Der Klimawandel stellt unsere Landschaften vor immense Herausforderungen. Eine zentrale Rolle im Kampf gegen Wasserverlust und für den Erhalt der Biodiversität spielt dabei die Moorwiedernässung, ein komplexes Unterfangen, das weit über reine Umweltschutzmaßnahmen hinausgeht und auch die Landwirtschaft einbezieht.
In Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus ist der Mensch seit Jahrhunderten aktiv dabei, die Landschaft durch Entwässerung nutzbar zu machen. Hunderttausende Kilometer Entwässerungseinrichtungen durchziehen allein dieses Bundesland. Doch die Folgen sind dramatisch: Der Klimawandel führt zu höheren Temperaturen und stärkerer Verdunstung, was eine Verringerung des verfügbaren Wassers bedeutet. Winterüberschusswasser fließt schnell ab, während es in trockenen Phasen im Frühjahr und Sommer dringend benötigt wird.
Das Kernproblem: Eine ausgetrocknete Landschaft
Die intensive Entwässerung der Moore hat dazu geführt, dass sie ihre natürliche Funktion als Wasserspeicher und Kohlenstoffsenke weitgehend verloren haben. „Das große Problem ist tatsächlich mittlerweile, dass die Austrocknung der Landschaft des Landschaftswasserhaushalts“, so eine Expertin. Die Moore sind nicht an die starken Verdunstungsraten in unseren Hitzesommern angepasst. Hinzu kommen veraltete und marode Schöpfwerke, deren Betrieb hohe Kosten für die Landwirte verursacht.
Technologien und Strategien der Wiedernässung
Ziel der Moorwiedernässung ist es, diese Entwässerungseinrichtungen zurückzubauen und das hydrologische System wieder an natürliche Gegebenheiten anzupassen. Dies geschieht durch verschiedene bauliche Maßnahmen, die den Abfluss von Wasser verhindern sollen:
• Sohlleiten und Grabenverschlüsse werden eingesetzt.
• Durchfahrbare Purten werden gebaut, um das Wasser möglichst hoch und lange zu halten.
• Wo möglich, werden regelbare Staue eingerichtet, um den Wasserstand steuern zu können.
• In einem Beispiel wurde an einem Stauwerk eine Bohle eingesetzt, um den Flurwasserabstand auf 10 cm im Grünland zu fixieren, eine Maßnahme, die lediglich 300 Euro kostete.
• In zentralen Bereichen können Dichtwände errichtet werden, um Niederschlagswasser vollständig zurückzuhalten und so Hochmoorsockel und Torfmoosrasen zu bevorteilen.
• Bei bewaldeten Moorflächen, wie dem Rockendorfer Moor, ist es zudem notwendig, einen Teil der Waldfläche aufzulichten, um die Wasserbilanz zu verbessern, da die Niederschläge allein nicht ausreichen.
Das Paludi-Projekt verfolgt das Ziel, ganzjährig oberflächennahe Wasserstände einzustellen. Dies wird durch das Zurückhalten von Winterwasser und, wo möglich, durch das Einspeisen von Wasser von außerhalb im Sommer erreicht. Der bauliche Aufwand umfasst die Einrichtung von zusätzlichen Fahrwegen, 15 Staueinrichtungen und zusätzlichen Durchlässen, um die Befahrbarkeit sicherzustellen und den Wasserspiegel zu regulieren.
Paludikultur: Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand
Ein viel diskutiertes Thema ist die wirtschaftliche Nutzung der Flächen nach der Wiedervernässung. Es geht nicht nur um Naturschutzgebiete, sondern auch um Wirtschaftswälder und Wiesenflächen. Die Idee ist, eine Paludikultur zu entwickeln, die produktiv ist und auch ohne weitere Projektbegleitung von Landwirten selbst betrieben werden kann.
• Extensive Grünlandbewirtschaftung ist weiterhin möglich. Landwirte können auch in nassen Sommern einen Schnitt der Flächen für Einstreu ihrer Rinder erzielen.
• Perspektivisch kann sich eine Nutzung wie die Rohrwerbung (Schilfernte) entwickeln, da sich sehr flache Gewässer mit 30 bis 50 cm Wassertiefe ideal für Schilf eignen.
• Auch die touristische Attraktivität soll durch Maßnahmen wie Aussichtsplattformen gesteigert werden.
Die Experten betonen die Wichtigkeit, Flächen produktiv zu halten und nicht „auf Teufel komm raus“ wieder zu vernässen, ohne die landwirtschaftliche Nutzung zu berücksichtigen.
Herausforderungen und Ausblick
Trotz aller Bemühungen ist die Moorwiedernässung eine anspruchsvolle Aufgabe. Die zunehmende Austrocknung der Landschaft und die steigenden Temperaturen erschweren eine effektive Wiedervernässung. Es wird nicht überall zum Erfolg kommen können.
Dennoch ist die Zielsetzung klar und „alternativlos“: Bis 2040 oder 2045 soll es gelingen, alle Moore in Deutschland auf Verbesserungen im Wasserhaushalt zu überprüfen und idealerweise dreiviertel davon in einen Zustand zu bringen, der ihren Erhalt sichert und zum Landschaftswasserhaushalt beiträgt. Die Moorwiedernässung ist ein entscheidender Schritt, um die Resilienz unserer Landschaften gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels zu stärken.