Der NVA-Film „Vertrauen, Sicherheit, Frieden“ als Spiegel der DDR-Militärpolitik

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Im Mai 1987, inmitten eines sich wandelnden geopolitischen Klimas, fand in der DDR eine wegweisende Tagung statt. Die damaligen politischen Weichen sollten – zumindest in der Darstellung der offiziellen Staatsdoktrin – den Frieden in Europa sichern und eine neue Ära der internationalen Vertrauensbildung einläuten. Ein Produkt dieser Politik war der Film „Vertrauen, Sicherheit, Frieden – NVA Film DDR 1988“, der nicht nur militärische Abläufe und Übungsszenarien dokumentierte, sondern auch die ideologische Grundlage der DDR-Militärpolitik inszenierte. Der Film liefert ein vielschichtiges Bild einer Gesellschaft, die sich inmitten des Kalten Krieges als Garantin des Friedens und der Stabilität versteht.

Einleitung in eine neue Ära der Sicherheitspolitik
Die 1980er Jahre waren von Spannungen zwischen Ost und West geprägt. Doch während sich die westlichen Staaten zunehmend auf ihre Rüstungskapazitäten und nukleare Abschreckung stützten, verfolgte die DDR einen anderen Ansatz. Die offizielle Linie basierte auf der Überzeugung, dass Frieden nicht allein durch militärische Stärke, sondern vor allem durch Vertrauen und transparente Zusammenarbeit erzielt werden könne. Diese Vision wird im Film eindrucksvoll dokumentiert: Es geht nicht nur um militärische Übungen, sondern um den Austausch von Erfahrungen, Fähigkeiten und Werten – ein Versuch, die Fronten zwischen den beiden Machtblöcken schrittweise zu überbrücken.

Historischer Hintergrund und politische Rahmenbedingungen
Im Jahr 1988, als der Film entstand, stand Europa an einem Wendepunkt. Die Politik der Rüstungskontrolle und Abrüstung nahm verstärkt Gestalt an. Internationale Abkommen wie das Stockholmer Dokument und die KSZE-Beschlüsse sollten dazu beitragen, das Misstrauen zwischen Ost und West abzubauen. Die DDR positionierte sich in diesem Kontext als ein Staat, der den Frieden als oberstes Verfassungsprinzip verankert hat. „Von deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen“, verkündete der Film in eindringlichen Worten und stellte damit eine klare Abkehr von den Konflikten der Vergangenheit dar.

Propaganda als Instrument der Friedenssicherung?
Die Darstellung der Nationalen Volksarmee (NVA) im Film folgt einem klaren propagandistischen Narrativ: Offenheit, Transparenz und der Austausch mit ausländischen Militärdelegationen werden als Beweis für die defensive Ausrichtung der DDR-Militärpolitik inszeniert. Militärs, Verteidigungsattachés und Offiziere aus über 20 Staaten – darunter auch Vertreter neutraler und nicht paktgebundener Nationen – besuchen regelmäßig Einrichtungen, Ausbildungsbasen und Übungsplätze der NVA. Diese Besuche sollen nicht nur der Information dienen, sondern auch die vermeintlich hervorragende Ausbildung und Disziplin der DDR-Streitkräfte unter Beweis stellen. So wird der Film zu einem Instrument der Vertrauensbildung, das den Eindruck vermitteln soll, dass in der DDR das militärische Potenzial bewusst auf das absolut Notwendige reduziert und stets kontrolliert werde.

Der Film als Spiegelbild der DDR-Mentalität
Der Film „Vertrauen, Sicherheit, Frieden“ zeigt nicht nur technische Details von Manövern und militärischen Übungen, sondern gewährt auch Einblicke in die ideologische Selbstwahrnehmung der DDR. Es wird ein Bild gezeichnet von einem Staat, der nicht als Aggressor, sondern als Hüter des Friedens auftritt. Die NVA wird als ein moderner, offener und fortschrittlicher Arm der DDR dargestellt, der internationalen Austausch und Dialog fördert. Anhand von Statements aus verschiedenen Besucherkreisen – von amerikanischen bis niederländischen Offizieren – wird der Eindruck erweckt, dass die militärische Ausbildung in der DDR höchsten Ansprüchen genügt und zudem von einem hohen Maß an Glaubwürdigkeit und Authentizität geprägt ist.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Inspektionstätigkeit: Durch gegenseitige Besuche und Inspektionen sollen nicht nur Rüstungsdaten überprüft, sondern auch Misstrauen und Feindbilder abgebaut werden. Die Vorstellung, dass militärische Transparenz zu einem stabilen Frieden beitragen kann, wird eindringlich vermittelt. Zugleich offenbart der Film, wie wichtig der kulturelle und historische Kontext in der DDR-Propaganda war: Städte wie Bautzen und die Festung Königstein werden als Orte der Erinnerung und Mahnung gegen Krieg und Zerstörung inszeniert. Hier verbinden sich militärische Darstellung und kulturelles Gedächtnis zu einem umfassenden Friedensbild.

