Im Herbst 1989 präsentiert sich Leipzig als weltoffene Messestadt, die sich um den internationalen Handel bemüht und auf neue wirtschaftliche Impulse hofft. Die DDR zeigt sich stolz auf ihre Messestadt, die als Beispiel für die angeblich vorteilhafte Ost-West-Kooperation dient. Das DDR-Fernsehen verkündet optimistisch, dass die internationalen Handelsbeziehungen zur Politik der friedlichen Koexistenz beitragen sollen. Doch hinter dieser Fassade brodelt es in der Bevölkerung. Während die Stadt für westdeutsche Unternehmer aufpoliert wird, sind die Leipziger Bürger mit ganz anderen Realitäten konfrontiert.
Die Wirtschaftslage ist angespannt, und viele Geschäfte sind von einem Mangel an Dienstleistungen betroffen. Ein Leipziger Bürger beschreibt den ständigen Kampf um eine Übernachtungsmöglichkeit während der Messe, da die wenigen Gaststätten oft überfüllt sind und die Preise exorbitant hoch. Er konstatiert, dass die Preise in den Restaurants teilweise drei bis fünf Mal höher sind als die für die einheimische Bevölkerung üblichen. Auf der einen Seite wird die Prostitution in der DDR als unmoralisch verurteilt, während sie gleichzeitig in bestimmten Stadtteilen zur staatlichen Einnahmequelle geworden ist.
Die Innenstadt erstrahlt in neuem Glanz, während die Realität in den Randbezirken eine andere ist. Die Bürger wissen, dass der schöne Schein trügt. Hinter den frisch gestrichenen Fassaden verbergen sich verfallene Wohnviertel. Besonders im Leipziger Osten, wo seit Jahren der Verfall der Häuser voranschreitet, müssen die Menschen unter miserablen Bedingungen leben. Die medizinische Versorgung ist unzureichend, und besonders für Kinder ist die Lage dramatisch. In vielen Stadtteilen gibt es nur einen einzigen Kinderarzt, der überlastet ist und kaum Zeit für eine gründliche Untersuchung hat.
Die gesundheitlichen Folgen des Lebens in dieser Stadt sind nicht zu übersehen. Leipzig ist von veralteten Industrieanlagen und Braunkohlekraftwerken umgeben, die eine ständige Smogbelastung verursachen. Eine öffentliche Diskussion über diese Themen findet nicht statt, da die Parteiführung lieber die jährlichen Sportfeste im Zentralstadion organisiert und verkündet, dass Leipzig sich um die Olympischen Spiele 2004 bewerben wolle. Der Bürger kann diese Vision nur als Farce empfinden, während die Realität so düster ist. Die Stadt ist voller Ruinen, und der Zustand der Infrastruktur ist katastrophal.
Die Bürger von Leipzig sind frustriert über die ständigen leeren Versprechungen der Regierung. Der Gegensatz zwischen den offiziellen Erfolgsmeldungen in den Zeitungen und der Realität, die sie täglich erleben, wird immer deutlicher. Sie wollen nicht länger bevormundet werden; sie möchten selbst über ihr Leben entscheiden. Diese Gefühle breiten sich zunehmend aus und münden in einen wachsenden Wunsch nach Veränderungen.
In diesem Sommer soll ein Straßenmusikfest in Leipzig stattfinden, um der stagnierenden Kulturszene neues Leben einzuhauchen. Die Musiker versuchen, der Stadt mit ihrer Musik ein wenig Freude zu bringen. Doch die Vorfreude wird schnell von der Stasi und der Polizei überschattet, die drohen, die Veranstaltung zu unterbinden. Mit einem massiven Aufgebot von Polizisten wird die Innenstadt abgeriegelt, und die Musikanten werden eingekesselt. Die Festnahmen und die brutale Vorgehensweise der Polizei stoßen auf breite Solidarität in der Bevölkerung.
Die Atmosphäre in der Stadt verändert sich. Die Menschen erkennen, dass sie nicht länger stillschweigend hinnehmen wollen, was ihnen vorgesetzt wird. Diese Ereignisse und die Art und Weise, wie die Staatsmacht reagiert, sind wegweisend. Die Bürger fordern die Freilassung der Festgenommenen und belagern sogar ein Polizeirevier.
Der Künstler, der an diesem Fest teilgenommen hat, schildert seine Eindrücke von der Unfähigkeit der Kultur- und Parteifunktionäre, die aufkeimenden emanzipatorischen Gedanken der Bevölkerung zu akzeptieren. Er sieht die Versuche des Staates, jede Form von Eigenständigkeit und Selbstorganisation zu unterdrücken, als ein Zeichen der Schwäche. Inmitten des festgefahrenen stalinistischen Systems wird deutlich, dass die Menschen einen tiefen Wandel fordern.
Die Erlebnisse in Leipzig und die politischen Entwicklungen in der DDR sind eng miteinander verwoben. Die Unzufriedenheit mit den Lebensbedingungen und der Mangel an persönlicher Freiheit führen zu einem Widerstand, der in den folgenden Wochen und Monaten in einen regelrechten Aufstand münden wird. Die Leipziger Montagsdemonstrationen werden zum Symbol für den Kampf um Freiheit und Demokratie, und die Bilder dieser Tage werden in die Geschichte eingehen als Wendepunkt, der das Ende der DDR einläutete.