sich gewandelt: Gaspreise sind stabilisiert, Speicher gut gefüllt, neue Lieferwege etabliert. Die Frage steht im Raum, ob Mukran nicht längst überflüssig geworden ist – ein Relikt aus einer Phase hektischer Beschaffungspolitik.

Constantin Zerger, Energieexperte der DUH, sieht im Terminal vielmehr ein „Symbol fossiler Fehlentscheidungen“. Mukran solle nun gar zu einem internationalen Umschlagplatz für Fracking-Gas werden – ein Schritt, der laut Zerger „die Klimakrise weiter befeuert und den ursprünglichen Zweck des Projekts endgültig konterkariert“.

Der Ruf nach einem Schlussstrich
Die DUH fordert die Bundesregierung und das Land Mecklenburg-Vorpommern nun auf, Konsequenzen zu ziehen: Das Projekt solle gestoppt und vollständig rückabgewickelt werden. Für viele auf Rügen, aber auch in der klimapolitischen Debatte, steht das Terminal inzwischen sinnbildlich für ein Dilemma: den Versuch, mit alten Mitteln neue Krisen zu lösen – und dabei neue Probleme zu schaffen.

Ob Mukran zum Mahnmal oder zum Modellfall einer Rückbesinnung auf langfristige, nachhaltige Energiepolitik wird, bleibt offen. Klar ist jedoch: Die Diskussion um die Zukunft fossiler Infrastruktur ist längst noch nicht beendet.

Der stille Widerstand in der DDR: Die Bau – oder Spatensoldaten

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In den dunklen Jahren der Deutschen Demokratischen Republik, als der Staat absolute Loyalität forderte und Abweichungen vom offiziellen Kurs unerbittlich bestraft wurden, gab es eine besondere Gruppe von Soldaten, die heimlich gegen das System opponierten – die sogenannten Spatensoldaten.

Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 1962 hinterließ zunächst kaum Wahlmöglichkeiten. Wer sich weigerte, den Dienst mit der Waffe anzutreten, musste mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Angesichts dieser drakonischen Maßstäbe und beeinflusst von der Stimme der Evangelischen Kirche, die ein ziviles Pendant zum militärischen Dienst forderte, änderte sich im Sommer 1964 überraschend das Bild: Soldaten, die den Waffendienst ablehnten, fanden eine alternative Form des Dienstes – den Bau- oder Bausoldatendienst.

Unter diesem System trugen sie zwar weiterhin die Uniform der Nationalen Volksarmee (NVA), doch statt den Tod zu bringen, hielten sie Werkzeuge in der Hand. Mit einem goldenen Spaten auf der Schulterklappe als einziges Erkennungszeichen wurden sie zu einem stillen, aber eindrucksvollen Symbol des zivilen Ungehorsams. Anders als ihre bewaffneten Kameraden leisteten sie ihren Dienst auf Baustellen und in den oft unwirtlichen Bereichen der DDR-Wirtschaft – vom Tagebau über die chemische Industrie bis hin zu aufwendigen Bauprojekten wie dem Fährhafen Mukran.

Die Lebensrealität der Spatensoldaten war geprägt von harter körperlicher Arbeit und dem täglichen Drill einer militärischen Hierarchie, in der sie trotz ihres Gewissensentscheids mit Willkür und Schikane zu kämpfen hatten. Bereits bei der Musterung wurden sie Opfer von Auseinandersetzungen mit der Militärgewalt, und auch der Treueschwur blieb ein ständiges Konfliktfeld. Viele weigerten sich aus moralischen und religiösen Überzeugungen, die geforderte Loyalität zur DDR zu bekunden – ein riskanter Schritt, der oft mit Gefängnisstrafen geahndet wurde.

Dabei blieb ihr Widerstand keineswegs unbemerkt. Die Staatssicherheit (MfS) überwachte die Bausoldaten von Beginn an mit allen verfügbaren Mitteln. Es gelang der MfS jedoch kaum, in diese Gruppe Spitzel zu rekrutieren – vielmehr waren es umfangreiche Abhörmaßnahmen, die Einblicke in die prekären Lebensbedingungen und den subtilen Widerstand innerhalb der Reihen ermöglichten.