Der transnationale Dialog und seine Bedeutung
Ein weiterer zentraler Aspekt des Films ist der transnationale Austausch zwischen Militärs verschiedener Nationen. Durch Besuche in Garnisonen, Ausbildungszentren und Übungsplätzen entsteht ein Netzwerk der Kommunikation, das über den rein militärischen Bereich hinausgeht. Der Film dokumentiert zahlreiche Begegnungen, in denen auch persönliche Eindrücke und Erfahrungen ausgetauscht werden. Offiziere und Delegierte berichten von einer offenherzigen Atmosphäre, in der auch kritische Fragen gestellt und ehrlich beantwortet werden. Diese Berichte sollten nicht nur den internationalen Partnern Sicherheit geben, sondern auch das Bild einer modernen, vertrauenswürdigen DDR untermauern.

Der Dialog, der hier inszeniert wird, ist mehr als nur symbolisch: Er steht für den Versuch, ein Europa zu formen, in dem der Austausch von Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen zentrale Bedeutung hat. Die Einladung zu gemeinsamen Übungen und die Integration von Beobachtern in die militärischen Abläufe sollen demonstrieren, dass die DDR bereit war, Brücken zu bauen und langfristig an einem friedlichen Miteinander zu arbeiten.

Kontroverse und kritische Betrachtung
Trotz der propagandistischen Rhetorik und der offiziellen Betonung des Friedens bleibt die Frage, inwiefern der Film der Realität entsprach. Kritiker verweisen darauf, dass hinter der Fassade der Offenheit auch eine strenge Kontrolle und ideologische Indoktrination stand. Die Darstellung der NVA als alleinige Hüterin des Friedens diente zugleich dazu, von den repressiven Aspekten des DDR-Regimes abzulenken. In der Inszenierung des internationalen Dialogs und der militärischen Transparenz spiegelt sich auch der Versuch wider, die DDR als verlässlichen Partner im westlichen Sicherheitsgefüge zu positionieren, ohne dabei die tatsächlichen inneren Widersprüche des Systems offen zu legen.

Die Betonung der militärischen Ausbildung und der regelmäßigen Besuche ausländischer Delegationen sollte auch als ein Mittel gesehen werden, um das internationale Bild der DDR zu verbessern. Gleichzeitig blieb die militärische Bereitschaft – auch im Rahmen der Abschreckung – ein zentraler Bestandteil der nationalen Sicherheitsstrategie. So zeigt der Film eine paradoxe Mischung: Einerseits wird der Frieden als höchstes Gut propagiert, andererseits wird die militärische Präsenz als unabdingbare Garantie für die Sicherheit des Staates dargestellt.

Langfristige Wirkung und historische Einordnung
Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der DDR hat sich auch die Wahrnehmung solcher propagandistischer Filme grundlegend verändert. Heute dienen sie als historisches Dokument, das einen Einblick in die Selbstdarstellung und die politischen Ambitionen eines Staates gibt, der sich im Spannungsfeld zwischen Ideologie und Realität bewegte. Der Film „Vertrauen, Sicherheit, Frieden“ kann somit als ein Zeugnis einer Zeit betrachtet werden, in der der Glaube an den Frieden – wenn auch in ideologisch gefärbter Form – als Leitmotiv der politischen Kultur der DDR diente.

In der retrospektiven Betrachtung wird deutlich, dass der Film nicht nur als reines Propagandainstrument, sondern auch als Versuch einer politischen Kommunikation verstanden werden muss, die den internationalen Dialog fördern sollte. Die offizielle DDR-Politik, die auf Transparenz und gegenseitigem Vertrauen basierte, steht heute in einem komplexeren Licht. Einerseits war sie ein Versuch, den Krieg zu verhindern und Stabilität zu gewährleisten, andererseits war sie eng mit den Machtstrukturen und der ideologischen Ausrichtung des Regimes verknüpft.

Der NVA-Film „Vertrauen, Sicherheit, Frieden – NVA Film DDR 1988“ stellt ein faszinierendes, wenn auch ambivalentes Dokument dar. Er vermittelt das Bild eines Staates, der den Frieden zum obersten Ziel erklärt und seine militärische Stärke als notwendiges, aber streng kontrolliertes Mittel der Abschreckung versteht. Durch die Inszenierung von Offenheit, internationalem Austausch und kultureller Selbstreflexion wollte die DDR nicht nur ihre militärische Doktrin rechtfertigen, sondern auch ihre Rolle als Friedensstifter in einem geteilten Europa untermauern.

Heute lädt der Film dazu ein, über die komplexen Zusammenhänge zwischen Ideologie, Propaganda und Sicherheitsstrategie nachzudenken. Er erinnert uns daran, dass politische Kommunikation immer auch ein Spiegelbild der jeweiligen historischen und gesellschaftlichen Umstände ist – ein Spiegel, der uns die Widersprüche und Ambivalenzen der Vergangenheit ebenso vor Augen führt wie die Hoffnungen auf eine friedlichere Zukunft.

Mit einem Blick auf die Ereignisse von 1988 und die inhaltlichen Schwerpunkte des Films wird deutlich, dass die Suche nach Vertrauen, Sicherheit und Frieden stets ein Balanceakt zwischen Idealen und realpolitischen Zwängen war – und bis heute ist.