Im Norden Sachsen-Anhalts liegt der Schmölauer Forst, ein Waldstück in der Gemeinde Dähre, das bisher kaum überregionale Aufmerksamkeit erfuhr. Nun sollen dort dreißig Windkraftanlagen entstehen, was die lokale Ruhe in ein politisches Spannungsfeld verwandelt, in dem die Interessen weniger gegen den Willen vieler zu stehen scheinen.
Die Ausgangslage im Altmarkkreis Salzwedel ist symptomatisch für viele ländliche Regionen in Ostdeutschland, die sich im Spannungsfeld der Energiewende befinden. Vor Ort regte sich Widerstand gegen die massive Bebauung des Waldes, Bürger sammelten Unterschriften für ein Begehren. Sowohl der Gemeinderat als auch der Kreis signalisierten Zustimmung für einen demokratischen Entscheid. Doch das Landesverwaltungsamt stoppte den Vorgang unter Berufung auf das Kommunalverfassungsgesetz. Die rechtliche Lage sticht den lokalen Willen aus.
Hier offenbart sich ein tiefes Missverhältnis zwischen dem formulierten Anspruch auf Bürgerbeteiligung und der administrativen Realität. Wenn ein rechtlich korrektes Veto einer oberen Behörde die basisdemokratischen Bemühungen einer Dorfgemeinschaft zunichte macht, entsteht ein Gefühl der Ohnmacht. Es erinnert fatal an Zeiten, in denen Planungen zentralistisch über die Köpfe der Anwohner hinweg durchgesetzt wurden – eine Erfahrung, die im kollektiven Gedächtnis des Ostens noch immer verankert ist.
Ein weiterer zentraler Punkt der Debatte ist das sogenannte Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz. Dieses verpflichtet Betreiber von Wind- und Solaranlagen zu Zahlungen an die betroffenen Kommunen. Kritiker sehen darin jedoch keinen Gewinn an Akzeptanz, sondern den Versuch, Zustimmung finanziell zu erkaufen. Für strukturschwache Gemeinden, deren Kassen oft leer sind, wird die Diskussion über den Landschaftsschutz so zwangsläufig zu einer Diskussion über das finanzielle Überleben.
Die monetären Anreize führen dazu, dass in den Gemeinderäten nicht mehr primär über Lebensqualität, Naturschutz oder die Lärmbelastung diskutiert wird, sondern über Einnahmen für Kitas und Straßen. Dies verschiebt den Fokus von einer sachlichen Abwägung hin zu einer ökonomischen Notwendigkeit. Die „Misswirtschaft“ der großen Politik, so der Vorwurf, werde durch die Eingriffe in die Landschaft vor der eigenen Haustür kompensiert.
Besonders drastisch wird das Gefühl der Umzingelung beschrieben, etwa wenn Solarparks ganze Ortschaften umschließen. Wenn Lebensqualität und Immobilienwerte sinken, hilft auch die Aussicht auf neue Radwege wenig, um die Gemüter zu beruhigen. Echte Akzeptanz, so die Schlussfolgerung, lässt sich nicht verordnen oder bezahlen. Sie entsteht nur dort, wo Menschen das Gefühl haben, dass ihr Votum tatsächlich Gewicht hat und Bauleitplanungen verhindern kann.