Erst mit dem wachsenden politischen Druck in den Jahren vor der Wende und dem Umbruch im Herbst 1989 begann sich die Situation zu wandeln. In Dresden wurden Bausoldaten bereits im Oktober 1989 in Krankenhäusern eingesetzt, und ein Filmteam durfte erstmals einen Einblick in ihren neuen „zivilen“ Dienst gewinnen. Der entscheidende Schritt kam dann am 20. Februar 1990, als die Volkskammer das lang erkämpfte Zivildienstgesetz verabschiedete – ein Wendepunkt, der den Spatensoldaten eine offizielle Anerkennung ihres Gewissensakts bescherte.

Die Geschichte dieser Soldaten ist mehr als ein kurioses Kapitel militärischer Geschichte. Sie steht exemplarisch für den Mut einzelner, „Nein“ zu sagen in einem System, das bedingungslose Treue verlangte. Trotz der harten Bedingungen und der ständigen Überwachung bewiesen sie Zivilcourage – ein stiller Protest, der die Widersprüche eines repressiven Staates offenlegte.

Heute erinnern die Spatensoldaten daran, dass selbst in den dunkelsten Zeiten der Mensch das Recht auf individuelle Überzeugung bewahren und für den Frieden einstehen kann. Ihre Geschichte bleibt ein eindrucksvolles Zeugnis der Kraft des Gewissens und ein Mahnmal für die Freiheit des Denkens und Handelns in Zeiten staatlicher Repression.

Neuer Aufbruch am Alexanderplatz – Stefan Heym ruft zum Wandel auf

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Am 4. November 1989 bebte der Alexanderplatz in Ost-Berlin. Vor einer riesigen Menschenmenge trat der Schriftsteller und politische Aktivist Stefan Heym ans Rednerpult. In einer Rede, die den Geist des Umbruchs in den letzten Jahren widerspiegelte, appellierte Heym an die Bürger, endlich selbst die Macht in die Hand zu nehmen.

Die Rede als Symbol des Widerstands
Heym eröffnete seinen Vortrag mit der eindringlichen Feststellung: „Es spricht jetzt zu Ihnen der Nestor unserer Bewegung.“ Damit machte er deutlich, dass die Stunde des passiven Wartens vorbei sei. Er beschrieb die langjährige Stagnation in allen Bereichen des öffentlichen Lebens – in der Politik, der Wirtschaft und im kulturellen Bereich. Die Rede war ein eindrucksvoller Appell gegen die tief verwurzelte Bürokratie, die in der DDR das öffentliche Leben erstickte.

Freiheit, Demokratie und ein neuer Sozialismus
Der Schriftsteller wandte sich direkt an das Publikum: „Heute ihr, die ihr euch aus eigenem freien Willen versammelt habt – für Freiheit und Demokratie und für einen Sozialismus, der des Namens wert ist.“ Heym betonte, dass echter Sozialismus nicht in der autoritären Herrschaft einzelner oder weniger Gruppen bestehen könne. Vielmehr müsse die Macht vom Volk ausgehen und unter ständiger Kontrolle der Bürger bleiben. Seine Worte, „Schluss. Ändern. Wir sind das Volk“, sollten den Menschen Mut machen, sich aktiv an der politischen Gestaltung des eigenen Lebens zu beteiligen.

Ein Aufruf zur Selbstbestimmung
Während viele in der Vergangenheit resigniert ihre Klagen vorbrachten, forderte Heym nun tatkräftigen Widerstand gegen das etablierte System. Er erinnerte daran, dass in den vergangenen Jahren viele Versuche, sich zu erheben, gescheitert seien – ob unter dem Kaiser, den Nazis oder in späteren politischen Systemen. Jetzt aber, so seine Überzeugung, sei es an der Zeit, nicht nur aufzustehen, sondern auch zu lernen, wie man regiert. „Lasst uns auch lernen zu regieren“, so sein eindringlicher Appell.

