Als der Berliner Fernsehturm 1969 eröffnet wurde, war er weit mehr als ein Bauwerk. Er war Manifest, Symbol und Versprechen zugleich – gegossen in Stahl, Glas und Beton. Von Beginn an wurde er zum sichtbaren Zeichen jener Kraft, die der sozialistische Staat für sich reklamierte: technische Meisterschaft, kollektive Leistung, gesellschaftlicher Fortschritt und ein neuer, selbstbewusster Blick in die Zukunft.
Die offizielle Sprache sprach von einem „Wahrzeichen des demokratischen Berlin“. Walter Ulbricht, der damals höchste Repräsentant der DDR, sprach vom Stolz der Bauarbeiter, der Architekten, der Ingenieure – und von der Schönheit eines neuen Stadtzentrums, das mit dem Turm seinen Mittelpunkt fand. Es war eine Zeit, in der Zukunft sichtbar gemacht werden sollte: durch Höhe, Licht und Drehung.
Von der Plattform in über 200 Metern Höhe aus sollte man nicht nur Berlin sehen, sondern – so die Botschaft – auch die Zukunft. Die Kamera schwenkte über eine Stadt im Aufbruch, die sich mit jeder Etage des Turms selbst zu übertreffen schien. Fachleute aus dem Ausland lobten die Bautätigkeit, das neue Zentrum, den Glanz der Kugel im Sonnenlicht. Der Turm stand da wie ein Versprechen, dass der Sozialismus mehr sein könnte als Planerfüllung: ein ästhetisches, modernes Projekt mit weltweitem Anspruch.
Doch in der Rückschau zeigt sich: Der Stolz, der sich in den Reden von 1969 bündelte, war auch ein Versuch, Selbstbewusstsein zu zementieren – buchstäblich. Der Fernsehturm wurde zum Spiegel eines Staates, der Stärke zeigen wollte, während seine Risse schon im Fundament begannen. Und doch bleibt das Bauwerk: als eines der schönsten und zugleich widersprüchlichsten Zeugnisse jener Epoche. Ein Symbol, das noch heute in den Himmel weist – zwischen Machtanspruch, Hoffnung und Menschheitsidee.