Beobachtungskultur in der Demokratie – Verfassungsschutz 2.0

Warum es an der Zeit ist, den Verfassungsschutz zu beobachten

Das Video thematisiert die seit 2021 etablierte Kategorie des „Verfassungsschutz-relevanten Delegitimierung des Staates“, die in der Behörde als neuer Phänomenbereich fungiert. Dieser Begriff umfasst sogenannte Staatsdelegitimierer, also Personen, die laut Verfassungsschutz die freiheitlich-demokratische Grundordnung verächtlich machen oder in Frage stellen. Diese Menschen gehören nicht zwingend zu den Bereichen des Links- oder Rechtsextremismus, verfolgen jedoch eindeutig verfassungsfeindliche Bestrebungen. Ihr Ziel ist es, den bestehenden Staat zu überwinden und ein anderes System zu etablieren, was die roten Linien der Verfassung überschreitet.

Der neue Phänomenbereich entstand intern in der Behörde und wurde nie formal durch den Bundestag verabschiedet. Der Verfassungsschutz hat die Aufgabe, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu beobachten, die darauf abzielen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu untergraben. Der Begriff „Delegitimierung“ wird von der Behörde verwendet, um Meinungen zu erfassen, die potenziell zu solchen Bestrebungen führen könnten. Laut dem Verfassungsschutzbericht 2023 werden in Deutschland rund 1.600 Menschen unter dieser neuen Kategorie beobachtet. Die genaue Zahl ist unklar, da nicht nur die Zielpersonen, sondern auch deren Umfeld mit einbezogen wird.

Diese neue Form der Massenüberwachung wurde durch ein neues Verfassungsschutzgesetz ermöglicht, das 2021 verabschiedet wurde und die Überwachung von Einzelpersonen erlaubt, während zuvor nur Gruppen beobachtet werden konnten. Ein Whistleblower aus dem Verfassungsschutz äußerte kürzlich, dass was gestern legale Kritik war, heute als Grund für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz dienen kann. Es wird versucht, Personen zu diskreditieren und auszugrenzen, die zuvor als gesellschaftlich akzeptabel galten. Der Whistleblower berichtete, dass die Behörde das Umfeld von Zielpersonen durchleuchtet, um ein umfassendes Bild zu erhalten, was auch ganz normale Bekannte und Arbeitgeber umfasst.

Diese neuen Praktiken können bereits Personen betreffen, die sich lediglich politisch äußern oder an Demonstrationen teilnehmen. Der Whistleblower wurde mittlerweile suspendiert und von seinem Arbeitgeber strafrechtlich verfolgt. Auch der Videoersteller selbst ist betroffen und wurde für einen Social-Media-Beitrag sowie einen journalistischen Artikel aus dem Jahr 2022 beobachtet, mit insgesamt 81 Einträgen zu seiner Person, die jedoch möglicherweise auch einem anderen mit demselben Namen zugeordnet werden könnten.

Um mehr Transparenz zu schaffen, wurde die Plattform „wirbeobachtenzurück.de“ ins Leben gerufen. Dort können Betroffene innerhalb weniger Minuten Auskunftsanträge an die Verfassungsschutzämter stellen. Das Tool ist speziell auf den neuen Phänomenbereich zugeschnitten und ermöglicht es, persönliche Gründe für die Beobachtung anzugeben, wodurch ein Rechtsanspruch auf Auskunft entsteht. Das Projekt zielt auch darauf ab, eine Übersicht über die Verbreitung dieser Beobachtungen zu erhalten. Zudem wird eine monatliche Rückmeldung über die Anzahl der neuen Beobachtungsfälle angestrebt.

Die Initiative hat das Ziel, ein öffentliches Bewusstsein für die Praktiken des Verfassungsschutzes zu schaffen und den Druck auf die Behörde zu erhöhen. Der Videoersteller ist der Meinung, dass es notwendig ist, die neoddr in Deutschland zu verhindern, in der eine Behörde Regierungskritiker als Staatsfeinde brandmarkt. Die Botschaft des Projekts ist klar: „Wir beobachten zurück“.

Die neuen Beobachtungspraktiken des Verfassungsschutzes haben inzwischen unerträgliche Ausmaße angenommen. Deshalb wurde ein Formular-Generator aufgesetzt, mit dem man erfahren kann, ob man vom Verfassungsschutz beobachtet wird: https://wirbeobachtenzurueck.de/

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