Die Bedeutung der Rede im historischen Kontext
Die Rede von Stefan Heym am Alexanderplatz fiel in eine Zeit tiefgreifender politischer Umbrüche. Sie war Ausdruck der Hoffnung, dass das Ende einer Ära der Unterdrückung nicht nur ein Bruch mit der Vergangenheit, sondern auch der Beginn eines neuen, demokratischeren Sozialismus sein könnte. Heyms Worte spiegeln das Bedürfnis wider, Macht transparent und gemeinschaftlich auszuüben – ein Ideal, das heute genauso relevant erscheint wie damals.

Ein Vermächtnis für die Zukunft
Die Rede am 4. November 1989 bleibt ein Zeugnis des Mutes und der Überzeugung. Sie mahnt dazu, sich nicht in Resignation zu verlieren, sondern aktiv an der Gestaltung der eigenen Zukunft mitzuwirken. Stefan Heym hat damit einen bleibenden Eindruck hinterlassen – als Sprachrohr des Wandels und als Mahner, dass Macht immer im Dienst des Volkes stehen muss.

Diese eindringlichen Worte, gesprochen an einem historischen Wendepunkt, erinnern uns daran, wie wichtig es ist, für Freiheit, Demokratie und eine gerechte Gesellschaft einzustehen – Werte, die auch in der heutigen Zeit nicht an Bedeutung verloren haben.

Tarifabschluss: Bund und Kommunen einigen sich auf umfassendes Paket

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Berlin. Nach monatelangen Verhandlungen, einem Schlichtungsverfahren und mehreren Warnstreikwellen ist der Durchbruch gelungen: Bund und Kommunen haben sich mit den Gewerkschaften auf einen neuen Tarifabschluss für rund 2,6 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst geeinigt. Neben einer moderaten Entgelterhöhung enthält das Paket auch deutliche Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen, Zulagen und Sonderzahlungen. Die Laufzeit des Vertrags beträgt 27 Monate, vom 1. Januar 2025 bis zum 31. März 2027.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die für den Bund verhandelte, sprach von einem „wichtigen Schritt für einen modernen, attraktiven öffentlichen Dienst“. Man habe eine ausgewogene Lösung gefunden, die sowohl den berechtigten Erwartungen der Beschäftigten als auch den Grenzen öffentlicher Haushalte Rechnung trage. Für die kommunalen Arbeitgeber verhandelte die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

Stufenweise Erhöhung der Einkommen
Im Zentrum des Tarifabschlusses steht eine lineare Entgelterhöhung von insgesamt 5,8 Prozent in zwei Stufen:

  • Zum 1. April 2025 steigen die Gehälter um 3 Prozent, mindestens jedoch um 110 Euro,
  • zum 1. Mai 2026 folgen weitere 2,8 Prozent.

Für Auszubildende und Studierende in praxisintegrierten Studiengängen sind jeweils 75 Euro mehr vorgesehen.

Höhere Sonderzahlungen und Wahlfreiheit bei Freizeit
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Jahressonderzahlung („13. Monatsgehalt“) ab 2026. Sie wird spürbar angehoben – für Beschäftigte in den unteren Entgeltgruppen (EG 1 bis 8) des Bundes etwa von 90 auf 95 Prozent, in den höheren Gruppen steigt sie teils deutlich stärker. Für kommunale Beschäftigte wird die Sonderzahlung auf einheitlich 85 Prozent eines Monatsgehalts festgelegt.

Zugleich wird ein neues „Zeit-statt-Geld“-Wahlmodell eingeführt. Ab 2026 können Beschäftigte Teile der Sonderzahlung in bis zu drei zusätzliche freie Tage eintauschen. Für kommunale Krankenhäuser gelten abweichende Regelungen.

Verbesserungen bei Zulagen und Arbeitszeitmodellen
Die oftmals beklagten niedrigen Schichtzulagen werden ab Juli 2025 deutlich erhöht:

  • Die Zulage für Schichtarbeit steigt von 40 auf 100 Euro monatlich,
  • die für Wechselschichtarbeit von 105 auf 200 Euro.

