Mitten im pulsierenden Herzen Berlins ragt seit Jahrzehnten ein Bauwerk in den Himmel, das nicht nur zur Orientierung, sondern auch zur Erinnerung an eine vergangene Epoche geworden ist: der Fernsehturm am Alexanderplatz. Vierzig Jahre nach seiner Einweihung blickt der Dokumentarfilm „Rund um den Fernsehturm“ auf die Entstehungsgeschichte dieses beeindruckenden Wahrzeichens zurück – ein Projekt, das in den 1960er Jahren die Schlagzeilen dominierte und bis heute fasziniert.
Historischer Kontext und Standortentscheidung
In den späten 1950er Jahren rief die DDR zu einem städtebaulichen Ideenwettbewerb auf, um ein Symbol des sozialistischen Fortschritts zu errichten. Lange galt unklar, ob der Fernsehturm im Berliner Umland, in den Müggelbergen oder im Herzen von Friedrichshain entstehen sollte. Letztlich traf Staatschef Walter Ulbricht 1964 die entscheidende Wahl: Der Turm soll im neuen Berliner Stadtzentrum errichtet werden und damit die Vision eines modernen Ostberlin verkörpern. Am 4. August 1965 begann in Ostberlin ein ehrgeiziges Bauvorhaben, dessen Ziel es war, in nur vier Jahren das zweithöchste Bauwerk Europas zu erschaffen – ein ambitionierter Wettlauf gegen den „großen Bruder“ in Moskau.
Die Herausforderung im Bauprozess
Der Bau des Fernsehturms war so sehr ein technischer als auch logistisch beeindruckender Kraftakt. Rund 300 Betriebe aus der gesamten DDR waren an den Arbeiten beteiligt, wobei die Herausforderungen nicht zuletzt durch Lieferengpässe und Materialrestriktionen geprägt waren. Der Beton für die Bauarbeiten stammte nicht aus der unmittelbaren Umgebung, sondern musste über 200 Kilometer von Nienburg an der Saale transportiert werden – ein logistisches Unterfangen, das von der staatlichen Planwirtschaft kunstvoll koordiniert wurde. Der Film dokumentiert eindrucksvoll, wie selbst kleinste Details, wie die Abstimmung der Betonlieferungen und die Präzision beim Errichten des 23 Meter hohen Schachts, zur gemeinsamen Leistung vieler Arbeiter wurden. Arbeiter, die an Tag- und Nachtschichten den massiven Betonschaft errichteten, profitierten zusätzlich von einem Prämien-System, das jeden zusätzlichen aufgebauten Meter mit einer Prämie von 20.000 Mark honorierte.
Bautechnische Meisterleistung und Symbolwirkung
Obwohl der Fernsehturm auf den ersten Blick wie ein einfacher Schornsteinbau erscheint, offenbart sich bei genauerem Hinsehen die enorme ingenieurtechnische Herausforderung. Der Turm, der auch den Anforderungen des starken Windes und der elastischen Eigenschaften von Stahlbeton gerecht werden musste, bewegt sich – bei bösem Wind wurde eine Schwankung von 1,72 Metern gemessen. Diese technische Meisterleistung spiegelt den Ehrgeiz einer ganzen Nation wider, die trotz widriger Umstände und logistisch-struktureller Hürden den Glauben an den Fortschritt und die Innovation nicht verlor.
Eine Geschichte von Pioniergeist und sozialistischem Selbstbewusstsein
„Rund um den Fernsehturm“ bietet mehr als nur historische Aufnahmen aus den 60er Jahren – er dokumentiert den Pioniergeist jener Zeit und die Vision, die ein modernes Ostberlin gestalten sollte. Der Fernsehturm am Alexanderplatz ist nicht nur ein Bauwerk, sondern ein lebendiges Denkmal, das an die Zeit erinnert, in der sozialistische Ideale und technischer Fortschritt Hand in Hand gingen. Seinen Platz in der Stadtgeschichte hat das Bauprojekt als ein Symbol der Siegesgewissheit und des kollektiven Mutes – ein Monument, dessen Bedeutung heute ebenso vielschichtig ist wie die Geschichten, die sich um seine Errichtung ranken.