Eigentlich ist jetzt die Zeit der Ruhe. Viele nehmen sich vor, abzuschalten. Ich sehe das anders. Ich werde den Laptop nicht zuklappen. Gerade weil der Lärm im Netz so laut ist, ist Schweigen die falsche Antwort. Ich lese eure Kommentare und teile meine Sicht – nicht um recht zu haben, sondern weil Austausch das Einzige ist, was uns bleibt.
Dabei ist mir wichtig: Ich schreibe aus meiner Perspektive und respektiere jede andere Meinung. Doch Meinung ist nicht gleich Fakt. Der aktuelle Trend, historische oder wissenschaftliche Fakten zu ignorieren, weil das „Bauchgefühl“ anders tickt, hilft uns nicht weiter. Wir müssen uns anhören, wie Systeme funktionieren – unabhängig davon, wie wir uns persönlich erinnern.
Ich schaue dabei bewusst auf den Osten. Den Westen müssen „Andere“ aufarbeiten, das kann ich nicht übernehmen. Ich spiegele meine Herkunft im Heute. Es ist erschreckend, dass wir uns nach 35 Jahren Einheit in den Kommentaren immer noch als „Ossi“ und „Wessi“ anbrüllen. Wer keine Argumente mehr hat, fordert dann oft nur noch: „Lass mich in Ruhe!“
Doch Ruhe ist keine Lösung, und schon gar nicht die Flucht in die „schöne DDR“. Private Erinnerungen sind wertvoll, taugen aber nicht als politischer Kompass für die Zukunft. Wir sind – gerade im Osten – eine alternde Gesellschaft. Wir können uns nicht die Sicherheit der Diktatur zurückwünschen, ohne die Unfreiheit mitzukaufen. Die Systemfrage ist bereits 1989/90 gefallen.
Wir brauchen Lösungen für morgen, nicht die Verklärung von gestern, während sich die Weltwirtschaft gerade neu ordnet. Deshalb schreibe ich weiter. Nicht für die Schreihälse, sondern für die vielen Leisen, die mitlesen und nachdenken. Dinge zu erklären, ist mein Widerstand gegen die Vereinfachung – auch an Weihnachten und Silvester.