Zudem erhalten alle Tarifbeschäftigten ab 2027 einen weiteren Urlaubstag. Die Möglichkeit, freiwillig und befristet die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden zu erhöhen, schafft zusätzliche Flexibilität. Ebenso werden bestehende Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland in Fragen des Kündigungsschutzes und der Befristung beseitigt.

Sicherung des Berufseinstiegs
Für den Nachwuchs gibt es ein klares Signal: Wer erfolgreich eine Ausbildung oder ein duales Studium abschließt, soll künftig unbefristet übernommen werden. Damit wollen die Tarifpartner dem wachsenden Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst entgegenwirken.

Haushaltsauswirkungen und weitere Schritte
Für den Bund bedeutet der Abschluss zusätzliche Kosten von rund 1,94 Milliarden Euro über die Laufzeit von 27 Monaten. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Tarifregelungen auch auf die Beamtinnen und Beamten des Bundes übertragen werden, trifft die künftige Bundesregierung.

Innenministerin Faeser betonte abschließend:
„Dieser Abschluss ist ein Zeichen des Respekts gegenüber denjenigen, die unsere öffentliche Infrastruktur am Laufen halten – vom Gesundheitsamt bis zur Müllabfuhr, von der Verwaltung bis zur Feuerwehr.“

Produktionssteigerung in Löbau: Neues DDR Parteitagsobjekt 1986

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Die sozialistische Planwirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war darauf ausgerichtet, durch kontinuierliche Rationalisierung und Modernisierung die Produktivität in volkseigenen Betrieben (VEB) zu steigern. Ein Beispiel für diesen Fortschritt war die Inbetriebnahme einer rekonstruierten Produktionsstrecke im VEB Vereinigte Grobgarnwerke Kirschau, Werk Löbau, im Jahr 1986. Diese Maßnahme war ein sogenanntes Parteitagsobjekt des Politbüros des Zentralkomitees (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Parteitagsobjekte waren wirtschaftliche oder infrastrukturelle Projekte, die zum Anlass eines SED-Parteitags als Errungenschaften des Sozialismus hervorgehoben wurden. Sie dienten dazu, den wirtschaftlichen Fortschritt der DDR zu demonstrieren und den sozialistischen Wettbewerb innerhalb der Betriebe anzukurbeln.

Mit der Modernisierung der Produktionsstätte wurde eine jährliche Steigerung der Produktion um 700.000 Schlaf- und Schmuckdecken ermöglicht. Dies bedeutete eine erhebliche Verbesserung der Versorgungslage, denn die Nachfrage nach hochwertigen Textilprodukten war in der DDR stets hoch. Durch die Rekonstruktion der Produktionsanlagen konnte zudem eine erhöhte Effizienz erzielt werden, was wiederum eine Einsparung von 52 Arbeitsplätzen zur Folge hatte.

Diese Rationalisierung entsprach der wirtschaftlichen Strategie der DDR, die darauf abzielte, mit begrenzten Ressourcen eine höhere Produktivität zu erreichen. Besonders in den 1980er-Jahren setzte die DDR-Regierung verstärkt auf den Einsatz moderner Technologien und Automatisierung, um mit den wirtschaftlichen Herausforderungen der sozialistischen Planwirtschaft Schritt zu halten. Der Druck auf die Wirtschaft war hoch: Der Mangel an Rohstoffen, ineffiziente Produktionsweisen und die hohe Verschuldung der DDR gegenüber dem Westen machten Reformen und Rationalisierungsmaßnahmen notwendig.

Frauen in der Produktion – Eine sozialistische Erfolgsgeschichte?
Die Eröffnung der neuen Produktionsstrecke wurde von Ingeburg Lange, der Vorsitzenden der Frauenkommission beim ZK der SED, begleitet. Lange war eine der führenden Frauen in der DDR-Politik und setzte sich aktiv für die Gleichberechtigung von Frauen im Berufsleben ein. In ihrer Rede würdigte sie die Frauen im Betrieb und betonte die Bedeutung ihrer Arbeitsergebnisse für die sozialistische Produktion.

