WirFahrenZusammen, ein Bündnis aus Beschäftigten des Nahverkehrs, der Gewerkschaft ver.di und Klimaaktiven, luden die Jenaer Stadtgesellschaft am Dienstag, den 13.02.24 zur Stadtversammlung „Deine Stadt – Deine Mobilität“ ins historische Rathaus ein. Das Ziel war, in Dialog mit der Stadtbevölkerung zu treten und zu vermitteln, warum im Nahverkehr gestreikt wird und welche Veränderungen für eine gute und umweltfreundliche Mobilität für alle nötig sind. Der Saal war gut gefüllt, über 120 Personen nahmen an der Veranstaltung teil und es kam zu einem anregenden Austausch.
Beschäftigte des Jenaer Nahverkehrs berichteten von ihrem Arbeitsalltag und ihrer Perspektive auf die Verkehrswende. Sie würden den Beruf gerne ausführen, jedoch bringe er zunehmend Herausforderungen und Belastung mit sich.
„Die Verkehrswende soll eine positive Entwicklung sein, die jedoch nur dann ihr volles Potenzial entfalten kann, wenn sie umfassend betrachtet wird. Der Fokus sollte nicht nur auf dem Fahrzeugpark und der Infrastruktur liegen, sondern auch auf den Menschen, die täglich dafür sorgen, dass der Nahverkehr reibungslos funktioniert“, sagte Lukas Döchert.
„Wir stehen hier nicht nur für uns, sondern auch für Sie, liebe Fahrgäste. Für einen gut ausgebauten, zuverlässigen und pünktlichen Nahverkehr, der die Lebensqualität in unserer Stadt erhöht. Lassen Sie uns gemeinsam für Veränderungen kämpfen, damit der ÖPNV wieder zu dem wird, was er sein sollte – eine verlässliche und stressfreie Möglichkeit, von A nach B zu gelangen – und das für alle Beteiligten“, meinte Ricardo Köcher.
„Es wurde ein dreistelliger Millionenbetrag von Land, Stadt, Stadtwerke und Nahverkehr in neue Fahrzeuge und eine angepasste Infrastruktur ausgegeben. Was wichtig ist, um den bevorstehenden Aufgaben gerecht zu werden. Aber ohne die genannten Akteure bringt die ganze Investition nichts! Es ist an der Zeit auch in die Mitarbeiter, und damit meine ich alle, zu investieren und somit die Berufsgruppen des JNV interessanter zu gestalten. Natürlich dürfen sowohl die Kosten für neue Fahrzeuge als die Personalkosten nicht auf die Fahrgäste umgelegt werden. Ich meine, wer fährt schon gerne mit Bus und Bahn, wenn die Fahrkarte mehr kostet als ein Liter Diesel oder Benzin? Um eine Verkehrswende zu erzielen, muss der Nahverkehr für alle bezahlbar sein. Wer eine soziale und klimagerechte Verkehrswende möchte, darf dabei nicht vergessen, auf wen es ankommt: auf uns. Und deshalb sollten diejenigen Verantwortlichen für uns genauso einstehen wie für die Verkehrswende selbst.“ Toni Thielemann.
Klimaaktive sprachen über die Ziele der Zusammenarbeit. Etwa Paula Gut, die sich bei WFZ engagiert:
„Es ist also wichtig, dass gestreikt wird, auch wenn im Moment des Streiks leider oft Unbeteiligte darunter leiden. Das zeigt allerdings umso mehr, wie relevant diese Berufe für uns alle sind und wie wichtig es ist, dass sie gut bezahlt werden und dass sie unter guten Bedingungen laufen. Es wird immer versucht, die Arbeit in den grundlegenden Bereichen der Daseinsvorsorge unsichtbar zu machen, um zu rechtfertigen, dass am Personal gespart wird – so auch im ÖPNV. Lasst uns das nicht länger hinnehmen, denn wenn man es mal runterbricht: Ohne die jetzigen Streiks und hoffentlich folgend bessere Arbeitsbedingungen, wird das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs immer schlechter werden. Und das geht uns alle etwas an! […] Der Beruf im Nahverkehr muss sich wieder lohnen! Wir wollen, dass die Menschen, die tagtäglich dafür sorgen, dass wir sicher von A nach B kommen, die Anerkennung bekommen, die sie verdienen.“
Außerdem stellte eine Person vom Fahrgast-Verband vor, wie aus deren Sicht der Jenaer Nahverkehr funktioniert. Eine Person, die sich mit einem Rollstuhl fortbewegt, berichtete per Videobotschaft berührend über die Bedeutung des Nahverkehrs in ihrem Leben. Weitere schöne Momente waren unter anderen die Standing Ovation nach einer Brandrede eines Beschäftigten sowie der Diskussionsbeitrag von Ellen Ost, einer Beschäftigten des UKJ (Universitätsklinikum Jena). Sie zog Parallelen zwischen dem ÖPNV in Jena und den Zuständen an ihrer Arbeitsstelle. Sie forderte, dass im ÖPNV wie auch in den Krankenhäusern gelten müsse: „Menschen statt Profite“.
Unter dem Motto „WirFahrenZusammen“ schließen sich bundesweit Beschäftigte des Nahverkehrs mit ihrer Gewerkschaft ver.di und der Klimabewegung zusammen, um bessere Arbeitsbedingungen und massive Investitionen in den ÖPNV durchzusetzen. Die Tarifverhandlungen im Frühjahr 2024 werden genutzt, um gemeinsam Druck für eine soziale Verkehrswende aufzubauen. Mittlerweile gibt es an über 60 Orten in Deutschland eine Zusammenarbeit und mehr als 100.000 Menschen haben durch die Unterschrift einer Petition ihre Unterstützung erklärt.
Dies ist ein Leserbeitrag der Initiative „WirFahrenZusammen“.