Am vergangenen Samstag, dem 3. Mai 2025, fand am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin eine Gedenkveranstaltung statt, zu der neben zahlreichen Traditionsverbänden und Zeitzeugen auch der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, geladen war. Mit Blick auf den bevorstehenden 8. Mai, dem Tag der Kapitulation der Wehrmacht 1945, erinnerte die Zusammenkunft an den bedeutenden Beitrag der Roten Armee zur Befreiung Europas vom Nationalsozialismus.
Ort und Teilnehmerkreis
Das Sowjetische Ehrenmal gehört zu den zentralen Gedenkstätten in Berlin, die an die mehr als 27 Millionen gefallenen Angehörigen der Roten Armee erinnern. Neben Angehörigen russischer und osteuropäischer Gemeinden versammelten sich auch Vertreter der Traditionsverbände ehemaliger DDR-Soldaten sowie Mitglieder verschiedener antifaschistischer Initiativen. Unter ihnen stach Egon Krenz hervor, der als letzter Staatsratsvorsitzender der DDR nicht nur aus seiner politischen Vergangenheit, sondern gerade wegen seiner langjährigen Verbindungen zu Russland als prominenter Redner galt.
Schlüsselmomente der Ansprache
Krenz‘ Rede gliederte sich in drei inhaltliche Blöcke:
- Erinnerungskultur und Symbolpolitik
Der Redner kritisierte, dass beim diesjährigen Gedenken das Zeigen von Friedensfahnen und russischen Symbolen untersagt gewesen sei. „Wir haben uns vom Faschismus befreit – und nun erlauben sich die Nachfahren der besiegten Faschisten, den Befreiern Ehre zu erweisen, zu verbieten“, so Krenz. Er wertete das Verbot als Versuch, die besondere Rolle der Roten Armee im historischen Narrativ herunterzuspielen. - Historische Einordnung des 8. Mai
Krenz wandte sich gegen eine vermeintliche Verallgemeinerung, die die Befreiung ausschließlich den „Alliierten“ zuschreibe: „Nein, es war die Rote Armee, die Auschwitz befreit hat“, stellte er fest. Damit unterstrich er die Bedeutung der sowjetischen Truppen für den Sieg über den Nationalsozialismus. - Aktuelle Außen- und Kulturpolitik
Im Anschluss zog Krenz Parallelen zur Gegenwart: Er griff die deutsche Russlandpolitik und die Debatten um die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland scharf an. Dabei bezeichnete er die Förderung nationalistischer Heldenfiguren in der Ukraine als „Faschismus“, verwies auf angebliche Minderheitenprobleme in Deutschland und warnte vor einer „kriegsdüchtigen“ Politik, die ohne Dialog mit Moskau den Frieden gefährde. Wirtschaftlich plädierte er dafür, stärker auf die BRICS-Staaten zuzugehen, um den Industriestandort Deutschland zukunftsfähig zu halten.
Reaktionen und Einordnung
Die Veranstaltung verlief weitgehend ruhig, allerdings kritisierten neben mehreren Abgeordneten der Bundestagsfraktionen diverse Zivilgesellschaftsvertreter die Rede als einseitig und politisch motiviert. Aus Sicht von Historikern sei es durchaus angemessen, den Beitrag der Roten Armee hervorzuheben – allerdings dürfe dies nicht in eine Relativierung oder Instrumentalisierung aktueller politischer Konflikte münden.
Angesichts der fortgesetzten Debatten um die Erinnerungskultur in Deutschland, etwa über Denkmäler, Straßennamen und Gedenktage, illustriert das Auftreten eines ehemaligen DDR-Staatsratsvorsitzenden, wie sehr Geschichte auch heute noch als politisches Instrument genutzt wird.
Das traditionelle Gedenken am 8. Mai rückt näher; zahlreiche Veranstaltungen sind geplant, unter anderem offizielle Zeremonien im Reichstagsgebäude und weitere Kranzniederlegungen an den sowjetischen Ehrenmalen in Berlin‑Tiergarten und Berlin‑Treptow. Die Rede von Egon Krenz hat gezeigt, dass auch künftige Gedenkakte nicht nur rückblickend, sondern ebenso in Hinblick auf die Gegenwart kontrovers wahrgenommen werden. Ob es gelingen wird, die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg in Deutschland jenseits politischer Grabenkämpfe zu bewahren, bleibt eine der großen Herausforderungen der kommenden Wochen.