Die DDR propagierte offiziell die Gleichstellung der Frau und förderte ihre Integration in den Arbeitsmarkt. Frauen wurden ermutigt, in technischen Berufen zu arbeiten, und es gab spezielle Programme zur beruflichen Weiterbildung. Dennoch zeigte sich in der Praxis oft ein anderes Bild: Frauen waren zwar zahlreich in der Produktion vertreten, übernahmen jedoch häufig Berufe mit geringeren Löhnen und begrenzten Aufstiegschancen.

Trotz dieser Herausforderungen spielten Frauen eine zentrale Rolle in der DDR-Wirtschaft. In Betrieben wie den Vereinigten Grobgarnwerken Kirschau stellten sie einen bedeutenden Anteil der Belegschaft und trugen maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg bei. Die öffentliche Anerkennung durch Politikerinnen wie Ingeburg Lange war daher nicht nur eine ideologische Geste, sondern auch eine Notwendigkeit, um die Arbeitsmoral hochzuhalten.

Die Bedeutung von Parteitagsobjekten in der DDR-Wirtschaft
Das Konzept der Parteitagsobjekte hatte eine besondere Funktion innerhalb der DDR-Wirtschaft. Vor wichtigen Parteitagen der SED wurden gezielt Projekte gefördert und beschleunigt, um den wirtschaftlichen Fortschritt zu demonstrieren. Diese Objekte sollten zeigen, dass die Planwirtschaft funktionierte und die sozialistische Gesellschaft sich stetig weiterentwickelte.

In der Praxis kam es jedoch oft zu Problemen. Viele Parteitagsobjekte wurden unter enormem Zeitdruck umgesetzt, was nicht selten zu Qualitätseinbußen oder ineffizienter Nutzung der Investitionen führte. Zudem wurden häufig nur bestimmte Vorzeigeprojekte gefördert, während andere Bereiche der Wirtschaft unter mangelnder Finanzierung und fehlenden Investitionen litten.

Dennoch hatte das Parteitagsobjekt in Löbau eine reale wirtschaftliche Bedeutung. Die Modernisierung der Produktionsstrecke führte zu einer effektiveren Nutzung der Ressourcen, einer höheren Stückzahl an produzierten Decken und einer Rationalisierung der Arbeitsprozesse. Diese Maßnahmen entsprachen der wirtschaftspolitischen Linie der SED, die trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Steigerung der industriellen Produktion anstrebte.

Rationalisierung und ihre Folgen – Zwischen Fortschritt und Arbeitsplatzabbau
Die Einsparung von 52 Arbeitsplätzen in der neu rekonstruierten Produktionsstrecke zeigt einen typischen Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung in der DDR. Während die Regierung offiziell die Vollbeschäftigung garantierte, führten Rationalisierungsmaßnahmen immer wieder dazu, dass Arbeitskräfte in bestimmten Bereichen überflüssig wurden.

In der DDR bedeutete dies jedoch nicht automatisch Arbeitslosigkeit, denn das System sah vor, dass betroffene Arbeiterinnen und Arbeiter in anderen Bereichen eingesetzt wurden. Oft bedeutete dies jedoch Umschulungen oder die Übernahme weniger attraktiver Tätigkeiten. Kritiker der sozialistischen Planwirtschaft bemängelten, dass solche Maßnahmen oft nicht effizient durchgeführt wurden und viele Menschen in Bereichen eingesetzt wurden, in denen sie unterfordert waren.

Trotz dieser Probleme war die Produktionssteigerung im VEB Vereinigte Grobgarnwerke Kirschau ein beachtlicher Erfolg. Die DDR-Regierung konnte damit einen weiteren Beweis für die Leistungsfähigkeit der sozialistischen Wirtschaft liefern – zumindest auf dem Papier.

