Rainer Eichhorn, geboren am 13. Oktober 1950 in Zwickau, hat sein ganzes Leben in dieser Stadt verbracht und ist bis heute tief in ihrer Geschichte verwurzelt. Seine Lebensgeschichte ist geprägt von seiner Treue zur Kirche und seiner Entscheidung, trotz des Drucks in der DDR, ein geradliniges und christliches Leben zu führen. Diese Werte prägten seine Jugend und seine Entscheidungen, sich weder der Pionierorganisation noch der Jugendweihe anzuschließen. Stattdessen entschied er sich für die Konfirmation, obwohl dies in der DDR oft mit Nachteilen verbunden war.
Trotz dieser Herausforderungen gelang es Eichhorn, die Erweiterte Oberschule zu besuchen, was für Nicht-Pioniere und Nicht-Jugendgeweihte alles andere als selbstverständlich war. Er sah es als seine Pflicht an, sich in dieser privilegierten Position als Christ zu bewähren, ohne dabei angreifbar zu werden. Er lebte nach dem Bibelwort „Gib dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist“, wobei er sich innerlich immer treu blieb und den staatlichen Anforderungen nur äußerlich nachkam, ohne seine Prinzipien zu verraten.
Eichhorns Bild von der DDR ist differenziert. Er betrachtet die DDR weder durch eine nostalgische rosarote Brille noch als ein reines Schreckensregime. Vielmehr sieht er die vielen Grautöne, die sowohl positive als auch negative Aspekte beinhalteten. Er betont, wie wichtig es ist, diese differenzierte Sichtweise an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben, damit sie die DDR nicht einseitig verklären oder verteufeln.
Während der Friedlichen Revolution und am Tag des Mauerfalls am 9. November 1989 spielte Eichhorn keine aktive Rolle. Obwohl er seit seinem 19. Lebensjahr Mitglied der DDR-CDU war, fühlte er sich in diesen bewegten Zeiten eher als Beobachter denn als Akteur. Am Tag des Mauerfalls entschied er sich bewusst, nicht in den Westen zu fahren, obwohl er die Gelegenheit gehabt hätte. Stattdessen besuchte er eine der ersten großen Montagsdemonstrationen auf dem Zwickauer Hauptmarkt, wo er emotional berührt war, da er die Unsicherheit und die Ungewissheit der Menschen spürte, die zwar Veränderung wollten, aber nicht wussten, wohin diese führen sollte.
Die Transformationszeit nach 1990 bedeutete für Eichhorn, wie für viele andere Menschen in den neuen Bundesländern, tiefgreifende Veränderungen. Er bewundert die Menschen, die es geschafft haben, trotz großer Herausforderungen neuen Lebensmut zu fassen. Besonders wichtig war ihm, den neu gewählten Stadtverordneten klarzumachen, dass Politik mehr ist als öffentliche Reden. Sie mussten lernen, dass echte politische Arbeit auch hinter den Kulissen stattfindet, wo Lösungen in oft mühsamen Diskussionen erarbeitet werden müssen. Ebenso stellte die Umstrukturierung der Verwaltung eine große Herausforderung dar, bei der Eichhorn von seiner Erfahrung als Architekt profitieren konnte. Er wusste, dass es wichtig ist, vorausschauend zu planen, um den Wandel zu meistern.
Heute ist Eichhorn in der Zeitzeugenarbeit aktiv, die ihm sehr am Herzen liegt. Er sieht es als seine Aufgabe an, den nachfolgenden Generationen ein realistisches Bild der DDR zu vermitteln. Bereits in den 1990er Jahren reiste er regelmäßig in die alten Bundesländer, um dort über die Geschichte der DDR zu sprechen und Brücken zwischen den unterschiedlichen Erfahrungen in Ost und West zu bauen. Für Eichhorn ist es wichtig, dass die heutige und zukünftige Generationen aus erster Hand erfahren können, wie das Leben in der DDR wirklich war, um ein umfassendes Verständnis der gemeinsamen deutschen Geschichte zu entwickeln.