Aufgewachsen in DDR-Heimen – Betroffene und Experten im Austausch

Aufgewachsen in DDR-Heimen – Betroffene und Experten im Austausch

Die Heimerziehung in der DDR ist ein Thema, das bis heute von großer Relevanz ist. Zum einen sind die Folgen für die Betroffenen oftmals ein Leben lang spürbar. Zum anderen hat das Thema in den letzten Jahren verstärkt das Interesse der Wissenschaft geweckt und ist in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussionen gerückt.

In der Mitte der 1960er Jahre wurde das Jugendhilfe- und Heimsystem in der DDR neu organisiert. Das erklärte Ziel war die „Heranbildung vollwertiger Mitglieder der sozialistischen Gesellschaft“. Kinder und Jugendliche wurden in Kategorien eingeteilt: „normal erziehbar“ oder „schwer erziehbar“. Diese Einteilung bestimmte, ob sie in regulären oder spezialisierten Kinderheimen untergebracht wurden. Die Kriterien für diese Beurteilung basierten auf dem staatlichen Gesellschaftsbild. So konnten junge Menschen als „schwer erziehbar“ gelten, wenn sie als verhaltensauffällig, kleinkriminell oder systemkritisch eingestuft wurden.

Diese Klassifizierung und die entsprechenden Maßnahmen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Kinder und Jugendlichen. Die Bedingungen in vielen Heimen waren oft hart und von strenger Disziplin geprägt. Die individuelle Entwicklung wurde zugunsten der kollektiven Erziehungsideologie vernachlässigt, was bei vielen Betroffenen zu nachhaltigen psychischen und emotionalen Belastungen führte.

In jüngster Zeit haben sich Historiker und Sozialwissenschaftler intensiv mit der Aufarbeitung dieser Praxis beschäftigt. Es geht darum, die Mechanismen der damaligen Heimerziehung zu verstehen und die Erfahrungen der ehemaligen Heimkinder zu dokumentieren. Diese Aufarbeitung ist nicht nur für die historische Forschung wichtig, sondern auch für die Anerkennung und Unterstützung der Betroffenen, die oft erst spät in ihrem Leben die Möglichkeit erhalten, über ihre Erlebnisse zu sprechen und Gehör zu finden.

Die öffentliche Debatte über die Heimerziehung in der DDR trägt dazu bei, das Bewusstsein für die langfristigen Folgen dieser Praxis zu schärfen und die gesellschaftliche Verantwortung für die Betroffenen anzuerkennen. Sie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Aufarbeitung der Geschichte der DDR und ihrer Auswirkungen auf das Leben der Menschen, die dort aufgewachsen sind.

Weitere Informationen: https://www.bundesstiftung-aufarbeitu…

Autor/Redakteur: Arne Petrich

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