Fortschritt im sozialistischen Sinne?
Die Inbetriebnahme der modernisierten Produktionsstrecke in Löbau war ein typisches Beispiel für die wirtschaftspolitische Strategie der DDR in den 1980er-Jahren. Einerseits gelang es, durch Rationalisierung und technologische Erneuerung eine höhere Produktivität zu erreichen. Andererseits ging dies mit einem Arbeitsplatzabbau einher, der die sozialistische Wirtschaft vor neue Herausforderungen stellte.

Die Würdigung der weiblichen Arbeitskräfte durch Ingeburg Lange zeigt zudem die besondere Rolle der Frauen in der DDR-Wirtschaft, aber auch die ideologische Inszenierung solcher Ereignisse. Die Planwirtschaft war darauf angewiesen, solche Erfolge öffentlichkeitswirksam zu präsentieren, um die Bevölkerung zu motivieren und das Vertrauen in die sozialistische Führung zu stärken.

Obwohl die Produktionssteigerung von 700.000 zusätzlichen Decken pro Jahr ein realer Fortschritt war, bleibt die Frage, inwieweit solche Rationalisierungsmaßnahmen langfristig zur Stabilität der DDR-Wirtschaft beitrugen. Die 1980er-Jahre waren geprägt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, und nur wenige Jahre später, 1989, kam es zum Zusammenbruch der DDR.

Der Blick auf dieses Parteitagsobjekt zeigt somit nicht nur eine Momentaufnahme sozialistischer Wirtschaftspolitik, sondern auch die strukturellen Herausforderungen, mit denen die DDR in ihrer Endphase zu kämpfen hatte.

Zusammenhalt statt Meckern: Norbert Nachtweih für Teamgeist und Durchhaltevermögen

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Beim Tag der Deutschen Einheit, am 04.10.2022, organisiert von der BBB BürgerBewegung Bergwinkel, stand nicht nur die Erinnerung an die deutsche Wiedervereinigung im Mittelpunkt, sondern auch die Frage: Was können wir aus der Vergangenheit für unsere Gegenwart lernen? Eine Antwort darauf gab Fußball-Legende Norbert Nachtweih, der als Gastredner in Walroth auftrat.

Der gebürtige Thüringer und ehemalige DDR-Nationalspieler, der 1976 in den Westen floh und später für Eintracht Frankfurt und den FC Bayern München spielte, schlug im Gespräch mit einem lokalen Moderator den Bogen von seiner persönlichen Geschichte zu den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen.

„Krisen sind dazu da, um sie zu meistern“, sagte Nachtweih mit ruhiger, klarer Stimme. „Aber man muss auch aufhören, ständig nur zu meckern. Man braucht einen Plan, Durchhaltevermögen und den Mut, wieder aufzustehen.“

Diese Worte fanden hörbar Anklang im Publikum, das sich im Vereinsheim von Walroth versammelt hatte. Die aktuelle gesellschaftliche Stimmung – geprägt von geopolitischen Konflikten, wirtschaftlicher Unsicherheit und einer spürbaren Polarisierung – war deutliches Thema der Veranstaltung. Nachtweih warnte davor, sich entmutigen zu lassen oder zu resignieren. Gerade in schwierigen Zeiten gelte es, an den Gemeinschaftssinn zu glauben.

„Ob im Fußball oder im Leben: Es geht nicht alleine. Man braucht ein Team, das einen auffängt und mitzieht,“ betonte der 68-Jährige. Und weiter: „Fehler macht jeder. Aber entscheidend ist, wie man sich wieder aufrichtet – und ob man bereit ist, auch anderen dabei zu helfen.“

Besonders eindrücklich wurde es, als Nachtweih über die Nachwuchsarbeit im Fußball sprach. Seine Botschaft an die jungen Spieler, die ebenfalls anwesend waren, war ebenso einfach wie eindringlich: „Nicht den Kopf hängen lassen. Lernen, kämpfen, gemeinsam weitermachen. Der Erfolg kommt nicht immer sofort – aber wer dranbleibt, wird besser.“

Die BürgerBewegung Bergwinkel setzte mit dem Event ein klares Zeichen für den gesellschaftlichen Dialog jenseits politischer Lager. Nachtweihs Auftritt verband historische Erfahrung mit sportlicher Lebensschule – und wurde damit zum eindrucksvollen Appell an eine verunsicherte Gesellschaft.

In einer Zeit, in der viele Menschen Halt und Orientierung suchen, erinnerte Norbert Nachtweih daran, dass Zusammenhalt, Geduld und Eigeninitiative keine veralteten Tugenden sind – sondern genau das, was jetzt gebraucht wird.

Mit Jan und Tini auf Reisen – Der Hund als aktiver Sozialist

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In der beliebten DDR-Kindersendung „Mit Jan und Tini auf Reisen“ wurden Kinder nicht nur unterhalten, sondern vor allem belehrt – pädagogisch durchdacht, praktisch orientiert und stets mit einem Hauch Abenteuer. In der Folge über die Hundezucht erleben die beiden neugierigen Reisenden eine Welt, in der Erziehung, Verantwortung und sozialistische Werte auch auf vier Pfoten vermittelt wurden.

Von Welpenspiel bis Abrichteplatz
Die Reise beginnt auf einem Bauernhof, auf dem Hunde nicht nur Spielgefährten sind, sondern Teil eines strukturierten Zucht- und Erziehungsprogramms. Schon die Kleinsten, erklärt der Züchter, bekommen mehrere kleine Mahlzeiten am Tag – bestehend aus tierischem Eiweiß, Haferflocken und gelegentlich sogar einem rohen Ei. Das Futter ist ebenso durchdacht wie der Tagesablauf der jungen Hunde. Früh übt sich, wer ein guter Begleiter werden will.

Datscha, ein zehn Wochen alter Welpe, steht beispielhaft für die Disziplin, die in der DDR auch von Haustieren erwartet wurde. Angeleint laufen, auf Zuruf kommen, das Kommando „Pfui“ verstehen – all das gehört zum Kanon der Grunderziehung, die nicht dem Zufall überlassen wird. Erziehung, so lernt Tini, sei kein Wechselspiel von Strenge und Nachsicht, sondern müsse vor allem konsequent und durchdacht sein.

Der Hund als aktiver Sozialist
Doch der Hund in der DDR war mehr als nur ein Haustier. Im Abrichteverein lernen Jan und Tini die ganze Bandbreite seiner Aufgaben kennen: als Diensthund der bewaffneten Organe, als Spürhund beim Grenzschutz oder zur Kriminalitätsbekämpfung, als Jagdgebrauchshund, der angeschossenes Wild aufspürt, oder als Blindenführhund, der Menschen sicher durch den Straßenverkehr geleitet. Jeder dieser Hunde wird nach festgelegten Prüfungsordnungen ausgebildet – ein Spiegelbild der DDR-typischen Systematik und Institutionalisierung, selbst im Bereich der Haustiere.

Von Möpsen bis Schäferhunden: Die Rasseschau als Volksfest
Der Ausflug endet bei einer Rassehundeschau. Dort geht es turbulent zu, wie Tini feststellt. Über 100 Rassen werden präsentiert – vom Chihuahua bis zum Bernhardiner. Der „Zuchtrichter“ nimmt es genau: Haltung, Gebiss, Gangart, Haarkleid – alles wird begutachtet. Denn der Hund ist nicht nur Freund des Menschen, sondern auch ein Repräsentant der züchterischen Leistung im Sozialismus.

Dass auch Kinder in den Ring dürfen und bei „Kind und Hund“ ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen, zeigt: Der Hund in der DDR war eine Sache für die ganze Familie – solange diese sich der Verantwortung bewusst war, die mit dem Tier einherging.

Disziplin, Gemeinschaft und Verantwortung – auf vier Beinen
Die Folge „Hundezucht“ ist mehr als ein Ausflug zu knuddeligen Welpen. Sie ist ein Spiegelbild der DDR-Gesellschaft, in der selbst der Umgang mit Haustieren pädagogisch durchdrungen und gesellschaftlich eingebunden war. Jan und Tini lernen: Ein Hund ist kein Spielzeug, sondern ein Partner – einer, den man pflegen, erziehen und achten muss. Auch wenn die DDR längst Geschichte ist, bleibt diese Botschaft zeitlos aktuell.

Mit Jan und Tini auf Reisen – Ein Blick hinter die Kulissen der DDR-Poliklinik

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In einer Ära, in der staatliche Medien auch für die jüngsten Bürger lehrreiche Inhalte bereithielten, gelang es der beliebten Kinderserie „Mit Jan und Tini auf Reisen“, den Alltag und die Funktionsweise des Gesundheitswesens in der DDR kindgerecht und unterhaltsam zu vermitteln. Eine Episode, in der die kleinen Helden einen Ausflug in die Poliklinik unternehmen, zeigt exemplarisch, wie medizinische Versorgung, Prävention und sozialistische Ideale miteinander verknüpft wurden.

Ein Abenteuer im Gesundheitssystem
Die besagte Folge beginnt mit einer unschuldigen Verwechslung: Beate hat ihren Turnbeutel vergessen, und so führt die Geschichte die jungen Protagonisten Jan und Tini in die Poliklinik – eine Einrichtung, in der zahlreiche Fachbereiche unter einem Dach zusammenarbeiten. Von der orthopädischen Gymnastik, die den Haltungsschäden entgegenwirken soll, bis hin zu den Besuchsstationen der Zahn-, Augen- und Röntgenabteilungen wird ein ganzheitlicher Blick auf die medizinische Versorgung gewährt.

Die Episode dient nicht nur der reinen Unterhaltung, sondern hat auch eine pädagogische Funktion: Sie soll Kinder mit den Abläufen im Gesundheitssystem vertraut machen und zugleich Ängste vor vermeintlich mysteriösen medizinischen Geräten wie dem Reflexhammer oder der Röntgenanlage abbauen. Mit kindgerechten Erklärungen wird vermittelt, dass Vorsorgeuntersuchungen nicht nur wichtig, sondern auch problemlos und schmerzfrei durchführbar sind.

Pädagogik trifft Propaganda
Die Sendung war weit mehr als eine bloße Unterhaltungsserie. Sie verfolgte das Ziel, junge Zuschauer an staatlich propagierte Werte wie Hilfsbereitschaft, Gemeinschaftssinn und die Bedeutung der Prävention heranzuführen. Durch den Besuch der Poliklinik sollte den Kindern auch vermittelt werden, dass das Gesundheitssystem der DDR – trotz aller bürokratischen Hürden – für jeden zugänglich und kostenlos war. Die klare Struktur der Einrichtung, von der Anmeldung bis zu den verschiedenen Fachabteilungen, stand sinnbildlich für den organisierten und sozial gerechten Aufbau des sozialistischen Staates.

Historischer Kontext und Nachwirkung
Im historischen Kontext betrachtet, spiegeln die in der Serie dargestellten Institutionen und Abläufe den Alltag vieler DDR-Bürger wider. Polikliniken waren in der DDR zentrale Anlaufstellen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Sie zeichneten sich durch ein breites Angebot an Fachrichtungen aus und waren ein Garant für die kostenlose medizinische Grundversorgung – ein entscheidendes Element der sozialistischen Gesundheitsvorsorge.

Auch heute noch bietet die Serie einen nostalgischen Rückblick auf eine vergangene Zeit, in der staatliche Medien als pädagogische Instanz fungierten und medizinische Themen so aufbereitet wurden, dass sie sowohl informierten als auch das Vertrauen in das staatliche Gesundheitssystem stärkten.

„Mit Jan und Tini auf Reisen“ gelingt es, Geschichte, Pädagogik und Propaganda in einem Format zu vereinen, das den jungen Zuschauern auf unterhaltsame Weise das Funktionieren des DDR-Gesundheitssystems näherbringt. Die Poliklinik-Episode ist dabei ein gelungenes Beispiel dafür, wie medizinische Themen kindgerecht aufbereitet werden können – ein Erbe, das auch Jahrzehnte nach dem Ende der DDR nachhallt und uns zeigt, wie stark mediale Aufklärung in der Erziehung verankert war.